Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung des Werts für die aus dem Pauschalwert für den Grund und Boden abgespaltene Milchreferenzmenge

 

Leitsatz (amtlich)

Der Buchwert der Milchreferenzmenge ist aus dem zum 1. Juli 1970 festgestellten Wert des Grund und Bodens abzuleiten. Der Pauschalwert ist dazu im Verhältnis der am Tag der Ausfertigung der MGV (25. Mai 1984) für die Milchreferenzmenge einerseits und den nackten Grund und Boden andererseits erzielbaren örtlichen Marktpreise aufzuteilen.

 

Normenkette

EStG §§ 14, 16, 55 Abs. 1, 6

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG (EFG 1999, 1233; LEXinform-Nr. 0552418)

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden für das Streitjahr (1988) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger hatte seinen bisher selbstbewirtschafteten, ca. 50 ha großen landwirtschaftlichen Betrieb, einen Milchviehbetrieb, zum 1. April 1988 für eine Jahrespacht von 36 000 DM auf 12 Jahre verpachtet. Die Milchreferenzmenge war auf den Pächter übergegangen. Der Kläger hatte gegenüber dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt ―FA―) zum 31. März 1988 die Aufgabe des Betriebes erklärt. Bei der Ermittlung des Aufgabegewinns hatte er die Milchreferenzmenge nicht berücksichtigt.

Nach einer Außenprüfung ging das FA davon aus, dass der Aufgabegewinn um den Wert der Milchreferenzmenge in Höhe von 321 487 DM zu erhöhen sei. Der Einspruch der Kläger gegen den entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheid blieb erfolglos.

Mit der Klage brachten die Kläger u.a. vor, die Milchreferenzmenge sei nicht in den Aufgabegewinn einzubeziehen. Die während des Klageverfahrens ergangenen geänderten Bescheide haben die Kläger zum Gegenstand des Verfahrens erklärt.

Die Klage hatte Erfolg (Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 1999, 1233). Das Finanzgericht (FG) verwies zur Begründung auf die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 5. März 1998 IV R 23/96 (BFHE 185, 435, BFH/NV 1998, 1029, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ―HFR― 1998, 739) und IV R 8/95 (BFHE 185, 434, BFH/NV 1998, 1207). Danach sei bei der Ermittlung des Aufgabegewinns der gemeine Wert des Grund und Bodens (1 137 000 DM) sowie der Milchreferenzmenge (321 487 DM) dem nach § 55 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) a.F. ermittelten Pauschalwert (1 940 028,36 DM) gegenüberzustellen. Erst der sich dann ergebende Verlust (481 541 DM) sei gemäß § 55 Abs. 6 EStG a.F. nicht zu berücksichtigen. Dem stehe das Urteil des Niedersächsischen FG vom 22. April 1998 II 66/95 (EFG 1999, 557) nicht entgegen. Dieses habe die erst später veröffentlichten Urteile des BFH noch nicht berücksichtigen können. Ein Ruhen des Verfahrens sei nicht erforderlich. Auch sei das Verfahren wegen der gegenwärtigen Diskussion um die Änderung der hier einschlägigen Bestimmungen nicht auszusetzen. Der Ausgang der Bestrebungen sei ungewiss. Auch könnten sich mögliche gesetzliche Änderungen nicht auf das Streitjahr 1988 auswirken.

Mit der ―vom erkennenden Senat zugelassenen― Revision rügt das FA die Verletzung von Bundesrecht (§ 55 Abs. 1 und 6 EStG).

Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Einkommensteuer 1988 dahin abzuändern, dass der Gewinn aus der Landwirtschaft um den Wert der Milchreferenzmenge (321 487 DM) auf 531 524 DM erhöht werde, hilfsweise, die Sache zur weiteren Sachverhaltsermittlung an das FG zurückzuverweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).

Das FG hat zwar zu Recht dem Erlös für die veräußerte Milchreferenzmenge einen Buchwert gegengerechnet; es hat aber nicht ermittelt, wie hoch dieser zu berücksichtigende Verlust nach § 55 Abs. 6 EStG ist.

1. a) Der Senat hat in seinem Urteil vom 25. November 1999 IV R 64/98 (BFHE 190, 214, BFH/NV 2000, 387, HFR 2000, 272 mit Anm.) an seiner Rechtsprechung (vgl. Urteile in BFHE 185, 434, BFH/NV 1998, 1207, und in BFHE 185, 435, BFH/NV 1998, 1029, HFR 1998, 739 mit Anm.) festgehalten, § 55 EStG regele nicht den Fall, dass der Wert des Grund und Bodens nachträglich durch Einführung der Milchreferenzmenge gemindert worden ist. Er hat dort u.a. ausgeführt, dass sich daran auch nichts durch die Ergänzung von § 55 Abs. 1 EStG um den Satz 2 (durch das Steuerentlastungsgesetz ―StEntlG― 1999/2000/2002 vom 24. März 1999, BGBl 1999, 402) geändert habe, wonach zum Grund und Boden im Sinne des Satzes 1 nicht die mit ihm im Zusammenhang stehenden Wirtschaftsgüter und Nutzungsbefugnisse gehörten. Der Senat verbleibt bei dieser Auffassung. Selbst wenn "der Gesetzgeber" die Absicht gehabt haben sollte, die in den o.g. Urteilen vom 5. März 1998 angenommene Regelungslücke zu schließen, so ist ihm dies nicht gelungen. Zudem liegt es auf der Hand, dass eine solche Absicht im Widerstreit mit dem sog. Rückwirkungsverbot stehen würde. Der Senat kann daher nicht unterstellen, der Gesetzgeber habe im Jahr 1999 in eine auf den 1. Juli 1970 (Stichtag des für die sog. Bodengewinnbesteuerung maßgebenden Wertansatzes) bezogene Regelung eingreifen und damit die Rechtsfolgen für eine im Jahr 1999 bereits abgeschlossene Betriebsaufgabe oder -veräußerung korrigieren wollen.

b) Der Senat hat sich in seinen Urteilen vom 24. Juni 1999 IV R 33/98 (BFHE 189, 132, BFH/NV 1999, 1550, HFR 1999, 800 ff. mit Anm., Finanz-Rundschau ―FR― 1999, 1002 mit Anm. Wendt) und in BFHE 190, 214, BFH/NV 2000, 387, HFR 2000, 272 mit der gegen seine Rechtsprechung erhobenen Kritik (Schmidt/Seeger, Einkommensteuergesetz, 19. Aufl., § 55 Rz. 5, 14; Mitterpleininger in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., § 55 EStG Rdnr. 11, 11 a; König in Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, 3. Aufl., A 1492 ff., sowie Giere in Felsmann, a.a.O., B 222 und B 286 ff.) auseinandergesetzt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt er auf diese Urteile Bezug (zustimmend zu den o.g. Urteilen vom 5. März 1998 Leingärtner/Zaisch, Besteuerung der Landwirte, 3. Aufl. 1998, Kapitel 50 Rz. 28; s. auch Leingärtner/Kanzler, a.a.O., Kapitel 24 Rz. 178, sowie Wienroth, HLBS Report, 2000, Heft 4, S. 6 ff.). Ergänzend weist der Senat noch einmal auf folgendes hin: Die Möglichkeit, Milch zu erzeugen und zu vermarkten, war als Teil der Ertragsfähigkeit des Grund und Bodens in dem mit dem Achtfachen der Ertragsmesszahl angesetzten Wirtschaftsgut Grund und Boden mitbewertet. Diese Möglichkeit wurde dann aber durch die Milch-Garantiemengen-Verordnung (MGV) als Milchreferenzmenge zu einem immateriellen Wirtschaftsgut verselbständigt; man muss sich daher die Milchreferenzmenge als ein vom Grund und Boden abgespaltenes Wirtschaftsgut vorstellen. Soweit die Ausnutzung der eingeführten Milchreferenzmenge noch an andere Produktionsfaktoren eines sog. Milcherzeugerbetriebes (z.B. das vorhandene Milchvieh, die Ställe etc.) gebunden ist, haben diese Wirtschaftsgüter ihren objektiven, am Markt realisierbaren Wert behalten. Dagegen hat die Entstehung des selbständigen Wirtschaftsgutes Milchreferenzmenge ―die mit einer erheblichen Produktionseinschränkung verbunden war― auf die Bewertung des für die Bewirtschaftung ebenfalls notwendigen Grund und Bodens durchgeschlagen, und zwar regelmäßig wertmindernd.

c) Dem Grunde nach haben deshalb der Kläger und ihm folgend das FG dem zum 1. Juli 1970 ermittelten Pauschalwert zu Recht nicht nur den gemeinen Wert des nackten Grund und Bodens, sondern auch den Wert der Milchreferenzmenge gegenübergestellt.

2. a) Im Urteil in BFHE 190, 214, BFH/NV 2000, 387, HFR 2000, 272 hat der erkennende Senat seine Rechtsprechung aber auch fortgeschrieben. Danach ist ein Teil der Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches ―HGB―, § 6 EStG) für den Grund und Boden auf das davon abgespaltene Wirtschaftsgut Milchreferenzmenge übergegangen. Die Entstehung der Milchreferenzmenge musste dabei einen Wertverlust vor allem bei den Grünlandflächen zur Folge haben, weil diese ―ohne Milchreferenzmenge― nicht mehr wie bisher genutzt werden konnten und daher in der Regel deutlich weniger Gewinn brachten. Es wäre auch kein Erwerber bereit, im Rahmen eines Gesamtkaufpreises für den gesamten Betrieb für den Grund und Boden denselben Preis wie früher und außerdem zusätzlich für die nun zur Fortführung der alten Bewirtschaftung ebenfalls notwendige Milchreferenzmenge nochmals einen erheblichen Betrag (hier 1 DM pro Kilogramm der möglichen Liefermenge in Höhe von 321 487 kg) zu zahlen; er würde vielmehr versuchen, wegen der Produktionseinschränkung weniger zu zahlen (vgl. Völker, Die Information über Steuer und Wirtschaft ―Inf― 1986, 129), und durch Kapitalisierung der kalkulatorischen, maximal tragbaren Jahreskosten ermitteln, ob ein Kaufpreis für die Milchreferenzmenge noch erwirtschaftet werden könnte (vgl. Schmidt in "Referenzmengen und Lieferrechte in der Landwirtschaft - Kauf, Pacht und Leasing", Schriftenreihe des Hauptverbandes der landwirtschaftlichen Buchstellen und Sachverständigen e.V., Heft 147, S. 24 ff.).

b) Der Senat ist auch nach wie vor der Auffassung, dass nur die Einbeziehung des auf die Milchreferenzmenge entfallenden Teils des Veräußerungspreises in die Gewinnermittlung gemäß § 55 Abs. 1 und Abs. 6 Satz 1 EStG dem Sinn und Zweck dieser Vorschriften entspricht. Die Verlustausschlussklausel des § 55 Abs. 6 EStG ist lediglich eine konsequente Ergänzung zur pauschalen Wertermittlung des Grund und Bodens nach § 55 Abs. 1 EStG. Sie soll verhindern, dass es zum Ansatz von Buchverlusten kommt, d.h. von Verlusten, die nicht auf eine tatsächliche Vermögenseinbuße zurückgehen, sondern auf der möglicherweise zu hohen pauschalen Wertermittlung beruhen. Das kann aber nicht dazu führen, dass die gesetzliche Vermutung, der Pauschalwert entspreche dem Teilwert, in eine unwiderlegliche Vermutung zu Lasten des Steuerpflichtigen umgekehrt wird, der Ausgangsbetrag i.S. des § 55 Abs. 1 EStG sei (stets) zu hoch (s. hierzu z.B. Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 55 EStG Anm. 110). Es sind vielmehr Wertminderungen (des Grund und Bodens) zu berücksichtigen, die eindeutig auf die rechtliche Verselbständigung bodengebundener Befugnisse (hier der Milchreferenzmenge) zurückzuführen sind. Eine andere Gesetzesauslegung würde den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzen.

c) Der vom FA geltend gemachte Anstieg der Preise für landwirtschaftliche Nutzflächen (Mittelwert aus Acker- und Grünland) in der Zeit von 1970 bis 1982 (noch vor In-Kraft-Treten der MGV) ―in der Region Aurich 8 434 DM/ha im Jahr 1970 und 37 220 DM/ha in der Region Weser/Ems im Jahr 1982― ist demgemäß unerheblich. Entscheidend ist vielmehr, dass durch die Einführung der Milchreferenzmenge die Rentabilität der Milchviehbetriebe vermindert wurde und daher die Preise für Grünland zurückgingen. Das ergibt sich auch aus den vom FA selbst mitgeteilten Zahlen für Flächen in Niedersachsen mit einer Ertragsmesszahl unter 40, also meist sog. absolutes Grünland. Zwar erhöhte sich der Durchschnittspreis für solche Flächen von 10 178 DM/ha im Jahr 1970 auf 27 574 DM/ha im Jahr 1984; er fiel aber beginnend mit dem Jahr 1985 (25 084 DM/ha) auf 22 764 DM/ha im Jahr 1993. Bezogen auf ganz Deutschland halbierte sich dieser Preis sogar nahezu (1984: 27 882 DM/ha; 1993: 15 271 DM/ha). Grund dafür war, dass die Milchreferenzmenge zu einem stark nachgefragten Wirtschaftsgut wurde (Gehrke, Die Milchquotenregelung, 1996, S. 2), mit der Folge, dass sog. "quotenloses" Grünland, also Land ohne Milchreferenzmenge, vor allem im süd- und westdeutschen Raum, als nahezu wertlos galt (Gehrke, a.a.O., S. 2). Entsprechend gingen für solches Land die Kauf- und Pachtpreise zurück.

3. Im Hinblick darauf hat der Senat im Urteil in BFHE 190, 214, BFH/NV 2000, 387, HFR 2000, 272 unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 21. Januar 1999 IV R 27/97 (BFHE 188, 27, BStBl II 1999, 638, zur Kapitalerhöhung gegen Einlagen) ausgeführt, dass die Abspaltung der Milchreferenzmenge von dem Wirtschaftsgut Grund und Boden zur Folge hat, dass die Anschaffungskosten für den Grund und Boden (hier zum Pauschalwert am 1. Juli 1970) ―nach Maßgabe der Gesamtwertmethode― zum Teil auch der Milchreferenzmenge zuzuordnen sind. Daran hält der Senat fest. Dass insbesondere eine am Grund und Boden eingetretene Werteinbuße dem neuen Wirtschaftsgut Milchreferenzmenge zuzuordnen ist, zeigt sich auch daran, dass ein Steuerpflichtiger, der einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unmittelbar nach Entstehung der Milchreferenzmenge zu einem Gesamtkaufpreis erworben hätte, den nackten Grund und Boden einerseits und die Milchreferenzmenge andererseits jeweils nur mit einem entsprechenden Anteil des Kaufpreises hätte ansetzen dürfen. Im Übrigen folgt neuerdings auch die Finanzverwaltung letztlich der Abspaltungstheorie. Sie verlangt z.B., dass der Erwerber einer zusammenhängenden, land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich genutzten Fläche das ab einer Größe von mindestens 75 ha damit verbundene Eigenjagdrecht als immaterielles Wirtschaftsgut bilanziert und durch eine entsprechende Minderung des Buchwerts des Grund und Bodens erfasst (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ―BMF― vom 23. Juni 1999 IV C 2 -S 2520- 12/99, BStBl I 1999, 593).

4. Die Sache ist nicht spruchreif. Die Vorinstanz ist noch in Übereinstimmung mit den früheren Senatsurteilen in BFHE 185, 435, BFH/NV 1998, 1029, HFR 1998, 739 und BFHE 185, 434, BFH/NV 1998, 1207 davon ausgegangen, dass die im Betriebsaufgabezeitpunkt für den Grund und Boden sowie die Milchreferenzmenge anzusetzenden gemeinen Werte dem zum 1. Juli 1970 (insgesamt) angesetzten Pauschalwert gegenüberzustellen seien. Wie der Senat inzwischen aber entschieden hat (s. oben Nr. 3.), ist mit der Entstehung der Milchreferenzmenge auch ein Teil der Anschaffungskosten für den Grund und Boden ―nach Maßgabe der Gesamtwertmethode― dem neuen Wirtschaftsgut Milchreferenzmenge zuzuordnen. Die Aufteilung ist ―theoretisch betrachtet― im Zeitpunkt der Ausfertigung der MGV am 25. Mai 1984, aber grundsätzlich bezogen auf das Wertverhältnis zum Stichtag 1. Juli 1970, vorzunehmen. Da die Milchreferenzmenge ―zumindest im Betriebsaufgabezeitraum 1988― noch als ein auf die bewirtschaftete Fläche bezogenes Wirtschaftsgut verstanden werden musste, ist als ihr Buchwert der Teil des am 25. Mai 1984 geltenden pauschalen Grundstückswertes abzuspalten, der ―wiederum theoretisch betrachtet― wertmäßig der am 1. Juli 1970 bestehenden Möglichkeit zur Milcherzeugung und -vermarktung entspricht. Damals durften alle Landwirte noch unbeschränkt Milch erzeugen und vermarkten, und zwar unabhängig davon, ob sie einen Milchvieh- oder einen Ackerbaubetrieb unterhielten. Wie der Bezugsrechtsabschlag bei der Ausgabe von jungen, sofort handelbaren Aktien die Wertverhältnisse der jungen Aktien zu den Altaktien ausdrückt, stellt der Marktwert der neu entstandenen Milchreferenzmenge eine Möglichkeit für die Ermittlung des Anteils dar, der von den historischen Anschaffungskosten für das noch umfassende Wirtschaftsgut Grund und Boden abzuspalten und dem neuen Wirtschaftsgut Milchreferenzmenge zuzuordnen ist. Wie der Kurswert der Altaktie regelmäßig um den Wert des Bezugsrechts oder der neuen Aktien selbst sinkt, ist der Marktpreis der Milchreferenzmenge auch dafür maßgebend, wie ein Erwerber eines gesamten landwirtschaftlichen Betriebes den nackten Grund und Boden einerseits und die Milchreferenzmenge andererseits bewerten würde. Das rechtfertigt es auch, diesen Wert als Maßstab für die Aufteilung des ursprünglich einheitlichen Pauschalwertes (§ 55 Abs. 1 EStG) zu wählen. D.h.: Der zum 1. Juli 1970 festgestellte Wert des Grund und Bodens ist im selben Verhältnis aufzuteilen, in dem sich die Marktpreise für die Milchreferenzmenge einerseits und den nackten Grund und Boden andererseits nach Entstehung des Wirtschaftsgutes Milchreferenzmenge (mit In-Kraft-Treten der MGV) gegenüberstehen.

Die Vorinstanz hat aber ―wie im Fall des Urteils in BFHE 190, 214, BFH/NV 2000, 387, HFR 2000, 272― nicht festgestellt, ob sich die Preise für die Milchreferenzmenge einerseits und den Grund und Boden andererseits in der Weise entwickelten, dass sich Wertzuwachs und Wertverlust jederzeit entsprachen. Erfahrungsgemäß wurde der Wert der Milchreferenzmenge in einzelnen Regionen Deutschlands sogar stark unterschiedlich eingeschätzt - mit der Folge auch sehr unterschiedlicher Preise. Angebot und Nachfrage und damit der jeweilige Markt bzw. Teilmarkt waren durch die jeweiligen Möglichkeiten der einzelnen Landwirte beeinflusst, ob sie eigenes oder gepachtetes Land auch ohne Milchproduktion noch rentabel bewirtschaften konnten (vgl. Köhne, Landwirtschaftliche Taxationslehre, 3. Aufl., S. 389 ff.; auch Schmidt in "Referenzmengen und Lieferrechte in der Landwirtschaft - Kauf, Pacht und Leasing", a.a.O., S. 22 ff.). Da anfangs die Ansicht herrschte, die Milchreferenzmenge sei ein Bestandteil des Grund und Bodens, ist nicht einmal ausgeschlossen, dass die tatsächliche Wertentwicklung von nacktem Grund und Boden einerseits und Milchreferenzmenge andererseits sich in den Kaufpreissammlungen nicht richtig widerspiegelt. Ferner leuchtet der Einwand des FA ein, ein möglicher Wertverlust beim Wirtschaftsgut nackter Grund und Boden müsse nicht stets dem tatsächlichen Wertzuwachs beim Wirtschaftsgut Milchreferenzmenge entsprechen, zumal in manchen Regionen die anfänglich gezahlten Preise für Milchreferenzmengen später stark fielen. Zudem blieben die Milchproduktion und ebenso die über den Bedarf hinausgehende Menge nicht konstant. Schließlich änderten sich die ursprünglichen rechtlichen Vorgaben mehrfach.

Das FG hat dementsprechend festzustellen, in welcher Höhe ein Teil des zum 1. Juli 1970 für das damalige Wirtschaftsgut Grund und Boden angesetzten Pauschalwertes auf das davon abgespaltene Wirtschaftsgut Milchreferenzmenge übergegangen ist. Ggf. ist dieser Wert zu schätzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich ein Markt ―in Form von Kauf- oder Pachtpreisen― erst allmählich bilden konnte, weil die Milchreferenzmenge erst sehr viel später als eigenständiges immaterielles Wirtschaftsgut wirtschaftlich in Erscheinung trat und als solches anerkannt wurde (vgl. BMF-Schreiben vom 14. März 1985 IV B 2 -S 2132- 1/85 i.d.F. vom 18. Dezember 1986 in Deutsche Steuer-Zeitung/ Eildienst ―DStZ/E― 1987, 35 f.). Dieser Markt war zudem wenig transparent (Schmidt in "Referenzmengen und Lieferrechte in der Landwirtschaft - Kauf, Pacht und Leasing", a.a.O., S. 7 ff., 16 ff., 22 ff.) und ―wie oben dargestellt― durch eine Reihe sehr unterschiedlich wirkender Faktoren bestimmt.

Der Pauschalwert für das zum 1. Juli 1970 eingestellte Wirtschaftsgut Grund und Boden betrug im Streitfall 1 940 280,36 DM. Geht man davon aus, dass die vom FG zum Betriebsaufgabezeitpunkt (31. März 1988) festgestellten gemeinen Werte von 321 487 DM für die Milchreferenzmenge und von 1 137 000 DM für den nackten Grund und Boden (insgesamt 1 458 247 DM) in ihrem Verhältnis schon bei Entstehung des neuen Wirtschaftsgutes zuträfen, dann wären vom angesetzten Pauschalwert für die Milchreferenzmenge 22,04 v.H. als anteiliger Wert abzuspalten, also 427 637 DM. Auf die Milchreferenzmenge entfiele damit bei der Betriebsaufgabe ein Verlust von über 100 000 DM. Nach dem vom Senat zugrunde gelegten Surrogationsgedanken könnte dieser Verlust, weil auf der Abspaltung von einem pauschal ermittelten Wert beruhend ―wie schon im Urteil in BFHE 185, 435, BFH/NV 1998, 1029, HFR 1998, 739 angedeutet― nicht berücksichtigt werden. Zwar gilt das Verbot nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 6 EStG an sich nur für veräußerten oder entnommenen Grund und Boden. Aber auch auf den für die Milchreferenzmenge abgespaltenen Buchwert trifft zu, dass ein Buchverlust möglicherweise nicht auf einer tatsächlichen Vermögenseinbuße beruht. Nicht zu übersehen ist andererseits jedoch, dass auch das immaterielle Wirtschaftsgut Milchreferenzmenge ―wie die Entwicklung zeigt― tatsächlich an Wert verlieren kann. Für die Anwendung des Verlustausgleichsverbotes auch auf den ―letztlich ebenso pauschal ermittelten― Ansatz der Milchreferenzmenge spricht allerdings wiederum, dass die bei ihrer Einführung nur als vorübergehendes Instrument zur Marktregulierung gedachte Milchreferenzmenge nach Beseitigung der damaligen Überproduktion eigentlich ersatzlos entfallen sollte (vgl. Verordnung (EWG) Nr. 856/84 des Rates vom 31. März 1984, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 90/10 ff.; Barnstedt, Agrarrecht 1985, 72). Dementsprechend müsste der Wert für den Grund und Boden mit dem Fortfall der Produktionsbeschränkung wieder steigen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 510040

BFH/NV 2001, 102

BStBl II 2003, 64

BFHE 192, 547

BFHE 2001, 547

BB 2000, 2509

DB 2000, 2459

DStRE 2000, 1303

HFR 2001, 116

StE 2000, 747

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