Leitsatz (amtlich)

Läßt jemand ein von ihm erworbenes und parzelliertes Grundstück mit vier Einfamilienhäusern bebauen, um diese anschließend an mehrere Erwerber zu veräußern, so liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 1; GewStDV § 1 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Revisionskläger (Steuerpflichtige), ein Architekt, kaufte im September 1964 ein unbebautes Grundstück mit einer Fläche von 2702 qm zum Preis von 200 000 DM. Er parzellierte das Grundstück, errichtete darauf vier Einfamilienhäuser und veräußerte die bebauten Grundstücke nach Abnahme durch die Baubehörde im Dezember 1965 an vier Erwerber zum Preis von 859 153 DM weiter. Hierbei erzielte er einen Reingewinn von 72 495 DM.

Der Revisionsbeklagte (das FA) betrachtete den Erwerb des Grundstücks, seine Bebauung und die Veräußerung der bebauten Parzellen als gewerbliche Betätigung und zog den Steuerpflichtigen mit dem hieraus erzielten Gewinn für das Jahr 1965 zur Gewerbesteuer heran.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Das FG führte zur Begründung seiner Entscheidung aus:

Die Tätigkeit des Steuerpflichtigen müsse als Betrieb eines Gewerbes angesehen werden. Denn der Steuerpflichtige habe sich selbständig, nachhaltig und mit Gewinnerzielungsabsicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt, ohne daß es sich bei seiner Tätigkeit um die Ausübung eines freien Berufs oder einer anderen selbständigen Arbeit gehandelt habe (§ 1 Abs. 1 Satz 1 GewStDV). Es habe auch keine bloße Vermögensverwaltung vorgelegen. Die Abgrenzung gewerblicher Betätigung zur bloßen Vermögensverwaltung sei im Fall des planmäßigen Erwerbs eines Grundstücks, seiner Parzellierung, Bebauung und Wiederveräußerung von dem Umfang des Objekts abhängig. Die Errichtung und Veräußerung von vier Einfamilienhäusern sei "in Anbetracht der Gesamtplanung und der gezielten Durchführung des Bauvorhabens" als eine nachhaltige, die Annahme eines Gewerbebetriebs begründende Tätigkeit anzusehen. Die nach der Berechnung des Steuerpflichtigen in den Verkaufserlösen enthaltenen Architektenhonorare in Höhe von 38 000 DM könnten auch nicht ausgesondert und den Einkünften aus selbständiger Arbeit zugerechnet werden. Eine freiberufliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen hätte nur dann angenommen werden können, wenn sich der Steuerpflichtige auf den Entwurf und die Überwachung der zu errichtenden Bauten beschränkt hätte. Er habe aber Planung und Ausführung der Bauten in einem übernommen und die schlüsselfertigen Häuser zu festen Preisen verkauft. In einem solchen Fall sei eine Aufteilung in Architektenleistung und gewerbliche Leistung nach der Verkehrsauffassung nicht möglich.

Mit seiner Revision läßt der Steuerpflichtige vortragen, eine gewerbliche Tätigkeit könne im vorliegenden Fall wegen des geringen Umfangs des Objekts nicht angenommen werden. Der Erwerb eines Grundstücks und die hieran anschließende Errichtung und Veräußerung von nur vier Einfamilienhäusern liege im Rahmen einer normalen Vermögensanlage und -verwaltung. Die Intensität, Planmäßigkeit und Nachhaltigkeit von Grundstücksgeschäften, die der BFH im Urteil IV R 34/67 vom 16. Januar 1969 (BFH 95, 219, BStBl II 1969, 375) als Voraussetzung für die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit fordere, dürfe nur im Zusammenhang mit entsprechend großen Objekten gesehen werden. Falls man allein die Planmäßigkeit und die entsprechende Durchführung eines Grundstücksgeschäfts als entscheidend für die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit ansehe, müsse jeder Grundstückserwerb mit anschließender Bebauung und Veräußerung als Gewerbebetrieb gewertet werden. Selbst wenn man aber trotz des geringen Umfangs des Objekts im Falle des Steuerpflichtigen eine gewerbliche Tätigkeit annehme, könne der Gewinn aus der Veräußerung der Grundstücke nicht von der Gewerbesteuer erfaßt werden, weil er als Veräußerungsgewinn im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG nicht der Gewerbesteuer unterliege. Wenn man davon ausgehe, daß der Steuerpflichtige einen Gewerbebetrieb unterhalten habe, dann habe er diesen Betrieb im Zeitpunkt der Grundstücksveräußerung Ende 1965 ebenfalls veräußert. Sollte dieser Ansicht nicht gefolgt werden können, so müsse zumindest das im Verkaufserlös enthaltene Architektenhonorar in Höhe von 38 000 DM von den Einkünften aus Gewerbebetrieb abgesondert werden. Die freiberufliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen als Architekt sei gegenüber seiner übrigen Tätigkeit abgrenzbar gewesen.

Der Steuerpflichtige beantragt, das Urteil des FG, die Einspruchsentscheidung und den zugrunde liegenden Gewerbesteuermeßbescheid ersatzlos aufzuheben, hilfsweise, den Gewerbesteuermeßbetrag unter Abänderung der Vorentscheidung nach einem Gewerbeertrag in Höhe von 34 495 DM festzusetzen.

Das FA beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

1. Gewinne aus der Veräußerung von bebauten Grundstücken unterliegen der Gewerbesteuer, wenn die Grundstücksgeschäfte im Rahmen eines Gewerbebetriebs abgewickelt werden (§ 2 Abs. 1 GewStG). Unter Gewerbebetrieb ist nach § 1 Abs. 1 GewStDV eine selbständige nachhaltige Tätigkeit zu verstehen, die mit Gewinnabsicht unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs oder einer anderen selbständigen Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuerrechts anzusehen ist.

2. "Nachhaltig" im Sinne des § 1 Abs. 1 GewStDV ist eine Tätigkeit, die auf Wiederholung angelegt ist. In der Regel ist hierzu eine Mehrzahl von Einzelhandlungen auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Betätigung erforderlich (BFH-Urteil IV 313/59 U vom 23. Februar 1961, BFH 72, 533, BStBl III 1961, 194). Demnach liegt Nachhaltigkeit auch vor, wenn zwar die Tätigkeit auf einem einmaligen Beschluß beruht, die Durchführung aber mehrere Handlungen erfordert (BFH-Urteil IV R 153/66 vom 16. Februar 1967, BFH 88, 207, BStBl III 1967, 337). Im Gegensatz hierzu steht eine einmalige, ohne die Absicht der Wiederholung vorgenommene Handlung.

Der nachhaltigen Betätigung begrifflich verbunden ist die "Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr". Die fortgesetzte Veräußerung von Wirtschaftsgütern kann eine gewerbliche Tätigkeit nur begründen, wenn sich der Veräußerer mit seinen Veräußerungsabsichten an den allgemeinen Markt wendet (vgl. BFH-Urteil VI 313/62 U vom 20. Dezember 1963, BFH 78, 352, BStBl III 1964, 137).

Auf die Größe der Verkaufsobjekte kommt es hingegen für die Beurteilung, ob eine Verkaufstätigkeit nachhaltig ist, nicht an. Wird ein Haus mit einer Vielzahl von Wohnungen an einen einzigen Erwerber veräußert, so wird es in der Regel an einer nachhaltigen Betätigung fehlen. Wendet sich dagegen der Verkaufsinteressent wegen der Zahl der zu verkaufenden Objekte an den allgemeinen Markt und verhandelt er mit mehreren Verkaufsinteressenten, so liegt eine nachhaltige Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vor. Das gilt insbesondere auch für den Verkauf von Häusern und Eigentumswohnungen (vgl. BFH-Urteile IV R 153/66, a. a. O.; IV R 214/66 vom 13. Juli 1967, BFH 89, 421, BStBl III 1967, 690).

Diese Auslegung des Gesetzes führt auch bei dem Steuerpflichtigen zur Annahme einer gewerblichen Tätigkeit. Die Zahl der Verkaufsobjekte (vier Einfamilienhäuser auf einem Gelände von 2702 qm) ist zwar - gemessen an der Zahl der Verkaufsobjekte in den vom BFH bisher entschiedenen Fällen (vgl. Urteile I 417/61 vom 15. Juni 1965, HFR 1965, 510: 32 Eigenheime; IV R 153/66, a. a. O.: 41 Eigentumswohnungen; VI 199/65 vom 7. April 1967, BFH 88, 450, BStBl III 1967, 467: 73 Kaufeigenheime; IV R 214/66, a. a. O.: 18 Eigentumswohnungen) - gering. Die begrifflichen Voraussetzungen einer nachhaltigen Betätigung, "die ... sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt", sind jedoch auch hier erfüllt.

3. Der mit diesem Gewerbebetrieb erzielte Gewinn unterliegt der Gewerbesteuer in vollem Umfang. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil IV R 270/66 vom 5. Dezember 1968, BFH 94, 462, BStBl II 1969, 196) gehören zwar Veräußerungsgewinne im Sinne des § 16 EStG nicht zum Gewerbeertrag (§ 7 GewStG), weil sie nicht im laufenden Gewerbebetrieb angefallen sind. Die Voraussetzungen für die Annahme eines Veräußerungsgewinns haben jedoch im Streitfall nicht vorgelegen.

Allerdings hat der Revisionskläger seine gewerbliche Tätigkeit nach dem Verkauf des letzten Grundstücks im Jahre 1965 nicht mehr fortgesetzt. Insoweit könnte von einer - der Veräußerung eines Betriebs nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG gleichzusetzenden - Aufgabe des Betriebs gesprochen werden. Bei dem anläßlich des Verkaufs der Grundstücke erzielten Gewinn handelt es sich indessen nicht um einen Veräußerungs-(Betriebsaufgabe-)gewinn. Da der Gewerbebetrieb darauf gerichtet war, die Grundstücke gewinnbringend zu veräußern und die Grundstücke daher zum Umlaufvermögen des Gewerbebetriebs gehörten (BFH-Urteil IV R 34/67, a. a. O.), betreffen die mit dem Verkauf der Grundstücke zusammenhängenden Geschäftsvorfälle wirtschaftlich den laufenden Gewinn des Gewerbebetriebs; sie beeinflussen mithin nicht einen etwaigen Veräußerungs-(Betriebsaufgabe-)gewinn.

4. Schließlich kann auch dem Hilfsantrag des Revisionsklägers, wonach der auf das Architektenhonorar entfallende Teil des Verkaufserlöses nicht als Einnahme aus Gewerbebetrieb erfaßt werden soll, nicht stattgegeben werden. Die vom Revisionskläger im Zusammenhang mit der Planung und Durchführung des Bauvorhabens im einzelnen ausgeführten Tätigkeiten sind so miteinander verflochten, daß der gesamte Betrieb als einheitlich angesehen werden muß (vgl. BFH-Urteile I 116/55 U vom 23. Oktober 1956, BFH 64, 46, BStBl III 1957, 17; IV 390/55 U vom 28. März 1957, BFH 64, 490, BStBl III 1957, 182). Das gilt selbst dann, wenn die Entgelte in den Rechnungen und in der Buchführung getrennt ausgewiesen worden sein sollten (vgl. BFH-Urteil IV 318/59 U vom 16. März 1962, BFH 75, 89, BStBl III 1962, 302).

 

Fundstellen

Haufe-Index 413089

BStBl II 1972, 291

BFHE 1972, 178

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