Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein anschaffungsnaher Aufwand bei unentgeltlichem Erwerb durch Gesamtrechtsnachfolge - Steuerrechtlicher Herstellungskostenbegriff - Behandlung von Baumaßnahmen an einem Gebäude als Herstellungskosten oder als Erhaltungsaufwand - Erhaltungsaufwand als vorab entstandene Werbungskosten im Rahmen der Nutzungswertbesteuerung - Steuerrechtliche Folgen der Gesamtrechtsnachfolge - "Erweiterung" bzw. "wesentliche Verbesserung" eines Gebäudes als Voraussetzung für Herstellungskosten - Generalüberholung eines Gebäudes: Aufteilung der Aufwendungen in Herstellungskosten bzw. Erhaltungsaufwand

 

Leitsatz (amtlich)

Die Grundsätze des sog. anschaffungsnahen Aufwands gelten jedenfalls dann nicht, wenn der Steuerpflichtige als Erbe im Wege der Gesamtrechtsnachfolge ein Grundstück in vollem Umfang unentgeltlich erwirbt (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 9. Mai 1995 IX R 5/93, BFHE 178, 40, BStBl II 1996, 588).

 

Orientierungssatz

1. Ob dies für den unentgeltlichen Erwerb im allgemeinen gilt, und ob der Senat uneingeschränkt an seinem Urteil in BStBl II 1996, 588 festhält, kann im Streitfall offenbleiben.

2. Vor Beginn der Selbstnutzung einer Immobilie, die der Nutzungswertbesteuerung unterliegt, angefallene Erhaltungsaufwendungen können als vorab entstandene Werbungskosten geltend gemacht werden, soweit es sich nicht um Herstellungskosten handelt und die Baumaßnahmen vor der Selbstnutzung des Hauses durch die Kläger ausgeführt wurden.

3. Der Erbe tritt als Gesamtrechtsnachfolger materiell-rechtlich in die steuerrechtliche Stellung des Rechtsvorgängers ein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn nicht persönliche Eigenschaften oder Umstände des Steuerpflichtigen, sondern objektiv gegebene tatsächliche Verhältnisse zu beurteilen sind. Als solche Verhältnisse sind die tatsächlichen Voraussetzungen anzusehen, nach denen sich entscheidet, ob Herstellungskosten i.S. des § 255 Abs. 2 HGB vorliegen.

4. Der Herstellungskostenbegriff des § 255 Abs.2 HGB gilt auch für das Steuerrecht, u.a. für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Baumaßnahmen an einem Gebäude führen daher nur unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift zu Herstellungskosten und nicht etwa bereits allein deswegen, weil das Gebäude einer sog. Generalüberholung unterzogen worden ist.

5. Herstellungskosten durch "Erweiterung": Bei einem Gebäude ist eine Erweiterung u.a. gegeben, wenn seine Substanz vermehrt, seine nutzbare Fläche vergrößert wird oder wenn Bestandteile eingebaut werden, die bisher nicht vorhanden waren, z.B. wenn neuer Wohnraum durch einen Anbau, den Ausbau eines Dachgeschosses oder den Ausbau eines Lichthofes geschaffen wird. Eine "Erweiterung" muß eine Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes zur Folge haben. Trotz des Einbaus neuer Bestandteile liegen daher keine nachträglichen Herstellungskosten vor, wenn die Funktion des eingebauten Gegenstandes im wesentlichen derjenigen entspricht, die der ausgetauschte oder erweiterte Gegenstand hatte (vgl. BFH-Rechtsprechung; im Streitfall: keine Herstellungskosten durch das bloße Zumauern von Türen oder Fenstern).

6. Bauaufwendungen an einem Gebäude als Herstellungskosten aufgrund einer "wesentlichen Verbesserung" i.S. des § 255 Abs.2 HGB: Dazu muß durch die Baumaßnahmen nach objektiven Maßstäben der Gebrauchswert des Hauses als Ganzes deutlich erhöht worden sein. Das ist noch nicht allein deshalb der Fall, weil hohe Aufwendungen getätigt oder eine werterhöhende Modernisierung durchgeführt wurde, die z.B. einem Wohnaus den modernen Wohnkomfort wiedergibt, der dem ursprünglichen entspricht, m.a.W. wenn es den Zeitumständen angepaßt wird. Die Baumaßnahmen müssen darüber hinausgehen. Der vorhandene Raum muß dadurch einer maßgebend höherwertigen Nutzung zugeführt werden. Das Zumauern einiger Fenster und Türen und die Erweiterung anderer sowie die Entfernung oder das Versetzen von Zwischenwänden muß den objektiven Gebrauchswert des Hauses nicht erhöhen.

7. Führt die Generalüberholung eines Gebäudes teils zu Erhaltungsaufwendungen, teils zu Herstellungskosten, so müssen Kosten einzelner Baumaßnahmen, die für sich gesehen Erhaltungsmaßnahmen sind, den Herstellungskosten insoweit zugeordnet werden, als sie durch die Herstellungsmaßnahmen bautechnisch bedingt sind. Das gilt auch dann, wenn sie unabhängig von den Herstellungsmaßnahmen angefallen wären, z.B. das Dach hätte repariert werden müssen, wenn es nicht ausgebaut worden wäre. Die Aufwendungen sind nach Maßgabe ihrer konkreten Veranlassung den Erhaltungsaufwendungen bzw. den Herstellungskosten zuzuordnen. Die Ermittlung der Herstellungskosten eines Dachgeschoßausbaus durch Aufteilung der gesamten Kosten im Verhältnis der Nutzflächen findet im Gesetz keine Grundlage.

 

Normenkette

AO 1977 § 45; EStG § 21 Abs. 1-2, § 7 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 7; HGB § 255 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und wurden im Streitjahr 1985 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt.

Im April 1984 erwarb der Kläger als Erbe im Wege der Gesamtrechtsnachfolge ein im Jahre 1911 erbautes Einfamilienhaus, das bis dahin von der Erblasserin selbst genutzt worden war. Bevor die Kläger am 1. Mai 1985 selbst das Haus bezogen, ließen sie im wesentlichen folgende Arbeiten durchführen:

"Untergeschoß:

- Sanierung der verfaulten Böden und 'salpetrigen Wände';

- Zumauern von zwei Kellerfenstern;

- Einrichtung einer Sauna mit Liegeraum;

Erdgeschoß:

- Entfernen einer Wand zwischen Eß- und Wohnbereich;

- Einziehen eines Eisenträgers zwischen Eß- und

Wohnbereich;

- Verbreitern der Terrassentür und Ersetzen durch eine

Schiebetür;

- Zumauern einer Tür von der Diele zur Küche und

Schaffung eines neuen Küchenzuganges an anderer Stelle;

- Zumauern einer Eßzimmertür und Durchreiche von der

Küche;

- Zumauern von zwei Wohnungsfenstern;

- Zumauern eines offenen Wandstückes an der Außentreppe;

Obergeschoß:

- Einbau einer Installationswand im Bad;

- Versetzen einer Badezimmerwand um ca. 46 cm;

- Einbau einer Duschkabine sowie einer Badewanne;

- Zumauern eines Fensters an der Ostseite;

- Entfernung zweier alter Holzgeländer am Balkon und

Ersetzen durch Glaswände;

- Abdeckung des Westbalkons in halber Länge und

Stillegung dieses Teiles;

Dachgeschoß:

- Mauern einer Wand im Bad als vorgezogener Abschluß zur

Dachschräge;

- Verkleidung des Kamins aus baurechtlichen Gründen;

- Entfernung einer Wand zwischen Wohn- und Schlafraum

sowie Errichtung einer kleinen Mauer als Abschluß zur

Dachschräge;

- Einbau eines größeren Fensters an der Ostseite;

- Zumauern einer Tür."

Daneben wurden im ganzen Haus die elektrischen und sanitären Installationen erneuert, ebenso das Dach und der Außenputz. Neue Fenster und Türen wurden eingebaut und die Heizungsanlage neu installiert und vergrößert. Im Erdgeschoß und im Obergeschoß wurden teilweise neue Estrichböden verlegt. Teppichböden wurden in den Bereichen Eß- und Wohnraum des Erdgeschosses, Schlaf- und Arbeitszimmer sowie der Diele des Obergeschosses erneuert.

Im Dachgeschoß war bisher ein beheiztes Gästezimmer mit fließendem warmen und kalten Wasser vorhanden. Die Wohnfläche betrug bisher 14,79 qm und wurde aufgrund der Baumaßnahmen unter Einbeziehung des bisherigen Speicherraums auf 36,15 qm (einschließlich Flur) erweitert.

Der Gesamtaufwand für die Maßnahmen belief sich auf folgende Beträge:

1984 lt. Erklärung 66 725,00 DM

1985 lt. Schriftsatz vom 20. März 1985

bis 30. April 1985 320 697,00 DM

ab 1. Mai 1985 54 660,32 DM

442 082,32 DM

Im Jahre 1985 haben die Kläger ferner 63 371,86 DM für den Dachausbau aufgewandt.

Die Aufwendungen des Jahres 1984 zog der Beklagte und

Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erklärungs- und

antragsgemäß in Höhe von 1/3 mit 22 242 DM als Werbungskosten

bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ab. Die

Instandhaltungsaufwendungen des Jahres 1985 berücksichtigte

das FA nicht, weil es der Meinung war, daß es sich dabei

insgesamt um Herstellungskosten handele. Auch die beantragte

erhöhte Absetzung nach § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG)

in Höhe von 10 000 DM gewährte das FA nicht. Es ließ nur eine

Absetzung von den auf 50 000 DM geschätzten Aufwendungen für

den Dachausbau zu, das sind 2 500 DM.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung der §§ 7b und 9

Abs. 1 EStG sowides § 82b der

Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV).

Die Kläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und die

Einkommensteuer 1985 unter Berücksichtigung der geltend

gemachten Erhaltungsaufwendungen und deren Verteilung gemäß §

82b EStDV auf drei Jahre entsprechend herabzusetzen und

hilfsweise, die Einkommensteuer 1985 unter Berücksichtigung

von erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG in Höhe von 10 000 DM

herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Das finanzgerichtliche Urteil ist gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Das FG hat bei der Zuordnung der streitigen Aufwendungen § 9 Abs. 1 EStG und § 255 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches (HGB) verletzt.

1. Das FG ist zunächst zu Recht davon ausgegangen, daß die Kläger grundsätzlich Aufwendungen des Jahres 1985 als vorab entstandene Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 2 EStG in vollem Umfang geltend machen können, soweit es sich nicht um Herstellungskosten handelt (dann nur zeitanteilige Absetzungen für Abnutzung --AfA--) und die Baumaßnahmen vor der Selbstnutzung des Hauses durch die Kläger (ab 1. Mai 1985) ausgeführt wurden (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. Januar 1979 VIII R 130/74, BFHE 127, 367, BStBl II 1979, 431, und vom 3. Mai 1994 IX R 16/91, BFH/NV 1994, 854).

2. Das FG hat ferner zutreffend die Kosten der streitigen Baumaßnahmen nicht deshalb als Herstellungskosten beurteilt, weil sie in zeitlicher Nähe zum Erwerb des Grundstücks durch den Kläger aufgewendet wurden. Die Grundsätze des sog. anschaffungsnahen Aufwands gelten jedenfalls dann nicht, wenn der Steuerpflichtige im Wege der Gesamtrechtsnachfolge ein Grundstück in vollem Umfang unentgeltlich erwirbt. Ob dies für den unentgeltlichen Erwerb im allgemeinen gilt, und ob der Senat uneingeschränkt an seinem Urteil vom 9. Mai 1995 IX R 5/93 (BFHE 178, 40, BStBl II 1996, 588, sog. Nichtanwendungserlaß des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 5. November 1996 IV B 3 -S 2211- 78/95, BStBl I 1996, 1258) festhält, kann im Streitfall offenbleiben. Im Unterschied zum teilentgeltlichen Erwerb geht beim Erbfall das Vermögen des Erblassers (Erbschaft) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--) als Ganzes auf den Erben über. Der BFH vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, der Gesamtrechtsnachfolger trete materiell-rechtlich in die steuerrechtliche Stellung des Rechtsvorgängers ein (BFH-Urteil vom 22. September 1993 X R 107/91, BFHE 172, 362, BStBl II 1993, 874, m.w.N.). Dies gilt jedenfalls dann, wenn nicht persönliche Eigenschaften oder Umstände des Steuerpflichtigen, sondern objektiv gegebene tatsächliche Verhältnisse zu beurteilen sind. Als solche Verhältnisse sind die tatsächlichen Voraussetzungen anzusehen, nach denen sich entscheidet, ob Herstellungskosten i.S. des § 255 Abs. 2 HGB vorliegen. Bestätigt wird diese Auffassung durch die Regelung in § 11d Abs. 1 EStDV, wonach bei unentgeltlichem Erwerb sich die AfA nach den Herstellungskosten des Rechtsvorgängers bemessen. Ob die Voraussetzungen für die Annahme sog. anschaffungsnahen Aufwands vorliegen, ist danach nicht nach den Verhältnissen des Gesamtrechtsnachfolgers, sondern nach denen des Rechtsvorgängers zu beurteilen. Im Streitfall wurden die streitigen Aufwendungen nicht in zeitlicher Nähe zur Anschaffung des Einfamilienhauses (vgl. BFH in BFHE 178, 40, BStBl II 1996, 588, unter 2. a) durch den Erblasser gemacht.

3. Das FG ist zu Unrecht der Ansicht, daß die streitigen Aufwendungen insgesamt als Herstellungskosten zu werten seien, weil das Gebäude einer sog. Generalüberholung unterzogen worden sei und ferner, weil das Gebäude über seinen bisherigen Zustand hinaus eine wesentliche Verbesserung erfahren habe; bei den Baumaßnahmen handele es sich nicht lediglich um die üblichen Modernisierungsmaßnahmen.

a) Die Auffassung, es lägen Herstellungskosten vor, weil die Baumaßnahmen den Charakter einer sog. Generalüberholung haben, ist nicht mit § 255 Abs. 2 HGB vereinbar. Der große Umfang der Baumaßnahmen und die Höhe der Aufwendungen allein haben nicht zur Folge, daß Herstellungskosten gegeben sind (BFH-Urteil vom 9. Mai 1995 IX R 116/92, BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632, zu 3. b). Ob Aufwendungen Herstellungskosten sind, richtet sich allein danach, ob und inwieweit die Voraussetzungen des § 255 Abs. 2 HGB erfüllt sind. Diese Vorschrift gilt auch für das Steuerrecht, u.a. für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (BFH-Beschluß vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, 476, BStBl II 1990, 830, unter C. III. 1. c dd, und BFH-Urteil vom 10. Mai 1995 IX R 62/94, BFHE 178, 46, 48, BStBl II 1996, 639; ferner Urteil vom 16. Juli 1996 IX R 34/94, BFHE 181, 50, BStBl II 1996, 649).

b) Das FG ist grundsätzlich zu Recht davon ausgegangen, daß Herstellungskosten gemäß § 255 Abs. 2 HGB gegeben sind, wenn ein Vermögensgegenstand --hier das Gebäude der Kläger-- erweitert wird. Bei einem Gebäude ist eine Erweiterung u.a. gegeben, wenn seine Substanz vermehrt, seine nutzbare Fläche vergrößert wird oder wenn Bestandteile eingebaut werden, die bisher nicht vorhanden waren (BFH-Urteil vom 19. September 1995 IX R 37/93, BFHE 178, 425, BStBl II 1996, 131), z.B. wenn neuer Wohnraum durch einen Anbau (vgl. BFH-Urteil in BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632, unter Hinweis auf § 17 Abs. 2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes), den Ausbau eines Dachgeschosses (BFH-Urteil vom 9. Mai 1995 IX R 69/92, BFHE 178, 36, BStBl II 1996, 630; ähnlich BFH-Urteile vom 9. Mai 1995 IX R 88/90, BFHE 178, 32, BStBl II 1996, 628, und vom 19. Dezember 1995 IX R 88/93, BFH/NV 1996, 537), oder den Ausbau eines Lichthofes geschaffen wird (BFH-Urteil vom 9. Mai 1995 IX R 2/94, BFHE 178, 42, BStBl II 1996, 637). Danach ist eine Erweiterung dann --und nur dann-- gegeben, wenn sie eine Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes zur Folge hat. Trotz des Einbaus neuer Bestandteile hat der BFH daher nachträgliche Herstellungskosten verneint, wenn die Funktion des eingebauten Gegenstandes im wesentlichen derjenigen entsprach, die der ausgetauschte oder erweiterte Gegenstand hatte (z.B. beim Ersetzen von Dachflachfenstern durch Dachgauben, BFH-Urteil vom 19. Juli 1985 III R 170/80, BFH/NV 1986, 24; anders wenn damit neuer Wohnraum geschaffen wird, vgl. BFH in BFHE 178, 32, BStBl II 1996, 628, und in BFHE 178, 42, BStBl II 1996, 637) oder das Verkleiden von balkonähnlichen Wohnungszugängen mit Eternit und Glas (BFH-Urteil vom 24. Februar 1981 VIII R 122/89, BFHE 133, 41, BStBl II 1981, 468). So führt auch im Streitfall das Zumauern von Türen oder Fenstern nicht schon deshalb zu Herstellungskosten, weil etwas eingebaut wurde, das bisher nicht vorhanden war. Der Senat kann jedoch aufgrund der Feststellungen des FG nicht abschließend entscheiden, ob die Baumaßnahmen --mit Ausnahme des unstreitig als Erweiterung zu behandelnden Dachgeschoßausbaus-- zu einer Erweiterung des Gebäudes i.S. des § 255 Abs. 2 HGB geführt haben.

c) Herstellungskosten gemäß § 255 Abs. 2 HGB sind ferner gegeben, wenn die Baumaßnahmen eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung des Vermögensgegenstandes (des Hauses) zur Folge haben. Was unter einer wesentlichen Verbesserung i.S. des § 255 Abs. 2 HGB zu verstehen ist, hat der erkennende Senat u.a. im Urteil in BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632, zu I. 3. b näher ausgeführt. Danach muß durch die Baumaßnahmen nach objektiven Maßstäben der Gebrauchswert des Hauses als Ganzes deutlich erhöht worden sein. Das ist noch nicht allein deshalb der Fall, weil hohe Aufwendungen getätigt oder eine werterhöhende Modernisierung durchgeführt wurde, die z.B. einem Wohnaus den modernen Wohnkomfort wiedergibt, der dem ursprünglichen entspricht, m.a.W. wenn es den Zeitumständen angepaßt wird (BFH-Urteil in BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632, zu I. 3. b aa). Die Baumaßnahmen müssen darüber hinausgehen. Eine wesentliche Verbesserung des Hauses i.S. des § 255 Abs. 2 HGB ist nur dann gegeben, wenn durch die Baumaßnahmen vorhandener Raum einer maßgebend höherwertigen Nutzung zugeführt wird (BFH-Urteile in BFHE 178, 36, BStBl II 1996, 630, und in BFHE 177, 454, 460, BStBl II 1996, 632; vgl. auch Knop/Küting, in: Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, Bd. I a, 4. Aufl. Stuttgart 1995, § 255 Rn. 379: "zusätzliches Nutzungspotential"; Rn. 381: "wesentlich verändert").

Aus den vom FG festgestellten Baumaßnahmen ist jedoch nicht erkennbar, ob das Gebäude dadurch im o.a. Sinne wesentlich verbessert wurde. Das Zumauern einiger Fenster und Türen und die Erweiterung anderer, die Entfernung oder das Versetzen von Zwischenwänden muß den objektiven Gebrauchswert des Hauses nicht erhöhen. Auch wenn die Baumaßnahmen --wie das FG allgemein festgestellt hat-- über eine bloße Modernisierung hinausgehen, ergibt sich daraus noch keine objektive und wesentliche Erhöhung des Nutzungswerts in der oben beschriebenen Weise. Das FG bezieht sich schließlich ausdrücklich auf die Erneuerung der Heizung, der Strom- und Wasserinstallationen sowie der Sanitärgegenstände, den Austausch der Rolläden und Fenster, der Dachneueindeckung und der Erneuerung des Außenputzes. Das sind jedoch typische Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die auch dann nicht Herstellungskosten werden, wenn sie umfangreich sind und zu einer Werterhöhung des Hauses geführt haben (BFH-Urteil in BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632, zu I. 3. b aa).

Die nicht spruchreife Sache ist gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO an das FG zurückzuverweisen. Im zweiten Rechtszug wird das FG zu prüfen haben, ob entsprechend den durch die neuere Rechtsprechung des Senats (insbesondere Urteil in BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632) aufgestellten Kriterien die Baumaßnahmen eine wesentliche Verbesserung des Gebäudes bewirkt haben.

Zu beachten ist ferner, daß die Kosten einzelner Baumaßnahmen, die für sich gesehen Erhaltungsmaßnahmen sind, den Herstellungskosten insoweit zugeordnet werden müssen, als sie durch die Herstellungsmaßnahmen bautechnisch bedingt sind. Das gilt auch dann, wenn sie unabhängig von den Herstellungsmaßnahmen angefallen wären, z.B. das Dach hätte repariert werden müssen, wenn es nicht ausgebaut worden wäre (BFH in BFHE 181, 50, BStBl II 1996, 649; a.A. Scharfenberg, Deutsches Steuerrecht 1997, 473, 478); zu berücksichtigen sind nicht mögliche Aufwendungen, sondern tatsächlich angefallene Aufwendungen nach Maßgabe ihrer konkreten Veranlassung. Die Ermittlung der Herstellungskosten des Dachausbaus durch Aufteilung der gesamten Kosten im Verhältnis der Nutzflächen findet im Gesetz keine Grundlage.

Im übrigen können Kosten für Baumaßnahmen auch dann Erhaltungsaufwendungen sein, wenn sie gleichzeitig mit Herstellungsmaßnahmen durchgeführt wurden. Sie sind von den Herstellungskosten ggf. im Wege der Schätzung zu trennen (BFH-Urteile in BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632, und in BFHE 181, 50, BStBl II 1996, 649; vgl. auch Schreiben des BMF vom 16. Dezember 1996 IV B 3 -S 2211- 69/96, BStBl I 1996, 1442, unter II.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 66315

BFH/NV 1998, 108

BFH/NV 1998, 108-110 (Leitsatz und Gründe)

BStBl II 1997, 802

BFHE 183, 470

BFHE 1998, 470

BB 1997, 2366 (Leitsatz)

DB 1997, 2306-2308 (Leitsatz und Gründe)

DStR 1997, 1803-1805 (Leitsatz und Gründe)

DStRE 1997, 912 (Leitsatz)

DStZ 1998, 57 (Leitsatz und Gründe)

HFR 1998, 97

StE 1997, 705 (Leitsatz)

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