Leitsatz (amtlich)

1. Die nach § 384 AO am Zerlegungsverfahren Beteiligten sind nach § 60 Abs. 3 FGO zu diesem Verfahren beizuladen (notwendige Beiladung).

2. Das FG kann die notwendige Beiladung nicht deshalb unterlassen, weil seine Entscheidung den Beizuladenden nicht nachteilig ist.

 

Normenkette

FGO § 60 Abs. 3; AO § 384

 

Tatbestand

Streitig ist, welcher Zerlegungsanteil am Gewerbesteuermeßbetrag der X-KG der klagenden Gemeinde (Klägerin) zuzuweisen ist.

Die Klägerin wandte sich im Rechtsmittelverfahren gegen die vom Beklagten (FA) durchgeführte Zerlegung des Gewerbesteuermeßbetrages der KG nach dem Regelmaßstab des § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG.

Mit ihrem Begehren hatte die Klägerin beim FG keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision muß aus formellen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG führen.

Geht es, wie im Streitfall, um die Zerlegung eines Steuermeßbetrages, so sind nach § 384 AO alter und neuer Fassung am Zerlegungsverfahren Beteiligte der Steuerpflichtige - hier also die KG - und die betroffenen Gemeinden. Eine Umverteilung des Gewerbesteuermeßbetrages in dem Sinne, daß der Klägerin ein höherer Zerlegungsanteil zuzuweisen sei, berührt die Belange der anderen beteiligten Gemeinden und hat auch nach dem Begehren der Klägerin zur Folge, daß diese insgesamt einen Teil der ihnen bisher zustehenden Gewerbesteuer zugunsten der Klägerin verlieren würden. Für die KG könnten sich unterschiedliche steuerliche Belastungen ergeben durch die Verschiedenheit der von den einzelnen Gemeinden festgesetzten Hebesätze. Aus all dem folgt, daß die anderen Gemeinden, in denen die KG ebenfalls ihr Gewerbe betreibt, und die KG selbst an dem hier streitigen Zerlegungsverfahren derart beteiligt sind, daß eine Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Damit handelt es sich aber um einen Fall, in dem es notwendig ist, die derart Beteiligten beizuladen (§ 60 Abs. 3 FGO). Das hat die Vorinstanz auch erkannt. Das FG glaubte jedoch, gleichwohl von einer Beiladung Abstand nehmen zu können, da das auf eine abweichende Zerlegung gerichtete Begehren der Klägerin keinen Erfolg haben könne. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden.

Nach den Entscheidungen des Senats IV R 281/66 vom 15. November 1967 (BFH 90, 428, BStBl II 1968, 122) und IV 258/63 vom 10. Februar 1966 (BFH 85, 464, BStBl III 1966, 423) ist die Unterlassung einer notwendigen Beiladung ein von Amts wegen, d. h. nicht nur auf Rüge zu beachtender Verfahrensmangel, da die notwendige Beiladung zu den Grundvoraussetzungen des Verfahrens gehört. Auf die notwendige Beiladung kann nicht verzichtet werden. Die Beiladung kann auch nicht, wie das FG offenbar meinte, dann unterbleiben, wenn eine dem oder den Beizuladenden günstige Entscheidung ergeht. Denn abgesehen davon, daß die notwendige Beiladung zum Verfahren nicht vom Ausgang dieses Verfahrens abhängig gemacht werden kann, ist das Verfahren mit der Entscheidung des FG auch noch nicht beendet. Die Revisionsinstanz könnte zu einem dem Nichtbeigeladenen ungünstigen Ergebnis gelangen, so daß der vom FG angenommene Rechtfertigungsgrund für die Unterlassung der Beiladung entfiele, die Revisionsinstanz aber nun nicht, ebenfalls vom Ergebnis ihrer Entscheidung beeinflußt, die unterlassene Beiladung nachholen könnte, da ihr dies schon nach § 123 FGO verwehrt ist. Es sind also nicht nur formale Gründe, die in jedem Falle die Durchführung einer notwendigen Beiladung erfordern. Da das FG diese Beiladung unterlassen hat, konnte seine Entscheidung keinen Bestand haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 69556

BStBl II 1971, 714

BFHE 1971, 460

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