Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Steuerbarkeit von Zuschüssen, die von dritter Seite einer Vereinigung gegeben werden, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich rein wissenschaftliche Forschung ist.

 

Normenkette

UStG § 1/1, § 5/1, § 10/1

 

Tatbestand

Die beschwerdeführende GmbH ist von verschiedenen Bergwerksgesellschaften des Ruhrbergbaues gegründet worden. 1941 gingen alle ihre Gesellschaftsanteile auf den Verein für die bergbaulichen Interessen (Bergbauverein) über, der auch jetzt noch alleiniger Gesellschafter der Beschwerdeführerin (Bfin.) ist. Nach § 2 ihres Gesellschaftsvertrages ist Gegenstand des Unternehmens Forschungsarbeit für den Ruhrbergbau, insbesondere die chemische Erforschung der Steinkohle und das Studium ihrer Verwendungsmöglichkeit. Streitig ist, ob die Beträge, die der Bfin. in der Zeit vom 1. Oktober 1945 bis zum 30. April 1948 von der Versorgungszentrale des Deutschen Kohlenbergbaues (VZ) und ab 1. Mai 1948 von der Deutschen Kohlenbergbauleitung (DKBL) zugeflossen sind, der Umsatzsteuer unterliegen. Bis zum 30. September 1945 waren der Bfin. die entsprechenden Zuwendungen von ihrem alleinigen Gesellschafter, dem Bergbauverein, zur Verfügung gestellt worden, der zu diesem Zeitpunkte seine Zahlungen auf Grund alliierter Anordnungen hatte einstellen müssen. Die Zahlungen des Bergbauvereins hatten der Kapitalverkehrsteuer unterlegen und waren der Umsatzsteuer nicht unterworfen worden.

Vom 1. Oktober 1945 ab hält das Finanzamt die Zuschüsse für umsatzsteuerpflichtig mit der Begründung, daß sich von der Bfin. betriebene Forschung ausschließlich im Interessenbereich des Bergbaues bewege. Die Ergebnisse der Forschung kämen mithin auch nur dem Bergbau in seiner Gesamtheit zugute. Ein Leistungsaustausch müsse bereits darin erblickt werden, daß die Bfin. für den Bergbau forsche, also tätig werde, und der Bergbau dieses Tätigwerden hinnehme. Die Zuschüsse der VZ und der DKBL seien mithin Entgelte im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Dabei sei es nach § 10 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz ohne Bedeutung, daß nicht die einzelnen Zechen, sondern die DKBL bzw. die VZ die Zuschüsse hingebe.

Die Steuerpflichtige hat demgegenüber das Vorliegen eines Leistungsaustausches bezweifelt; es handele sich um unentgeltliche Zuwendungen, denen eine Gegenleistung nicht gegenüberstehe. Ihre Tätigkeit sei eine rein wissenschaftliche Forschungstätigkeit. Träten die Mitglieder des Bergbauvereins oder sonstige Bergwerksunternehmungen als Interessenten für die Forschungsergebnisse auf, so müßten sie Entgelte in gleicher Höhe wie fremde Unternehmer entrichten. Es handle sich bei den Zuschüssen um einseitige Zuwendungen zur Abdeckung ihrer jährlichen Fehlbeträge.

 

Entscheidungsgründe

Die Sprungberufung der Steuerpflichtigen blieb ohne Erfolg; ihre Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Einmal fehlt es für die Annahme der Steuerbarkeit der streitigen Beträge an der von der Rechtsprechung stets geforderten Wechselbeziehung zwischen Leistung und Entgelt, die nur dann vorliegt, wenn ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Leistungen des Unternehmens und den Zuschußleistungen des Zuwendenden erkennbar ist (vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs V 492/37 vom 9. Juni 1939, Slg. Bd. 47 S. 60, Reichssteuerblatt - RStBl. - 1939 S. 886, und V 130/40 vom 26. September 1941, Slg. Bd. 51 S. 72 RStBl. 1942 S. 296). Im Streitfall hat die Bfin. nur ihren satzungsmäßigen Zweck erfüllt, der sich in reiner Forschungstätigkeit erschöpft. Die Ergebnisse dieser Tätigkeit aber sind nach dem unbestrittenen Vorbringen der Bfin. sowohl an Mitglieder des Bergbauvereins wie auch an andere Bergbauunternehmungen zum gleichen, der Umsatzsteuer unterworfenen Entgelt überlassen worden wie an fremde Interessenten. Gerade wegen der engen Interessenverflechtung der Zuschußgeber und des alleinigen Gesellschafters der Bfin. mit deren Tätigkeitsbereich ist nach der Rechtsprechung die Grenze zwischen steuerbarem und nicht steuerbarem Entgelt nicht anders zu ziehen als bei den Mitgliederbeiträgen, bei denen ebenfalls Zahlungen, die die Vereinigung lediglich in Stand setzt, ihre den Gesamtbelangen der sämtlichen Mitglieder dienenden Gemeinschaftszwecken zu erfüllen, als nicht steuerbare echte Mitgliederbeiträge, nicht aber als Entgelt für eine den besonderen Belangen des Zahlenden dienende Sonderleistung gewertet werden (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs V 25/42 vom 30. April 1943, Slg. Bd. 53 S. 160, RStBl. 1943 S. 494).

Es liegt darin kein Widerspruch zur Entscheidung des Reichsfinanzhofs V 45/42 vom 25. Juni 1943 (Slg. Bd. 53 S. 228, RStBl. 1943 S. 674); denn im Streitfalle liegt der Sachverhalt wesentlich anders. Zwar hat die Bfin. auch steuerpflichtige Umsätze und nimmt insoweit am wirtschaftlichen Verkehr teil; es ist aber nicht erkennbar, daß die Zuschußgeber von ihr mehr erwartet oder verlangt haben als die Erfüllung ihres satzungsmäßigen Zweckes, der sich in Forschungstätigkeit erschöpft und keinen unternehmerischen Charakter hat. Eine innere Verknüpfung zwischen den Zuschüssen und der Tätigkeit der Bfin., die doch eine gewisse Beziehung zu den Umsätzen voraussetzte, ist aber nicht gegeben. Denn die Höhe der Zuschüsse richtet sich allein nach dem Geldbedarf bzw. der Höhe des Fehlbetrages, wie er sich jeweils aus den Voranschlägen ergibt. Es genügt auch für die Annahme des umsatzsteuerlichen Leistungsaustausches nicht, daß die Bfin. überhaupt irgendwelche Leistungen bewirkt; denn die Leistungen, für die der Zuschuß gewährt wird, müssen sich als Beteiligung am Wirtschaftsverkehr darstellen, weil ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zu fordern ist und die bloße, dem Zuschuß durch den Zuschußgeber gegebene Zweckbestimmung hierfür nicht ausreicht.

Da die Vorentscheidung dies verkannt hat, war sie aufzuheben und die Bfin. von der Umsatzsteuer für die in den Veranlagungszeiträumen 1945 - 1951 vereinnahmten Zuschüsse freizustellen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408104

BStBl III 1955, 112

BFHE 1955, 292

BFHE 60, 292

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