Leitsatz (amtlich)

Für ertragsteuerrechtliche Zwecke können die Anschaffungskosten auf einen erworbenen Geschäftswert nicht nach den Grundsätzen des § 153 Abs. 5 Satz 3 AktG 1965 abgeschrieben werden. Es wird daran festgehalten, daß der für einen erworbenen Geschäftswert gezahlte und aktivierte Betrag nur dann abgeschrieben werden kann, wenn sich entweder die Anschaffung als eine Fehlmaßnahme erweist oder wenn der Teilwert des Geschäftswerts unter den seinerzeit gezahlten und noch aktivierten Betrag gesunken ist.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Streitig war die Abschreibung eines erworbenen Geschäftswerts für den Veranlagungszeitraum 1968.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.

Das Steuerrecht verbietet in § 6 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) laufende Absetzungen auf den aktivierten Geschäftswert und läßt nur den Ansatz des niedrigeren Teilwerts zu. Das für steuerliche Zwecke aufgestellte Verbot laufender Absetzungen auf einen erworbenen Geschäftswert geht den Vorschriften des Handelsrechts vor, die den Ansatz eines Geschäftswerts zwar erlauben, aber seine regelmäßige Abschreibung binnen bestimmter Zeit anordnen (vgl. § 153 Abs. 5 Satz 3 des Aktiengesetzes - AktG - 1965). Die Entstehungsgeschichte des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG läßt keine andere Auslegung zu.

1. Das EStG 1925 kannte keine dem jetzigen § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG vergleichbare Vorschrift. In Entscheidungen, die zu §§ 13, 16 EStG 1925 ergangen sind, hat der Reichsfinanzhof (RFH) in ständiger Rechtsprechung (vgl. die Angaben auch über die ältere Rechtsprechung bei Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 17. Aufl., § 6 EStG, Rdnr. 862) die regelmäßige Abschreibung eines ausgewiesenen (derivativen) Geschäftswerts versagt. Er sei als ein einheitliches Gut anzusehen, dessen Wert sich nicht mit einer gewissen Regelmäßigkeit innerhalb einer bestimmbaren Zeit erschöpfe. Auch wenn die einzelnen Umstände, auf denen der jeweilige Geschäftswert beruhe, im Laufe der Zeit wechselten, berühre das den entgeltlich erworbenen Geschäftswert als solchen nicht in der Weise, daß je nach dem Wechsel der den Geschäftswert beeinflussenden Umstände ein neues Wirtschaftsgut i. S. eines neuen Geschäftswerts angenommen werden könnte (vgl. insbesondere RFH-Urteil vom 29. Juli 1931 VI A 1265/29, RFHE 29, 221, RStBl 1931, 852).

Diese Rechtsprechung war nicht unbeeinflußt vom Schrifttum, insbesondere von Enno Becker (vgl. Kommentar zum Einkommensteuergesetz 1925, § 13, Bemerkung 55), der betonte, der alte Geschäftswert des früheren Geschäftsinhabers schwinde zwar in wenigen Jahren dahin; an seine Stelle trete aber ein neuer Geschäftswert, der sich aus dem erworbenen Geschäftswert entwickle.

Handelsrechtliche Vorschriften über die Aktivierung und Abschreibung eines Geschäftswerts sind erst im Zuge der Änderungen der aktienrechtlichen Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB) durch die Verordnung des Reichspräsidenten vom 19. September 1931 (RGBl I, 493) eingeführt worden. Danach durfte nach § 261 Nr. 4 HGB a. F. für den Geschäfts- oder Firmenwert ein Posten unter die Aktiven nicht eingesetzt werden. Überstieg jedoch die für die Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung die Werte der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens im Zeitpunkt der Übernahme, so durfte der Unterschied gesondert unter die Aktiven aufgenommen werden; der eingesetzte Aktivposten war durch angemessene jährliche Abschreibungen zu tilgen. Diese Vorschrift ist fast unverändert in das AktG 1937 (§ 133 Nr. 5) übernommen worden; sie ist ferner eingegangen in das AktG 1965, hier lediglich mit der Änderung, daß anstatt der Tilgung durch angemessene Abschreibungen nunmehr eine jährliche Abschreibung dieses Postens zu mindestens einem Fünftel vorgeschrieben ist (§ 153 Abs. 5 AktG 1965).

Der RFH hat sich in den Entscheidungen vom 30. September 1931 VI 837/31 (RStBl 1932, 339) und vom 7. Juli 1935 I A 56/35 (RStBl 1935, 1237) damit befaßt, ob auf Grund des § 261 Nr. 4 HGB i. d. F. der genannten Verordnung von 1931 regelmäßige Absetzungen auf einen Geschäfts- oder Firmenwert auch steuerrechtlich zulässig seien. Er hat das abgelehnt mit der Begründung, daß einkommensteuerrechtlich die Ansätze der Bilanz nur bei Verbrauch oder Entwertung herabgesetzt werden sollten.

In das EStG 1934 ist erstmals die Vorschrift aufgenommen worden, daß andere als die der Abnutzung unterliegenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (Grund und Boden, Beteiligungen, Geschäfts- oder Firmenwert, Umlaufvermögen) mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen sind; statt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten kann der niedrigere Teilwert angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Sätze 1 und 2 EStG). Diese Vorschrift ist seit 1934 inhaltlich unverändert bestehengeblieben und noch im EStG 1979 enthalten. Der Entwurf der Bundesregierung vom 8. Januar 1974 zu einem Dritten Steuerreformgesetz (BTDrucks VII/1470), der eine planmäßige Abschreibung, verteilt auf 10 Jahre, auf erworbene Firmen- oder Geschäftswerte vorsah, ist nicht Gesetz geworden.

2. Der RFH hat § 6 Abs. 1 Nr. 2 Sätze 1 und 2 EStG 1934 in dem Sinne ausgelegt, daß regelmäßige Absetzungen für Abnutzung (AfA) von Geschäfts- oder Firmenwerten nicht zuzulassen sind. Die Vorschrift des AktG 1937, der Geschäftswert müsse regelmäßig abgeschrieben werden, sei für das Steuerrecht nicht anzuerkennen (RFH-Entscheidungen vom 30. November 1938 VI 704/38, RStBl 1939, 251; vom 7. Mai 1941 VI 393/40, RStBl 1941, 699; vom 14. Oktober 1942 VI 215/42, RStBl 1942, 1125). Der Rechtsprechung des RFH ist der Oberste Finanzgerichtshof (OFH) in der Entscheidung vom 23. November 1948 IV 3/48 (Deutsche Steuerzeitung/Eildienst - DStZ/E - 1949, 91) mit dem Hinweis gefolgt, eine Abschreibung des ein einheitliches Wirtschaftsgut darstellenden Geschäftswerts auf den niedrigeren Teilwert sei nur dann zulässig, wenn die Gewinnaussichten des ganzen Unternehmens auf die Dauer gesehen sich vermindert hätten.

Der BFH hat sich in der Entscheidung vom 15. April 1958 I 61/57 U (BFHE 67, 151, BStBl III 1958, 330 ) unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die vorgenannte Entscheidung des OFH und insbesondere auf die in der Entscheidung in RFHE 29, 221, RStBl 1931, 852 entwikkelte sog. Einheitstheorie der bisherigen Rechtsprechung angeschlossen. Hierauf hat er sich in einer Vielzahl weiterer Entscheidungen gestützt.

In der Entscheidung vom 2. Februar 1972 I R 96/70 (BFHE 104, 442, BStBl II 1972, 381 ) hat sich der BFH mit der Kritik auseinandergesetzt, die diese Rechtsprechung in der Literatur und teilweise in der Rechtsprechung der FG gefunden hat. Er betonte dort nochmals, daß es sich beim Geschäftswert um ein einheitliches Wirtschaftsgut handle, das nicht zerlegt werden könne, auch wenn die Umstände, auf denen es beruhe, im Laufe der Zeit wechselten. In dem BFH-Urteil vom 28. November 1962 II 162/59 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1963, 170) werde zwar eingeräumt, daß die Komponenten, die den übernommenen Geschäftswert in der Vergangenheit gebildet hätten, für sich gesehen nach und nach an Bedeutung verlören, so daß diese Komponenten in ähnlicher Weise abnutzbar seien wie vergleichbare immaterielle Wirtschaftsgüter. Der Gesetzgeber habe aber mit der Anführung des Geschäfts- oder Firmenwerts in § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG in der Reihe der nicht abnutzbaren Wirtschaftsgüter den Geschäftswert nicht als den Inbegriff nur jener Faktoren gemeint; andernfalls hätte er den Geschäfts- oder Firmenwert den abnutzbaren Wirtschaftsgütern i. S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG zurechnen oder seine Erwähnung unterlassen müssen. Das Gesetz sei daher sinnvoll so zu verstehen, wie dies in der bisherigen Rechtsprechung des BFH zum Ausdruck gekommen sei. Erworbener und erneuerter (neu geschaffener) Geschäftswert durchdrängten sich und bildeten eine Einheit. Für die Annahme zweier Teilgeschäftswerte mit verschiedenem bilanzrechtlichen Schicksal sei kein Raum. Auf dieser Entscheidung beruht die sich mit dem Geschäftswert befassende BFH-Rechtsprechung bis zur Gegenwart.

3. Der erkennende Senat hat in Anbetracht der Gesetzeslage, wie sie seit der Einführung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Sätze 1 und 2 EStG im Jahre 1934 besteht, keine Veranlassung, eine über 50 Jahre währende ständige Rechtsprechung aufzugeben. Diese war bemüht, die Auswirkungen der Einheitstheorie dadurch zu mildern, daß sie den Rahmen des nicht absetzungsfähigen Geschäftswerts möglichst eng zog. Sie zeigte die Tendenz, den Geschäftswert von anderen immateriellen Einzelwirtschaftsgütern abzugrenzen, die entweder nach den Grundsätzen über die AfA (§ 7 EStG) oder nach Teilwertgrundsätzen für sich abschreibbar sind (vgl. BFH-Urteile vom 1. August 1968 I 206/65, BFHE 94, 52, BStBl II 1969, 66 ; vom 13. Dezember 1979 IV R 30/77, BFHE 130, 142, BStBl II 1980, 346 ). Die Rechtsprechung hat ferner die Teilwertabschreibung auf einen erworbenen Geschäftswert dadurch erleichtert, daß sie seit der Entscheidung vom 28. Oktober 1976 IV R 76/72 (BFHE 120, 245, BStBl II 1977, 73 ) auch die sogenannte direkte Methode zur Berechnung des noch vorhandenen Teilwerts eines Geschäftswerts neben der wirtschaftlichen Entwicklung eines Unternehmens als brauchbares Hilfsmittel angesehen hat. Die direkte Methode nimmt - was insbesondere kleineren Unternehmen zugute kommt - das Fortbestehen eines Geschäftswerts nur an, wenn nachhaltig ein die Normalverzinsung des eingesetzten Kapitals und den kalkulatorischen Unternehmerlohn übersteigender Gewinn erzielt werden kann.

Die Kritik an der von der Rechtsprechung entwickelten Einheitstheorie wies von Anfang an im wesentlichen darauf hin, daß sich der erworbene Geschäftswert erschöpfe und vom Erwerber durch einen neu geschaffenen Geschäftswert ersetzt werde. Dem hat schon Enno Becker (a. a. O.) entgegengehalten, daß der neue Geschäftswert sich aus dem alten entwickle und ohne ihn nicht da wäre, wie er in Wirklichkeit da sei. Die Kritik an der Einheitstheorie geht mehr oder weniger vom Vorhandensein zweier Geschäftswerte aus: Eines sich abnutzenden erworbenen und eines neu entstehenden anderen - originären - Geschäftswerts. Der Geschäftswert ist aber ein einziges Wirtschaftsgut. Er ist die nicht in den Einzelwirtschaftsgütern verkörperte Ertragskraft des Unternehmens. Ein Unternehmen hat grundsätzlich nur einen einheitlichen Geschäftswert (vgl. BFH-Urteil vom 24. April 1980 IV R 61/77, BFHE 131, 220, BStBl II 1980, 690 ). Ein Wandel bei den einzelnen Faktoren des Geschäftswerts ändert nichts an dem Weiterbestehen der Ertragskraft des Unternehmens, sondern hat allenfalls Einfluß auf den Teilwert des Geschäftswerts (Herrmann/Heuer, a. a. O., § 6 EStG Anm. 865). Die Rechtsprechung hat folgerichtig Aufwendungen zur Verbesserung des eigenen Geschäftswerts als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben anerkannt (vgl. BFH-Urteil vom 31. März 1976 I R 85/74, BFHE 118, 456, BStBl II 1976, 475 ).

In der zuletzt genannten Entscheidung ist ferner ausgesprochen, daß die in § 133 Nr. 5 AktG 1937 enthaltene Vorschrift über die Aktivierung eines Geschäftswerts einen Grundsatz ordnungsmäßiger Bilanzierung darstellt und daher auch auf die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) anzuwenden ist. Gleiches gilt nach § 153 Abs. 5 AktG 1965. In der weiteren Entscheidung vom 25. November 1981 I R 54/77 (BFHE 134, 434, BStBl II 1982, 189 ) hat der erkennende Senat für das Steuerrecht aus § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG die rechtspolitische Wertentscheidung des Gesetzgebers hergeleitet, daß der derivativ erworbene Geschäftswert als aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut anzusehen und in der Steuerbilanz anzusetzen ist. In Abs. 1 Nr. 2 dieser Vorschrift hat das Gesetz eine klare Aussage getroffen, daß erworbene Geschäfts- oder Firmenwerte zu den Wirtschaftsgütern gehören, auf die (regelmäßige) AfA nicht zulässig sind; sie können allenfalls auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben werden. Solange diese Vorschrift in Kraft ist, kann die Abschreibungsregelung des § 153 Abs. 5 Satz 3 AktG 1965 nicht für steuerliche Zwecke übernommen werden. Eine Angleichung des steuerrechtlichen Teilwerts an den jeweils nach § 153 Abs. 5 AktG 1965 auszuweisenden Restwert würde dem Begriff des Teilwerts, so wie er in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG umschrieben ist, widersprechen.

4. Das FG hat die vorstehenden Grundsätze zutreffend angewandt. Die von der Klägerin begehrte Abschreibung des erworbenen Geschäftswerts ist steuerrechtlich nicht zulässig. Bei Wirtschaftsgütern, die nicht der Abnutzung unterliegen, besteht die Vermutung, daß sich ihr Teilwert mit den Anschaffungskosten deckt. Diese Vermutung kann nur durch den Nachweis widerlegt werden, daß entweder die Anschaffung eine Fehlmaßnahme darstellte oder daß der Wert des betreffenden Wirtschaftsguts unter den seinerzeit gezahlten und aktivierten Betrag gesunken oder daß das Wirtschaftsgut überhaupt nicht mehr vorhanden ist (vgl. BFH-Urteil vom 9. Feburar 1977 I R 130/74, BFHE 121, 436, BStBl II 1977, 412 ). In dieser Hinsicht ist von der Klägerin nichts behauptet und vom FG nichts festgestellt worden. Der Klägerin geht es allein darum, die Abschreibung, die § 153 Abs. 5 Satz 3 AktG 1965 für einen gesondert ausgewiesenen Firmenwert handelsrechtlich vorsieht, steuerrechtlich durchzusetzen.

5. Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Sätze 1 und 2 EStG ist nicht verfassungswidrig. Die Klägerin sieht einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 des Grundgesetzes - GG -) darin, daß in der Vergütung für den Geschäftswert ein Betrag enthalten sei, der neben anderen Faktoren auch eine zu erwartende Überrendite abdecken solle, daß sie später aber diese Überrendite - den Mehrgewinn - voll versteuern müsse. Sie bezahle den Geschäftswert also zweimal. Von einer doppelten Bezahlung kann schon deshalb keine Rede sein, weil der für den erworbenen Geschäftswert anzusetzende Betrag nur die kapitalisierte, d. h. schon abgezinste (Über-)Rendite des erworbenen Unternehmens verkörpert. Wie schon das FG zutreffend bemerkt hat, sind die Verhältnisse bei Unternehmern, die erst durch eigene Arbeit und durch eigene Aufwendungen sich einen originären Geschäftswert schaffen, mit denen solcher Unternehmer nicht vergleichbar, die einen voll funktionierenden Betrieb erwerben. Zahlt der Erwerber eines solchen Betriebs etwas für den Geschäftswert, erwirbt er neben den einzelnen Wirtschaftsgütern des Unternehmens zusätzlich einen immateriellen Wert, den er wie jedes andere Wirtschaftsgut für seine Unternehmenszwecke einsetzt und der sich im Erfolg seiner wirtschaftlichen Betätigung niederschlägt. Es entspricht der Sachgesetzlichkeit des Einkommensteuerrechts, derartige Werte, für die Anschaffungskosten angefallen sind, in die Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich einzubeziehen. Dadurch ist zugleich sichergestellt, daß spätere Wertminderungen durch Teilwertabschreibungen berücksichtigt werden. Ist im Falle der Betriebsveräußerung oder der Liquidation noch ein aktivierter Geschäftswert vorhanden, entsteht ein entsprechend niedrigerer Veräußerungs- oder Liquidationsgewinn. Es zeigt sich somit, daß im Steuerrecht gegenüber der in § 153 Abs. 5 Satz 3 AktG 1965 angeordneten Abschreibung in fünf Jahren lediglich eine zeitliche Verschiebung des Wertausgleichs stattfindet.

Die Anordnung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG, daß ein erworbener Geschäftswert nicht in regelmäßigen Beträgen abgeschrieben werden darf, widerspricht entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, der dem Einkommensteuerrecht innewohnt. Der Gesetzgeber ist für die Zwecke der Einkommensteuer nicht gehindert, zwischen Wirtschaftsgütern zu unterscheiden, die einem regelmäßigen Verschleiß unterliegen und solchen, bei denen das nicht der Fall ist. Diese Gestaltungsbefugnis findet ihre Grenze an der Grundstruktur des Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerrechts (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 7. November 1972 I BvR 338/68, HFR 1973, 135). Diese wird nicht dadurch verändert, daß § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG entgegen § 153 Abs. 5 Satz 3 AktG 1965 regelmäßige Abschreibungen auf einen erworbenen Geschäftswert nicht zuläßt.

Die Auslegung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG, daß diese Vorschrift eine dem § 153 Abs. 5 Satz 3 AktG 1965 vergleichbare Abschreibungsmöglichkeit für einen erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert nicht zuläßt, verstößt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG). Das Steuerrecht knüpft zwar vielfach an das Handelsrecht an, zu dem auch das Recht der GmbH und der Aktiengesellschaft gehört. Der Gesetzgeber ist aber nicht gehindert, wegen der andersartigen Zielsetzung des Steuerrechts eine Materie abweichend vom Handelsrecht zu regeln.

Der in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Auffassung der Klägerin, diese steuerrechtliche Regelung sei nicht praktikabel, weil man sich nach Ablauf vieler Jahre nicht mehr erinnern könne, wie der Wert eines erworbenen - möglicherweise handelsrechtlich schon abgeschriebenen - Geschäftswerts zustande gekommen sei, vermag der Senat nicht zu folgen. Die Art und Weise des Zustandekommens spielt für die spätere Bewertung eines erworbenen Geschäftswerts an den jeweils maßgeblichen Bilanzstichtagen keine Rolle mehr. Dann ist allein maßgebend der jeweilige Teilwert (zur Teilwertermittlung nach den verschiedenen Schätzungsmethoden vgl. Schmidt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 5, Anm. 23 c, mit Rechtsprechungsnachweis).

 

Fundstellen

Haufe-Index 74391

BStBl II 1982, 758

BFHE 1983, 381

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