Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft

 

Leitsatz (NV)

Voraussetzung für die Annahme einer atypischen stillen Gesellschaft ist, daß der stille Gesellschafter auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrags Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfalten kann. Zum Mitunternehmerrisiko gehört regelmäßig eine Beteiligung nicht nur am laufenden Gewinn oder Verlust, sondern auch an den stillen Reserven und am Geschäftswert.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 4; AO 1977 §§ 179, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) gewährte am 6.8. 1979 dem alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer der X-GmbH (GmbH), Herrn H, ein Darlehen in Höhe von 25000 DM. H war verpflichtet, den Darlehensbetrag der GmbH zuzuführen und dem Kläger auf Verlangen Geschäftsanteile an der GmbH in Höhe von 50 v.H. des Stammkapitals (20000 DM) zu übertragen oder ihn als atypischen stillen Gesellschafter am Unternehmen der GmbH zu beteiligen. Die Vertragspartner räumten sich gegenseitig das Recht ein, die Geschäftsführung der GmbH zu übernehmen bzw. fortzusetzen und bekundeten den gemeinschaftlichen Willen, die GmbH gemeinsam zu betreiben und ihre Entwicklung gemeinsam zu fördern, solange eine Beteiligung des Klägers aus beruflichen und privaten Gründen direkt noch nicht möglch sei. Als Vergütung des Klägers wurden 50 v.H. des Bilanzgewinns nach Abzug der Steuern vereinbart. Mit schriftlicher Erklärung vom 30. Juni 1980 verbürgte sich der Kläger außerdem selbstschuldnerisch gegenüber der Bank A für alle bestehenden und künftigen Verbindlichkeiten des H und der GmbH bis zum Betrag von 50000 DM zuzüglich Nebenleistungen.

Mit Vertrag vom 30. Dezember 1980/2. Januar 1981 beteiligte der Kläger sich als stiller Gesellschafter an dem Handelsgewerbe der GmbH. Die Einlage in Höhe von 75000 DM leistete der Kläger in Höhe von 25000 DM durch Einbringung seiner Forderung aus dem Darlehensvertrag vom 6. August 1979 und in Höhe von 50000 DM durch Sicherheitsleistung für einen Kredit der Bank A an die GmbH. Der Kläger wurde am Gewinn und - bis zur Höhe der Einlage - am Verlust der GmbH mit 50 v.H. beteiligt; außergewöhnliche Geschäfte, die ohne seine Zustimmung durchgeführt wurden, sollten auf sein Verlangen bei der Ergebnisrechnung außer Betracht bleiben. Für den Fall der Auflösung der stillen Gesellschaft war eine Auseinandersetzung vereinbart, bei der das Geschätsvermögen mit dem vermögensteuerlichen Wert am Beendigungstag zu berücksichtigen war; an einem Firmenwert und an schwebenden Geschäften nahm der Kläger nicht teil.

Nachdem die GmbH wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung Konkursantrag gestellt hatte, wurde die stille Gesellschaft mit Vereinbarung vom 25. Oktober 1982 zwischen der GmbH, dem Kläger und H beendet. Der Kläger verzichtete auf die Rückzahlung seiner Einlage zuzüglich aufgelaufener Zinsen und übernahm die Verpflichtung zur Rückzahlung des Betriebsmittelkredits der Bank A, für den er sich verbürgt hatte.

In ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1980 wies die GmbH einen Jahresfehlbetrag 1980 von 13122,41 DM und einen Verlustvortrag zum 1. Januar 1980 in Höhe von 60491,68 DM aus. Eine stille Beteiligung des Klägers ist aus der Bilanz nicht ersichtlich. Ab dem Jahre 1981 erstellte die GmbH keine Bilanzen mehr und gab keine Körperschaftsteuererklärungen mehr ab. Am 14. September 1984 wurde die Auflösung der GmbH infolge Abweisung des Konkurseröffnungsantrags im Handelsregister eingetragen; am 6. September 1985 wurde die GmbH wegen Vermögenslosigkeit gelöscht.

Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte für eine atypische stille Gesellschaft zwischen der GmbH und dem Kläger wurden nicht abgegeben. Nachdem der Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen 1981 und 1982 Verluste aus der stillen Beteiligung geltend gemacht hatte, lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) eine gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften durch negativen Feststellungsbescheid vom 24. September 1984 ab. Der Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Nach Auffassung des FG war der Kläger in den Streitjahren nicht Mitunternehmer der GmbH.

Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Klägers, mit der Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und wird deshalb zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Zutreffend hat das FG entschieden, daß der Kläger in den Streitjahren nicht Mitunternehmer der GmbH war und daß deshalb die angestrebten Feststellungsbscheide nicht ergehen durften.

1. Gemäß § 179 i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr.2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO 1977) werden einkommen- und körperschaftsteuerpflichtige Einkünfte einheitlich und gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Beteiligt sich jemand am gewerblichen Unternehmen eines anderen als stiller Gesellschafter, so sind an den Einkünften aus diesem Unternehmen mehrere Personen, nämlich der tätige Teilhaber (Geschäftsherr) und der stille Gesellschafter beteiligt, wenn es sich um eine sog. atypische stille Gesellschaft handelt, bei der der stille Gesellschafter neben dem Geschäftsinhaber als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20. November 1990 VIII R 10/87, BFHE 163, 346, m.w.N.). Ist der stille Gesellschafter nicht Mitunternehmer des Betriebs, so bezieht er als (typischer) stiller Gesellschafter aus seiner Beteiligung Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr.4 des Einkommensteuergesetzes (EStG), es sei denn, die stille Beteiligung gehört bei ihm zu einem Betriebsvermögen. Bei typischer stiller Beteiligung mindert der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters als Betriebsausgabe (§ 4 Abs. 4 EStG) den Gewinn des Geschäftsinhabers. Zu einer einheitlichen Gewinnfeststellung für den Geschäftsinhaber und den stillen Gesellschafter kommt es dann nicht.

2. Die Frage, ob eine atypische oder eine typische stille Gesellschaft vorliegt, ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH auf Grund einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden (vgl. z.B. BFH-Entscheidungen vom 5. Juli 1978 I R 22/75, BFHE 125, 545, BStBl II 1978, 644; vom 22.Januar 1981 IV B 41/80, BFHE 132, 542, BStBl II 1981, 424). Danach reicht es für die Annahme einer atypischen stillen Gesellschaft jedenfalls nicht aus, daß sie, wie im Streitfall, in der Vertragsurkunde als solche bezeichnet wird. Maßgebend ist vielmehr, welche Regelungen der Gesellschaftervertrag im einzelnen enthält und welche rechtlichen und wirtschaftlichen Wirkungen diese Regelungen im jeweiligen Einzelfall nach Maßgabe seiner Besonderheiten haben (Beschluß in BFHE 132, 542, BStBl II 1981, 424; Beschluß vom 2. September 1985 IV B 51/85, BFHGE 144, 432, BStBl II 1986, 10; BFH-Urteile vom 12. November 1985 VIII R 364/83, BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311; vom 5. Juni 1986 IV R 272/84, BFHE 147, 146, BStBl II 1986, 802; vom 22.Oktober 1987 IV R 17/84, BFHE 151, 163, BStBl II 1988, 62). Insgesamt muß sich aus der gebotenen Gesamtwürdigung ergeben, daß der stille Gesellschafter auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrags Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative ausüben kann.

3. a) Das Mitunternehmerrisiko umfaßt einerseits die Chance, Betriebsvermögen zu mehren und so Gewinn zu erzielen, andererseits aber auch die Gefahr, Betriebsvermögen zu verlieren und so Verluste zu erleiden. Demgemäß ist ein stiller Gesellschafter regelmäßig dann Mitunternehmer, wenn er nicht nur am laufenden Gewinn und Verlust des vom tätigen Teilhaber betriebenen Unternehmens teilnimmt, sondern im Innenverhältnis schuldrechtlich auch an den stillen Reserven und an einem Geschäftswert beteiligt sein soll, etwa in der Weise, daß er bei einer Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses nach Maßgabe einer Auseinandersetzungsbilanz und seiner prozentualen Gewinnbeteiligung auch einen Anteil an den Wertsteigerungen des Betriebsvermögens erhalten soll (Beschluß BFHE 132, 542, BStBl II 1981, 424; Urteil BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311). Die Beteiligung nicht nur am laufenden Gewinn oder an einem laufenden Verlust, sondern auch an stillen Reserven und einem Geschäftswert ist für die Abgrenzung zwischen typischer und atypischer stiller Beteiligung deshalb von besonderer Bedeutung, weil auch bei der typischen Gesellschaft eine Verlustbeteiligung vorgesehen sein kann und eine Beteiligung am Gewinn sogar unentbehrliche Voraussetzung für die Annahme einer stillen Gesellschaft überhaupt ist (vgl. § 231 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches - HGB - n.F.; § 336 HGB a.F.; Urteil BFHE 151, 136, BStBl II 1988, 62). Die Beteiligung an stillen Reserven und an einem Geschäftswert kann allerdings für den Fall vorzeitigen Ausscheidens des stillen Gesellschafters ausgeschlossen werden, ohne daß dies zur Nichtanerkennung des stillen Gesellschafters als Mitunternehmer führen müßte. Regelmäßig ist indes eine Beteiligung an den stillen Reserven und auch an einem dann vorhandenen Geschäftswert für den Fall erforderlich, daß die stille Gesellschaft in anderer Weise, insbesondere durch Veräußerung des Geschäftsbetriebs oder durch seine Übernahme durch einen Beteiligten beendet wird. Nur unter dieser Voraussetzung wird der Gewerbebetrieb im Innenverhältnis (mit schuldrechtlicher Wirkung) auf gemeinsame Rechnung und Gefahr des Geschäftsinhabers und des stillen Gesellschafters geführt (Urteil BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311, 314).

b) Im Streitfall ist im Gesellschaftsvertrag vereinbart, daß nach Auflösung der Gesellschaft eine Auseinandersetzung stattfindet, bei der das Geschäftsvermögen mit den vermögensteuerlichen Werten am Beendigungstage zu berücksichtigen ist und daß der stille Gesellschafter an einem etwaigen Firmenwert nicht teilnimmt. Damit war der Kläger von möglichen Wertsteigerungen des Betriebsvermögens weitgehend ausgeschlossen, nämlich vollen Umfangs von einem Geschäftswert und möglicherweise teilweise von Wertsteigerungen des beweglichen Anlagevermögens. Schon hieraus ergibt sich, daß der Kläger nicht volles Mitunternehmerrisiko trug. Andererseits war er auch am Verlust nur bis zur Höhe seiner Einlage beteiligt. Seine Beteiligung am laufenden Gewinn war zwar hoch (50 v.H.), im Hinblick auf die Bedeutung der kapitalmäßigen Beteiligung des Klägers jedoch nicht unangemessen. Beide Komponenten, begrenzte Verlustbeteiligung und angemessene Gewinnbeteiligung, sprechen jedenfalls nicht deutlich für eine atypische Ausgestaltung der Gesellschafterstellung, sondern erlauben auch die Folgerung, der Kläger sei typischer stiller Gesellschafter. Dies in Verbindung mit dem mindestens partiellen Ausschluß des Klägers von stillen Reserven und seinem völligen Ausschluß von einem Geschäftswert führen zu der Erkenntnis, daß das Risiko des Klägers im wesentlichen nicht über das hinausgeht, das auch bei einem typischen stillen Gesellschafter vorliegen kann.

c) Die vertragliche Regelung ist für die steuerrechtliche Beurteilung entgegen der Auffassung des Klägers nicht deshalb ohne Belang, weil im Zeitpunkt der Gründung der stillen Gesellschaft ein Geschäftswert und nennenswerte stille Reserven im Anlagevermögen nicht vorhanden waren. Bei Abschluß des Gesellschaftervertrags wird regelmäßig auch der Fall bedacht, daß stille Reserven und ein Geschäftswert künftig entstehen. Dann erweist sich aus den hierzu getroffenen Vereinbarungen, ob eine Beteiligung des stillen Gesellschafters an diesen Werten vorgesehen ist (BFH-Urteil vom 13. Juni 1989 ViII R 47/85, BFHE 157, 192, BStBl II 1989, 720), so wie dies auch im Streitfall geschehen ist. Der BFH hat allerdings im Falle einer Abschreibungsgesellschaft entschieden, daß eine im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Beteiligung der stillen Gesellschafter an stillen Reserven nur dann dazu führen kann, daß der stille Gesellschafter einkommensteuerrechtlich als Mitunternehmer i.S. des § 15 Abs. 1 Nr.2 EStG anzusehen ist, wenn im Einzelfall nach den objektiven Umständen und den subjektiven Vorstellungen der Vertragsparteien mehr als eine theoretische, nur durch außergewöhnliche Glücksfälle realisierbare Möglichkeit besteht, daß diese Bestimmung rechtliche und damit auch wirtschaftliche Bedeutung erlangen kann (Beschluß BFHE 132, 542, BStBl II 1981, 424, 426). Hieraus wird auch zu folgern sein, daß das Fehlen einer Beteiligung an stillen Reserven und einem Geschäftswert unschädlich sein mag, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit solche Werte nicht entstehen können. Im Falle des Beschlusses BFHE 132, 542, BStBl II 1981, 424 beschränkte die Gesellschaft sich auf die Produktion und Auswertung eines einzigen Spielfilms; stille Reserven hätten nur bei Einspielergebnissen in einer jegliche realitätsbezogene Erwartung weit übersteigenden Höhe entstehen können. Danach war die Entstehung stiller Reserven und eines Geschäftswerts so gut wie ausgeschlossen. So liegen die Dinge im Streitfall jedoch nicht. Zwar hatte die GmbH in den Vorjahren Verluste erlitten. Gleichwohl war die Annahme, daß das Unternehmen nach Gründung der stillen Gesellschaft erfolgreich fortgeführt werden könne und daß sich dann auch stille Reserven bilden und im Laufe der Jahre ein Geschäftswert bilden könnte, nicht realitätsfern; sie ist deshalb von den Gesellschaftern auch bedacht und ausdrücklich im Vertrag geregelt worden. Deshalb darf diese Möglichkeit auch für die steuerliche Beurteilung nicht außer Betracht gelassen werden.

d) Für seine Auffassung, die Nichtbeteiligung an stillen Reserven einschließlich eines etwaigen Geschäftswerts habe im Streitfall keine Bedeutung, kann der Kläger sich auch nicht auf die BFH-Urteile vom 19. Februar 1981 IV R 152/76 (BFHE 133, 180, BStBl II 1981, 602), vom 10. August 1978 IV R 54/74 (BFHE 126, 185, BStBl II 1979, 74) und BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311 berufen.

aa) Das Urteil BFHE 133, 180, BStBl II 1981, 602 betraf eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Innengesellschaft zwischen einer KG und einer AG. Das Mitunternehmerrisiko der AG wurde bejaht, weil sie in gleicher Weise wie die KG zur Hälfte an den Kosten des gemeinsamen Projekts und damit auch am Verlust beteiligt war. Anders als im Streitfall war somit eine der Höhe nach nicht begrenzte Beteiligung am Verlust vorgesehen. Demgegenüber war im Streitfall die Beteiligung des Klägers am Verlust auf die Höhe seiner Einlage begrenzt, lag somit eine nach dem Gesetz (§ 231 Abs. 2 HGB n.F.; § 336 HGB a.F.) auch bei typischer Gesellschaft gebräuchliche und zulässige Regelung vor.

bb) Im Urteil BFHE 126, 185, BStBl II 1979, 74 hat der Senat bei gegebener Beteiligung an stillen Reserven in materiellen Wirtschaftsgütern und fehlender Beteiligung am Geschäftswert und ausgeprägten Kontroll- und Mitspracherechten die Mitunternehmerschaft des stillen Gesellschafters bejaht. In der neueren Rechtsprechung des BFH ist dies in der Weise präzisiert worden, daß bei fehlender (schuldrechtlicher) Beteiligung des stillen Gesellschafters an grundsätzlich allen Vermögenswerten des Betriebs das so verhältnismäßig schwach ausgeprägte Unternehmerrisiko nur durch eine besonders stark ausgeprägte Möglichkeit der Entfaltung von Mitunternehmerinitiative ausgeglichen werden könne (vgl. hierzu unter 4.). Ein Risiko, das im wesentlichen dem eines typischen stillen Gesellschafters entspricht, auch bei Beteiligung am Verlust bis zur Höhe der Einlage, kann danach regelmäßig nicht durch bloße Kontroll- und Widerspruchsrechte mit der Folge ausgeglichen werden, daß der stille Gesellschafter als Mitunternehmer angesehen wird. Es kommt hinzu, daß nach dem Urteil BFHE 126, 185, BStBl II 1979, 74 in Zweifels- und Grenzfällen auch von Bedeutung ist, wie die Beteiligten selbst ihr Rechtsverhältnis während seines Bestands einkommensteuerrechtlich beurteilen und demgemäß der Finanzbehörde gegenüber deklariert haben. Im Streitfall ist deshalb auch von Bedeutung, daß für die Zeit des Bestehens der stillen Gesellschaft Feststellungserklärungen für eine atypisch stille Gesellschaft nicht abgegeben worden sind, der Kläger vielmehr seine behaupteten Verlustanteile, wie dies dem Verfahren bei typischer stiller Gesellschaft entspricht, zunächst nur bei seiner persönlichen Einkommensteuerveranlagung geltend gemacht hat.

cc) Im Falle des Urteils BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311 war das Mitunternehmerrisiko des stillen Gesellschafters besonders stark ausgeprägt. Denn neben der Gewinnbeteiligung war eine nicht auf den Betrag der Einlage beschränkte Beteiligung am Verlust, die anteilige Beteiligung an allen stillen Reserven in den bilanzierten materiellen Wirtschaftsgütern und ferner vorgesehen, daß im Falle der Auflösung der stillen Gesellschaft der Geschäftswert des Unternehmens dem stillen Gesellschafter allein zustehe.

4. a) Nach der Rechtsprechung des BFH kann ein schwach ausgeprägtes ,,Unternehmerrisiko" eines stillen Gesellschafters durch eine besonders stark ausgeprägte Mitunternehmerinitiative mit der Folge ,,ausgeglichen" werden, daß der stille Gesellschafter trotz fehlender schuldrechtlicher Beteiligung an stillen Reserven und Geschäftswert als Mitunternehmer anzusehen ist. Auch bei fehlender Beteiligung am Verlust und an stillen Reserven einschließlich Geschäftswert kann danach ein stiller Gesellschafter Mitunternehmer sein, wenn es ihm der Inhaber des Unternehmens abweichend von der Regelung der §§ 230 ff. HGB (früher §§ 335 ff. HGB) ermöglicht, wie ein Unternehmer auf das Schicksal des Unternehmens und damit auch seiner eigenen Erfolgsbeteiligung Einfluß zu nehmen (BFH-Urteil vom 28. Januar 1982 IV R 197/79, BFHE 135, 297, BStBl II 1982, 389, m.w.N.). Dies ist nach dem Urteil BFHE 135, 297, BStBl II 1982, 389 anzunehmen, wenn der stille Gesellschafter die Stellung eines Geschäftsführers des Unternehmens einnimmt, die er auf Grund des Gesellschaftsverhältnisses selbständig und aus eigenem Recht einnimmt. Im Urteilsfall kam hinzu, daß die als Mitunternehmer angesehenen Personen, die über Gewinn- und Umsatzprovisionen in hohem Maße am Unternehmensgewinn teil hatten, Eigentümer des dem Unternehmen (OHG) vermieteten Betriebsgebäudes waren und eine eigene Gesellschaft für den Vertrieb der Produkte der OHG gegründet hatten. Im Anschluß hieran hat der BFH entschieden, daß schwach ausgeprägtes Unternehmerrisiko auch dann als durch besonders stark ausgeprägte Unternehmerinitiative ausgeglichen anzusehen ist, wenn eine stille Beteiligung an einer GmbH und Co. KG besteht und der stille Gesellschafter alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der die Geschäfte der KG führenden Komplementär-GmbH ist (Urteile BFHE 163, 336, und 163, 346). In beiden Fällen traten weitere die Position des stillen Gesellschafters stärkende Umstände hinzu, so auch sein Eigentum an dem an die Gesellschaft vermieteten Betriebsgrundstück.

b) Mit den Verhältnissen des Streitfalles sind diese Gestaltungen nicht vergleichbar. Im Streitfall war alleiniger Geschäftsführer der GmbH deren alleiniger Gesellschafter H. H blieb auch nach der Gründung der stillen Gesellschaft alleiniger Geschäftsführer. Im Vertrag über die Gründung der stillen Gesellschaft sind dem Kläger keine Befugnisse eingeräumt worden, die über die Rechte hinausgehen, die einem stillen Gesellschafter kraft Gesetzes zustehen. Zutreffend hat das FG in diesem Zusammenhang auch betont, daß H auch zu außergewöhnlichen Geschäften nicht der Zustimmung des Klägers bedurfte; solche Geschäfte sollten, falls ohne Zustimmung des Klägers getätigt, auf Verlangen des Klägers lediglich bei der Ergebniserrechnung, d.h. wohl bei der Ermittlung des Gewinnanteils des Klägers, außer Betracht bleiben. Damit blieb die Rechtsstellung des Klägers noch deutlich hinter der eines Kommanditisten zurück, dem nach dem gesetzlichen Regelstatut des HGB bei außergewöhnlichen Geschäften ein Widerspruchsrecht zusteht (§ 164 Abs. 1 HGB). Der Kläger hat vorgetragen, er habe sich um die Personalangelegenheiten des Unternehmens und den Wareneinkauf gekümmert. Eine auch rechtlich abgesicherte Ausübung einer Geschäftsführertätigkeit im Unternehmen i.S. der unter a) dargestellten Rechtsprechung des BFH ergibt sich hieraus nicht. Sie ergibt sich ebensowenig aus der Bedeutung der Kapitaleinlage des Klägers für das Unternehmen. Der Umstand allein, daß das Unternehmen die Kapitaleinlage benötigte, begründet keine Mitunternehmerschaft des stillen Gesellschafters.

 

Fundstellen

Haufe-Index 64539

BFH/NV 1993, 647

GmbHR 1993, 837

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge