Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

5 Abs. 5 StAnpG (zur steuerlichen Behandlung nichtiger und anfechtbarer Rechtsgeschäfte) berührt die Gewinnermittlung nach ßß 4, 5 EStG nicht.

 

Normenkette

StAnpG § 5; EStG §§ 4-5

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) hat die Grundstücke und das Inventar, mit denen sie zuvor selbst ein Unternehmen betrieben hatte, seit 1949 an eine gleichnamige GmbH verpachtet, deren Stammkapital sich mit Ausnahme einiger eigener Anteile der GmbH in den Händen ihrer Gesellschafter befindet. Durch Vertrag vom 31. Dezember 1954 verpflichtete sich die GmbH, der Bfin. die jeweils fälligen Ratenzahlungen auf die Kreditgewinnabgabe abzunehmen und ihr die bereits gezahlten Beträge zu erstatten. Dementsprechend schrieb die GmbH der Bfin. am 31. Dezember 1954 3 982,50 DM gut. Die Bfin. verteilte den Betrag je zur Hälfte auf die Kapitalkonten ihrer Gesellschafter erfolgsneutral. Das Finanzamt erblickte in der Gutschrift eine verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH an ihre Gesellschafter und erhöhte im Feststellungsbescheid den Gewinn der Bfin. um diesen Betrag. Nachdem das Finanzamt den Einspruch der Bfin. als unbegründet zurückgewiesen hatte, wurde durch übereinstimmende Gesellschafterbeschlüsse beider Gesellschaften am 9. Oktober 1956 der übernahmevertrag vom 31. Dezember 1954 rückgängig gemacht. Einen Antrag der Bfin., die übernahme ihrer Kreditgewinnabgabe durch die GmbH zu genehmigen, hat das Finanzamt abgelehnt, weil die Voraussetzungen des § 185 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) nicht gegeben seien (entgeltliche übernahme eines Betriebs- oder Teilbetriebsvertragsabschlusses nach Inkrafttreten des LAG).

Ihre Berufung begründete die Bfin. damit, daß nach § 119 BGB der Vertrag vom 31. Dezember 1954 angefochten und unwirksam gewesen sei. Die vertragschließenden Gesellschaften hätten sich über die steuerlichen Folgen ihrer Erklärungen im Irrtum befunden. Die Anfechtung sei durch die Gesellschafterbeschlüsse vom 9. Oktober 1956 erfolgt. Infolgedessen müsse gemäß § 5 Abs. 4 und 5 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) der Gewinnfeststellungsbescheid, soweit er auf dem rückgängig gemachten Vertrag beruhe, geändert werden.

Das Finanzgericht wies die Berufung als unbegründet zurück. Es verneinte die Anfechtbarkeit des Vertrages aus § 119 BGB, weil der Irrtum der Bfin. sich nur auf die mittelbaren steuerlichen Folgen des Rechtsgeschäfts bezogen habe. Im übrigen sei der Tatbestand, an den sich die Steuerforderung knüpfe, bereits mit der Zahlung der strittigen Beträge verwirklicht worden und könne nicht mit steuerlicher Wirkung wieder rückgängig gemacht werden.

Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) wird geltend gemacht, die steuerlichen Folgen des übernahmevertrages seien so bedeutsam, daß die Beteiligten den Vertrag bei deren Kenntnis nicht geschlossen hätten. Ihr Irrtum könne nicht, als für die Anfechtung nach § 119 BGB belanglos, weil auf Nebenfolgen bezüglich, abgetan werden. Von der Anfechtung wegen Irrtums abgesehen, sei der Vertrag auch unwirksam, weil beide Gesellschaften von Voraussetzungen ausgegangen seien, die nicht vorgelegen hätten. Die beabsichtigte steuerliche Entlastung der Bfin. hinsichtlich der Kreditgewinnabgabe sei nicht eingetreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Vertrag vom 31. Dezember 1954 für die Bfin. nach § 119 BGB wegen Irrtums anfechtbar war oder ihm infolge Vorstellungen beider Vertragschließender über seine steuerlichen Folgen die subjektive Vertragsgrundlage gefehlt hat (Staudinger, 11. Auflage, Anm. 58 zu § 119 BGB). Denn es kann der Bfin. darin nicht gefolgt werden, daß die am 9. Oktober 1956 beschlossene Aufhebung dieses Vertrages zu einer änderung des angefochtenen Feststellungsbescheides nach § 5 Abs. 5 StAnpG führt.

In der Entscheidung III A 226/35 vom 9. Januar 1936 (RStBl 1936 S. 116, Slg. Bd. 39 S. 14) hat der Reichsfinanzhof dargelegt, daß diese Bestimmung die Einheitsbewertung und Vermögensteuer nicht berühre. Wenn auch die Eingangsworte des § 5 Abs. 5 StAnpG sich auf alle Fälle der Absätze 3 und 4 zu beziehen schienen, so würde doch deren Geltungsbereich im Nachsatz zu Satz 1 insofern wieder eingeschränkt, als nur solche Steuerfestsetzungen und Steuerfeststellungen zurückzunehmen oder zu ändern seien, die auf Grund des nichtigen oder anfechtbaren Rechtsgeschäfts erfolgt seien. Die Vermögensteuer würde aber nicht auf Grund eines Rechtsgeschäfts festgesetzt, sondern habe lediglich die durch ein Rechtsgeschäft erworbenen Wirtschaftsgüter zum Gegenstand. Hübschmann-Hepp-Spitaler (Anm. 8 zu § 5 StAnpG) folgern aus dieser Entscheidung, daß die für die Anfechtung eines Rechtsgeschäfts vorgesehene Rückwirkung die laufend veranlagten Steuern nicht berühre, sondern sich auf solche Steuern beschränke, die wie die Erbschaftsteuer und andere Verkehrsteuern an das nichtige oder anfechtbare Rechtsgeschäft unmittelbar anknüpfen. Der Vermögensteuer müsse nach den Grundsätzen der ßß 4 bis 7, 17 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes das Vermögen so zugrunde gelegt werden, wie es sich nach dem am Stichtag gegebenen Tatbestand dargestellt habe (vgl. auch Riewald, Anm. 4 zu § 5 StAnpG). Was hier für die Vermögensteuer dargelegt ist, muß auch für das Bilanzsteuerrecht gelten. Auch hier muß, worauf das Finanzgericht zutreffend hingewiesen hat, sich die steuerliche Beurteilung nach dem Tatbestand richten, wie er im Streitjahr von den Parteien tatsächlich gestaltet worden ist. Im Jahre 1954 haben die Beteiligten den angefochtenen Vertrag ihren Handlungen tatsächlich zugrunde gelegt. Auf ihm beruht die Bilanz der Bfin. vom 31. Dezember 1954.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409307

BStBl III 1959, 250

BFHE 1959, 658

BFHE 68, 658

BB 1959, 620

DB 1959, 587

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