Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Voraussetzungen eines Nutzungsrechts bei Verwendungen auf fremdes (Mit-)Eigentum

 

Leitsatz (NV)

Tätigt der Miteigentümer nach Bruchteilen/Mieter mit Zustimmung des Miteigentümers/Eigentümers im eigenen Namen und für eigene Rechnung Verwendungen auf die Sache, so wird er grundsätzlich nicht wirtschaftlicher Eigentümer des dem (Mit-)Eigentümer zivilrechtlich gehörenden Eigentumsanteils. Das Einverständnis des (anderen) (Mit-)Eigentümers rechtfertigt allenfalls die Annahme eines ,,Nutzungsrechts". Die Zurechnung eines Nutzungsrechts setzt jedenfalls voraus, daß der auf dem fremden (Mit-)Eigentum bauende Steuerpflichtige die auf dessen Eigentum entfallenden Aufwendungen getragen hat.

 

Normenkette

AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1; EStG § 4 Abs. 1, 4; BGB § 951 i.V.m. § 812

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Sie wurden im Streitjahr 1977 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt.

Im Jahre 1965 hatten die Kläger als Miteigentümer je zur Hälfte ein Schleppschiff (1257t) zum Kaufpreis von 137500 DM erworben. Sie ließen das Schiff mit einem Aufwand von 350000 DM zu einem Motorfrachtschiff (1321t) umbauen. Vertragspartner des Kaufvertrages, des Umbauvertrages und der in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Finanzierungsgeschäfte waren jeweils beide Ehegatten.

Am 2. Januar 1966 vereinbarten die Kläger folgendes:

,,1. (Die Klägerin) überläßt ihrem Ehemann ihre Miteigentumshälfte an dem Schiff ,MS X.

2. Die Überlassung erfolgt gegen Erstattung der Kosten, und zwar in der Weise, daß (der Kläger) die gesamten Aufwendungen, d.h. also auch die Kosten für die Hälfte der Überlasserin, trägt. Die Abschreibung ist ebenfalls von ihm zu tragen."

In der Folgezeit betrieb der Kläger mit der ,,MS X" als Einzelunternehmer die Frachtschiffahrt. In seinen Bilanzen bis zum Jahre 1976 (einschließlich) wies er Schiff und durch den Umbau entstandene ,,weitere Wirtschaftsgüter" (Schiffsaufbau, Motor, Ruderanlage, Propeller, Schiffseinrichtung, Radarsignal, Radargerät) mit den gesamten Anschaffungs- und Herstellungskosten aus.

Zum 1. Januar 1977 buchte der Kläger ,,die Schiffshälfte der Ehefrau" einschließlich der ,,dazugehörigen Wirtschaftsgüter" erfolgsneutral aus, da der Ansatz in der Bilanz insoweit nicht den bürgerlich-rechtlichen Eigentumsverhältnissen entsprochen habe. Die ihm gehörende Schiffshälfte überführte er zum 31. Dezember 1977 in das Privatvermögen. ,,Unter Zurückbehaltung der eigenen Schiffshälfte" übertrug er sein Einzelunternehmen zum 1. Januar 1978 auf seine Ehefrau (die Klägerin). Den Wert des Schiffes bezifferte ein Sachverständiger auf 265000 DM. Der Kläger ermittelte einen Veräußerungs- bzw. Entnahmegewinn in Höhe von 99483 DM. Er verpachtete seine Schiffshälfte an die Ehefrau. Ab dem 1. Januar 1978 war er als Angestellter in deren Unternehmen tätig.

Nach einer Außenprüfung erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) eine erfolgsneutrale Ausbuchung nur in bezug auf ,,die ursprüngliche Schiffshälfte" der Ehefrau an. Soweit die Kläger darüber hinaus gemeinsam das Schiff umgebaut hatten, seien diese Wirtschaftsgüter dem Kläger unter dem Gesichtspunkt eines Nutzungsrechts zuzurechnen. Das FA bezifferte den Entnahmewert der auf den Kläger entfallenden Schiffshälfte einschließlich eines dem Kläger zustehenden ,,Nutzungsrechts an den Einbauten" mit 254277 DM und den Entnahme-/Veräußerungsgewinn mit 143663 DM. Der Einspruch gegen den entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheid für 1977 blieb ohne Erfolg.

Mit der hiergegen erhobenen Klage machten die Kläger geltend, das FA habe zu Unrecht die Schiffshälfte der Ehefrau und die Um- und Aufbauten dem Kläger unter den Gesichtspunkten eines Nutzungsrechts bzw. des wirtschaftlichen Eigentums zugerechnet. Sie hätten den Aufwand gemeinsam getätigt. Dementsprechend sei auch die Ehefrau Miteigentümerin ,,ihrer Schiffshälfte" geworden. Diese Hälfte habe der Ehemann aufgrund des Pachtvertrages vom 2. Januar 1966 genutzt. Ohne Bedeutung sei, daß der Kläger in der Zeit von 1965 bis 1977 die Tilgungsanteile der Ehefrau übernommen habe. Dies sei eine zwar nicht förmlich vereinbarte, aber tatsächlich gewollte und durchgeführte Schenkung gewesen.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage in diesem - mit der Revision einzig noch angefochtenen - Punkte abgewiesen. Das FA habe bei der Berechnung des Entnahmegewinns zum 31. Dezember 1977 zu Recht auch die Differenz zwischen dem Buch- und Teilwert ,,des Nutzungsrechts" der Besteuerung unterworfen. Das immaterielle Wirtschaftsgut ,,Nutzungsrecht" sei entgeltlich erworben worden; denn nach dem Pachtvertrag habe der Kläger ,,als Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung die gesamten Kosten bzw. Aufwendungen für das Schiff zu tragen" gehabt. Die Klägerin habe ein Interesse an der Freistellung von ihren eingegangenen Verpflichtungen gehabt. Der Kläger habe infolge des Pachtvertrages vom 2. Januar 1966 die Schiffshälfte seiner Ehefrau einschließlich der Um- und Aufbauten für seinen Betrieb unmittelbar nutzen können. Mangels anderweitiger vertraglicher Regelung habe die Klägerin das Pachtverhältnis nur unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist (§§ 581 Abs. 2, 565 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) kündigen können. Damit habe der Kläger eine gesicherte Rechtsposition innegehabt. Soweit er vortrage, die Übernahme der Kosten im Vertrag vom 2. Januar 1966 habe nicht die Tilgungsleistungen umfaßt, weil er diese seiner Ehefrau geschenkt habe, sei dem nicht zu folgen. Die Vereinbarung vom 2. Januar 1966 habe die Kostentragung im Innenverhältnis abschließend geregelt. Entgegen der Auffassung des Klägers habe das Nutzungsrecht auch nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) voll abgeschrieben werden können; die Schiffshälfte habe ihren eigenständigen Marktwert behalten.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts und mangelnde Sachaufklärung. Sie tragen u.a. vor, das gesamte Schiff und der gesamte Umbau seien hinsichtlich der Hälfte der Ehefrau in den Bilanzen irrtümlich aktiviert worden. Zum 1. Januar 1977 sei dieser Fehler berichtigt worden. Die Klägerin selbst habe ihr Eigentumsrecht behalten und ab dem 1. Januar 1978 auch ausgeübt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt in dem durch den Tenor bezeichneten Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Zu Unrecht hat das FG entschieden, daß der Kläger ein den Schiffsumbau - soweit dieser im Eigentum der Klägerin stand - betreffendes Nutzungsrecht hatte, das mit seinem gemeinen Wert in Höhe der Ausgleichsforderung gegenüber der Miteigentümerin (vgl. - zum ,,Wegfall des Nutzungsrechts" - Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11.Dezember 1987 III R 188/81, BFHE 152, 125, 128, BStBl II 1988, 493; vom 17. März 1989 III R 58/87, BFHE 157, 83, BStBl II 1990, 6) in die Vergleichsrechnung des § 16 Abs. 2 und 3 EStG eingehen könnte.

a) Die Kläger waren als Miteigentümer je zur Hälfte in das Schiffsregister eingetragen worden. Nach den Feststellungen des FG, die für den Senat bindend sind (§ 118 Abs. 2 FGO), ist der ,,Umbauvertrag" von beiden Eheleuten abgeschlossen worden. Der Senat geht davon aus, daß durch diesen Umbauvertrag der ,,Schiffsaufbau" und die ,,weiteren Wirtschaftsgüter" geschaffen bzw. erworben worden sind.

b) Das FG ist in Übereinstimmung mit den Beteiligten davon ausgegangen, daß der Vertrag vom 2. Januar 1966 eine Verpflichtung zur Nutzungsüberlassung, keine - formlos mögliche - Verpflichtung zur Übertragung des Miteigentums enthielt. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

c) Mit der Annahme eines rechtlich gesicherten Nutzungsrechts hebt das FG offensichtlich ab auf die Grundsätze über die steuerrechtliche Behandlung von Aufwendungen auf fremdes (Mit-)Eigentum. Diese Grundsätze sind zu den Problemkreisen ,,Bauen auf fremden Grund und Boden" und ,,Mietereinbauten" entwickelt worden. Hiernach gilt folgendes: Baut der Miteigentümer nach Bruchteilen/Mieter eines Grundstücks mit Zustimmung des Miteigentümers/Eigentümers im eigenen Namen und für eigene Rechnung, so wird er grundsätzlich nicht wirtschaftlicher Eigentümer des dem (Mit-)Eigentümer zivilrechtlich gehörenden Anteils am Grundstück und Gebäude. Das Einverständnis des (anderen) Miteigentümers rechtfertigt allenfalls die Annahme eines ausdrücklich oder stillschweigend vereinbarten ,,Nutzungsrechts". Dieses Recht ist in seinem sachlichen Gehalt der Verwendungsersatzanspruch nach § 951 BGB, der dem Bauenden gegen den Eigentümer zusteht, sofern dessen Bereicherung keine Schenkung zugrunde liegt (BFH-Urteil vom 10. August 1984 III R 98/83, BFHE 142, 90, 92, BStBl II 1984, 805; Senatsurteil vom 6. März 1991 X R 6/88, BFH/NV 1991, 525, m.w.N.).

Der Senat neigt der Auffassung zu, daß diese Grundsätze auch für den Aus- und Umbau von Schiffen gelten, braucht dies aber nicht abschließend zu entscheiden. Die Zurechnung eines Nutzungsrechts setzt jedenfalls, bezogen auf den Streitfall, voraus, daß der auf dem Miteigentumsanteil des Ehegatten bauende Steuerpflichtige die auf dessen Anteil entfallenden Herstellungskosten getragen hat (vgl. Urteil in BFHE 152, 125, 127, BStBl II 1988, 493). Dem entspricht das Erfordernis, daß der Bauende die Verwendung (Herstellungskosten) auf eigene Rechnung tätigt (vgl. auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 3. Mai 1985, BStBl I 1985, 188, betreffend die ertragsteuerrechtliche Behandlung von zum Anlagevermögen gehörenden Nutzungsrechten, die durch Baumaßnahmen des Nutzungsberechtigten entstanden sind; Einkommensteuer-Richtlinien 1990 Abschn. 14 Abs. 1 Satz 6; Schmidt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 11.Aufl., § 5 Anm.31 ,,Mietereinbauten und -umbauten"). Dementsprechend hat die Rechtsprechung das Bestehen eines unentgeltlich erworbenen Nutzungsrechts verneint, wenn die Verwendungen auch von dem Miteigentümer auf- gebracht worden sind (BFH-Urteil vom 7. November 1991 IV R 57/90, BFHE 165, 545, BStBl II 1992, 141 unter 1. am Ende).

Hierbei kann es nicht darauf ankommen, ob dieser eigene oder vom anderen Ehegatten zugewendete Mittel aufgewendet hat (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 1990 IV R 300/84, BFHE 162, 86, BStBl II 1991, 82).

d) Die Anwendung dieser Grundsätze scheitert vorliegend bereits daran, daß der Kläger den Umbau/Aufbau des Schiffes, soweit seine Ehefrau Miteigentümerin durch Verbindung (§ 94 BGB) wurde, nicht aufeigene Rechnung vorgenommen hat. Das FG hat festgestellt, daß die Ehefrau Vertragspartei des Umbauvertrages gewesen ist, insofern also im eigenen Namen gehandelt hat, und daß die Vereinbarung vom 2. Januar 1966 die Kostentragung im Innenverhältnis abschließend geregelt habe. Der Umbau ist auf ihre Rechnung vorgenommen worden; anders wäre nicht verständlich, daß der Kläger als vertragsgemäßes Entgelt für die Nutzungsüberlassung die gesamten Aufwendungen seiner Ehefrau zu tragen hatte.

An diesem Ergebnis würde sich nichts ändern, wenn der Kläger, wie er behauptet, nachträglich die seiner Ehefrau obliegenden Tilgungsleistungen schenkweise übernommen haben sollte.

e) Der Senat geht weiterhin davon aus, daß auch die ,,durch den Umbau entstandenen weiteren Wirtschaftsgüter" in gleicher Weise zumindest auch auf Rechnung der Klägerin angeschafft worden sind. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob durch die Ausstattung des Schiffes mit Schiffsteilen und zusätzlicher Ausrüstung selbständige Wirtschaftsgüter geschaffen worden sind.

f) Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger wirtschaftliches Eigentum an der seiner Ehefrau bürgerlich-rechtlich gehörenden Schiffshälfte oder an bestimmten Wertbestandteilen (Umbau bzw. ,,weitere Wirtschaftsgüter") erworben haben könnte, liegen nicht vor.

2. Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war sein Urteil in dem bezeichneten Umfang aufzuheben.

Die Sache ist nicht spruchreif. Als Aufgabegewinn ist der Betrag zu ermitteln, um den der gemeine Wert der dem Kläger bürgerlich-rechtlich gehörenden Schiffshälfte den entsprechenden Buchwert übersteigt. Diese Ermittlung wird das FG im zweiten Rechtszug nachholen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418926

BFH/NV 1993, 410

BFH/NV 1993, 411

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