Leitsatz (amtlich)

Die auf § 12 Nr.4 EStG i.d.F. des EStÄndG vom 25.Juli 1984 (BGBl I 1984, 1006, BStBl I 1984, 401) bezogene Anordnung des § 52 Abs.19 a EStG ist mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art.20 Abs.3 GG) vereinbar. Die Regelung des § 12 Nr.4 EStG beinhaltet keine Rechtsänderung, sondern stellt nur die schon bisher bestehende Rechtslage klar.

 

Orientierungssatz

1. Eine nach Erlaß des finanzgerichtlichen Urteils wirksam gewordene Gesetzesänderung ist vom Revisionsgericht zu beachten (vgl. BFH-Urteil vom 6.11.1973 VII R 128/71).

2. Ausführungen und BVerfG-Rechtsprechung zu dem aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Verbot rückwirkend belastender Steuergesetze.

3. Geldstrafen für kriminelle Straftaten gehören zu den Kosten der Lebensführung, weil sie in engem Zusammenhang mit der Person des Täters stehen (Anschluß an RFH-Rechtsprechung). Dies gilt auch für Geldauflagen nach § 153a Abs. 1 StPO. Derartige Geldstrafen und Geldauflagen waren auch nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des EStÄndG vom 25. Juli 1984 nicht als Betriebsausgaben abziehbar.

4. Steht ein Strafverfahren in einem ursächlichen Zusammenhang mit betrieblichen Vorgängen, so sind die Ausgaben für die Strafverteidigung als Betriebsausgaben abziehbar. Das EStÄndG vom 25.7.1984 hat hierin keine Änderung gebracht.

 

Normenkette

EStG § 12 Nr. 4 Fassung: 1984-07-25, § 52 Abs. 19a Fassung: 1984-07-25; StPO § 153a Abs. 1; GG Art. 20 Abs. 3; EStG § 12 Nr. 1, § 4 Abs. 4

 

Tatbestand

Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) --einer OHG-- sind F und dessen Bruder D. Nach dem Gesellschaftsvertrag vom 18.Juli 1969 sind die Gesellschafter am Gewinn und Verlust der Klägerin je zur Hälfte beteiligt.

Der F stellte für die Klägerin am 9.Februar 1976 beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) im Zusammenhang mit der Anschaffung von zwei LKW mit Aufbauten einen Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage gemäß § 4b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG). Das FA gab diesem Antrag statt, so daß der Klägerin ein Betrag von 10 198,87 DM gemäß Bescheid vom 28.September 1976 und ein weiterer Betrag von 6 343,20 DM gemäß Bescheid vom 27.September 1977 ausgezahlt wurde.

Im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung wurde festgestellt, daß die Investitionszulage zu Unrecht gewährt worden war, weil die beiden LKW erst nach Ablauf des Begünstigungszeitraums nach § 4b InvZulG bestellt und die Anschaffungskosten wegen Nichtberücksichtigung von Rabatten zu hoch beziffert worden waren. Das FA forderte daher von der Klägerin die ausgezahlte Investitionszulage zurück. Dies führte zu einem Rechtsstreit zwischen dem FA und der Klägerin.

Im Zusammenhang mit diesem Vorgang führte die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht X gegen F ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Betrugs bzw. Subventionsbetruges durch. Das Amtsgericht Y erließ gegen F einen Strafbefehl, in dem es eine Geldstrafe von 10 000 DM verhängte. Gegen diesen Strafbefehl legte F Einspruch ein. In der öffentlichen Sitzung des Schöffengerichts X vom 25.April 1980 wurde das Verfahren gemäß § 153a der Strafprozeßordnung (StPO) vorläufig eingestellt und dem F auferlegt, innerhalb von sechs Monaten einen Betrag von 10 000 DM an eine bestimmte gemeinnützige Einrichtung zu zahlen. Nachdem F diese Zahlung geleistet hatte, wurde das Verfahren mit Beschluß des Schöffengerichts vom 30.April 1980 endgültig eingestellt.

Am 1.März 1982 änderte das FA den unter Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen Gewinnfeststellungsbescheid 1980 und stellte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 242 485 DM fest, die es je zur Hälfte auf die beiden Gesellschafter der Klägerin verteilte.

Der Einspruch gegen den geänderten Gewinnfeststellungsbescheid 1980, mit dem die Klägerin die Berücksichtigung der von F gezahlten 10 000 DM und seiner Strafverteidigungskosten in Höhe von 1 394,09 DM als Sonderbetriebsausgaben begehrte, hatte keinen Erfolg. Das FA führte in der Einspruchsentscheidung aus, bei den geltend gemachten Kosten des F handele es sich nicht um Betriebsausgaben i.S. des § 4 Abs.4 des Einkommensteuergesetzes (EStG), sondern um nichtabziehbare Kosten der Lebensführung gemäß § 12 Nr.1 EStG. Geldstrafen könnten steuerlich nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden. Dasselbe müsse für Zahlungen gelten, die aufgrund einer Auflage gemäß § 153a Abs.1 Satz 1 Nr.2 StPO geleistet worden seien.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben und den Gewinnfeststellungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend geändert, daß die streitigen Kosten in Höhe von 11 394,09 DM als Sonderbetriebsausgaben des F gewinnmindernd berücksichtigt wurden.

Es führte aus, die strittigen Aufwendungen seien Sonderbetriebsausgaben des F, da sie durch dessen Beteiligung an der Klägerin wirtschaftlich veranlaßt seien. F habe den zur Erfüllung der Auflage nach § 153a Abs.1 Satz 1 Nr.2 StPO geleisteten Betrag gezahlt, um drohende Nachteile für die Klägerin abzuwenden. Denn nach § 12 Abs.1 Satz 1 des Abfallbeseitigungsgesetzes (AbfG) vom 7.Juni 1972 (BGBl I 1972, 873) dürften Abfälle gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde eingesammelt oder befördert werden. Diese Genehmigung sei nach § 12 Abs.1 Satz 3 AbfG nur zu erteilen, "wenn ... keine Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Antragstellers oder der für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebs verantwortlichen Personen ergeben ...". Im Falle einer Verurteilung des F wegen Betruges seien Schwierigkeiten hinsichtlich der Erteilung der Genehmigung nach § 12 Abs.1 AbfG zu erwarten gewesen. Die Erfüllung der Auflage nach § 153a Abs.1 StPO sei deshalb ratsam gewesen, um wirtschaftliche Nachteile für die Klägerin zu vermeiden.

Bei den streitigen Aufwendungen handele es sich auch nicht um Kosten der Lebensführung i.S. von § 12 Nr.1 EStG. Denn entscheidend für die Zuordnung von Aufwendungen eines Steuerpflichtigen in seine betriebliche (berufliche) oder seine private Sphäre sei der Veranlassungszusammenhang. Auf ein Verschulden, eine Strafbarkeit oder eine moralische Wertung des Handelns könne es angesichts der Wertungsindifferenz des Steuerrechts nicht ankommen (ebenso Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28.November 1977 GrS 2-3/77, BFHE 124, 43, BStBl II 1978, 105, 109).

Die Neufassung des § 12 EStG durch das Gesetz vom 25.Juli 1984 (BGBl I 1984, 1006, BStBl I 1984, 401) hindere den Abzug der Aufwendungen als Sonderbetriebsausgaben des F nicht. Denn dieses Gesetz sei erst nach Verkündung der Entscheidung des erkennenden Senats des FG in Kraft getreten.

Für die Kosten der Strafverteidigung des F gälten die Ausführungen zur Abziehbarkeit der Aufwendungen zur Erfüllung der Auflage nach § 153a StPO entsprechend.

Das FG hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Streitfalls zugelassen.

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe die strittigen Aufwendungen zu Unrecht als Sonderbetriebsausgaben (§ 4 Abs.4 EStG) beurteilt.

Durch das Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes vom 25.Juli 1984 (BGBl I 1984, 1006, BStBl I 1984, 401) habe der Gesetzgeber § 12 EStG ergänzt und angeordnet, daß in einem Strafverfahren festgesetzte Geldstrafen, Nebenstrafen vermögensrechtlicher Art und Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden dürfen. Dazu gehörten auch Aufwendungen zur Erfüllung einer Auflage nach § 153a StPO (vgl. BRDrucks 117/84).

Durch § 52 Abs.19 a EStG (1984) habe der Gesetzgeber weiterhin angeordnet, daß die neue Bestimmung des § 12 Nr.4 EStG auch für Veranlagungszeiträume vor 1983 anzuwenden sei, soweit die entsprechenden Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig seien oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen seien. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Rückwirkung des Abzugsverbots bestünden nicht (Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 23.Oktober 1984, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1985, 111 ff.).

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist teilweise begründet.

Die Kosten der Strafverteidigung sind als Sonderbetriebsausgaben des F zu berücksichtigen. Dagegen kann der zur Einstellung des Strafverfahrens gezahlte Geldbetrag nicht als Sonderbetriebsausgabe abgesetzt werden.

1. Nach § 12 Nr.4 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes vom 25.Juli 1984 (BGBl I 1984, 1006, BStBl I 1984, 401) dürfen Leistungen zur Erfüllung von Auflagen in einem Strafverfahren, die nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch beim Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Eine solche Auflage ist dem F gemäß § 153a Abs.1 Satz 1 Nr.2 StPO im Zusammenhang mit der Einstellung des gegen ihn gerichteten Strafverfahrens gemacht worden.

Das in § 12 Nr.4 EStG statuierte Abzugsverbot soll nach § 52 Abs.19 a EStG, eingefügt durch das Gesetz vom 25.Juli 1984, auch für Veranlagungszeiträume vor 1983 Anwendung finden, sofern die Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind. Es erfaßt daher auch den Streitfall.

Die Gesetzesänderung ist zwar erst nach Erlaß des finanzgerichtlichen Urteils wirksam geworden, aber gleichwohl vom Revisionsgericht zu beachten (Urteil des BFH vom 6.November 1973 VII R 128/71, BFHE 110, 484, BStBl II 1974, 110).

Die durch § 52 Abs.19 a EStG angeordnete Anwendung des § 12 Nr.4 EStG auf bereits abgelaufene Veranlagungszeiträume verstößt nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Verbot rückwirkender (belastender) Steuergesetze (im Ergebnis ebenso BFH-Urteil vom 14.April 1986 IV R 260/84, BFHE 146, 411, BStBl II 1986, 518).

a) Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- (vgl. Beschlüsse vom 22.März 1983 2 BvR 475/78, BVerfGE 63, 343, 353, und vom 14.Mai 1986 2 BvL 2/83, Betriebs-Berater --BB-- 1986, 1421) entfaltet eine Rechtsnorm dann Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs normativ auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm rechtlich existent, d.h. gültig geworden ist. Dabei betrifft der zeitliche Anwendungsbereich einer Norm, wie er vom BVerfG verstanden wird, allein die zeitliche Zuordnung der normativ angeordneten Rechtsfolgen im Hinblick auf den Zeitpunkt der Verkündung der Norm. Gefragt wird danach, ob diese Rechtsfolgen für einen bestimmten, vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum eintreten sollen (Rückbewirkung von Rechtsfolgen) oder ob dies für einen nach oder mit der Verkündung beginnenden Zeitraum geschehen soll. Bei der veranlagten Einkommensteuer treten die Rechtsfolgen nach Ansicht des BVerfG (vgl. Beschluß in BB 1986, 1421) in der Regel erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums ein.

b) Verfassungsrechtlicher Maßstab für die Zulässigkeit eines Gesetzes, das an Sachverhalte der Vergangenheit anknüpft und zugleich bereits eingetretene Rechtsfolgen zum Nachteil des Bürgers ändert, ist das Rechtsstaatsprinzip (Art.20 Abs.3 des Grundgesetzes --GG--), zu dessen wesentlichen Elementen die Rechtssicherheit gehört. Rechtssicherheit bedeutet für den Bürger in erster Linie Vertrauensschutz. Der Bürger wird in seinem Vertrauen auf die Verläßlichkeit der Rechtsordnung enttäuscht, wenn Gesetze an sein Verhalten oder an ihn betreffende Umstände im nachhinein stärker belastende Rechtsfolgen knüpfen, als sie zur Zeit des Ablaufs dieses Verhaltens oder des Eintritts dieser Umstände vom damals geltenden Recht angeordnet werden (Entscheidungen des BVerfG vom 14.November 1961 2 BvR 345/60, BVerfGE 13, 215, 223; vom 19.Dezember 1961 2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261, 271; vom 10.März 1971 2 BvL 3/68, BVerfGE 30, 272, 285; BB 1986, 1421). Dagegen wird das Vertrauen des Bürgers in den Bestand der Rechtsordnung nicht berührt, wenn der Gesetzgeber eine sich schon aus dem bisher geltenden Recht ergebende Rechtsfolge ausdrücklich im Gesetz festlegt, die Rechtslage also nicht ändert, sondern nur klarstellt (BVerfG-Entscheidung vom 24.Juli 1968 1 BvR 537/65, BVerfGE 24, 75, 92; BFHE 146, 411, BStBl II 1986, 518).

c) Im Streitfall sind die streitigen Ausgaben im Jahr 1980 getätigt worden und haben den Gewinn der Klägerin für dieses Jahr und damit auch die mit Ablauf des Jahres entstandene Einkommensteuerschuld (§ 36 EStG) des F beeinflußt. Gleichwohl bestehen gegen § 52 Abs.19 a EStG keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weil durch die Anwendung des § 12 Nr.4 EStG auf den Veranlagungszeitraum 1980 nicht bereits eingetretene Rechtsfolgen zum Nachteil der Klägerin oder des F geändert werden. Das EStG in der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vom 25.Juli 1984 geltenden Fassung ist zwar offensichtlich insofern "geändert" worden, als ein ausdrückliches Abzugsverbot, wie es nun in § 12 Nr.4 EStG geregelt ist, darin nicht enthalten war. Ein Abzugsverbot für Geldstrafen und Auflagen i.S. des § 153a Abs.1 Satz 1 Nr.2 StPO ergab sich jedoch auch schon vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 25.Juli 1984 aus § 12 Nr.1 EStG.

d) Nach § 12 Nr.1 Satz 2 EStG sind Aufwendungen für die Lebensführung auch dann nicht steuerlich abziehbar, wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs --RFH-- (vgl. Urteile vom 31.Oktober 1928 VI A 1147/28, RStBl 1929, 83; vom 20.August 1930 VI A 1386/30, RStBl 1931, 103; vom 20.Januar 1937 VI A 22/37, RStBl 1937, 427; vom 17.August 1938 VI 440/38, RStBl 1939, 229), der sich der erkennende Senat anschließt, gehören Geldstrafen für kriminelle Straftaten zu den Kosten der Lebensführung, weil sie in engem Zusammenhang mit der Person des Täters stehen. Maßgebend für die Verhängung und Bemessung der Geldstrafe ist nicht der Umstand, daß die Tat im Zusammenhang mit dem Gewerbebetrieb begangen wurde, sondern die innere Einstellung des Täters, sein schuldhafter Wille. Die Geldstrafe ist nicht betriebsbezogen, sondern "täterbezogen"; sie trifft nur den Täter persönlich und bemißt sich nach dem individuellen Verschulden und nach den persönlichen Einkommensverhältnissen.

Entsprechend diesen Erwägungen hätte auch die strittige Geldauflage trotz ihres Zusammenhangs mit dem Gewerbebetrieb der Klägerin nicht als Sonderbetriebsausgabe des F abgezogen werden können.

Nach § 153a StPO kann von der Strafverfolgung abgesehen werden, wenn die Schuld des Täters gering ist und das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung durch die Erfüllung bestimmter Auflagen und Weisungen beseitigt werden kann. Zu diesen Maßnahmen gehört auch die Auflage, eine Geldleistung zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen (§ 153a Abs.1 Satz 1 Nr.2 StPO). Eine derartige Geldauflage ist zwar keine Strafe und auch keine strafrechtliche Sanktion, weil sie kein Unwerturteil über den Täter enthält, stellt jedoch ein der Geldstrafe vergleichbares Übel dar, das die Verhängung einer Strafe entbehrlich macht (vgl. Entscheidungen des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 11.Juli 1978 1 StR 232/78, BGHSt 28, 69; vom 13.November 1978 AnwSt (R) 13/78, BGHSt 28, 174; Rieß in Löwe/Rosenberg, Strafprozeßordnung, 24.Aufl., § 153a Rdnr.2). Die Auflage nach § 153a Abs.1 Satz 1 Nr.2 StPO wird ebenso wie die Geldstrafe nach dem Nettoeinkommen des Täters bemessen (Rieß, a.a.O., Anm.47). Auch bei der Geldauflage überwiegt somit die Beziehung zur Person des Täters.

Das ergibt sich auch aus dem Zweck des § 153a Abs.1 StPO, der darin zu sehen ist, in einem "Beendigungsverfahren mit Selbstunterwerfung" den Täter nach Erfüllung bestimmter Auflagen mit der Strafe und dem mit ihr verbundenen Makel zu verschonen (BGHSt 28, 69; Rieß, a.a.O., Rdnr.4). Dabei ist von Bedeutung, daß der Beschuldigte weder zur Übernahme noch zur Erfüllung der Auflagen und Weisungen gezwungen werden kann; die mit ihnen verbundene Sanktionswirkung beruht auf Freiwilligkeit, bei der es nicht darauf ankommt, ob der Beschuldigte mit der Erfüllung der Auflage einer Bestrafung oder trotz eines von ihm erwarteten Freispruchs den Unannehmlichkeiten eines Strafverfahrens entgehen will (Rieß, a.a.O., Rdnr.9, m.w.N. in Fußnote 24).

Der typischerweise mit der Übernahme und Erfüllung einer Auflage nach § 153a Abs.1 Satz 1 Nr.2 StPO verfolgte Zweck, den sozialen Makel einer Kriminalstrafe zu vermeiden, ist ebenso dem Bereich der Lebensführung zuzuordnen, wie die Absicht --trotz eines wahrscheinlichen Freispruchs bei Durchführung des Strafverfahrens-- durch Übernahme einer solchen Auflage den persönlichen Unannehmlichkeiten eines unter Umständen langwierigen Strafverfahrens zu entgehen. Bei derartigen Aufwendungen kommt deshalb stets eine private Mitveranlassung hinzu, die --auch nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 25.Juli 1984-- den Abzug als Betriebsausgaben gemäß § 12 Nr.1 EStG ausschließt.

2. Das FG hat jedoch zu Recht die Kosten der Strafverteidigung als Sonderbetriebsausgaben des F berücksichtigt.

F hat den Antrag auf Gewährung der Investitionszulage für das Unternehmen der Klägerin gestellt. Die Investitionszulage wurde antragsgemäß bewilligt und an die Klägerin ausgezahlt. Das Strafverfahren stand in einem ursächlichen Zusammenhang mit diesen betrieblichen Vorgängen, so daß auch die Ausgaben für die Strafverteidigung betrieblich veranlaßt sind. Der BFH hat bereits in seinem Urteil vom 19.Februar 1982 VI R 31/78 (BFHE 135, 449, BStBl II 1982, 467) unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung derartige Verteidigungskosten als abziehbare Werbungskosten angesehen. Der Große Senat des BFH hat sich in seinem Beschluß vom 21.November 1983 GrS 2/82 (BFHE 140, 50, BStBl II 1984, 160) dieser Auffassung angeschlossen. Das Gesetz vom 25.Juli 1984 hat hierin keine Änderung gebracht.

3. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 126 Abs.3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), da das FA keine Einwendungen gegen die Höhe der geltend gemachten Strafverteidigungskosten erhoben hat. Der Senat sieht jedoch davon ab, den geänderten Gesamtgewinn und die Gewinnanteile der Gesellschafter selbst festzustellen, da die Berücksichtigung der Strafverteidigungskosten als Sonderbetriebsausgaben Auswirkungen auf die Höhe der Gewerbesteuerrückstellung haben kann. Die Berechnung des Gesamtgewinns und der Gewinnanteile der Gesellschafter wird deshalb gemäß Art.3 § 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit dem FA übertragen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 61152

BStBl II 1986, 845

BFHE 147, 346

BFHE 1987, 346

DB 1986, 2310-2311

DStR 1987, 48-48 (ST)

HFR 1987, 12-12 (ST)

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