Entscheidungsstichwort (Thema)

Nur AfA für vergebliche Anschaffungskosten eines errichteten Gebäudes

 

Leitsatz (NV)

Zahlungen zur Anschaffung eines tatsächlich errichteten Gebäudes, die wegen Konkurses des Bauunternehmens ohne Gegenleistung bleiben, sind keine sofort abziehbaren Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern als Anschaffungskosten des Gebäudes nur im Rahmen der AfA abzugsfähig (Anschluß an BFH-Urteil vom 24. 3. 1987 IX R 31/84, BFHE 149, 552, BStBl II 1987, 695).

 

Normenkette

EStG 1977 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7, § 7b

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) und seine Ehefrau schlossen am 15. Oktober 1971 mit einer Baufirma einen notariellen Vertrag über den Kauf eines Grundstückes mit einem darauf von der Verkäuferin zu errichtenden Einfamilien-Reihenhaus zum Festpreis von 139 480 DM. Der Kläger und seine Frau beabsichtigten, das Gebäude selbst zu nutzen. Nachdem die Firma mit dem Bau begonnen hatte, fiel sie im Jahre 1973 in Konkurs. Der Kläger ließ daraufhin das bereits begonnene Haus von einem anderen Bauunternehmen fertig bauen und meldete 35 140 DM als Forderung gegen den Bauträger zur Konkurstabelle an. Mit Schreiben vom 27. November 1979 teilte der Konkursverwalter den Gläubigern mit, daß sie mit einer Quote von 5 % rechnen könnten.

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1979 machte der Kläger einen Werbungskostenüberschuß von 33 277,50 DM (35 140 DM - 1 863,50 DM) bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erkannte bei der Veranlagung die Aufwendungen an den in Konkurs gegangenen Bauträger nicht als Werbungskosten an, sondern rechnete sie den Herstellungskosten zu. Das FA wies den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück.

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, der als Werbungskosten geltend gemachte Betrag stehe nicht in einem für die Annahme von Anschaffungs- oder Herstellungskosten erforderlichen wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem fertiggestellten Gebäude. Das Gebäude sei auch nicht zu einem überhöhten Preis erworben worden, denn der Kläger und seine Frau hätten die vertraglich vorgesehene Gegenleistung nicht erhalten.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung des § 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Sie führt unter Aufhebung der Vorentscheidung zur Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Zu Unrecht hat das FG die ohne Gegenleistung der Firma gebliebenen Zahlungen als sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anerkannt. Diese Aufwendungen sind Anschaffungskosten des Einfamilienhauses. Wie der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tag IX R 31/84, entschieden hat, sind wegen Konkurses des Bauunternehmers ohne Gegenleistung gebliebene Zahlungen Herstellungskosten des fertiggestellten Hauses. Die Grundsätze dieser Entscheidung gelten auch für Anschaffungskosten.

Anschaffungskosten sind alle Aufwendungen, um ein Wirtschaftsgut von der fremden in die eigene wirtschaftliche Verfügungsgewalt zu überführen und es in einen betriebsbereiten (nutzungsbereiten) Zustand zu versetzen. Dazu gehören der Anschaffungspreis und die Anschaffungsnebenkosten, d. h. alle Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb des Wirtschaftsguts und der Versetzung in einen zweckentsprechenden Zustand stehen, soweit diese Aufwendungen dem Wirtschaftsgut einzeln zugeordnet werden können (ständige Rechtsprechung z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Oktober 1983 IV R 160/78, BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101 mit weiteren Hinweisen; vgl. nunmehr auch § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches - HGB -). Ebenso wie der Begriff der Herstellungskosten wird der Begriff der Anschaffungskosten final bestimmt. Maßgebend für die Zuordnung zu den Anschaffungskosten ist die Zweckrichtung der Aufwendungen auf die Anschaffung des Wirtschaftsguts (vgl. u. a. BFH-Urteile vom 12. November 1975 I R 135/73, BFHE 118, 44, BStBl II 1976, 297; BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101; vom 13. September 1984 IV R 101/82, BFHE 142, 247, BStBl II 1985, 49).

Die als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemachten Zahlungen an die Firma . . . waren darauf gerichtet, von dieser das Einfamilienhaus zu erwerben. Diese Aufwendungen sind wegen ihres finalen Charakters auch dann Anschaffungskosten des begonnenen Gebäudes, wenn ein Ungleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung besteht (vgl. Urteil IX R 31/ 84). Da die Kläger das in unfertigem Zustand erworbene Haus haben fertigstellen lassen, also das Objekt der Anschaffung und der Herstellung identisch ist, bilden die von ihnen aufgewendeten Anschaffungskosten zusammen mit den späteren Herstellungskosten die Bemessungsgrundlage für die Gebäude-AfA (vgl. BFH-Urteil vom 15. März 1973 VIII R 58/69, BFHE 109, 185, BStBl II 1973, 559).

Die Vorentscheidung, die von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Das FA hat die vergeblichen Aufwendungen der Kläger zwar den Herstellungskosten zugerechnet. Da sich die Qualifizierung der Aufwendungen als Anschaffungskosten statt als Herstellungskosten jedoch weder auf die Höhe der Bemessungsgrundlage, noch die Höhe der AfA bzw. der erhöhten Absetzungen gemäß § 7b EStG auswirkt, ist die Klage als unbegründet abzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415049

BFH/NV 1987, 708

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