Entscheidungsstichwort (Thema)

Renten bei Vermögensübertragung an Abkömmlinge sind i. d. R. Versorgungsrenten

 

Leitsatz (NV)

Eine anläßlich der Vermögensübertragung an Abkömmlinge zugesagte Rente stellt in der Regel eine Versorgungs-, nicht dagegen eine Veräußerungsrente dar. Dies gilt nicht nur dann, wenn sich die Vermögensübertragung für die Abkömmlinge auch unter Berücksichtigung der Versorgungsleistungen als vorteilhaft erweist, sondern auch, wenn der Wert der Versorgungsleistungen höher ist als das empfangene Vermögen, dieses jedoch bei überschlägiger und großzügiger Betrachtung nicht weniger als die Hälfte des Werts der Rentenverpflichtung ausmacht; andernfalls stellen sich die vereinbarten Leistungen als Unterhaltsgewährung durch die Abkömmlinge dar (Anschluß an BFH-Beschluß vom 15. Juli 1991 GrS 1/90, BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78).

 

Normenkette

EStG §§ 7b, 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 22 Nr. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Durch als ,,Kaufvertrag" bezeichnete Vereinbarung vom 27. März 1981 erwarben die Kläger von der Mutter der Klägerin ein Zweifamilienhaus (Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung), das sie seit dem 30. Juni 1981 selbst nutzen. Als Gegenleistung sagten sie die Einräumung eines unentgeltlichen lebenslänglichen Wohnrechts im Jahreswert von . . . DM zu, sowie die Zahlung einer monatlichen Rente von . . . DM bis zum 30. Januar 1996. Nach dem Vertragstext sollten diese Zahlungen ,,mit zur Versorgung" der Veräußerin dienen; sie waren deshalb mit einer Wertsicherungsklausel versehen. Außerdem übernahmen die Kläger eine Grundschuld, die mit . . . DM valutiert war; doch verpflichtete sich die Veräußerin, die auf das Darlehen entfallenden Zinsen und Tilgungsraten zu entrichten.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) behandelte die Grundstücksübertragung als Schenkung unter Auflage und ließ entsprechend § 11 d der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) nur die Absetzung für Abnutzung (AfA) der Rechtsvorgängerin zum Abzug als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu. Die Rentenzahlungen wurden mit ihrem Ertragsanteil als Sonderausgaben angesetzt. Die Klage zum Finanzgericht (FG) hatte Erfolg. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, daß das Grundstück entgeltlich erworben worden sei und die Rentenleistungen Anschaffungskosten bildeten; es gewährte danach auch Absetzungen gemäß § 7 b des Einkommensteuergesetzes (EStG). Zu den Werbungskosten rechnete es auch den Ertragsanteil der Rente.

Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts; nach den tatsächlichen Feststellungen des FG könne nicht von einer Veräußerungsrente ausgegangen werden.

 

Entscheidungsgründe

Auf die Revision des FA muß das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen werden.

In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist wiederholt entschieden worden, daß im Falle der Übertragung eines Betriebes oder auch von Grundvermögen an Abkömmlinge eine nur in Ausnahmefällen zu widerlegende Vermutung dafür bestehe, daß sie aus familiären Gründen, nicht aber im Wege eines Veräußerungsgeschäfts unter kaufmännischer Abwägung von Leistung und Gegenleistung erfolge. Eine anläßlich der Übergabe zugesagte Rente stelle deshalb in der Regel eine Versorgungs-, nicht aber eine Veräußerungsrente dar (vgl. die Nachweise im Beschluß des Großen Senats vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847, 850). Der Große Senat des BFH hat in der angeführten Entscheidung an dieser Auffassung festgehalten. Sie wird nicht nur dann wirksam, wenn sich die Vermögensübertragung für die Abkömmlinge auch unter Berücksichtigung der Versorgungsleistungen als vorteilhaft erweist. Vielmehr gilt sie auch dann, wenn der Wert der Versorgungsleistungen höher ist als das empfangene Vermögen, dieses jedoch bei überschlägiger und großzügiger Betrachtung nicht weniger als die Hälfte des Werts der Rentenverpflichtung ausmacht; andernfalls stellen sich die vereinbarten Leistungen als Unterhaltsgewährung durch die Abkömmlinge dar (BFH-Beschluß vom 15. Juli 1991 GrS 1/90, BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78).

Die bezeichnete Vermutung wird durch die tatsächlichen Feststellungen des FG nicht entkräftet. Das FG hat nichts dafür festgestellt, daß die Beteiligten der Vereinbarung den Verkehrswert des Grundstücks gegen das gewährte Nutzungsrecht und die zugesagten Rentenleistungen abgewogen hätten und daß es auf Grund einer Fehleinschätzung der Kläger dazu gekommen sei, daß der Wert der genannten Leistungen den Verkehrswert des Grundstücks um mehr als 20 v. H. überstieg. Vielmehr wird die von der Rechtsprechung angestellte Vermutung im Streitfall dadurch bekräftigt, daß die Rentenleistungen nach dem Vertragstext ,,mit zur Versorgung" der Rechtsvorgängerin erbracht werden sollten, daß sie mit einer Versicherungsklausel versehen waren und daß sie im Sinne einer Höchstzeitrente in ihrer Dauer auch durch das Leben der Rechtsvorgängerin begrenzt wurden; ihr Kapitalwert entsprach nach der Berechnung des FG zudem im wesentlichen demjenigen einer auf Lebenszeit der Rechtsvorgängerin gewährten Leibrente gleicher Höhe. Für den besonderen Charakter der Vereinbarung spricht ferner die hinsichtlich der Grundstücksverbindlichkeiten getroffene Abrede; sie wären von einem Käufer unter Anrechnung auf den Kaufpreis übernommen worden oder hätten vom Verkäufer abgelöst werden müssen.

Die Einkommensteuerberechnung des FA erweist sich damit als zutreffend. Die Kläger setzen gemäß § 11 d EStDV die Gebäude-AfA der Rechtsvorgängerin fort und können den Ertragsanteil der Rentenzahlungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG als Sonderausgabe abziehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418193

BFH/NV 1992, 382

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