Entscheidungsstichwort (Thema)

GbR-Anteile, denen Grundstücksmiteigentumsanteile, verbunden mit Sondereigentumseinheiten, zugeordnet sind

 

Leitsatz (NV)

1. Zur Entstehung von GrESt bei Zwischengeschäften i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 6 und 7 GrEStG 1983.

2. Zur Anwendung des § 1 Abs. 2 GrEStG 1983, wenn GbR-Anteile abgetreten werden und dabei ein - aufschiebend bedingter - Anspruch gegen die GbR auf Übertragung von Grundstücksmiteigentumsanteilen, verbunden mit Sondereigentumseinheiten, übergeht.

3. Ist nach den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen die Beteiligung an einer GbR in einzelne Anteile gestückelt, die untrennbar mit einem Grundstücksmiteigentumsanteil, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung, verknüpft sind, so kann die Übertragung eines solchen Anteils einen Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i. S. des § 42 Satz 1 AO 1977 darstellen.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 38, 42; BGB § 158 Abs. 1, § 731 S. 1, § 733; EGAO 1977 Art. 97 § 3 Abs. 1 S. 1, § 4; GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nrn. 1, 6-7, Abs. 2, §§ 6-7, 14

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . (künftig: GbR) ist Eigentümerin eines Grundstücks, das in Wohnungseigentum mit ca. . . . Einheiten aufgeteilt ist. Gesellschafter der GbR waren zu 95 v. H. die Z, und mit einem Anteil von je 2,5 v. H. zwei natürliche Personen. Zweck der GbR ist die Vermietung und Verwaltung des ihr gehörenden Wohnungseigentums. Nach § 3 des Gesellschaftsvertrages vom 18. August 1981 sind die Beteiligungen in einzelne Anteile gestückelt, wobei jedem so gebildeten Anteil das Wohnungseigentum an einer bestimmten zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Wohnung nebst PKW-Einstellplatz in der Tiefgarage zugeordnet ist, und zwar in der Weise, daß das Verhältnis der derart gebildeten Gesellschaftsanteile untereinander dem Verhältnis der Werte der den einzelnen Anteilen zugeordneten Wohnungen entspricht. Nach dem Inhalt des Gesellschaftsvertrages erfolgte diese Stückelung mit Rücksicht auf die Bestimmungen des Vertrages über die Auseinandersetzung im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters oder der Liquidation der Gesellschaft. Hierzu bestimmt § 13 des Gesellschaftsvertrages, daß das Ausscheiden eines Gesellschafters - auch aufgrund jederzeit möglicher Kündigung - nicht zur Auflösung der Gesellschaft führt. Im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters ist die Gesellschaft vielmehr verpflichtet, diesem mit Wirkung vom Tage seines Ausscheidens dasjenige Wohnungseigentum zu Alleineigentum zu übertragen, welches seiner Gesellschaftsbeteiligung zugeordnet ist. Dem jeweiligen Geschäftsführer wurde diesbezügliche Vollmacht erteilt. Die Gesellschafter sind nach § 6 des Gesellschaftsvertrages berechtigt, Darlehen, die sie zur Finanzierung ihrer Beteiligung in Anspruch nehmen, auf demjenigen Wohnungseigentum abzusichern, welches der Beteiligung des jeweiligen Gesellschafters zugeordnet ist. Die übrigen Gesellschafter erklären dazu ihr Einverständnis. Nach § 7 des Gesellschaftsvertrages darf jeder Gesellschafter seine Beteiligung an einen beliebigen Dritten abtreten, wobei Teilabtretungen mit der Maßgabe zulässig sind, daß der abgetretene Teil der Beteiligung dem Wert einer oder mehrerer der Beteiligung zugeordneten Wohnungen entsprechen muß. Die Vertretungsmacht des Geschäftsführers ist derart beschränkt, daß keine gesamtschuldnerische Haftung aller Gesellschafter, sondern jeweils nur eine Teilschuld im Verhältnis der jeweiligen Gesellschaftsbeteiligung eintreten durfte und die Haftung sich auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt, somit der Zugriff auf das außerhalb der Gesellschaft vorhandene sonstige Vermögen der Gesellschafter ausgeschlossen ist. Gewinn- und Verlustbeteiligung besteht im Verhältnis der jeweiligen Beteiligungen zueinander.

Mit notariell beurkundetem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 9. Dezember 1981 erwarb der Kl. von der Z - ebenso wie zahlreiche andere in der dem Vertrag beigefügten Anlage aufgeführten Erwerber - Gesellschaftsanteile an der GbR mit zugewiesener Wohnungs-Nr. lt. Teilungserklärung und zugehörigem Kaufpreis unter gleichzeitiger Abtretung der Anteile. Der Erwerb des Kl. umfaßte fünf Gesellschaftsanteile von jeweils . . ./. . . an der GbR, die in der bereits erwähnten Anlage mit den laufenden Nummern . . . bis . . - ebenso wie die Wohnungen - bezeichnet waren und auf die ein Kaufpreis in Höhe von jeweils . . . DM entfiel.

Dem Vertrag vom 9. Dezember 1981 war eine Prospektwerbung vorausgegangen. In diesem Prospekt wurde u. a. darauf hingewiesen, daß Zeichner eine Beteiligung an der GbR erwürben und daß im Hinblick auf den Fall des Ausscheidens von Gesellschaftern dem Gesellschaftsanteil jeweils bestimmte Eigentumswohnungen nebst Tiefgaragenplätze zugeordnet seien, die dem Inhaber der betreffenden Gesellschaftsbeteiligung bei seinem Ausscheiden anstelle eines Auseinandersetzungsguthabens zum alleinigen Eigentum zu übertragen seien. Grunderwerbsteuer falle höchstens beim Ausscheiden aus der Gesellschaft und dann ggf. nur nach Maßgabe des § 7 Abs. 2 des GrEStG an.

Nach vorherigem Schriftwechsel mit dem Prozeßbevollmächtigten des Kl. setzte das FA gegen den Kl. mit fünf Grunderwerbsteuerbescheiden vom 26. April 1983 Grunderwerbsteuer in Höhe von jeweils . . . DM fest.

Die nach erfolgloser Durchführung des außergerichtlichen Vorverfahrens erhobene Klage, mit der der Kl. die Aufhebung der gegen ihn ergangenen Steuerfestsetzungen begehrt, hat das FG abgewiesen. Die Entscheidung des FG ist in EFG 1988, 34 veröffentlicht.

Mit der Revision beantragt der Kl. die Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie der Einspruchsentscheidung und der Grunderwerbsteuerbescheide. Er rügt Verletzung von § 1 Abs. 1 Nrn. 6 und 7, Abs. 2 GrEStG.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Kl. ist unbegründet. Die Entscheidung des FG erweist sich im Ergebnis als richtig (§ 126 Abs. 4 FGO).

1. Das FG hat ausgeführt, die Steuerpflicht für den Erwerb des Kl. ergebe sich aus § 1 Abs. 1 Nrn. 6 und 7 GrEStG sowie weiter aus § 1 Abs. 2 GrEStG und schließlich auch aus § 1 Abs. 1 Nr. 6 bzw. 7 i. V. m. Abs. 2 GrEStG. Die GbR sei nämlich durch die Z derartig gebunden gewesen, daß diese als Benennungsberechtigte durch Zwischengeschäfte i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG eigene wirtschaftliche Interessen habe verfolgen können. Die Z habe auch die wirtschaftliche Vertretungsbefugnis i. S. des § 1 Abs. 2 GrEStG innegehabt, sei es ihr doch gestattet gewesen, sich den in den Eigentumswohnungen ruhenden Wert jederzeit nutzbar zu machen. Diese ihre Position habe sie durch den Kauf- und Abtretungsvertrag dem Kl. bezüglich der seinen Gesellschaftsanteilen zugeordneten Eigentumswohnungen übertragen und ihm damit den wirtschaftlichen Wert dieser Eigentumswohnungen zugewendet. Diese Ausführungen des FG halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot bzw. aus einem Angebot zum Abschluß eines anderen Vertrages, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann, begründet. § 1 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG unterwirft der Steuer die Abtretung eines solchen Rechtes, wenn kein Rechtsgeschäft vorangegangen ist, das den Anspruch auf Rechtsabtretung begründet. Es kann dahingestellt bleiben, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschriften erfüllt sind. Denn ein solches Zwischengeschäft bringt für sich allein die Steuer nicht zur Entstehung; die Steuer entsteht erst durch die Ausübung der Rechte durch den Abtretungsempfänger, d. h. mit der Annahme des Vertragsangebots durch den Dritten (vgl. Senatsurteil vom 6. Mai 1969 II 131/64, BFHE 96, 201, BStBl II 1969, 595). Da aber dieser zweite Teilakt der Steuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt und den Steueranspruch gegen den Annehmenden auslöst, kann nicht noch zusätzlich in seiner Person eine weitere Steuer aus § 1 Abs. 1 Nr. 6 bzw. 7 GrEStG entstehen (Senatsurteile vom 10. Juli 1974 II R 12/70, BFHE 113, 313, BStBl II 1974, 772, und vom 16. Dezember 1981 II R 109/80, BFHE 135, 90, BStBl II 1982, 269). Steuerschuldner für ein solches Zwischengeschäft könnte folglich nur die Z sein.

b) Nach § 1 Abs. 2 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Die Vorschrift ergreift als Ersatztatbestand regelmäßig nur diejenigen Fälle, in denen die Beteiligten vom Abschluß eines Verpflichtungsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet und nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegt, absehen und an Stelle des Eigentums nur die Verwertungsbefugnis übergehen lassen (vgl. Senatsurteil vom 9. Mai 1962 II 159/60 U, BFHE 75, 122, BStBl III 1962, 313). Der Kauf- und Abtretungsvertrag vom 9. Dezember 1981 war unmittelbar nur auf die Abtretung von gestückelten Anteilen an der GbR gerichtet. Diesen waren jedoch jeweils Miteigentumsanteile an dem Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung zugeordnet. Im Hinblick auf die gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen beinhaltete der Erwerb der Anteile an der GbR den Übergang des bislang der Z zustehenden Anspruchs gegen die GbR auf Übertragung des Eigentums an den Grundstücksmiteigentumsanteilen verbunden mit den jeweiligen Sondereigentumseinheiten. Dieser Anspruch, der aus § 13 des Gesellschaftsvertrages folgt, war jedoch aufschiebend bedingt dahingehend, daß sein Entstehen ebenso wie das Entstehen der korrespondierenden Verpflichtung der GbR vom Ausscheiden des Gesellschafters (nun des Erwerbers) bzw. von der Auflösung und Liquidation der GbR abhängig gemacht war. Der Erwerb dieses aufschiebend bedingten Anspruchs auf Übertragung der Eigentumswohnungen unterliegt wie jeder rechtsgeschäftlich begründete Übereignungsanspruch der Grunderwerbsteuer aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, auch wenn er den Steueranspruch noch nicht zur Entstehung brachte. Denn nach Art. 97 § 4 Nr. 1 EGAO 1977 (vgl. nun § 14 Nr. 1 GrEStG 1983) entstand die Steuer, wenn die Wirksamkeit eines Erwerbsgeschäfts vom Eintritt der Bedingung abhängig ist, abweichend von § 38 AO 1977 i. V. m. Art. 97 § 3 Abs. 1 Satz 1 EGAO 1977 mit dem Eintritt der Bedingung, also in dem Zeitpunkt, in dem das schwebend wirksame Rechtsgeschäft nach § 158 Abs. 1 BGB voll wirksam wird. Der Fall des Abhängigmachens von einer Bedingung ist nicht dem Fall vergleichbar, daß für ein Verpflichtungsgeschäft i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG bewußt die dafür erforderliche Genehmigung nicht eingeholt wird, um dadurch die Entstehung der Steuer (vgl. Art. 97 § 4 Nr. 2 EGAO 1977; siehe nun § 14 Nr. 2 GrEStG 1983) nicht nur hinauszuschieben, sondern gänzlich zu vermeiden (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 12. Dezember 1968 II B 42/68, HFR 1969, 130).

2. Die Entscheidung des FG erweist sich jedoch im Ergebnis deshalb als richtig, weil die entgeltliche Abtretung der gestückelten Anteile an der GbR nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i. V. m. § 42 AO 1977 in dem Ausmaß der Grunderwerbsteuer unterliegt wie die entsprechende Veräußerung von Miteigentumsanteilen an dem Grundstück verbunden mit den jeweiligen Sondereigentumseinheiten.

Nach den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen war die Beteiligung der Z an der GbR in einzelne Anteile gestückelt, die ihrerseits wiederum untrennbar verknüpft waren mit einem Miteigentumsanteil am Grundstück, der seinerseits mit dem Sondereigentum an einer Wohnung verbunden ist. Da zivilrechtlich der Gesellschaftsanteil eines Gesellschafters an einer Personengesellschaft notwendig ein einheitlicher ist, der in der Hand eines Gesellschafters nicht einer Aufspaltung zugänglich ist (allgemeine Ansicht, vgl. z. B. Urteil des BGH vom 11. April 1957 II ZR 182/55, BGHZ 24, 106, 108, und Ulmer in Großkommentar zum Handelsgesetzbuch, 4. Aufl., § 105 Rdnr. 71 mit Nachweisen), kann diese Vereinbarung im Zusammenhang mit der weiteren gesellschaftsvertraglichen Regelung, daß jeder Gesellschafter seine Beteiligung auch in Teilen an einen beliebigen Dritten abtreten darf, nur als antizipierte Zustimmung zu Teilabtretungen verstanden werden. Daraus wird deutlich, daß die so ermöglichte Abtretung wirtschaftlich einer Veräußerung der jeweils mit dem gestückelten Anteil unlöslich verbundenen Eigentumswohnung (dem Miteigentumsanteil am Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung) gleichkommt. Denn diese unauflösliche Verbindung steht ihrerseits wiederum in Zusammenhang mit der von § 733 BGB abweichenden Vereinbarung über die Auseinandersetzungs- bzw. (bei Ausscheiden) Abschichtungsansprüche des jeweiligen Gesellschafters, die als solche nach § 731 Satz 1 BGB zulässig ist. Der Auseinandersetzungsanspruch bezieht sich auf die jeweils der Beteiligung des Gesellschafters zugeordnete Sache, nämlich den Miteigentumsanteil (bzw. die Miteigentumsanteile) an dem Grundstück verbunden mit dem jeweiligen Sondereigentum an der (oder den) Wohnungen. Die GbR ist mit Wirkung vom Tage seines Ausscheidens bzw. im Rahmen der Auseinandersetzung nach Auflösung verpflichtet, aus dem Gesamthandsvermögen dem Gesellschafter den Miteigentumsanteil zu übereignen.

Die Übertragung eines Teiles eines derart ausgestatteten Gesellschaftsanteils (eines oder mehrerer gestückelter Anteile) ersetzt die an sich gebotene Übertragung des entsprechenden Miteigentumsanteils (bzw. der entsprechenden Miteigentumsanteile) am Grundstück verbunden mit dem Wohnungseigentum. Denn die gewählte Konstruktion der Abtretung derartig ausgestatteter gestückelter Anteile ist nur verständlich unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung der Steuerpflicht bzw. erhoffter Steuerbefreiung aus § 6 Abs. 2 bzw. § 7 Abs. 2 GrEStG bei Beachtung der Fristen von § 6 Abs. 4 bzw. § 7 Abs. 3 GrEStG für den Fall des Eintritts der Bedingung für die Übereignungsverpflichtung der GbR. Sie stellt - ohne daß damit eine moralische Wertung verbunden wäre (vgl. Senatsurteil vom 4. März 1987 II R 150/83, BFHE 149, 75, BStBl II 1987, 394) - einen Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i. S. des § 42 Satz 1 AO 1977 dar (vgl. auch Senatsurteil vom 10. Mai 1989 II R 86/86, BFHE 156, 523, BStBl II 1989, 628). Nach § 42 Satz 2 AO 1977 ist deshalb der Steueranspruch so entstanden, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen Gestaltung entsteht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416902

BFH/NV 1991, 119

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