Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Das durch die Verfilmung eines Werkes im Regelfall entstehende neue Urheberrechtsgut, dem ein eigener Rechtsschutz zukommt, stellt hinsichtlich eines einem Filmherstellungsunternehmen gehörigen Spielfilms das in der Vermögensaufstellung des Unternehmers gegebenenfalls zu berücksichtigende Wirtschaftsgut dar, dessen Wert gegenüber der Wert des bloßen Filmstreifens nicht ins Gewicht fällt.

Dies Urheberrechtsgut ist im allgemeinen ein Gegenstand des Anlagevermögens des Filmherstellungsunternehmens.

 

Normenkette

BewG §§ 12, 10; SHG § 11 Ziff. 2

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.), eine früher zu einem Film-Konzern gehörige Kapitalgesellschaft, hat in ihrer hinsichtlich des Grundbesitzes vorläufigen Vermögensanzeige und Selbstberechnung der Soforthilfeabgabe ... DM Betriebsvermögen angegeben.

Die Bfin. hat darauf hingewiesen, daß hierbei ihre acht in der RM-Schlußbilanz mit 2.000.000 RM und in der vorläufigen DM-Eröffnungsbilanz mit 2.000.000 DM reaktivierten Spielfilme nicht berücksichtigt seien, weil ein Film als immaterieller Wert bei der Bewertung des abgabepflichtigen Betriebsvermögens außer Ansatz zu lassen sei. Sie hat, wie die Einheitswert- und Vermögensteuerakten ergeben, ferner schon bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1946 geltend gemacht, die streitigen Filme seien zum allergrößten Teil überholt und nicht mehr auswertbar, und in der Tat erreicht, daß die Filme im Herstellungswert von 4.096.111 RM bei jener letzten Einheitsbewertung vor dem Währungsstichtage, die unter dem 28. Oktober 1947 erging, außer Ansatz blieben.

Das Finanzamt hat bei seiner - ebenfalls hinsichtlich der Bewertung der Betriebsgrundstücke vorläufigen - Festsetzung der Soforthilfeabgabe und Soforthilfesonderabgabe das Vorratsvermögen um den auf 2.000.000 DM angenommenen Wert der erwähnten acht Spielfilme mit der Begründung erhöht, daß die Befreiungsvorschrift des § 26 der Ersten Durchführungsverordnung zum Ersten Teil des Soforthilfegesetzes (1. StDVO-SHG) auf Vorratsvermögen nicht anzuwenden sei.

Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht hat ausgeführt:

Was die Frage des Nichtansatzes von Urheberrechten bei soforthilfeabgabepflichtigem Betriebsvermögen nach § 26 1. StDVO-SHG betreffe, so entständen mit der Herstellung eines Films Urheberrechte an ihm (zum Schutze gegen die Wiedergabe der dargestellten Handlung in abgewandelter Gestaltung, gegen Vervielfältigung der Filmbilder, gegen gewerbsmäßige Verbreitung wider den Willen des Berechtigten, gegen unbefugte Vorführung des Films und gegen jede mögliche Bearbeitung). Urheberrechte gehörten als verkehrsfähige, selbständig bewertbare Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen und seien zu aktivieren. Die angesetzten Werte unterlägen, je nach der Dauer der Schutzfrist, der Absetzung für Abnutzung. Indessen sei nicht das gesamte Kunstwerk als immaterieller Wert anzusehen; vielmehr seien die im Kunstwert enthaltenen unkörperlichen und sachlichen Werte scharf voneinander zu trennen; nur dann, wenn ein Kunstwerk - z. B. ein Spielfilm - in einem gewerblichen Unternehmen geschaffen werde, könne es in seiner Gesamtheit als immaterieller Wert angesetzt werden. Da die Bfin. als juristische Person nicht geistig schaffen könne, seien in ihrem Betriebe keine ursprünglichen Urheberrechte an den streitigen Spielfilmen entstanden. Daher könne die Bfin. allenfalls geltend machen, die an der Herstellung der Filme beteiligten natürlichen Personen (Spielleiter, Darsteller usw.) hätten ihrerseits je Film das Urheberrecht gemeinschaftlich erworben und stillschweigend auf die Bfin. übertragen. Doch auch mit dieser Begründung könnten im vorliegenden Falle Urheberrechte an den streitigen Filmen nicht innerhalb des Betriebsvermögens der Bfin. anerkannt werden, weil der in der RM-Schlußbilanz der Bfin ausgewiesene Wert von 2.000.000 RM sämtliche Filmherstellungskosten wie Kosten für Drehbuch, Aufnahmen, Atelier, Urkopie, Verleihkopien umfasse, ohne daß, wie dies zur Anerkennung eines Postens als "Urheberrechte" erforderlich sei, die zur Beschaffung der Urheberrechte aufgewandten Beträge aus der Gesamtsumme herausgeschält und in der Bilanz ausdrücklich als "Urheberrechte" angesetzt seien. Im übrigen erscheine in der DM-Eröffnungsbilanz der Posten "Immaterielle Vermögenswerte" nur mit einem Erinnerungswert. Noch dazu habe die Bfin. in der Bilanz die Urheberrechte weder unter dem Anlage- noch unter dem Umlaufvermögen noch unter immateriellen Werten aufgeführt. Die Bfin. habe die Urheberrechte in der Bilanz schon deshalb nicht als Anlagevermögen zu führen vermocht, weil sie den gesamten Aufwand für die Herstellung der streitigen acht Spielfilme habe über Unkosten laufen lassen. Für die Frage, ob ein Wirtschaftsgut zum Anlage- oder zum Umlaufvermögen gehöre, sei nicht seine Behandlung in der Buchführung, sondern seine tatsächliche Zweckbestimmung maßgebend. Spielfilme gehörten zum Umlaufvermögen, weil sie nicht, wie die Gegenstände des Anlagevermögens, dazu bestimmt seien, dem Betriebe dauernd zu dienen. Vielmehr sei ein Film bei einem Filmherstellungsunternehmen ein Fertigerzeugnis, das in Verkehr gebracht werde. Selbst wenn er, wie regelmäßig, nicht verkauft werde, werde er über die Verleihfirma dem wirtschaftlichen Verkehr zugeleitet; die besondere, jedoch im Filmgeschäft übliche Art der Auswertung von Erzeugnissen komme einem Verkauf gleich. Da die Spielfilme beim Filmhersteller - im Gegensatz zu den Filmen beim Verleihunternehmen - Vorratsvermögen darstellten, fielen sie bei der Bfin. nicht unter die nur für zum Anlagevermögen gehörige Urheberrechte geltende Vorschrift des § 26 1. StDVO-SHG, seien also beim abgabepflichtigen Vermögen mitanzusetzen.

In Widerspruch zu seiner vorhergehenden Ausführung, daß die Buchführung eines Unternehmens für die Zurechnung eines Wirtschaftsguts zum Anlage- oder zum Umlaufvermögen nicht maßgebend sei, stellt sich alsdann das Finanzgericht auf den Standpunkt, die Bfin. habe, da sie in der Bilanz weder die streitigen Spielfilme als Anlagevermögen aufgeführt noch die Urheberrechte ausgewiesen habe, den Anspruch darauf verwirkt, daß die Spielfilme bei der Festsetzung der Soforthilfeabgabe und Soforthilfesonderabgabe als Anlagevermögen angesehen würden und nach § 26 1. StDVO-SHG außer Ansatz blieben.

Da sie hiernach als Vorratsvermögen gälten, seien sie nach § 11 Ziff. 3 des Soforthilfegesetzes (SHG) mit dem Betrage zu bewerten, mit dem sie in der RM-Schlußbilanz anzusetzen seien oder sein würden. Da die Bfin. die Spielfilme in der RM-Schlußbilanz mit 2.000.000 RM angesetzt habe, seien sie entsprechend als Vorratsvermögen zur Soforthilfeabgabe und Soforthilfesonderabgabe heranzuziehen. Die §§ 59 und 67 des Bewertungsgesetzes (BewG) seien nicht anzuwenden. Die Frage einer gegebenenfalls niedrigeren Bewertung gemäß den Verwertungsmöglichkeiten vom 31. August 1948 hat das Finanzgericht nicht erörtert.

Die Bfin. hat sich gegen die Auffassungen des Finanzgerichts gewandt und auch ausgeführt, das Finanzgericht habe die Verbuchung der Filmherstellungskosten verkannt, die nicht über Unkosten gelaufen, vielmehr auf dem jeweils einschlägigen Filmkonto aktiviert worden seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde der Bfin., die je ein Gutachten des Wirtschaftsprüfers X., der Y.-Treuhand-AG und des Wirtschaftsprüfers Z. vorgelegt hat, muß zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen.

Zunächst ist der - im angefochtenen Urteil unerörtert gebliebenen - Frage Beachtung zu schenken, ob die Bfin., wenn und soweit abgabepflichtiges Vermögen vorliegt, selbständig abgabepflichtig ist. Die Bfin. ist, vor der Beschlagnahme ihres Vermögens auf Grund des Gesetzes der Militärregierung (MilRegG) Nr. 52, eine Organgesellschaft der im Besitze des Reichs befindlich gewesenen damaligen Film-GmbH gewesen. Aber wie das Gutachten des Reichsfinanzhofs I D 2/31/III D 2/32 vom 26. Juli 1932 (Slg. Bd. 31 S. 297 ff.) ausgesprochen hat, ist die Theorie der Vermögenseinheit für das Gebiet der Einheitsbewertung bei Organverhältnissen im allgemeinen abzulehnen. Vielmehr ist daran festzuhalten, daß das Vermögen eines Organunternehmens dem Vermögen des beherrschenden Unternehmens nur dann ausnahmsweise zuzurechnen ist, wenn ein besonderes Treuhandverhältnis vereinbart ist, kraft dessen der Obergesellschaft das wirtschaftliche Eigentum an dem Vermögen der Organgesellschaft zusteht. Selbst wenn man davon ausgeht, daß in diesem besonderen Sinne das Vermögen der Bfin. vor dem Zusammenbruch wirtschaftlich der Film-GmbH zugestanden hat, hat doch hinsichtlich des vom Reich kontrolliert gewesenen Filmvermögens seit dem Beginn der militärischen Besetzung Deutschlands eine nach § 1 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) zu berücksichtigende neue Entwicklung der Verhältnisse eingesetzt.

Das MilRegG Nr. 24 (Amtsblatt der Militärregierung in Deutschland, amerikanisches Kontrollgebiet, Ausg. O S. 11, das am 7. September 1949, also nach dem Währungsstichtage in Kraft getreten ist, hat die Entflechtung des vom Reich kontrolliert gewesenen Filmvermögens angeordnet, und die Bestimmungen des bei der Besetzung in Kraft getretenen MilRegG Nr. 52 sind u. a. dazu ergangen, diese Entflechtung zu sichern. Die Entflechtung des erwähnten Filmvermögens ist zwar in formalrechtlicher Hinsicht durch diese Gesetzgebung noch nicht vollendet worden (vgl. E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 2. Aufl. Bd. I - 1953 - S. 473 ff. und Bd. II - 1954 - S. 786, sowie das Gesetz Nr. 32 der Alliierten Hohen Kommission vom 20. Juli 1950 - Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission für Deutschland 1950 S. 498 ff. - und schließlich das Bundesgesetz vom 5. Juni 1953 - Bundesgesetzblatt I S. 276 ff. - zur Abwicklung und Entflechtung des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens, mit dessen Inkrafttreten die MilRegG Nr. 24 und 32 ihre Geltung verloren haben - Gesetze Nr. A - 32 und A - 33 der Alliierten Hohen Kommission vom 14. Mai 1953 im Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission für Deutschland 1953 S. 2495 f. -). Aber auf Grund der MilRegG Nr. 56 über das Verbot der übermäßigen Konzentration deutscher Wirtschaftskraft, das am 12. Februar 1947 in Kraft getreten ist, und infolge der von der Besatzungsmacht und den von ihr eingesetzten Treuhändern eingeleiteten praktischen Geschäftsführung und sonstigen Handhabung ist die Bfin., die sich von vornherein gegen ihre selbständige Heranziehung zur Soforthilfeabgabe in keiner Weise gewandt hat, als selbständig abgabepflichtig, also nach Maßgabe der tatsächlichen Verhältnisse und der bereits klar voraussehbaren, planmäßigen späteren Entwicklung (ß 1 StAnpG) für Vermögensabgaben nicht wegen besonderer Verbundenheit mit dem leitenden Konzernunternehmen als Organ anzusehen. In jedem Falle ist es für den Bereich der Soforthilfeabgabe auf Grund des gerade für solche Verhältnisse geschaffenen § 52 1. StDVO-SHG unbedenklich, wenn die Bfin. mit ihrem Vermögen vorläufig gesondert zur Soforthilfeabgabe herangezogen wird.

Ist hiernach davon auszugehen, daß die Bfin. grundsätzlich gesondert zur Soforthilfeabgabe heranzuziehen ist, so ist weiterhin wegen der Frage der abgabenmäßigen Behandlung der den Gegenstand des Steuerrechtsstreits bildenden acht Spielfilme bei der Festsetzung der Soforthilfeabgabe der Bfin. vorab zu der vom Finanzgericht gleichfalls nicht erörterten Frage Stellung zu nehmen, ob der Bfin. überhaupt dasjenige Betriebsvermögen, zu dem die Filme gehörten, nach § 2 Abs. 2 SHG zuzurechnen war.

Durch das MilRegG Nr. 52 über die Sperre und Kontrolle von Vermögen ist innerhalb des besetzten Gebietes u. a. solches Vermögen, das bei der militärischen Besetzung des Reichsgebietes (vor oder nach dem 8. Mai 1945; vgl. Dölle-Zweigert, Kommentar zum Gesetz der Militärregierung Nr. 52, 1947, S. 339 f.) unmittelbar oder mittelbar, ganz oder teilweise im Eigentum oder unter der Kontrolle des ehemaligen Deutschen Reichs gestanden hat, hinsichtlich des Besitzes oder des Eigentumsrechts der Beschlagnahme, Weisung, Verwaltung, Aufsicht oder sonstigen Kontrolle der Militärregierung unterworfen worden.

Die Maßnahmen des MilRegG Nr. 52 haben Beschlagnahmecharakter besessen und deshalb nicht auf Endentscheidungen, sondern lediglich auf Sicherung abgezielt. Mit dem Begriff der "Beschlagnahme" ist noch nicht die Vorstellung einer Entziehung des Eigentums verbunden. Andernfalls wäre von Enteignung oder Konfiskation gesprochen worden (vgl. Dölle-Zweigert, a. a. O. S. 48 bis 50). Das von der Militärregierung beschlagnahmte und einem Treuhänder unterstellte Vermögen ist daher abgabenrechtlich weiterhin dem bisherigen Eigentümer zuzurechnen (vgl. die entsprechende Entscheidung des Senats über die Zurechnung eines von der Besatzungsmacht requirierten Hausgrundstücks: III 18/50 S vom 16. November 1950 - Slg. Bd. 55 S. 8 = Bundessteuerblatt 1951 III S. 4 -). Das am 7. September 1949 in Kraft getretene MilRegG Nr. 24, betreffend Verfügung über Lichtspielvermögen, das dem Reich gehört hat, sowie das Gesetz Nr. 32 der Alliierten Hohen Kommission und schließlich das Bundesgesetz vom 5. Juni 1953 zur Abwicklung und Entflechtung des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens gehen noch nach dem Währungsstichtag davon aus, es sei (vgl. MilRegG Nr. 24) "wünschenswert, über dieses Vermögen in einer Weise zu verfügen, die zur Förderung einer gesunden, auf demokratischer Grundlage aufgebauten, in privaten Händen befindlichen Filmindustrie in Deutschland am besten geeignet" sei, "wobei diese Industrie so zu organisieren" sei, "daß übermäßige Konzentrationen von Wirtschaftskraft im Sinne des MilRegG Nr. 56 verhindert" würden. Auch das Ziel dieser nach dem Währungsstichtage ergangenen Gesetzgebung ist nicht Enteignung, sondern Sequestration, Aufspaltung des in der Hand des Reichs zusammengeballt gewesenen Filmvermögens und Verkauf für Rechnung des ehemaligen Reichs an Dritte (vgl. jedoch die Erwerbsverbote und Erwerbsbeschränkungen in §§ 9 und 10 des Bundesgesetzes vom 5. Juni 1953).

Demgemäß hat nach den für die Festsetzung der Soforthilfeabgabe nach § 2 Abs. 1 SHG maßgeblichen Verhältnissen vom Beginn des Währungsstichtages das Betriebsvermögen, dem die streitigen acht Filme angehört haben, der Bfin. gehört und ist ihr für die Festsetzung der Soforthilfeabgabe gemäß § 2 Abs. 2 SHG zuzurechnen gewesen.

Die Bfin. sucht demgegenüber § 26 1. StDVO-SHG dafür in Anspruch zu nehmen, daß die streitigen 2.000.000 DM für den Filmbestand außer Ansatz bleiben. Indessen kann die Frage, ob § 26 a. a. O. auf den vorliegenden Fall anwendbar ist, aus den nachfolgenden Gründen dahingestellt bleiben:

Das wesentliche Wirtschaftsgut bei dem einem Filmhersteller gehörigen Spielfilm ist das immaterielle Gut der an dem Film erwachsenen Rechte einschließlich der angrenzenden Schutzrechte (vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1951 S. 94, 130 ff., 134), die seitens des Drehbuchverfassers und der zu der Herstellung des Films sonst beitragenden Personen (Spielleiter, Schauspieler, Komponisten, Lichtbild- und Tonbandaufnehmer usw.) ausdrücklich oder stillschweigend auf den Filmunternehmer übertragen worden sind. Durch die Verfilmung eines Werkes, z. B. literarischer Art, entsteht im Regelfall ein neues Urheberrechtsgut, dem ein eigener Urheberrechtsschutz zukommt (vgl. Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bd. 5 S. 116). Solche immateriellen Rechte stellen die in der Vermögensaufstellung eines Filmherstellungsunternehmens gegebenenfalls zu berücksichtigenden Wirtschaftsgüter hinsichtlich der streitigen Spielfilme dar. Verleiht ein Filmverleiher einen Film an ein Lichtspieltheater, so erfüllt er seine Verpflichtungen gegenüber dem Entleiher nicht mit der bloßen überlassung der Filmkopie. Es ist vielmehr wesentlich, daß er das Vorführungsrecht auf Grund der ihm vom Hersteller überlassenen Lizenz, also rechtlich einwandfrei, überträgt. Ohne Gewährung des rechtlich einwandfreien Vorführungsrechts verliert der Filmverleiher den Anspruch auf die Vergütung (vgl. Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bd. 2 S. 331). Die Filmstreifen, deren Wert für sich allein nicht ins Gewicht fällt, erhalten rechtlich und wirtschaftlich ihren Wert erst durch das Schutzrecht (vgl. auch Ott, Die Bewertungsfragen in der Filmwirtschaft, 1953, S. 44).

Für die Frage der abgabenmäßigen Behandlung der streitigen acht Spielfilme ist deshalb die Einordnung der ihnen zugrunde liegenden immateriellen Rechte bzw. Werte entscheidend. Diese Schutzrechte gehören nach § 131 Abs. 1 A II Ziff. 5 des Aktiengesetzes (AktG) zum Anlagevermögen. Daß es sich im hier streitigen Falle etwa ausnahmsweise um zur vollständigen und endgültigen überlassung aller Schutzrechte an andere Unternehmer hergestellte Filme gehandelt habe, ist nach den Akten nicht ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, daß die streitigen Spielfilme, falls sie überhaupt noch verwertbar waren, zur lizenzmäßigen, zeitlich und örtlich begrenzten überlassung an Filmverleihunternehmer bestimmt gewesen sind.

Die Regelung des § 131 a. a. O. entspricht der wirtschaftlichen Erfahrung, daß Wirtschaftsgüter eines Unternehmens dazu bestimmt sind, auf die Dauer dem Betriebe zu dienen, wenn sie, ohne Eigentumsüberlassung, gegen Entgelt den Kunden lediglich zum Gebrauch überlassen werden, wie z. B. gegebenenfalls Fahrzeuge, auch Wasserfahrzeuge, Schreibmaschinen, Nähmaschinen, Hollerithmaschinen, Leihbücher einer Leihbücherei, Filme durch überlassung von Vorführungsrechten. Die gegenteilige Auffassung des Finanzgerichts, der Filmverleih komme einem Verkauf gleich, trifft schon deshalb nicht zu, weil das Filmurheberrecht mit seinen angrenzenden Schutzrechten durch den Verleih an einen gewerbsmäßigen Filmverleiher nicht verbraucht wird, vielmehr, je nach der Aufnahme des Films beim Publikum, immer wieder im Verleihgeschäft ausgewertet werden kann.

Für Gegenstände des Anlagevermögens bestimmt § 11 Ziff. 2 SHG in Verbindung mit § 23 Abs. 1 Satz 2 1. StDVO-SHG, daß ihr Ansatz zum soforthilfeabgabepflichtigen Betriebsvermögen nach Bestand und Bewertung schlechthin ihrem Ansatz bei der letztvorangegangenen Einheitsbewertung folgt. Bei der Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der Bfin. auf den 1. Januar 1946, die nur hinsichtlich des betrieblichen Grundvermögens vorläufig war, sind die immateriellen Werte der streitigen Filme mit 0 RM angesetzt worden. Also können sie, ohne Rücksicht darauf, daß die Bfin. sie in ihre vorläufige DM-Eröffnungsbilanz mit 2.000.000 DM aufgenommen hat, auch zur Soforthilfeabgabe nicht anders als mit 0 DM angesetzt werden. Dies hat das Finanzgericht verkannt.

Ohne daß auf § 26 1. StDVO-SHG oder auf § 59 Ziff. 2 in Verbindung mit § 67 Ziff. 5 BewG einzugehen ist, ist das angefochtene Urteil daher aufzuheben. Die Sache geht an das Finanzamt zurück. Die Festsetzung der Soforthilfeabgabe und Soforthilfesonderabgabe ist ohne Berücksichtigung eines Wertbetrages für die streitigen Spielfilme durchzuführen. Das Finanzamt wird hierbei zu überprüfen haben, ob die zum Betriebsvermögen gehörigen Grundstücke sowie die sonstigen Gegenstände des Anlagevermögens, außer den Spielfilmen, ordnungsmäßig nach § 11 Ziff. 1 und 2 SHG angesetzt sind.

Die Kostenentscheidung und die Feststellung des Wertes des Streitgegenstandes werden dem Finanzamt übertragen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408137

BStBl III 1955, 96

BFHE 1955, 243

BFHE 60, 243

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