Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermietung eines Pkw durch Gesellschafter-Geschäftsführer an GmbH

 

Leitsatz (NV)

1. Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH kann allein durch die Vermietung seines Pkw an die GmbH Unternehmer werden.

2. In diesem Fall liegt ein Gestaltungsmißbrauch gemäß § 42 AO 1977 nicht allein deshalb vor, weil die GmbH den gemieteten Pkw dem Vermieter (Gesellschafter-Geschäftsführer) für Zwecke der Geschäftsführung sowie zur privaten Nutzung zur Verfügung stellt.

 

Normenkette

UStG 1980 § 2 Abs. 1; AO 1977 § 42

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb bis zum 30. Juni 1986 als Einzel unternehmer ein Montageunternehmen. Ab 1. Juli 1986 wurde dieses Unternehmen durch eine neugegründete GmbH, an der neben dem Kläger dessen Ehefrau sowie dessen Tochter beteiligt waren, weitergeführt. Der Kläger war Geschäftsführer der GmbH und als solcher im Jahre 1986 einziger Arbeitnehmer der GmbH. Im Jahre 1987 wurde die Ehefrau des Klägers zusätzlich als Aushilfe beschäftigt.

Mit Vertrag vom 1. Juli 1986 vermietete der Kläger an die GmbH zwei Pkw, die er seinem Einzelunternehmen einkommensteuerrechtlich mit einem Teilwert von 4000 DM entnommen hatte. Einer dieser Pkw wurde durch einen Neuwagen ersetzt, den der Kläger am 12. August 1986 zum Preis von netto 39 995,40 DM erwarb. Durch die Vermietung der Fahrzeuge erzielte der Kläger im Jahre 1986 Nettoerlöse von 4737 DM. Die GmbH überließ dem Kläger -- wie im Geschäftsführervertrag vorgesehen -- die Pkw zur Nutzung sowohl für betriebliche als auch private Zwecke.

Der Kläger ist der Ansicht, infolge der Vermietung der Fahrzeuge an die GmbH über den 30. Juni 1986 hinaus Unternehmer geblieben zu sein. In seiner Umsatzsteuer erklärung für 1986 berücksichtigte er demgemäß keinen Entnahmeeigenverbrauch hinsichtlich der Fahrzeuge, sondern nur die Vermietungsumsätze in Höhe von 4737 DM (Steuer 663,18 DM) und den Vorsteuerbetrag aus dem Neuwagenkauf in Höhe von 5591,58 DM. Seine Umsatzsteuererklärung für 1987 enthielt die Umsätze aus Vermietungsleistungen in Höhe von 12 270 DM, auf die unter Berücksichtigung des Steuerabzugsbetrages gemäß § 19 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 in der vor dem 1. Januar 1990 geltenden Fassung eine Steuer von 356,10 DM entfiel.

Aufgrund einer Außenprüfung gelangte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) zu der Auffassung, die Unternehmereigenschaft des Klägers habe zum 30. Juni 1986 geendet. Im übrigen sei die Vermietung der Fahrzeuge als Gestaltungsmißbrauch gemäß § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) zu beurteilen. Das FA änderte daher die Umsatzsteuerfestsetzungen für 1986 und 1987 nach § 164 Abs. 2 AO 1977 in der Weise, daß es für das Jahr 1986 die Umsätze aus Lieferungen und sonstigen Leistungen um die erklärten Umsätze aus der Pkw-Vermietung (4737 DM) verminderte, einen Entnahmeeigenverbrauch in Höhe von 4000 DM ansetzte und die abziehbaren Vorsteuerbeträge um den Vorsteuerbetrag aus der Anschaffung des Neufahrzeugs (5591,58 DM) kürzte. Ferner berücksichtigte es wegen unberechtigten Steuerausweises gemäß § 14 Abs. 3 UStG 1980 für das Jahr 1986 eine Steuer in Höhe von 663,18 DM und für das Jahr 1987 in Höhe von 1780,80 DM. Der Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage hinsichtlich der Steuer aus § 14 Abs. 3 UStG 1980 für beide Streitjahre mit der Begründung statt, der Kläger habe im Mietvertrag keine Umsatzsteuer offen ausgewiesen. Im übrigen nahm das FG bezüglich der Vermietung der beiden Pkw durch den Kläger an die GmbH Gestaltungsmißbrauch i. S. des § 42 AO 1977 an, weil der Kläger eine ungewöhnliche Vereinbarung über die Nutzung seiner Kraftfahrzeuge geschlossen habe, für die außersteuerrechtliche Gründe nicht vorlägen und die zu ungerechtfertigten Steuervorteilen führen würde. Angemessen wäre gewesen, wenn der Kläger in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer einen der Pkw für dienstliche Fahrten (gegen Kostenerstattung) benutzt hätte. In diesem Falle hätte der Kläger bei Aufgabe seines Einzelunternehmens die Pkw umsatzsteuerpflichtig entnehmen müssen und bei der Anschaffung des neuen Pkw keinen Vorsteuerabzug vornehmen dürfen. Das FG setzte die Umsatzsteuer für 1986 um 663 DM niedriger fest und hob die Steuerfestsetzung für 1987 ersatzlos auf.

Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, die sich zunächst auf beide Streitjahre erstreckte. Nachdem der Kläger die Revision wegen Umsatzsteuer 1987 mit Rücksicht auf die Aufhebung der Steuerfestsetzung durch das FG zurückgenommen hat, beantragt er, die Umsatzsteuer 1986 um weitere 5489 DM auf 30 804 DM herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

A. Umsatzsteuer 1987

Der Kläger hat seine die Umsatzsteuer 1987 betreffende Revision vor Verzicht auf die mündliche Verhandlung gemäß § 125 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückgenommen. Der Senat hat deshalb das Verfahren betreffend Umsatzsteuer 1987 durch Beschluß abgetrennt und eingestellt.

Da der die Kosten betreffende Ausspruch des FG die Kostenentscheidungen für die Streitjahre 1987 und 1986 zusammenfaßte, war das Urteil insoweit aufzuheben.

Die Entscheidung über die Kosten des Klageverfahrens beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens auf § 136 Abs. 2 FGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 25 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Da der Kläger hinsichtlich des Streitjahres 1987 durch das Urteil des FG nicht beschwert war, mußte der Streitwert für das Revisionsverfahren fiktiv ermittelt werden (zur Streitwertermittlung bei fehlender Beschwer vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 2. März 1961, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -- HFR -- 1961, 164). Der Senat schätzt den Streitwert nach freiem Ermessen in Anlehnung an den Streitwert für das Klageverfahren.

B. Umsatzsteuer 1986

Hinsichtlich des die Umsatzsteuer 1986 betreffenden Verfahrens ist die Revision des Klägers begründet. Das FG hat zu Unrecht die Voraussetzungen des § 42 AO 1977 bejaht.

1. Allerdings hat das FG das Fortbestehen der Unternehmereigenschaft des Klägers zutreffend angenommen. Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 UStG 1980, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt.

a) Gewerblich oder beruflich ist nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG 1980 jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen. Nachhaltigkeit beurteilt sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse. Das Senatsurteil vom 18. Juli 1991 V R 86/87 (BFHE 165, 116, BStBl II 1991, 776) geht davon aus, daß für das Gesamtbild der Verhältnisse eine Reihe verschiedener Kriterien maßgeblich ist, die je nach dem Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für oder gegen die Nachhaltigkeit sprechen.

Der BFH hat wiederholt ausgeführt, daß der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) allein durch Vermietung eines Gegenstandes an die Gesellschaft Unternehmer werden kann (Urteile vom 7. November 1991 V R 116/86, BFHE 166, 195, BStBl II 1992, 269; vom 16. März 1993 XI R 52/90, BFHE 171, 117, BStBl II 1993, 562). Entsprechendes gilt für die Vermietung von Gegenständen durch den Gesellschafter-Geschäftsführer an eine GmbH. Für die Unternehmereigenschaft eines Vermieters sprechen nach den vorstehend angeführten Entscheidungen im allgemeinen das langfristige oder wiederkehrende Dulden eines Eingriffs in den eigenen Rechtskreis und das wirtschaftliche Gewicht der Tätigkeit. Nach diesen Kriterien ist die Unternehmereigenschaft des Klägers zu bejahen.

Der Senat hat zwar durch Beschluß vom 5. Mai 1994 V R 23/93 (BFHE 174, 565) wegen Zweifeln an der Unternehmereigenschaft eines Vermieters dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung die Frage vorgelegt, ob jede entgeltliche Überlassung eines Gegenstandes zur Nutzung eine wirtschaftliche Tätigkeit i. S. des Art. 4 Abs. 2 Satz 1 bzw. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern -- Richtlinie 77/388/EWG -- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1977 Nr. L 145 S. 1) ist. Damit erstrebt der Senat die Klärung, ob und wie eine unternehmerische Tätigkeit von der privaten Betätigung abzugrenzen ist. Einer entsprechenden Vorlage bedarf es im Streitfall jedoch nicht. Die Zweifel an der Unternehmereigenschaft beruhen im Vorlagefall darauf, daß der Mietgegenstand ein in der Regel der Freizeitbeschäftigung dienendes Wohnmobil ist, dieses nur gelegentlich vermietet worden ist und in wesentlichem Umfang für die Freizeitinteressen des Vermieters zur Verfügung stand.

Wenn -- wie im Streitfall -- ein Gesellschafter-Geschäftsführer einen Pkw an die Gesellschaft vermietet, den diese, sei es auch durch Überlassung an den Vermieter, betrieblich nutzt, ist hingegen im allgemeinen deutlich erkennbar, daß sich die Vermietung von der privaten Betätigung des Gesellschafters abhebt. Dies gilt zumindest soweit und solange, als die privaten Zwecken dienende Benutzung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer nicht den bei Betriebsfahrzeugen üblichen Umfang übersteigt. Anhaltspunkte im letzteren Sinne hat das FG nicht festgestellt.

b) Entgegen der Ansicht des FA scheitert die Annahme der Unternehmereigenschaft des Klägers auch nicht an fehlender Selbständigkeit. Der Kläger hat den Pkw nicht in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer der GmbH überlassen. Er trat der GmbH vielmehr in einer davon zu unterscheidenden Stellung als Vermieter gegenüber. Dies ergibt sich aus dem Abschluß des Mietvertrages, aufgrund dessen der Kläger Vermietungsleistungen an die GmbH ausführte. Die Zahlung der GmbH war nicht etwa nur Auslagenerstattung dafür, daß der Kläger als Arbeitnehmer seinen Pkw nutzte, um seiner Tätigkeit für die GmbH nachzugehen (vgl. dazu Senatsurteil vom 9. September 1993 V R 88/88, BFHE 172, 231, BStBl II 1994, 56).

2. Das FG-Urteil steht nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des BFH zum Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts gemäß § 42 AO 1977.

a) Ein Mißbrauch im Sinne dieser Vorschrift ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die zur Erreichung des angestrebten Ziels unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Die Rechtsgestaltung ist unangemessen, wenn verständige Parteien in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts und der wirtschaftlichen Zielsetzung nicht in der gewählten Weise verfahren wären (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH-Urteil vom 16. Januar 1992 V R 1/91, BFHE 167, 215, BStBl II 1992, 541).

b) Der Senat hat durch Urteil in BFHE 166, 195, BStBl II 1992, 269 dahin erkannt, daß im Regelfall kein Mißbrauch i. S. des § 42 AO 1977 vorliegt, wenn Gesellschafter einer GbR und die GbR die Gebrauchsüberlassung eines Gegenstandes nicht als Gesellschafterbeitrag, sondern als Mietverhältnis gestalten. Die Gesellschafter einer GbR können daher wählen, ob sie einen Gegenstand an die Gesellschaft verkaufen, vermieten oder ihn selbst bzw. seine Nutzung als Einlage einbringen. Entsprechendes gilt im Verhältnis der Gesellschafter einer GmbH zu ihrer Gesellschaft.

c) Das FG sieht besondere, die Annahme eines Gestaltungsmißbrauchs nahelegende Gründe darin, daß der Kläger zwei Pkw an die GmbH vermietet hat. Die Anzahl der vermieteten Pkw kann für sich allein genommen einen Gestaltungsmißbrauch nicht begründen. Das FG hat über diesen Umstand hinaus keine weiteren Tatsachen festgestellt, die für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 42 AO 1977 von Bedeutung sein könnten. Insbesondere hat das FG keine Umstände ermittelt, die darauf schließen lassen, daß die Pkw nicht überwiegend betrieblichen Zwecken der GmbH gedient haben.

d) Das FG nimmt einen Gestaltungsmißbrauch auch deshalb an, weil die GmbH dem Kläger als Geschäftsführer die Pkw zur (auch privaten) Benutzung überlassen hat. In einer solchen Überlassung zur Benutzung hat der BFH, sofern keine besonderen Umstände vorliegen, keinen die Annahme eines Gestaltungsmißbrauchs rechtfertigenden Grund gesehen (Urteil vom 16. März 1993 XI R 45/90, BFHE 171, 122, BStBl II 1993, 530; vgl. auch Senatsurteil in BFHE 172, 231, BStBl II 1994, 56, unter 3.). Dieser Auffassung schließt sich der Senat für den Streitfall an.

3. Das vorinstanzliche Urteil war demnach aufzuheben, soweit es die Umsatzsteuer für 1986 betrifft.

Der Senat kann durcherkennen. Der Kläger ist nach Aufgabe seines Montagebetriebs weiterhin als Vermieter Unternehmer geblieben. Er unterlag deshalb mit seinen Vermietungsleistungen der Umsatzsteuer. Ein Eigenverbrauch wegen Entnahme der Pkw liegt nicht vor. Der Erwerb des Neufahrzeugs erfolgt für sein Unternehmen. Es bestehen keine Zweifel daran, daß auch die übrigen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sind.

Der Kläger beantragt die weitere Herabsetzung der vom FG festgesetzten Umsatzsteuer um 5498 DM. Sinngemäß beantragt er damit die Aufhebung des Änderungsbescheids für 1986 vom 6. Juli 1989, so daß die ursprüngliche Steuerfestsetzung (als Steuerfestsetzung geltende Steueranmeldung vom 8. März 1988) wieder in Kraft tritt. Diesem Antrag war zu entsprechen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420105

BFH/NV 1995, 741

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