Leitsatz (amtlich)

Nimmt bei einer GmbH & Co. KG die Komplementär-GmbH an einer Kapitalerhöhung der KG nicht teil, und wird dadurch ertragsteuerlich eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe des anteiligen Geschäftswerts der KG an die Gesellschafter der GmbH bewirkt, so führt das nicht dazu, daß dieser anteilige Geschäftswert konkretisiert wird und deshalb bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens der KG erfaßt werden kann.

 

Normenkette

BewG 1965 § 95

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. Gesellschafter der Komplementär-GmbH (im folgenden GmbH) sind die Kommanditisten der Klägerin. Die GmbH war bis einschließlich 1964 mit 40 v. H. an den Gewinnen der Klägerin beteiligt. Mit Wirkung zum 1. Januar 1965 erhöhten die Gesellschafter der Klägerin deren Kapital. An dieser Kapitalerhöhung nahm die GmbH nicht teil. Dadurch verminderte sich ihre Gewinnbeteiligung ab 1. Januar 1965 auf 10 v. H.

Der Beklagte und Revisionskläger (FA) vertrat die Auffassung, die GmbH habe dadurch, daß sie sich an der Kapitalerhöhung bei der Klägerin nicht beteiligt habe, an ihre Gesellschafter - die Kommanditisten der Klägerin -, eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 30 v. H. des Geschäftswerts der Klägerin bewirkt. Durch die verdeckte Gewinnausschüttung sei dieser anteilige Geschäftswert konkretisiert worden. Das FA bewertete den anteiligen Geschäftswert im Anschluß an das Urteil des BFH vom 11. Oktober 1960 I 229/59 U (BFHE 71, 695, BStBl III 1960, 509) mit 1,6 Mio. DM und erfaßte ihn u. a. bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens der Klägerin zum 1. Januar 1965, zum 1. Januar 1966 und zum 1. Januar 1967.

Auf die Sprungklage ermäßigte das FG die vorgenannten Einheitswerte um den angesetzten Geschäftswert.

Die Revision des FA rügt, bei dem im Rohvermögen der Klägerin erfaßten Geschäftswert handle es sich um einen abgeleiteten Geschäftswert. Er sei nur deshalb nicht als geldwerte Realität in Erscheinung getreten, weil an dem Übertragungsvorgang eine dem Willen der Kommanditisten der Klägerin unterworfene juristische Person beteiligt gewesen sei. Der Grundsatz der Gleichbehandlung der verdeckten Gewinnausschüttung und des Erwerbs des anteiligen Geschäftswerts durch die Kommanditisten der Klägerin gebiete es, die Fiktion der Entgeltlichkeit des derivativen Erwerbs auch für den Ansatz des Geschäftswerts im Betriebsvermögen der Klägerin anzuerkennen.

Das FA beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA hat keinen Erfolg.

Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Geschäftswert eines Unternehmens gemäß § 95 BewG 1965 (= § 54 BewG i. d. F. vor dem BewG 1965) als immaterielles Wirtschaftsgut im Betriebsvermögen zu erfassen, wenn er als geldwerte Realität in Erscheinung getreten ist oder, anders ausgedrückt, wenn er konkretisiert ist (vgl. BFH-Entscheidung vom 17. Januar 1975 III R 69/73, BFHE 114, 543, BStBl II 1975, 324 mit weiteren Nachweisen). Der eindeutigste Fall der Konkretisierung des Geschäftswerts ist der der Realisierung, d. h. wenn beim Erwerb eines Unternehmens für ihn ein besonderer Preis gezahlt wird. Der Senat hat aber auch anerkannt, daß der Geschäftswert eines Unternehmens in anderer Weise als durch einen Erwerb konkretisiert werden könne, wie z. B. im Falle der Verpachtung eines gewerblichen Betriebs (vgl. BFH-Urteil vom 6. August 1971 III R 9/71, BFHE 102, 573, BStBl II 1971, 677). Mit Urteil III R 9/71 hat der Senat jedoch seine bisherige Rechtsprechung dahin eingeschränkt, daß der Geschäftswert nicht nach der sogenannten indirekten Schätzungsmethode (vgl. BFH-Urteil vom 19. Februar 1965 III 342/61 U, BFHE 82, 1 [7], BStBl III 1965, 248) als Unterschiedsbetrag zwischen dem Gesamtwert des Unternehmens und dem Substanzwert ermittelt werden darf, weil dies der Grundsatz der Einzelbewertung verbietet, der für die Bewertung des Betriebsvermögens gilt. Deshalb kann die Behauptung, der Geschäftswert sei konkretisiert, nicht mit der Begründung aufgestellt werden, sein Wert lasse sich auf der Grundlage der BFH-Urteile I 229/59 U und III 342/61 U ermitteln. Erforderlich ist vielmehr eine Konkretisierung durch eine Vereinbarung, die sich als Ausgleich der entgegengesetzt gerichteten Interessen der Vertragschließenden erweist (BFH-Urteil III R 9/71) oder, wie es in dem Urteil vom 25. November 1976 IV R 90/72, BFHE 120, 499, BStBl II 1977, 467, ausgedrückt wird, eine Wertbestätigung durch den Markt.

Das FG hat unangefochten festgestellt, daß das FA mangels einer solchen Wertbestätigung durch den Markt den anteiligen Geschäftswert nach der indirekten Methode berechnete. Dies mag, worüber der Senat jedoch nicht zu entscheiden hat, für die Bewertung der verdeckten Gewinnausschüttung einer Kapitalgesellschaft an ihre Gesellschafter in Höhe eines anteiligen Geschäftswerts gerechtfertigt sein. Die Annahme einer Konkretisierung des Geschäftswerts kann aber nicht nur auf die Daten gestützt werden, die für eine Bewertung nach der indirekten Methode ausreichen. Denn sonst müßte bei sämtlichen gewerblichen Unternehmen mit einer überdurchschnittlichen Ertragskraft der Geschäftswert erfaßt werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72316

BStBl II 1977, 501

BFHE 1978, 148

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