Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzbesteuerung der Abgabe von Speisen und Getränken durch ein Theater

 

Leitsatz (amtlich)

Die Abgabe von Speisen und Getränken durch ein Theater gehört nicht zu dessen nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerfreien Umsätzen, wenn diese Leistungen dazu bestimmt sind, dem Theater zusätzliche Einnahmen zu verschaffen und sie in unmittelbarem Wettbewerb mit gewerblichen Unternehmen ausgeführt werden.

 

Normenkette

UStG 1999 § 4 Nr. 20 Buchst. a

 

Verfahrensgang

FG Münster (Entscheidung vom 11.02.2003; Aktenzeichen 15 K 2961/02 U; EFG 2003, 962)

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) Organträgerin einer Theater GmbH (GmbH), der sie Räume für Theatervorführungen vermietet. Hauptsächlich in den Vorstellungspausen verkaufte die Klägerin an die Theaterbesucher Getränke und Snacks zum Verzehr an Ort und Stelle. Aus dem Verkauf von Theaterkarten erzielte die Klägerin im Streitjahr 1999 Einnahmen in Höhe von 3 108 000 DM, aus den Restaurationsverkäufen in Höhe von 239 000 DM.

Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung behandelte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) den Verkauf von Speisen und Getränken als steuerpflichtigen Umsatz und unterwarf ihn im Umsatzsteuerbescheid vom 4. Juli 2001 dem Regelsteuersatz.

Die Klage hatte Erfolg. Das FG behandelte die Restaurationsumsätze der Klägerin als eng mit der Ausführung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) steuerfreier Theaterleistungen verbundene Nebenleistungen.

Dagegen wendet sich das FA mit der vom FG zugelassenen Revision.

Das FA beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin ist der Revision entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).

Der Senat unterstellt zugunsten der Klägerin, dass sie eine Einrichtung i.S. des § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG ist. Die von der Klägerin ausgeführten Restaurationsumsätze sind gleichwohl nicht von der Umsatzsteuer befreit.

Steuerfreie Umsätze eines Theaters gemäß § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG sind typische Theaterleistungen einschließlich der üblicherweise damit verbundenen Nebenleistungen (Bundesfinanzhof ―BFH―, Urteil vom 14. Mai 1998 V R 85/97, BFHE 186, 151, BStBl II 1999, 145). Darunter fällt nicht die Abgabe von Speisen und Getränken, wenn sie dazu bestimmt ist, dem Theater zusätzliche Einnahmen zu verschaffen, und in unmittelbarem Wettbewerb mit gewerblichen Unternehmen (Gaststätten, Restaurants) ausgeführt wird (BFH in BFHE 186, 151, BStBl II 1999, 145). Der gegenteiligen Beurteilung im BFH-Urteil vom 18. Mai 1988 X R 11/82 (BFHE 153, 459, BStBl II 1988, 799) ist der erkennende Senat nicht gefolgt.

Nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt ist davon auszugehen, dass die Restaurationsverkäufe in Höhe von 239 000 DM dem Theater der Klägerin zusätzliche Einnahmen verschaffen sollten und in unmittelbarem Wettbewerb mit gewerblichen Unternehmen ausgeführt wurden. Zu diesen gewerblichen Unternehmen gehören auch Caterer, die häufig die Restaurationsbetriebe in Theatern übernehmen.

Diese Beurteilung der streitigen Restaurationsumsätze entspricht Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Danach können die Mitgliedstaaten bestimmte kulturelle Dienstleistungen und eng damit verbundene Lieferungen von Gegenständen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannten Einrichtungen erbracht werden, von der Steuer befreien. Von der Befreiung sind aber gemäß Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen ausgeschlossen, "… wenn

- sie zur Ausübung der Tätigkeiten, für die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind;

- sie im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden".

Die Abgabe von Speisen und Getränken in den Pausen ist im Rahmen einer Theatervorstellung nicht unerlässlich. Die Klägerin steht mit ihren Umsätzen zudem im Wettbewerb mit anderen Gastronomieunternehmen, so dass die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b Spiegelstrich 2 der Richtlinie 77/388/EWG ausgeschlossen ist. Selbst wenn die Abgabe nur an Theaterbesucher, gleichsam im Rahmen einer geschlossenen Gesellschaft erfolgt, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Damit gebietet es schon der Grundsatz der umsatzsteuerlichen Neutralität, demzufolge Wirtschaftsteilnehmer, die gleichartige Umsätze bewirken, bei der Mehrwertsteuererhebung nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 6. November 2003 Rs. C-45/01, Christoph-Dornier-Stiftung, Umsatzsteuer-Rundschau 2003, 585 Rn. 44), die Restaurationsumsätze der Klägerin ebenso zu behandeln wie die anderer Gaststättenbetreiber.

 

Fundstellen

BFH/NV 2005, 2136

BStBl II 2005, 899

BFHE 2006, 479

BFHE 210, 479

BB 2005, 2343

DB 2005, 2394

DStR 2005, 1815

DStRE 2005, 1368

DStZ 2005, 728

HFR 2006, 290

UR 2005, 611

NJW 2006, 638

Inf 2005, 852

SteuerBriefe 2006, 10

NWB 2005, 3508

NWB 2006, 4072

StuB 2005, 945

ZKF 2006, 13

KÖSDI 2005, 14852

NWB direkt 2005, 10

RdW 2006, 175

StBW 2005, 5

GK/Bay 2006, 153

StB 2005, 404

stak 2006, 0

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