Leitsatz (amtlich)

Hat ein Doppelbesteuerungsabkommen ein Steuergut einem anderen Staat als der BRD zugeteilt, so werden die aus ihm oder mit ihm erzielten Gewinne oder Verluste im Rahmen der Einkommenbesteuerung in der Bundesrepublik nicht berücksichtigt.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nrn. 1-2; DBA ITA Art. 2, 11

 

Tatbestand

Die Kommanditgesellschaft (KG), deren geschäftsführender Gesellschafter der Revisionskläger ist, erwarb mit Vertrag vom 24. September 1963 ein 2431 qm großes Grundstück in Sch. (Italien). Der Kaufpreis betrug 20 Mio. Lire (= 128 063,71 DM). Auf diesem Grundstück sollten drei Häuser mit Kaufeigentumswohnungen errichtet werden. Tatsächlich errichtete die KG in den Jahren 1964 und 1965 nur ein Haus mit 10 Eigentumswohnungen, die zum 1. Mai 1965 bezugsfertig waren. Der Bau wurde von italienischen Firmen ausgeführt. Infolge Abweichungen von der ursprünglichen Planung und infolge zwischenzeitlich eingetretener Zahlungsschwierigkeiten des von der KG beauftragten italienischen Generalunternehmers entstanden höhere Herstellungskosten als ursprünglich erwartet. Außerdem stellte sich bei den Verkaufsbemühungen heraus, daß die vorgesehenen Kaufpreise nicht zu erzielen waren.

In ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1963 wies die KG das Grundstück mit den Anschaffungskosten (128 063,71 DM) aus. Im Jahre 1964 aktivierte sie die in diesem Jahre angefallenen Herstellungskosten des im Bau befindlichen Gebäudes mit 247 880,59 DM. In ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1964 nahm sie auf die insgesamt 375 944,30 DM eine Teilwertabschreibung in Höhe von 152 700 DM vor, die sie als den Unterschiedsbetrag zwischen den erwarteten Anschaffungs- und Herstellungskosten von insgesamt 477 591,81 DM und den zu erwartenden Verkaufserlösen von 324 891,81 DM errechnete.

Der Revisionsbeklagte (das FA) erkannte die Teilwertabschreibung mit 152 700 DM nicht an und bezog sich dafür auf Art. 2 des Abkommens zwischen dem Deutschen Reiche und Italien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Regelung anderer Fragen auf dem Gebiete der direkten Steuern (DBA-Italien) vom 31. Oktober 1925 (RGBl II 1925 S. 1146). Gleichzeitig erhöhte es die Rückstellung für Gewerbesteuer um 15 000 DM. Den Mehrgewinn von 137 700 DM rechnete das FA mit 133 569 DM dem Revisionskläger und mit 4 131 DM der Kommanditistin W. F. zu.

Der Einspruch der KG und die vom geschäftsführenden Gesellschafter der KG zum FG erhobene Klage blieben ohne Erfolg. Die Entscheidung des FG ist in den EFG 1970, 487 veröffentlicht.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision der Steuerpflichtigen mit dem Antrag, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 21. Dezember 1966 aufzuheben "und unter Änderung des Bescheides des Beklagten vom 27. Januar 1966 den Gewinn der Kommanditgesellschaft ... einheitlich und gesondert auf DM 289 000,-, den Gewinnanteil des Klägers auf DM 218 717,-, und den Gewinnanteil der Kommanditistin W. F. auf DM 25 283,- festzustellen".

Zur Begründung läßt die Steuerpflichtige vortragen:

Die streitigen Verluste gehörten nicht zu den Einkünften aus unbeweglichem Vermögen, sondern zu den gewerblichen Einkünften, die - mangels einer Betriebstätte der KG in Italien - der Besteuerung in der BRD unterlägen. Daraus, daß das Grundstück nebst dem aufstehenden Gebäude als solches zum unbeweglichen Vermögen gehöre, folge für die Qualifikation der aus ihm fließenden hier streitigen Einkünfte noch nichts. Da das DBA-Italien eine eindeutige Abgrenzung der dem Art. 2 und der dem Art. 3 zuzuordnenden Einkünfte insoweit nicht treffe, sei die Qualifikation der streitigen Einkünfte nach deutschem Steuerrecht vorzunehmen.

Es sei in der Rechtsprechung seit längerem anerkannt, daß die für Wohnungsbauunternehmen typische Tätigkeit des Eigentumvorratbaues zur gewerblichen Tätigkeit zähle. Das gelte selbst dann, wenn der Bauherr sonst keinen Gewerbebetrieb unterhalte. Dasselbe folge aber auch aus § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Auch bei isolierender Betrachtungsweise komme es allein auf das Wesen der Einkünfte als das Ergebnis einer gewerblichen Tätigkeit an. Schließlich sei die Berücksichtigung der streitigen Verluste bei der Besteuerung der Gesellschafter der KG auch nach den Zuteilungsnormen des DBA-Italien berechtigt, da es sich hier nicht um Einkünfte aus der langfristigen Nutzung von Grundvermögen, sondern eben um eine unternehmerische, gewerbliche Tätigkeit handele, die im wesentlichen "vom Schreibtisch aus" erledigt werde und bei der es von untergeordneter Bedeutung sei, daß sie sich auf Grundbesitz in Italien bezogen habe.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

1. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, ist die Zuweisung des Besteuerungsrechts für Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen im DBA-Italien nach dem Belegenheitsprinzip geregelt. Das gilt einmal für die Sachsteuern, d. h. für diejenigen direkten Steuern, die im Hinblick auf die einzelnen Gegenstände der Besteuerung und aufgrund ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit zu dem Gebiet eines Staates erhoben werden (Art. 1 Abs. 4 Satz 1 DBA-Italien), zum anderen aber auch für die Personalsteuern als diejenigen direkten Steuern, die auf die Gesamtheit der der Steuer unterworfenen Gegenstände (Einkünfte) oder Vermögen mit Rücksicht auf die Person des Steuerpflichtigen, dem sie zustehen, und aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Aufenthalts dieser Person erhoben werden (Art 1 Abs. 4 Satz 2 DBA-Italien). Das FG konnte es deshalb dahingestellt lassen, ob die KG in Sch. eine Betriebstätte unterhielt oder nicht. Denn in jedem Falle greift das Belegenheitsprinzip durch, das an die stärkere Bindung eines Vermögensgegenstandes (als Steuergutes) zu einem bestimmten Land anknüpft, gleichgültig, ob sich das unbewegliche Vermögen und die Betriebstätte in dem gleichen Land befinden (Art. 3 Abs. 1 bzw. Art. 3 Abs. 3 DBA-Italien) oder nicht (Hinweis auf die Ausführungen von Dorn, StuW 1926 Sp. 97 ff.).

a) Wenn der Revisionskläger meint, daß die Vorschriften des DBA-Italien eine Abgrenzung von Einkünften aus unbeweglichem Vermögen und gewerblichen Einkünften, die mit unbeweglichem Vermögen in Zusammenhang stünden, vermissen lasse, so vermag der erkennende Senat dem nicht zu folgen. Gleichgültig, ob die Steuern als Sachsteuern die Einkünfte aus dem unbeweglichen Vermögen selbst treffen oder ob sie als Personalsteuern vom Gesamteinkommen des Steuerpflichtigen erhoben werden, weist das Abkommen in Art. 2 und Art. 11 Nr. 1 Buchst. a das Besteuerungsrecht dem Belegenheitsstaate zu. Zweifel, die in erster Linie durch eine Auslegung aus den Vorschriften des Abkommens selbst und erst in zweiter Linie nach den Grundsätzen des innerdeutschen Rechts zu beheben wären (vgl. Urteil des BFH I 112/57 S vom 20. Januar 1959, BFH 68, 340, BStBl III 1959, 133; Korn-Dietz-Debatin, Doppelbesteuerung, Vorbemerkungen III G Anm. 4 ff.), bestehen in dieser Hinsicht nicht.

b) Was die hier streitige Teilwertabschreibung oder einen endgültigen Veräußerungsgewinn bzw. Veräußerungsverlust betrifft, der von der KG bei der Veräußerung ihres in Sch. belegenen unbeweglichen Vermögens erzielt wurde, so sind sie nach Nr. 2 des Schlußprotokolls unter die durch "jede andere Art der Nutzung des unbeweglichen Vermögens" erzielten Einkünfte einzubeziehen (Korn-Dietz-Debatin, a. a. O., Anm. 3 zu Art. 2 DBA-Italien). Das gilt auch dann, wenn nach italienischem Steuerrecht Veräußerungsgewinne und -verluste nicht oder - wie nach § 16 Abs. 4 und 5 oder § 22 Nr. 2 und § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Abs. 4 EStG - nur unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich erfaßt oder berücksichtigt werden sollten. Denn die nach dem Belegenheitsprinzip erfolgte Zuteilung des Besteuerungsrechts ist endgültig; d. h., daß auch dann, wenn nach italienischem Steuerrecht Veräußerungsgewinne und -verluste oder der Vorgriff auf sie durch Teilwertabschreibung nicht steuerlich erfaßt oder berücksichtigt werden, die BRD die aus der Veräußerung erzielten Gewinne und Verluste gleichwohl nicht steuerlich berücksichtigen darf. Der Senat nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf seinen Beschluß I B 50/68, I B 3/69 vom 11. März 1970 (BFH 98, 427, BStBl II 1970, 569) Bezug.

2. Soweit die Steuerpflichtige sich auf die isolierende Betrachtungsweise beruft, übersieht sie, daß es sich hier um ein Rechtsinstitut im Rahmen der Besteuerung beschränkt Steuerpflichtiger handelt (vgl. BFH-Urteile I R 140/66 vom 4. März 1970, BFH 98, 420, BStBl II 1970, 428, und I R 41/70 vom 7. Juli 1971, BFH 103, 153, BStBl II 1971, 771). Nur in diesem Rahmen kommt es für die Einordnung bestimmter Einkünfte entscheidend auf das Wesen einer Tätigkeit an und nicht auf die Organisationsform des Unternehmens, das sie ausübt und mit ihrer Ausübung die in ihrer Einordnung fraglichen Einkünfte erzielt.

3. Die Revision konnte danach keinen Erfolg haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413194

BStBl II 1972, 948

BFHE 1972, 501

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