Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG müssen Wirtschaftsgüter, die nicht auf den Erwerber des Betriebes übertragen, sondern vom Veräußerer in das Privatvermögen übernommen werden, dem Veräußerungspreis mit dem gemeinen Wert zugerechnet werden; auch die Auflösung der stillen Reserven, die in den in das Privatvermögen übernommenen Wirtschaftsgütern stecken, ist tariflich begünstigt.

Passivierte Verbindlichkeiten, die nicht auf den Erwerber übergehen, müssen bei der Errechnung des Betriebsvermögens im Zeitpunkt der Veräußerung ausgeschieden werden.

 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 2, 3 S. 3, § 34/2/1

 

Tatbestand

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts K. u. O. hat im Jahre 1956 das von ihr betriebene Film-Theater in A. verkauft. Der Käufer übernahm die Aktivwerte mit Ausnahme eines PKW's und der Geldbestände zum Preis von 50.000 DM. Ausweislich der Bilanz zum Verkaufstage betrugen die buchmäßigen Aktivwerte der Gesellschaft 30.000,-- DM. Auf der Passivseite ergaben sich Schulden in Höhe von 60.000,-- DM. Das Finanzamt hat unter Anerkennung der Veräußerungskosten von 500,-- DM einen Veräußerungsgewinn von (50.000 DM ./. 500,-- DM) ./. 30.000,-- DM = 19.500,-- DM festgestellt. Der Steuerpflichtige hat hiergegen eingewendet, daß die Verbindlichkeiten von 60.000,-- DM zum Abzug gebracht werden müßten, daher ein Veräußerungsverlust von 60.000,-- DM ./. (50.000 DM ./. 500,-- DM) = 9.500 DM entstanden sei.

Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht hat den Veräußerungsgewinn um 5.248 DM erhöht, weil nach dem Vertrag weder der PKW noch der Kassenbestand auf den Käufer übergegangen sind, was vom Finanzamt nicht beachtet worden war.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. der Gesellschaft ist nicht begründet.

Die Ansicht des Bf., es müsse sich ein Veräußerungsverlust ergeben, wenn die Schulden aus dem Verkaufspreis nicht gedeckt werden können, ist irrig. Auch bei Verkauf eines erheblich überschuldeten Betriebes kann sich ein Veräußerungsgewinn ergeben, wenn der Käufer für die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens mehr zahlt als den Buchwert. Im vorliegenden Falle sind das Finanzamt und das Finanzgericht zutreffend davon ausgegangen, daß gemäß § 16 Abs. 2 EStG Veräußerungsgewinn der Betrag ist, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens übersteigt. Da der Veräußerungspreis mit 50.000 DM und die Veräußerungskosten mit 500,-- DM feststehen, ist entscheidend, wie hoch das Betriebsvermögen anzusetzen ist. Der Wert des Betriebsvermögens war zur Zeit der Veräußerung gleich dem Kapital, das ebenfalls unstreitig minus 30.000,-- DM beträgt. Der sich ergebende Unterschied von 79.800,-- DM ist aber um den Wert der Wirtschaftsgüter zu berichtigen, die vom Erwerber nicht übernommen worden sind. Darum hat das Finanzgericht mit Recht den nicht mitübertragenen PKW und den Kassenbestand den Veräußerungsgewinn hinzugerechnet. Da das Finanzgericht den Bf. auch ordnungsgemäß auf die Verböserungsabsicht vor Ergehen des Urteils hingewiesen hatte, bestehen hiergegen keine Bedenken.

Ebenso muß der Unterschiedsbetrag um die Schulden gemindert werden, weil auch diese nicht vom Erwerber übernommen worden sind. Die Schulden sind darum bei Ermittlung des Veräußerungsgewinns nicht zu verrechnen.

Es bestehen auch keine Bedenken dagegen, daß das Finanzgericht die Veräußerung eines Betriebs im Sinne des § 16 EStG angenommen hat, da die wesentlichen Grundlagen des Betriebes auf den Käufer übergegangen sind. Auch der Ansatz des vom Käufer nicht übernommenen PKW mit dem gemeinen Wert entspricht dem § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG. Die Auflösung auch dieser in dem PKW steckenden stillen Reserven ist tariflich begünstigt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 197/61 S vom 6. Februar 1962, BStBl 1962 III S. 190), da eine Betriebsveräußerung nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß bei übergang der die Grundlage des Betriebes bildenden Wirtschaftsgüter auf den Erwerber einzelne Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen des Veräußerers übernommen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410530

BStBl III 1962, 418

BFHE 1963, 414

BFHE 75, 414

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