Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Betrag von 600 DM in § 3 Ziff. 51 EStG 1958 ist ein Freibetrag, nicht eine Freigrenze. Er steht also auch Arbeitnehmern zu, die mehr als 600 DM an Trinkgeldern bezogen haben.

Die dem Spielleiter einer Spielbank aus dem sogenannten Tronc gezahlten Bezüge fallen nicht unter § 3 Ziff. 51 EStG 1958.

 

Normenkette

EStG § 3 Ziff. 51, § 19/1/1; LStDV § 4 Ziff. 5

 

Tatbestand

Der Bf. ist Croupier (Spielleiter) bei einer Spielbank. Seine Bezüge betragen jährlich 24.000 DM. Dies ist der Anteil, der ihm aus dem sogenannten Tronc zugeteilt wird. Für das Jahr 1959 beantragte er die Eintragung eines steuerfreien Betrages von 600 DM auf seiner Lohnsteuerkarte. Dieser Betrag stehe ihm nach § 4 Ziff. 5 LStDV 1959 um deswillen zu, weil der Tronc aus Spenden, also freiwilligen Gaben, der Spielbankbesucher gespeist werde und seine hieraus entnommenen Bezüge demgemäß Trinkgelder seien.

Das Finanzamt lehnte den Antrag ab. Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg.

Mit seiner wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassenen Rb. rügt der Bf. unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts. Nach seiner Ansicht steht ihm der Freibetrag zu. Wenn auch nach § 7 Abs. 1 der Spielbankenverordnung dem Personal der Spielbank die Annahme von Geschenken oder ähnlichen Zuwendungen, die ihnen mit Rücksicht auf ihre berufliche Tätigkeit gemacht würden, insbesondere die Annahme von sogenannten Trinkgeldern verboten sei, so seien von diesem Verbot doch ausdrücklich solche Zuwendungen (Trinkgelder) ausgenommen, die von dem Spielbankpersonal in die für diese Spenden besonders aufgestellten Behälter getan würden. Die Gründe für diese Regelung seien naheliegend. Einmal solle der Anschein vermieden werden, daß der Spielvorgang durch Trinkgelder in irgendeiner Form beeinflußt werden könne. Zum anderen wäre eine ordnungsgemäße Abrechnung und überwachung der Spielbankeinnahmen an den einzelnen Spieltischen unmöglich, wenn einem Croupier gestattet würde, während des Spiels oder seines Aufenthaltes im Kasino ihm persönliche gehörende Spielmarken bei sich zu führen. Gerade auf diesen Grund dürfe es zurückzuführen sein, daß nicht nur die Abführung der dem Spielbankpersonal zugewendeten Spielmarken in die Sammelbüchsen, sondern auch die übergabe dieser Büchsen an die Spielbank selbst vorgeschrieben sei. Daß damit nicht beabsichtigt sei, dem Spielbankpersonal die ihnen in gesetzlich zulässiger Form zugewandten Spenden wegzunehmen, ergebe sich bereits aus der ebenfalls in § 7 Abs. 2 der Spielbankenverordnung vorgeschriebenen Verwendung der sogenannten Tronc-Einnahmen. Diese seien nämlich nach § 7 Abs. 2 der Spielbankenverordnung in der Fassung vom 27. Juli 1938 ausschließlich zugunsten der Gefolgschaft zu verwenden gewesen. Nach § 7 Abs. 2 der Spielbankenverordnung in der Fassung von Abs. 2 der Spielbankenverordnung vom 31. Januar 1944 sei zwar ein Teil des Troncaufkommens zu gemeinnützigen Zwecken zu verwenden. Das ändere aber nicht am Charakter des Troncaufkommens. Jedenfalls stehe fest, daß es nicht für Zwecke der Spielbank verwendet werden dürfe. Die vom Finanzamt und anscheinend auch vom Finanzgericht, wenn auch nicht ausdrücklich, vertretene Auffassung, daß die Erzielung von Tronc-Einnahmen neben der Veranstaltung von Glücksspielen zum Betriebe einer Spielbank gehöre, sei mit § 7 Abs. 2 der Spielbankenverordnung unvereinbar. Würde man aber diese Auffassung gelten lassen, dann wäre die gesamte Troncsatzung rechtsunwirksam, weil nach der hier einschlägigen gesetzlichen Regelung finanzielle Maßnahmen, die die Spielbank beträfen, nur im Einvernehmen mit dem Landesfinanzminister hätten erlassen werden dürfen und diese Voraussetzung hier nicht erfüllt sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Nach § 3 Ziff. 51 EStG 1958 (ß 4 Ziff. 5 LStDV 1959) sind "Trinkgelder, die dem Arbeitnehmer von Dritten gezahlt werden, ohne daß ein Rechtsanspruch darauf besteht", insoweit steuerfrei, als sie 600 DM im Kalenderjahr nicht übersteigen. Soweit diese Voraussetzungen zutreffen, bleiben die Gelder bei der Berechnung der Lohnsteuer ebenso wie bei einer etwaigen Veranlagung von vornherein außer Ansatz. Ob es in einem Teil dieser Art der Eintragung eines Freibetrags in die Lohnsteuerkarte bedarf, kann dahingestellt bleiben. Dem Antrag des Bf. kann ohnehin nicht entsprochen werden. Mit dem Finanzgericht ist auch der Senat der Auffassung, daß der Bf. sich auf die Regelung des § 3 Ziff. 51 EStG 1958 (ß 5 LStDV 1959) nicht berufen kann.

Grundsätzlich gehören zum Arbeitslohn auch die Trinkgelder, die einem Arbeitnehmer von Dritten ohne Rechtsanspruch gezahlt werden (vgl. das Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs IV 22/50 U vom 18. April 1950, Ministerialblatt des Bundesministers der Finanzen 1950 S. 502, und das Urteil des Senats VI 255/60 U vom 2. März 1962, BStBl 1962 III S. 214, Slg. Bd. 74 S. 577). Dies ist offenbar auch der Ausgangspunkt der bereits erwähnten, in § 3 Ziff. 51 EStG 1958 - erstmals in § 19 Abs. 2 Ziff. 3 EStG 1955 - getroffenen Regelung, nach der Trinkgelder bis zu dem Betrag von 600 DM steuerfrei sind.

Wie der Wortlaut der Vorschrift eindeutig erkennen läßt, handelt es sich bei den 600 DM nicht um eine Freigrenze, sondern um einen Freibetrag (vgl. auch Blümich-Falk, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Band I, 8. Aufl., 1959, Anm. 37 zu § 3, S. 219). Daß der Bf. nach seiner Auffassung mehr als 600 DM Trinkgelder erhalten hat, würde also, wie er mit Recht geltend macht, der Anwendung der Vorschrift nicht entgegenstehen, Wie bereits erwähnt, fällt der Bf. aber schon von vornherein nicht unter die Vorschrift:

Daß der Bf. ebenso wie das übrige Spielbankpersonal die ihnen von den Spielern zulässigerweise "gespendeten" Spielmarken nicht für sich behalten dürfen, sondern an den Tronc abführen müssen, wird von dem Bf. nicht in Frage gestellt. Unter diesen Umständen kann entgegen der Auffassung des Bf. keine Rede davon sein, daß ihm seine Bezüge ganz oder teilweise bereits mit dem Empfang der Spielmarken zugeflossen seien. Zugeflossen sind ihm seine Bezüge vielmehr erst in dem Zeitpunkt, in dem sie ihm aus dem Tronc zur Verfügung gestellt werden.

Ist man auf Grund dieser Regelung der Auffassung, daß die Tronc-Einnahmen zunächst der Spielbank zustehen, so würde die Berufung des Bf. auf § 3 Ziff. 51 EStG 1958 (ß 4 Ziff. 5 LStDV 1959) schon deswegen scheitern, weil er seine Bezüge nicht von Dritten erhielte. Selbst wenn man aber mit dem Bf. davon ausgeht, daß er an den Tronc-Einnahmen unmittelbar beteiligt sei und daß die Spielbank nur die Verteilung habe, geht es nach Auffassung des Senats doch nicht an, das Verbot der Annahme von Trinkgeldern zu bejahen und dann die an den Tronc abgeführten Spenden doch wieder als Trinkgelder zu bezeichnen. Als Trinkgelder können nicht schlechthin alle Leistungen angesehen werden, die einem Arbeitnehmer von einem Dritten, wenn auch mit Rücksicht auf seine Arbeitnehmerstellung, so doch ohne einen Rechtsanspruch, gewährt werden. Zum Begriff "Trinkgeld" gehört, daß es eine Art Anerkennung der Mühewaltung des Arbeitnehmers bedeutet. Es setzt eine gewisse persönliche Beziehung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Dritten voraus. Hieran aber fehlt es in den vorliegenden Fällen, besteht doch die vornehmste Aufgabe des Croupiers nicht bloß nach den von ihm übernommenen Verpflichtungen und den Spielregeln der Bank, sondern auch nach der Auffassung der Spieler gerade darin, seines "Amtes" völlig unabhängig von solchen persönlichen Beziehungen zu walten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410882

BStBl III 1963, 479

BFHE 1964, 433

BFHE 77, 433

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