Entscheidungsstichwort (Thema)

Umwandlung von Gesellschafterdarlehen in Nennkapital unterliegt der Gesellschaftsteuer

 

Leitsatz (NV)

1. Vereinbaren die Gesellschafter einer GmbH & Co KG eine Erhöhung der Kommanditanteile und wird die damit verbundene Einlageverpflichtung durch Umbuchung von Darlehensforderungen und durch Bareinlagen erfüllt, so ist der Besteuerungstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 2 KVStG 1972 verwirklicht.

2. § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c KVStG 1972 bezieht sich nur auf solche Darlehen, die vor dem 1. Januar 1972 gewährt wurden, damals gemäß § 3 KVStG 1959 der Gesellschaftsteuer unterlagen und nach dem 31. Dezember 1971 in Nennkapital umgewandelt wurden.

 

Normenkette

KVStG 1972 § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 2 Nr. 3, § 7 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 Buchst. c

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine inländische GmbH & Co KG, die durch Vertrag vom 22. Dezember 1972 von der ihr nahestehenden H-GmbH ein Grundstück mit aufstehendem Gebäude erwarb. Als Gegenleistung verpflichtete sich die Klägerin, der H-GmbH einen Kommanditanteil in Höhe von . . . DM an der Klägerin zu verschaffen. Die Kommanditeinlageverpflichtung der H-GmbH sollte durch die Übertragung des o. g. Grundstücks erfüllt sein. Die Klägerin räumte der H-GmbH außerdem eine Darlehensforderung in Höhe von . . . DM ein, die mit 8 v. H. zu verzinsen war. Das Darlehen sollte zum 31. Dezember 1977 auslaufen. Es wurde jedoch später verlängert. Schließlich übernahm die Klägerin Verbindlichkeiten der H-GmbH in Höhe von rd. . . . DM.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) behandelte den Erwerb des Kommanditanteils durch die H-GmbH als gemäß § 29 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform (UmwStG 1969) gesellschaftsteuerfrei. Nach seiner Auffassung war die Darlehensgewährung ohne Einfluß auf diesen Besteuerungstatbestand.

Die vereinbarten Darlehenszinsen wurden von der Klägerin nicht ausbezahlt, sondern einem Verrechnungskonto zugunsten der H-GmbH gutgeschrieben. Das Verrechnungskonto wies Ende 1982 ein Guthaben der H-GmbH von . . . DM aus.

Die Klägerin kam mit der H-GmbH überein, deren Kommanditanteil ab dem 31. Dezember 1982 auf . . . DM zu erhöhen. Zu diesem Zweck wurde das Darlehen in Höhe von . . . DM in Kommanditkapital umgewandelt. Außerdem wurden die Zinsen laut Verrechnungskonto an die H-GmbH ausbezahlt und anschließend von der H-GmbH wieder eingelegt.

Das FA sah hierin einen gesellschaftsteuerpflichtigen Rechtsvorgang. Durch Gesellschaftsteuerbescheid vom 9. Mai 1985 setzte es die Gesellschaftsteuer auf . . . DM fest. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Mit ihrer vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG 1972).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 KVStG 1972 unterliegen Leistungen, die von den Gesellschaftern einer inländischen Kapitalgesellschaft aufgrund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung bewirkt werden (Beispiele: weitere Einzahlungen, Nachschüsse), der Gesellschaftsteuer. Der Leistung eines Gesellschafters steht es gleich, wenn die Gesellschaft mit eigenen (gesamthänderisch gebundenen) Mitteln die Verpflichtung des Gesellschafters abdeckt (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 KVStG 1972). § 5 Abs. 2 Nr. 3 KVStG 1972 bestimmt ergänzend zu § 2 Abs. 1 Nr. 2 KVStG 1972, daß auch Kommanditgesellschaften als Kapitalgesellschaften gelten, wenn zu ihren persönlich haftenden Gesellschaftern eine der in § 5 Abs. 1 KVStG 1972 bezeichneten Gesellschaften gehört.

Zu diesen Voraussetzungen hat das FG in einer den erkennenden Senat bindenden Weise festgestellt, daß die Klägerin seit ihrer Gründung eine inländische KG mit einer GmbH als persönlich haftender Gesellschafterin war. Damit war sie inländische Kapitalgesellschaft i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 KVStG 1972. Zum 31. Dezember 1982 wurde der Kommanditanteil der H-GmbH an der Klägerin um . . . DM erhöht. Die sich daraus für die H-GmbH ergebende Einlageverpflichtung wurde durch Umbuchung von Darlehensforderungen bzw. durch Bareinlagen erfüllt. Damit war der Besteuerungstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 2 KVStG 1972 verwirklicht, ohne daß es darauf ankäme, ob die H-GmbH ,,weitere Gesellschaftsrechte" erwarb (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9. August 1989 I R 88/85, BFHE 158, 456, BStBl II 1990, 224). Wegen § 2 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 KVStG 1972 ist es auch unerheblich, ob die verwendeten Mittel vorher bereits zum gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögen gehörten oder aber individualisierte Gesellschafterforderungen verkörperten (vgl. BFH-Urteil vom 12. Oktober 1988 I R 217/84, BFHE 155, 409, BStBl II 1989, 374, unter II. 1. c).

2. Das FG hat zutreffend die Anwendung des § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c KVStG 1972 auf den Streitfall abgelehnt. Nach dieser Vorschrift sind bei Kapitalgesellschaften i. S. des § 5 Abs. 2 Nr. 3 KVStG 1972 Rechtsvorgänge i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 2 KVStG 1972 von der Besteuerung ausgenommen, wenn und soweit das Nennkapital durch Umwandlung von Darlehen eines Gesellschafters erhöht wurde, deren Gewährung der Gesellschaftsteuer unterlegen hat. Die Gewährung von Darlehen unterlag nur bis zum 31. Dezember 1971 der Gesellschaftsteuer (§ 3 KVStG 1959). § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c KVStG 1972 bezieht sich deshalb nur auf solche Darlehen, die vor dem 1. Januar 1972 gewährt wurden, damals gemäß § 3 KVStG 1959 der Gesellschaftsteuer unterlagen und nach dem 31. Dezember 1971 in Nennkapital umgewandelt wurden (vgl. Egly/Klenk, Gesellschaftsteuer, 4. Aufl., Rdnr. 372; Brönner/Kamprad, Kommentar zum Kapitalverkehrsteuergesetz, 4. Aufl., § 7 Rdnr. 19). Diese Voraussetzung ist im Streitfall schon deshalb nicht erfüllt, weil das Darlehen, das zum 31. Dezember 1982 in Kommanditkapital umgewandelt wurde, erst am 22. Dezember 1972 gewährt wurde. Damit greift § 3 KVStG 1959 schon aus zeitlichen Gründen nicht ein.

3. Die Klägerin stützt ihre Klage- und Revisionsbegründung zu Unrecht darauf, daß sie § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c KVStG 1972 auch auf die Gewährung solcher Gesellschafterdarlehen anwendet, die nach der ihnen zugedachten Funktion Eigenkapitalcharakter haben (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 9. Februar 1981 II ZR 38/80, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1981, 2251; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 388 ff.). Ist ein gewährtes Darlehen aus den vom BFH (in den Urteilen vom 21. Juli 1976 II R 192/72, BFHE 120, 70, BStBl II 1977, 4; vom 21. Juli 1976 II R 66/74, BFHE 120, 73, BStBl II 1977, 6; vom 12. Oktober 1983 II R 56/81, BFHE 139, 432, BStBl II 1984, 140, und in dem BFH-Beschluß vom 15. September 1976 II B 33/74, BFHE 120, 76, BStBl II 1977, 7) genannten Gründen als Eigenkapital der Gesellschaft zu behandeln, so ist es auch zivilrechtlich kein Fremdkapital und damit kein Darlehen. Die Bezeichnung als Darlehen verdeckt nur i. S. des § 117 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die Hingabe von Eigenkapital. Sie ist auch zivilrechtlich als Eigenkapitalzufuhr zu behandeln, d. h. auf das verdeckte Rechtsgeschäft finden die Vorschriften über Darlehen keine Anwendung. Dieser Grundsatz ist auch bei der Anwendung des § 7 Abs. 3 KVStG 1972 zu beachten, weil die Vorschrift auf bestimmten zivilrechtlichen Rechtsgeschäften aufbaut. Danach schließt die Hingabe verdeckten Eigenkapitals die Anwendung des § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c KVStG 1972 aus. Es kommt allenfalls die Anwendung des § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a KVStG 1972 in Betracht. Dies setzt jedoch den offenen Ausweis der zur Kapitalerhöhung verwendeten Mittel in der dem Kapitalerhöhungsbeschluß zugrunde liegenden Bilanz als gesamthänderisch gebundene Rücklage voraus (vgl. BFH-Urteile vom 27. Februar 1980 II R 48/77, BFHE 130, 83, BStBl II 1980, 404, und in BFHE 155, 409, BStBl II 1989, 374). Daran fehlt es im Streitfall. Die umgewandelten Darlehens- und Zinsforderungen wurden in den Bilanzen der Klägerin als individualisierte Gesellschafterforderungen ausgewiesen.

4. Die Umwandlung der ,,Darlehens- und Zinsforderung" ist auch nicht aus anderen Gründen steuerbefreit. Zwar hat der Reichsfinanzhof (RFH) in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß bei der Aufeinanderfolge mehrerer Gesellschaftsteuertatbestände jede Kapitalzufuhr nur einmal besteuert werden dürfe (RFH-Urteile vom 17. April 1923 II A 59/23, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Kapitalverkehrsteuergesetz 1920, § 6 a, Rechtsspruch 6; vom 20. April 1934 II A 26/33, StRK, Kapitalverkehrsteuergesetz 1920, § 6 a, II. Abt., Rechtsspruch 6; vom 12. Juli 1940 II A 324/39, RFHE 49, 65, RStBl 1940, 847). Jedoch greift auch diese Überlegung im Streitfall nicht durch, weil die Darlehensgewährung im Jahre 1972 nicht als steuerbare Zuführung von Fremdkapital behandelt wurde. Die Zinsansprüche der H-GmbH sind überhaupt erst nach dem 22. Dezember 1972 forderungsmäßig entstanden. Sie können schon aus diesem Grunde nicht Teil eines Besteuerungstatbestandes gewesen sein, der am 22. Dezember 1972 verwirklicht wurde.

Im übrigen verkennt die Klägerin die Bedeutung der o. g. BFH-Rechtsprechung (vgl. BFHE 120, 70, BStBl II 1977, 4; BFHE 120, 73, BStBl II 1977, 6; BFHE 120, 76, BStBl II 1977, 7; BFHE 139, 432, BStBl II 1984, 140). Danach werden gesellschaftsteuerrechtlich nur die Fälle von ,,Darlehens"-gewährungen erfaßt, die zivilrechtlich Eigenkapitalcharakter haben. Maßgebend ist insoweit die Rechtsprechung der Zivilgerichte zu der Frage, wann ein Gesellschafterdarlehen nach der ihm zugedachten Funktion Eigenkapitalcharakter hat (vgl. BGH-Urteile vom 28. November 1977 II ZR 235/75, BGHZ 70, 61; vom 3. Juli 1978 II ZR 54/77, NJW 1978, 2154 = Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht 1978, 898; vom 5. November 1979 II ZR 145/78, NJW 1980, 1522; in NJW 1981, 2251; vom 17. Mai 1982 II ZR 16/81, NJW 1982, 2253; vom 21. März 1983 II ZR 139/82, NJW 1983, 1855; vom 17. Dezember 1984 II ZR 36/84, NJW 1985, 1079; vom 10. Dezember 1984 II ZR 28/84, BGHZ 93, 159). Insoweit kann die Gleichstellung von Fremdkapital mit Eigenkapital aus dem Gesellschaftsvertrag abgeleitet werden, wenn die zugeführten Mittel nach dem Sinn und Zweck des Gesellschaftsvertrages dem vollen Kapitalrisiko unterworfen sind, d. h. wenn das Kapital einer freien Kreditkündigung durch den Kapitalgeber entzogen ist und im Konkurs der Gesellschaft nicht zur Konkursanmeldung berechtigt. Im Streitfall fehlt es an beiden Voraussetzungen offensichtlich. Das Darlehen war von der H-GmbH zunächst nur auf fünf Jahre gewährt. In diesem Sinne war es zivilrechtlich losgelöst von dem Halten des Kommanditanteils kündbar. Außerdem wurde keine Vereinbarung getroffen, die eine Forderungsanmeldung im Konkurs der Klägerin ausgeschlossen hätte. Entsprechend hat das FG im Ergebnis zutreffend die Darlehens- und Zinsforderung der H-GmbH als Fremdkapital der Klägerin behandelt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417396

BFH/NV 1991, 476

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