Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablaufhemmung der Verjährungsfrist durch Betriebsprüfung

 

Leitsatz (NV)

Der für die Ablaufhemmung der Verjährungsfrist maßgebende Gegenstand der Betriebsprüfung ist bei einer Personenhandelsgesellschaft der für die einheitliche Gewinnfeststellung bedeutsame Sachverhalt; unerheblich ist das Ergebnis der Prüfung.

 

Normenkette

AO § 146a Abs. 3, § 141; EGAO 1977 § 10

 

Verfahrensgang

FG des Saarlandes

 

Tatbestand

Nach einer in 1973 bei der F-GmbH & Co. KG begonnenen Steuerfahndungsprüfung erließ das für diese Gesellschaft zuständige Betriebs-FA am 29. November 1976 einen negativen Feststellungsbescheid. Aufgrund einer Mitteilung des Betriebs-FA, daß der Kläger in den Jahren 1970 bis 1975 nicht Mitunternehmer bei der F-GmbH & Co. KG gewesen sei, erließ das Wohnsitz-FA am 31. Januar 1977 erneut einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 1970. Darin war kein Verlust aus der Beteiligung an der F-GmbH & Co. KG mehr angesetzt.

Einspruch und Klage gegen den zuletzt erwähnten Einkommensteuerbescheid, mit denen Verjährung des Steueranspruchs für 1970 geltend gemacht wurde, blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hatte keinen Erfolg.

Die Revision ist unzulässig, soweit sie wegen Ergänzungsabgabe und ev. Kirchensteuer eingelegt wurde.

Daß die Revision auch wegen dieser Abgabenarten erhoben wurde, ergibt sich aus dem Revisionsantrag. Angesichts der eindeutigen Formulierung mit dem Inhalt einer zahlenmäßig begrenzten Minderung der für 1970 festgesetzten Ergänzungsabgabe und ev. Kirchensteuer kommt dem Umstand, daß in der Revisions- und der Revisionsbegründungsschrift als Betreff die Einkommensteuer 1970 angegeben ist, keine entscheidende Bedeutung mehr zu.

Die Unzulässigkeit der Revision insoweit ergibt sich daraus, daß die Vorentscheidung nur zur Einkommensteuer 1970 ergangen ist und demzufolge hinsichtlich der übrigen Abgabenarten keine Beschwer gegeben ist.

Im übrigen ist die Revision unbegründet.

Rechtlich zutreffend ist das FG zu dem Ergebnis gelangt, daß der angefochtene Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 1970 ergehen konnte, weil die Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 erfüllt sind.

1. Die Änderung eines Steuerbescheids nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 ist nach Ergehen eines Grundlagenbescheids zulässig. Grundlagenbescheid i. S. des § 179 AO 1977 ist auch ein negativer Feststellungsbescheid. Ein solcher ist hier nach der Mitteilung des Betriebs-FA mit dem Inhalt ergangen, daß der Kläger nicht Mitunternehmer bei der F-GmbH & Co. KG war. Folglich hat der Kläger auch aus dieser Beteiligung keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezogen, die bei der Einkommensteuerfestsetzung für 1970 zu berücksichtigen wären.

2. Dem Erlaß des Änderungsbescheids stehen Vorschriften der AO 1977 über die Festsetzungsverjährung nicht entgegen. Nach Art. 97 § 10 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO 1977) gelten hinsichtlich einer Festsetzungsverjährung für vor dem 1. Januar 1977 entstandene Ansprüche die Vorschriften der AO über die Verjährung weiter. Dies bedeutet für den Streitfall, daß der Änderungsbescheid zu erlassen war, wenn der Ablauf der Verjährung des Einkommensteueranspruchs für 1970 noch nicht eingetreten war. Das ist der Fall.

Der Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist für den Einkommensteueranspruch 1970 (§ 144 AO i.V.m. Art. 97 § 10 EGAO 1977) ist durch die Steuerfahndungsprüfung bei der F-GmbH & Co. KG gehemmt worden. Nach § 146 a Abs. 3 AO wird der Ablauf der Verjährung hinsichtlich der Steueransprüche gehemmt, auf die sich die Betriebsprüfung tatsächlich erstreckt. Wie im Urteil des Bundesfinanzhofs vom 11. Oktober 1983 VIII R 11/82 (BFHE 139, 496, BStBl II 1984, 125) ausgesprochen wurde, sind Gegenstand einer Betriebsprüfung bei einer Personenhandelsgesellschaft nur solche Sachverhalte, die für die einheitliche Gewinnfeststellung dieser Gesellschaft von Bedeutung sind. Erfaßt werden von der Prüfung neben dem Gewinn der Gesellschaft die Anteile der Gesellschafter an diesem Gewinn und deren Sondervergütungen sowie Gewinne aus der Veräußerung des Gesellschaftsanteils und andere Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben. Andere steuerliche Verhältnisse der Gesellschafter werden dagegen von der Prüfung nicht erfaßt.

Entgegen der Meinung des Klägers kommt es für die im Rahmen der Ablaufhemmung anzustellende Prüfung, worauf sich die Betriebsprüfung tatsächlich erstreckt hat, nicht darauf an, welches Ergebnis die Prüfung erbracht hat, maßgebend ist allein der Sachverhalt. Ein solcher Sachverhalt ist auch dann für die einheitliche Gewinnfeststellung einer Personenhandelsgesellschaft von Bedeutung, wenn das rechtliche Ergebnis dahin geht, daß kein Gewerbebetrieb und keine Mitunternehmerschaft oder zwar ein Gewerbebetrieb, aber keine Mitunternehmerschaft besteht. Unerheblich ist, wie bei Verneinung einer Mitunternehmerschaft Einkünfte eines nicht als Mitunternehmer anerkannten Gesellschafters zu qualifizieren sind.

Im Streitfall erstreckte sich die 1973 begonnene Prüfung bei der F-GmbH & Co. KG auf deren einheitliche Gewinnfeststellungen und hemmte damit den Ablauf der Verjährung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413874

BFH/NV 1986, 3

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