Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur betrieblichen Veranlassung einer dem Arbeitnehmer-Ehegatten gewährten Direktversicherung

 

Leitsatz (NV)

Aufwendungen für eine Direktversicherung, die im Rahmen eines steuerrechtlich anzuerkennenden Ehegatten-Arbeitsverhältnisses geleistet werden, sind der Höhe nach nur insoweit betrieblich veranlaßt, als sie zu keiner Überversorgung führen (Anschluß an BFH-Urteile vom 8. Oktober 1986 I R 220/82, BFHE 148, 37, BStBl II 1987, 205; vom 5. Februar 1987 IV R 198/84, BFHE 149, 451, BStBl II 1987, 557).

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, deren Anteile zu je einem Drittel von ihren alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern A, B und C gehalten werden. Die -- nicht rentenversicherungspflichtigen -- Ehefrauen der Gesellschafter- Geschäftsführer sind bei der Klägerin aufgrund von Arbeitsverträgen 1984 für monatlich 390 DM, 1985 für monatlich 400 DM und 1986 für monatlich 410 DM für jeweils 14 Stunden in der Woche als Bürohilfen angestellt. Zusätzlich zu den laufenden Gehältern leistete die Klägerin für die Ehefrauen jeweils die Beiträge für Direktversicherungen. Die Beitragszahlungen beliefen sich monatlich auf 200 DM pro Person. Sowohl die Gehaltszahlungen als auch die Beitragszahlungen für die Versicherungen wurden dem pauschalen Lohnsteuersatz gemäß § 40 a und § 40 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterworfen und von der Klägerin als Betriebsausgaben abgezogen.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) behandelte die Auf wendungen für die Direktversicherungen demgegenüber insoweit als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA), als der gemäß Anlage 9 zum Bewertungsgesetz (BewG) ermittelte Ertrag aus den künftigen Versicherungsleistungen 75 v. H. des jeweiligen Arbeitslohnes der Ehefrauen überstieg. In diesem Umfang läge eine Überversorgung der Ehefrauen vor.

Gegen die hiernach für die Streitjahre 1984 bis 1986 ergangenen Körperschaftsteuerbescheide erhob die Klägerin nach erfolglosen Einsprüchen Klage, der das Finanzgericht (FG) stattgab (siehe Der Betrieb 1995, 1150). Es entschied, die Beitragszahlungen für die Direktversicherungen seien nach Grund und Höhe betrieblich veranlaßt. Zwar habe der Bundesfinanzhof -- BFH -- (Urteile vom 8. Oktober 1986 I R 220/82, BFHE 148, 37, BStBl II 1987, 205, und vom 26. Oktober 1982 VIII R 50/80, BFHE 137, 269, BStBl II 1983, 209) eine angemessene Versorgung nur angenommen, wenn Leistungen aus einer Direktversicherung zusammen mit den Sozialversicherungsrenten nicht höher als 75 v. H. der letzten Aktivbezüge seien, wovon -- vereinfachend -- auszugehen sei, wenn die Aufwendungen für die Altersversorgung des Arbeitnehmers sich auf höchstens 30 v. H. des steuerpflichtigen Jahresarbeitslohnes beliefen. Diese Werte würden im Streitfall deutlich übertroffen. Dem BFH sei aber nicht zu folgen. Seine Rechtsprechung führe zu gleichheitswidrigen Ergebnissen. Die Höhe der Aufwendungen zur Altersversorgung sei von zufälligen persönlichen Umständen (wie z. B. Alter, Kinderzahl, Ausbildung) abhängig. Folglich sei auch das Verhältnis der Aufwendungen zu den Aktivbezügen nicht geeignet, eine abschließende Aussage über die Angemessenheit der Gesamtbezüge oder der Altersversorgung zuzulassen.

Seine Revision stützt das FA auf Verletzung von § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG).

Es beantragt, die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Die von der Klägerin für die Direktversicherungen getätigten Aufwendungen können nur in dem vom FA anerkannten Umfang als Betriebsausgaben abgezogen werden.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH dürfen Aufwendungen für die Altersversorgung von Arbeitnehmer-Ehegatten nicht zu einer Überversorgung führen. Die Obergrenze einer angemessenen Altersversorgung liegt danach bei 75 v. H. der letzten Aktivbezüge (vgl. BFH-Urteile vom 15. Juli 1976 I R 124/73, BFHE 120, 167, BStBl II 1977, 112; in BFHE 137, 269, BStBl II 1983, 209; vom 16. Mai 1995 XI R 87/93, BFHE 178, 129, BStBl II 1995, 873). Im Hinblick auf die Schwierigkeit, die letzten Aktivbezüge und die zu erwartenden Sozialversicherungsrenten zu schätzen, hat der BFH zur Prüfung einer möglichen Überversorgung auf die vom Arbeitgeber während der aktiven Tätigkeit des Ehepartners tatsächlich erbrachten Leistungen abgestellt. Von der Prüfung einer möglichen Überversorgung kann danach abgesehen werden, wenn die laufenden Aufwendungen für die Altersversorgung (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Sozialversicherung, freiwillige Leistungen des Arbeitgebers für Zwecke der Altersversorgung und Zuführungen zu einer Pensionsrückstellung) 30 v. H. des steuerpflichtigen Arbeitslohns nicht übersteigen (BFH- Urteile in BFHE 148, 37, BStBl II 1987, 205; in BFHE 149, 451, BStBl II 1987, 557; in BFHE 178, 129, BStBl II 1995, 873). An dieser Rechtsprechung, die auch auf den Aufwand für Direktversicherungen anzuwenden ist (BFH-Urteile vom 21. August 1984 VIII R 106/81, BFHE 142, 231, BStBl II 1985, 124; in BFHE 148, 37, BStBl II 1987, 205; in BFHE 149, 451, BStBl II 1987, 557; vom 14. Juli 1989 III R 97/86, BFHE 157, 565, BStBl II 1989, 969), hält der Senat fest.

2. a) Im Streitfall liegen die künftigen Versicherungsleistungen nach den vom FG durch Bezugnahme festgestellten Berechnungen der Betriebsprüferin teilweise deutlich -- zwischen 45 und 48 v. H. bei Frau A und Frau B, zwischen 7 und 11 v. H. bei Frau C -- über der besagten Grenze von 75 v. H. des jeweiligen steuerpflichtigen Arbeitslohns. Die Berechnungen sind von der Klägerin nicht angegriffen worden. Sie bieten auch keinen Anhaltspunkt für Beanstandungen. In diesem Umfang sind deshalb Überversorgungen gegeben.

b) Darin liegt zugleich eine vGA i. S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG.

Eine vGA ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (vgl. BFH-Urteil vom 22. Februar 1989 I R 9/85, BFHE 156, 428, BStBl II 1989, 631). Im Regelfall ist eine Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BFH- Urteil vom 14. März 1990 I R 6/89, BFHE 160, 459, BStBl II 1990, 795; vgl. auch Abschn. 31 Abs. 2 der Körperschaftsteuer-Richtlinien). So verhält es sich im Streitfall. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte unter vergleichbaren Umständen fremden dritten Personen eine Direktversicherungszusage in dieser Höhe nicht eingeräumt. Dafür sprechen auch Gründe der Gleichbehandlung. Wenn der BFH -- wie aufgezeigt -- bei Ehegatten-Arbeitnehmern aus einem Mißverhältnis zwischen Aktivbezügen und Versorgungsaufwand auf die nichtbetriebliche Veranlassung der geleisteten Vorsorgeaufwendungen schließt, ist kein Grund ersichtlich, weshalb Kapitalgesellschaften bei der Verausgabung von Vorsorgeaufwendungen für ihre Gesellschafter und diesen nahestehenden Personen bessergestellt werden sollten (siehe Senatsurteil vom 17. Mai 1995 I R 147/93, BFHE 178, 203; vgl. auch Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 27. März 1985 1 BvR 1415/84, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1987, 92).

3. Die Vorinstanz ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Ihre Entscheidung war aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage war abzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 65447

BFH/NV 1996, 596

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