Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Verböserung.

 

Normenkette

AO § 243 Abs. 3

 

Gründe

Aus den Gründen

Zu Unrecht rügt der Bf., daß das Finanzgericht ihn auf die Möglichkeit der Verböserung nicht hingewiesen habe. Wie das Protokoll über die mündliche Verhandlung ergibt, ist ein solcher Hinweis erfolgt. Dies wird auch durch die -- auf Ersuchen des Senats abgegebenen -- übereinstimmenden schriftlichen Äußerungen des Vorsitzenden und des hauptamtlichen Richters des Finanzgerichts bestätigt. Wenn der Vertreter des Bf. demgegenüber geltend macht, daß der Hinweis nicht erfolgt sei oder zum mindesten nicht so deutlich ausgesprochen worden sei, daß er -- der Vertreter -- ihn gehört habe, so sieht der Senat es doch als durch das Protokoll und die vorerwähnten Äußerungen erwiesen an, daß der Hinweis vorgenommen worden ist.

Dem Bf. ist zwar zuzugeben, daß es als Hinweis auf die Verböserung nicht genügen würde, wenn ein Finanzgericht den Hinweis nur in ganz allgemeiner Form ausspricht. So würde es z. B. nicht ausreichen, wenn das Finanzgericht sich darauf beschränkte, zu Beginn der mündlichen Verhandlung in Art einer Formel auf die Möglichkeit des § 243 Abs. 3 AO hinzuweisen. Der Hinweis auf die Verböserungsmöglichkeit muß vielmehr einen konkreten Inhalt haben. Er muß in einem bestimmten Zusammenhang mit dem zu entscheidenden Fragenkomplex stehen. Die Pflicht zum Hinweis auf die Verböserung bedeutet aber nicht, daß das Finanzgericht darauf hinweisen müsse, "daß" es verbösern werde. Nur die "Möglichkeit" der Verböserung ist es, auf die das Finanzgericht hinzuweisen hat. Seine Entscheidung durch den Hinweis darauf, daß es verbösern werde, gewissermaßen vorwegzunehmen, ist das Finanzgericht weder berechtigt noch verpflichtet.

Im Streitfall ist zwar aus dem Protokoll nicht ersichtlich, in welchem Zusammenhang der Hinweis auf die Verböserungsmöglichkeit ausgesprochen worden ist. Dies ist mangels entsprechender Formvorschriften der AO auch nicht erforderlich, so daß die Tatsache, daß das Protokoll den Zusammenhang nicht ausweist, für sich allein nicht dazu führt, daß ein nur allgemein gehaltener Hinweis angenommen werden müsse. Im Hinblick darauf aber, daß der Hinweis in der mündlichen Verhandlung erfolgt und in dieser ganz offenbar auch die Frage der Lebensdauer des Gebäudes erörtert worden ist, sieht der Senat es, wenngleich die Äußerungen des Vorsitzenden und des hauptamtlichen Richters des Finanzgerichts in dieser Hinsicht nicht ganz eindeutig sind, doch als erwiesen an, daß der Verböserungshinweis in dem von ihm betroffenen Zusammenhang gestellt wurde. Hierbei geht der Senat vor allem davon aus, daß der Verböserungshinweis dem Vertreter des Bf. gegenüber erfolgt ist, also einem in dem Fragenkomplex erfahrenen Rechtsanwalt und Steuerberater gegenüber, der insbesondere auch über die der Verböserung zugrunde liegenden Fragen (Einheitswert als Ausgangswert und Restnutzungsdauer) unterrichtet war und wußte, daß es um diese ging. Im übrigen kann es für die Beurteilung der Anforderungen, die an die Konkretheit des Verböserungshinweises zu stellen sind, auch allgemein nicht unberücksichtigt bleiben, ob es sich bei dem Hinweisadressaten um einen in dem zu entscheidenden und erörterten Fragenkomplex unerfahrenen Steuerpflichtigen oder aber um einen versierten Fachmann handelt, da von diesem erwartet werden kann und muß, daß er, wenn ein solcher Hinweis erfolgt und ihm die Richtung der Verböserung nicht klar ist, sofort um entsprechende Klarstellung bittet und den Hinweis nicht einfach hinnimmt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409846

BStBl III 1961, 53

BFHE 1961, 143

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