Leitsatz (amtlich)

Inhaber von Branntweineigenlagern haben keinen Rechtsanspruch darauf, daß ihre Lagervorräte, die sie vor der am 23. Februar 1976 in Kraft getretenen Preissenkung der Bundesmonopolverwaltung eingekauft hatten und die sich nach der Erhöhung der Branntweinsteuer mit Wirkung vom 18. März 1976 noch im Lager befanden, um den vollen Betrag der Steuererhöhung entlastet werden.

 

Normenkette

FGO § 33 Abs. 1-2; BranntwMonG § 177; AO 1977 § 227; Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol vom 2. Mai 1976

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

A.

Mit Wirkung vom 23. Februar 1976 senkte die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein (BMV) ihre Verkaufspreise für Monopolalkohol um 150 DM/hl Weingeist (W). Grund dafür waren die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EGH) vom Februar 1976 Rs. 45/75, 59/75 und 91/75 (EGHE, 1976, 181, 91, 217), die feststellten, daß die außenwirtschaftliche Absicherung des Branntweinmonopols mit dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG-Vertrag - EWGV -) unvereinbar ist; die BMV mußte daher die Preise der Marktentwicklung anpassen, die wesentlich von den Preisen für eingeführten Branntwein bestimmt waren. Gleichzeitig mit der Senkung der Verkaufspreise gab der Bundesminister der Finanzen (BdF) in Presseveröffentlichungen bekannt, die Senkung der Verkaufspreise solle durch eine entsprechende Erhöhung der Branntweinsteuer ausgeglichen werden, die gleichzeitig in Kraft treten solle, so daß die Preise für versteuerten Branntwein gewahrt blieben; die Einnahmen aus der Steuererhöhung sollten die Verluste aus der Senkung der Verkaufspreise ausgleichen. Durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol vom 2. Mai 1976 - ÄndG - (BGBl I 1976, 1145) wurde die Branntweinsteuer mit Wirkung vom 18. März 1976 (dem Tag, an dem der Bundestag abschließend über das Gesetz beraten hatte) um 150 DM/hl W erhöht. Durch den nichtveröffentlichten Erlaß vom 15. April 1976 ordnete der BdF "zur Vermeidung von Härten, die sich aus der veränderten Marktlage bei der Vermarktung ergeben können", die Entlastung der am 22. Februar 1976 in Branntweineigenlagern vorhandenen Branntweinbestände abzüglich der versteuerten Auslagerungen bis einschließlich 17. März 1976 (im folgenden: Altvorräte) durch Gewährung einer "Vergütung" an die Lagerinhaber an. Von diesem Bestand sollte nach dem Erlaß eine sog. "Referenzmenge" zum Satz von 150 DM/hl W und der Rest zum Satz von 80 DM/hl W entlastet werden. Als Referenzmenge bestimmte der Erlaß 1/6 der im Betriebsjahr 1974/1975 ausgelagerten Branntweinmenge.

B.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) unterhält ein Branntweineigenlager. Dessen Altvorräte beliefen sich auf 102479, 3 l W. Im Branntweinjahr 1974/1975 hatte die Klägerin insgesamt 298367, 7 l W ausgelagert.

Am 26. Mai 1976 beantragte die Klägerin beim Zollamt (ZA), einer Dienststelle des Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt - HZA -), ihr auf ihre Altvorräte entsprechend den Bestimmungen des BdF-Erlasses eine Vergütung in Höhe von insgesamt 116 793 DM zu gewähren. Diesem Antrag entsprach das ZA mit Bescheid vom 28. Mai 1976. Hiergegen legte die Klägerin "Einspruch" ein, mit dem sie eine Vergütung von 153 718,95 DM anstrebte. Die Oberfinanzdirektion (OFD) wies den als Beschwerde behandelten Rechtsbehelf durch Entscheidung vom 25. Januar 1977 als unbegründet zurück.

Ihre dagegen eingelegte Klage begründete

die Klägerin im wesentlichen wie folgt: Das HZA sei verpflichtet, ihr eine Vergütung in Höhe des ungekürzten Vergütungssatzes von 150 DM/hl W für den maßgebenden Bestand zu gewähren. Jede andere Maßnahme sei unbillig i. S. des § 131 der Reichsabgabenordnung (AO). Die wirtschaftlichen Auswirkungen, die sich aus der Senkung der Abgabepreise für Monopolalkohol und der Erhöhung der Branntweinsteuer für die unversteuerten Altvorräte in Branntweineigenlagern ergäben, seien als sachliche Härte i. S. dieser Vorschrift anzusehen.

Das HZA brachte dagegen vor dem Finanzgericht (FG) vor: Die begrenzte Entlastung aufgrund des BdF-Erlasses vom 15. April 1976 halte sich im Rahmen pflichtmäßiger Ermessensausübung. Die Entscheidung beruhe auf einer wertenden Abwägung der Belange der Steuerpflichtigen und der Belange der Allgemeinheit. Die volle Vergütung in Höhe einer durchschnittlichen Zweimonatsauslagerung des Betriebsjahrs 1974/1975 habe u. a. ermöglicht, daß die Lagerinhaber trotz der Steuererhöhung noch für etwa zwei Monate zu den alten Preisen hätten verkaufen können. Der gewählte Bemessungszeitraum sei ausreichend erschienen, um dem Branntweingewerbe eine Umstellung auf die neuen Verhältnisse zu ermöglichen, zumal bei Monopol- und Kornspriterzeugnissen eine Lagerdauer bis zu zwei Monaten als Regel angesehen werden könne. Eine zeitlich unbestimmte Vollentlastung sei wirtschaftlich nicht erforderlich und deshalb auch nicht vertretbar gewesen.

Das FG wies die Klage als unbegründet ab.

 

Entscheidungsgründe

C.

Die Revision ist nicht begründet.

Das FG hat ohne Rechtsirrtum die Klage für zulässig erachtet, ohne das freilich zu begründen. Der Finanzrechtsweg ist gegeben.

Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO sind die FG zur Entscheidung berufen in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten. Dazu zählen nach § 33 Abs. 2 FGO alle mit der Verwaltung der Abgaben oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten; ihnen stehen die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich. Um eine der letztgenannten Angelegenheiten handelt es sich hier.

Das Branntweinmonopol ist ein Finanzmonopol. Die von der Klägerin begehrte Vergütung ist eng verbunden mit der Verwaltung des Branntweinmonopols. Der Grund für das Begehren der Klägerin liegt in der Rechtsprechung des EGH zum deutschen Branntweinmonopol, in der dadurch verursachten Senkung des Abgabepreises von Branntwein durch die BMV und der Erhöhung der Branntweinsteuer durch das Änderungsgesetz sowie in den Auswirkungen, die diese Maßnahmen nach der rechtlichen Konstruktion der Branntweineigenlager durch das Branntweinmonopolgesetz auf die in diesen Lagern befindlichen Altvorräte hatten. Die Gewährung der von der Klägerin beantragten Vergütung ist danach als eine Angelegenheit der Verwaltung der Finanzmonopole i. S. des § 33 Abs. 2 FGO anzusehen, und zwar unabhängig davon, welchen rechtlichen Charakter man dieser Vergütung beimißt.

II. Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da die Klägerin keinen Rechtsanspruch auf die Gewährung der von ihr begehrten Vergütung hat.

1. Es fehlt eine unmittelbare gesetzliche Grundlage, auf die sich die Klägerin berufen könnte. Wortlaut und Sinn des Änderungsgesetzes sind eindeutig. Danach beträgt die Branntweinsteuer mit Wirkung vom 18. März 1976 1 650 DM/hl W. Die Altvorräte des Branntweineigenlagers der Klägerin unterlagen daher bei ihrem Übertritt in den freien Verkehr der Branntweinsteuer in dieser Höhe (§ 91 Abs. 1 Satz 2 BranntwMonG).

Eine Ausnahmeregelung irgendwelcher Art sieht das Änderungsgesetz nicht vor. Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes belegt, daß der Gesetzgeber auf eine solche Ausnahmeregelung bewußt verzichtet hat. Wie sich nämlich aus dem Bericht des Finanzausschusses in der Bundestags-Drucksache 7/4897 (S. 4 Nr. 4 Abs. 3) ergibt, war dem Gesetzgeber bekannt, daß die Steuererhöhung zumindest bei Branntwein aus Wein und Obst gewisse zusätzliche, durch die Preissenkung nicht kompensierte Belastungen ergab. Der Gesetzgeber hat dennoch, wie sich aus der genannten Begründung weiter ergibt keine gesetzliche Abhilfe geschaffen, sondern darauf vertraut, daß die Verwaltung in Ausnutzung der ihr bereits zustehenden gesetzlichen Möglichkeiten diese zusätzliche Belastung teilweise ausgleichen werde.

2. Auch aus sonstigen Rechtsnormen ergibt sich keine Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dieses Begehren dahin zu verstehen ist, daß die Klägerin lediglich die auf den Altvorräten ruhende Branntweinsteuer aus Billigkeitsgründen erlassen bzw. erstattet haben will, oder ob sie die Gewährung einer öffentlich-rechtlichen Geldleistung anderer Art, einer Subvention, begehrt. Denn in beiden Fällen steht der Klägerin kein Rechtsanspruch zu, der ihr Klagebegehren rechtfertigte.

3. Begehrt die Klägerin Erlaß oder Erstattung der Branntweinsteuer aus Billigkeitsgründen, so kommen als Rechtsgrundlage § 227 AO 1977 und § 177 BranntwMonG in Betracht. Die Anwendung des § 131 AO 1977 scheidet dagegen aus, wie das FG zu Recht ohne weitere Begründung angenommen hat, da die Klägerin eine mit einer Anfechtungsklage verbundene Verpflichtungsklage erhoben hat, bei der die weitergehende Verpflichtungsklage die Anfechtungsklage absorbiert (vgl. BFH-Urteil vom 12. März 1970 IV 7/65, BFHE 99, 172, BStBl II 1970, 625) und für die Beurteilung des Verpflichtungsbegehrens inzwischen eingetretene Rechtsänderungen zu berücksichtigen sind. Die genannten anwendbaren Bestimmungen gewähren der Klägerin keinen Rechtsanspruch auf den begehrten Billigkeitserweis.

a) Der BdF-Erlaß vom 15. April 1976 gibt Richtlinien über Art und Umfang der von den Zollstellen zu gewährenden Vergütung. Diese Richtlinien wollten offensichtlich auch Fälle wie den vorliegenden in seinem vollen Umfang erfassen. Der Erlaß versagt damit für den geregelten Sachverhalt jeden weitergehenden Billigkeitserweis. Unterstellt man zugunsten der Klägerin, daß dieser Erlaß auf den genannten Billigkeitsvorschriften beruht, so stellt er eine sog. Billigkeitsrichtlinie dar.

Zum Erlaß solcher Richtlinien ist der BdF befugt. Zwar regelte das ausdrücklich nur § 131 Abs. 2 AO, der hier nicht mehr anwendbar ist. Es ist aber allgemeine Meinung, daß der Erlaß solcher Richtlinien zur grundsätzlichen Kompetenz der Verwaltung gehört, die keiner besonderen Ermächtigung durch Gesetz bedarf (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung Kommentar, 9. Aufl. § 227 AO 1977 Anm. 67; Kühn/Kutter, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 13. Aufl., § 227 AO 1977 Anm. 9a, Hübschmann/ Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl. § 227 AO 1977 Anm. 25).

Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Billigkeitsrichtlinie etwa in vollem Umfange deswegen unrechtmäßig ist, weil sie Maßnahmen betrifft, die der Gesetzgeber, wenn er sie hätte regeln wollen, selbst hätte treffen müssen (vgl. BFH-Urteil vom 9. Juli 1970 IV R 34/69, BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696, 701). Denn falls der Erlaß in diesem Sinne rechtswidrig wäre, wäre die von der Klägerin begehrte zusätzliche Vergütung erst recht rechtswidrig.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH, daß Richtlinien für Billigkeitsmaßnahmen in bezug auf bestimmte Gruppen gleichgelagerter Fälle von den Gerichten zu beachten sind, wenn sich die in ihnen getroffenen Regelungen innerhalb der Grenzen halten, die das Grundgesetz und die einfachen Gesetze der Ausübung des Ermessens setzen (BFH-Urteil vom 3. August 1973 III R 142/72, BFHE 110, 163, BStBl II 1973, 770, mit weiteren Nachweisen; vgl. - ebenfalls mit weiteren Nachweisen - Abschn. IV Nr. 2 der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603, und BFH-Urteil vom 27. März 1958 V Z 181/57 U, BFHE 66, 647, BStBl III 1958, 248). Auch bei Gruppenregelungen ist also auf den Einzelfall abzustellen, d. h. es kann zwar eine Gruppe von gleichgelagerten Einzelfällen mit dem Ziel einer einheitlichen Behandlung durch die nachgeordneten Behörden zusammenfassend beurteilt werden, doch müssen hinsichtlich dieser Einzelfälle die Voraussetzungen vorliegen, d. h. die getroffene Regelung muß Recht und Billigkeit entsprechen (vgl. BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696, 701).

b) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH - die im wesentlichen zum § 131 AO ergangen ist, deren Grundsätze aber auf § 227 AO 1977, § 177 BranntwMonG entsprechend anwendbar sind - kann Erlaß oder Erstattung aus sachlichen Billigkeitsgründen - nur solche kommen hier in Betracht - nur gewährt werden, wenn die Besteuerung eines Sachverhalts, der unter einen gesetzlichen Besteuerungstatbestand fällt, im Einzelfall mit dem Sinn und Zweck des Steuergesetzes nicht vereinbar ist, wenn also ein Überhang des gesetzlichen Tatbestandes über die Wertungen des Gesetzgebers feststellbar ist und der Sachverhalt zwar den gesetzlichen Tatbestand erfüllt, die Besteuerung aber den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderläuft (vgl. Urteil vom 26. April 1977 VII R 114/74, BFHE 122, 20, mit weiteren Nachweisen). Im vorliegenden Fall läuft aber die Besteuerung der Altvorräte des klägerischen Branntweineigenlagers wenigstens in dem von der Entlastung durch den BdF-Erlaß nicht betroffenen Umfang nicht den Wertungen des Gesetzgebers zuwider.

Der Wortlaut des Änderungsgesetzes ist, wie ausgeführt, klar. Ab seinem Inkrafttreten war grundsätzlich die Branntweinsteuer nach dem erhöhten Satz zu erheben, also auch für von diesem Zeitpunkt an aus einem Branntweineigenlager ausgelagerte Waren, und zwar gleichgültig, zu welchem Preis diese Waren erworben worden waren. Aus der Begründung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zu diesem Gesetz kann nicht abgeleitet werden, daß in dieser Regelung ein Überhang des gesetzlichen Tatbestandes über die Wertungen des Gesetzgebers insoweit liege, als die Erhebung der dem Gesetz entsprechenden Steuer zu einer Erhöhung der Verbraucherpreise führe.

In der Begründung des Finanzausschusses (S. 4 Nr. 4 Abs. 2) heißt es:

"Das Aufkommen aus dieser Steuererhöhung soll dem Branntweinmonopol den Ausgleich des Defizits ermöglichen, das sich daraus ergibt, daß der Verkaufspreis für Monopolalkohol dem niedrigeren EG-Marktpreisniveau angepaßt werden muß, während die Ankaufspreise im wesentlichen gleichbleiben. Eine ähnliche Regelung wurde für Kornbranntwein getroffen, der durch eine Erzeugungs- und Preisregelung an das Monopol gebunden ist. Diese Maßnahmen bedeuten, daß die Verbraucher von Monopolsprit und von nicht selbstvermarktetem Kornbranntwein von der Steuererhöhung wirtschaftlich nicht betroffen werden."

Diese Begründung gibt die Motivation des Gesetzgebers nur pauschal wieder. Zwar ging der Finanzausschuß offensichtlich davon aus, daß sich Steuererhöhung einerseits und Preissenkung andererseits in der Zukunft ausgleichen und damit die Verbraucher wirtschaftlich nicht betroffen würden. Damit hat der Ausschuß sich aber nur zum Grundsatz und nur zu den Verhältnissen in der Zukunft geäußert. Daß er (und damit der Gesetzgeber) sich auch mit allen Einzelfällen, die nicht in Übereinstimmung mit diesem Grundsatz standen, befassen und auch diese i. S. des Grundsatzes regeln, also jede zusätzliche Belastung der Verbraucher durch die Steuererhöhung unter allen Umständen ausschließen wollte, ist daraus nicht zu entnehmen. Die übrige Begründung des Finanzausschusses spricht vielmehr für das Gegenteil.

Der Bericht des Finanzausschusses befaßt sich nämlich, wie bereits ausgeführt, auch mit den Unzuträglichkeiten, die sich aus der Steuererhöhung für den nicht monopolrechtlich gebundenen Branntwein aus Wein und Obst ergaben. Der Ausschuß ist dabei zur Überzeugung gelangt, "daß die Steuererhöhung für diesen Bereich eine hinnehmbare Verkleinerung eines Wettbewerbsvorsprungs bedeutet, denn Branntwein aus Wein war durch den hohen Preis für Monopolsprit bisher im Wettbewerb begünstigt". Gleichwohl hielt der Finanzausschuß es für geboten, "den Wein- und Obstbrennern die Anpassung an die neue Lage dadurch zu erleichtern, daß die einer Produktion von zwei Monaten entsprechende Menge Alkohol um den vollen Betrag der Steuererhöhung entlastet wird". Der Ausschuß verzichtete aber nach seiner Begründung auf eine gesetzliche Fixierung, da der BdF zugesagt hatte, diese Frage in dem vom Ausschuß gewünschten Sinne im Erlaßwege zu regeln. Diese Begründung belegt zweifelsfrei, daß der Finanzausschuß insoweit durch Preisermäßigungen nicht kompensierte zusätzliche Belastungen für den Verbraucher als Folge des Änderungsgesetzes für möglich hielt und sich dennoch nur für eine Minderung, nicht aber für einen vollen Ausgleich dieser Belastung im Verwaltungswege aussprach.

Vertraute hier der Gesetzgeber auf eine nur teilweise Milderung gesetzlicher Härten durch die Verwaltung und unterließ er deswegen eine gesetzliche Regelung, so kann von einer gleichen Haltung auch hinsichtlich von Härten ausgegangen werden, die sich sonst aus dem Gesetz ergaben. Und war der Gesetzgeber im zitierten Fall mit einer vergleichsweise pauschalen, die durch das Gesetz entstandenen Nachteile nicht voll ausgleichenden Verwaltungsregelung einverstanden, so ist die Annahme gerechtfertigt, daß er eine entsprechende Regelung in anderen Fällen nicht für mit dem Gesetz unvereinbar hielt. Hinzu kommt, daß nach der Begründung des Finanzausschusses kein Zweifel daran besteht, daß das wesentliche Motiv des Gesetzgebers für die Erhöhung der Branntweinsteuer war, das Steueraufkommen zu erhöhen, um damit das aufgrund der neuen Rechtslage zu erwartende Defizit der BMV ausgleichen zu können. Die nicht vollständige Entlastung von der erhöhten Branntweinsteuer für Altvorräte durch die Erlaßregelung lief somit den Wertungen des Gesetzgebers nicht zuwider. Es fehlt danach an einem entsprechenden "Überhang des gesetzlichen Tatbestandes", der durch einen Billigkeitserweis ausgeglichen werden müßte. Aus den zitierten Äußerungen des Finanzausschusses ergibt sich darüber hinaus deutlich, daß auch keine Selbstbindung der Verwaltung in dem von der Klägerin behaupteten Sinn eingetreten ist.

c) Die Klägerin wendet zu Unrecht ein, die Beschränkung der Vollentlastung auf eine bestimmte Referenzmenge (durchschnittliche Auslagerungsmenge von zwei Monaten im Vorjahr) sei ermessensfehlerhaft. Es ist zwar richtig, daß die Höhe der Referenzmenge von Lager zu Lager je nach den Umständen unterschiedlich sein kann. Dennoch hat der BdF seinen Ermessensspielraum nicht überschritten, wenn er sich für eine pauschale Regelung entschied und die Umstände des Einzelfalles nicht berücksichtigte. Er konnte davon ausgehen, daß nur eine solche Regelung mit einem zumutbaren Verwaltungsaufwand zu verwirklichen war. Das galt um so mehr, als der BdF zu berücksichtigen hatte, daß in Branntweineigenlagern Waren ganz unterschiedlicher Herkunft und Vorbelastung lagern können (z. B. Monopolsprit einerseits, eingeführte Ware - mit der Monopolausgleichspitze bereits belastet - andererseits), deren unterschiedlicher Behandlung durch die Erlaßregelung schon die Schwierigkeit entgegenstand, sie praktisch auseinander zu halten. Da eine pauschale Regelung ohne Ansehen der besonderen Verhältnisse bei den einzelnen Branntweineigenlagern also gerechtfertigt war, bedarf es keines Eingehens auf das Vorbringen der Klägerin, sie habe wegen kurzfristiger Baumaßnahmen einen besonders hohen Lagerbestand gehabt.

4. Das Klagebegehren kann auch dann keinen Erfolg haben, wenn es nicht als Billigkeitsantrag, sondern dahin zu werten ist, daß die Klägerin Anspruch auf die Gewährung einer höheren Subvention erhebt, als diese in der Erlaßregelung vorgesehen ist. Es bedarf keiner weiteren Begründung, daß keine der von den Beteiligten als mögliche Rechtsgrundlage genannten Rechtsnormen einen solchen Anspruch zu stützen vermag. Das gilt auch für den von der Verwaltung als Grundlage für die Erlaßregelung herangezogenen § 177 BranntwMonG, da danach nur Ausnahmen von den Vorschriften des Branntweinmonopolgesetzes zugelassen sind, aber nicht sonstige Geldleistungen gewährt werden können.

5. Es kann schließlich dahingestellt bleiben, ob anders zu entscheiden wäre, falls die Erlaßregelung durch die von ihr vorgesehene nur teilweise Entlastung der Altvorräte im Widerspruch zum Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG stünde. Denn das ist nicht der Fall.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) enthält der Gleichheitssatz für den Gesetzgeber die allgemeine Weisung, bei steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Er ist erst verletzt wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden läßt. Der Gesetzgeber hat hiernach weitgehende Gestaltungsfreiheit. Das gilt in noch höherem Maße bei einer rechtsgewährenden Regelung. Der Gesetzgeber besitzt im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit größere Gestaltungsfreiheit als innerhalb der Eingriffsverwaltung und ist in diesem Bereich in weitem Umfang zum Erlaß typisierender und generalisierender Regelungen berechtigt (vgl. BVerfG-Beschluß vom 10. Oktober 1978 2 BvL 3/78, BVerfGE 49, 280, 283, mit weiteren Nachweisen).

Diese Rechtsgrundsätze lassen sich auf die Erlaßregelung entsprechend anwenden. Denn falls, was der Senat hat dahingestellt sein lassen, der BdF überhaupt zu der von ihm getroffenen Regelung befugt war, kann sich dieses Recht nur daraus ergeben, daß er sich im Bereich der gewährenden Verwaltung bewegte, also im Rahmen der gesetzesfreien Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Ihm steht dann aber die gleiche weitgehende Gestaltungsfreiheit zu wie dem Gesetzgeber im entsprechenden Fall. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz käme mithin nur in Betracht, wenn sich aus dem Gegenstand der Erlaßregelung für die Art der Differenzierung ein sachlich vertretbarer Grund nicht anführen ließe oder wenn der BdF die besonderen Wertentscheidungen der Verfassung außer acht gelassen hätte. Davon kann jedoch nicht die Rede sein.

Der BdF brauchte im Falle der Branntweineigenlager keine volle Entlastung für alle Altvorräte vorzusehen. Der BdF war zur Wahrung der Interessen der Allgemeinheit gehalten, die Subvention möglichst niedrig zu halten, d. h. nicht höher festzusetzen, als zur Erreichung des Zweckes der Subvention unbedingt notwendig war. Der Zweck war, wie bereits ausgeführt, die Härten zu vermeiden, die sich für Inhaber von Branntweineigenlagern mit Altvorräten dadurch ergaben, daß sie zu hohen Preisen eingekauft hatten und bei der Auslagerung die erhöhte Branntweinsteuer zahlen mußten. Es erscheint nicht willkürlich, wenn der BdF davon ausging, daß diesem Zweck durch eine Regelung Genüge getan war, die den Lagerinhabern ermöglichte, die gelagerten Waren hinsichtlich der Referenzmenge von 1/6 der im Betriebsjahr 1974/75 ausgelagerten Branntweinmenge noch zum alten Preis zu verkaufen, und die für die darüber hinausgehenden Altvorräte wenigstens eine Entlastung zum Teil vorsah. Zwar waren kurzlagernde Lagerinhaber grundsätzlich besser gestellt als Lagerinhaber, die länger lagerten und größere Altvorräte besaßen; beide Falle sind aber nicht ohne weiteres vergleichbar. Langlagernde Firmen konnten z. B. die aus den Preiserhöhungen der letzten Jahre erwachsenen zusätzlichen Gewinnmöglichkeiten wahrnehmen, was kurzlagernden Betrieben in diesem Umfange nicht möglich war. Der BdF konnte daher davon ausgehen, daß es für sie nicht unzumutbar sei, den Nachteil zu tragen, der für sie durch die Steuererhöhung im Zusammenhang mit der nicht vollen Entlastung der Altvorräte erwuchs. Außerdem kann, wie das FG zu Recht ausgeführt hat, ein Marktteilnehmer mit einer umfangreichen Vorratshaltung nicht verlangen, daß ihm der Staat im Falle der Veränderung der Verhältnisse dieselbe Kostenbasis verschafft, die ein Marktteilnehmer ohne Vorratshaltung hat.

Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz ist auch nicht darin zu erblicken, daß der BdF eine pauschale Regelung getroffen hat und die Umstände des konkreten Einzelfalles (z. B. besonders hohe Altvorräte aus besonderen Gründen, atypische Auslagerungsmengen im Bezugszeitraum), nicht berücksichtigte. Wie bereits oben begründet worden ist, konnte er bei den besonderen Gegebenheiten der Branntweineigenlager davon ausgehen, daß nur eine solche Regelung praktikabel und mit einem zumutbaren Verwaltungsaufwand zu verwirklichen sei. Es ist zwar richtig, daß eine Regelung, die die volle Entlastung vorgesehen hätte, zumindest ebenso einfach zu handhaben gewesen wäre. Es ist aber nicht willkürlich, daß sich der BdF zu einer solchen Regelung nicht entschloß; denn diese hätte zu einer wesentlich höheren Belastung der Allgemeinheit geführt, die die Subvention zu finanzieren hatte.

c) Die Klägerin wendet zu Unrecht ein, die Beschränkung der Vollentlastung auf eine bestimmte Referenzmenge (durchschnittliche Auslagerungsmenge von zwei Monaten im Vorjahr) sei ermessensfehlerhaft. Es ist zwar richtig, daß die Höhe der Referenzmenge von Lager zu Lager je nach den Umständen unterschiedlich sein kann. Dennoch hat der BdF seinen Ermessensspielraum nicht überschritten, wenn er sich für eine pauschale Regelung entschied und die Umstände des Einzelfalles nicht berücksichtigte. Er konnte davon ausgehen, daß nur eine solche Regelung mit einem zumutbaren Verwaltungsaufwand zu verwirklichen war. Das galt um so mehr, als der BdF zu berücksichtigen hatte, daß in Branntweineigenlagern Waren ganz unterschiedlicher Herkunft und Vorbelastung lagern können (z. B. Monopolsprit einerseits, eingeführte Ware - mit der Monopolausgleichspitze bereits belastet - andererseits), deren unterschiedlicher Behandlung durch die Erlaßregelung schon die Schwierigkeit entgegenstand, sie praktisch auseinander zu halten. Da eine pauschale Regelung ohne Ansehen der besonderen Verhältnisse bei den einzelnen Branntweineigenlagern also gerechtfertigt war, bedarf es keines Eingehens auf das Vorbringen der Klägerin, sie habe wegen kurzfristiger Baumaßnahmen einen besonders hohen Lagerbestand gehabt.

4. Das Klagebegehren kann auch dann keinen Erfolg haben, wenn es nicht als Billigkeitsantrag, sondern dahin zu werten ist, daß die Klägerin Anspruch auf die Gewährung einer höheren Subvention erhebt, als diese in der Erlaßregelung vorgesehen ist. Es bedarf keiner weiteren Begründung, daß keine der von den Beteiligten als mögliche Rechtsgrundlage genannten Rechtsnormen einen solchen Anspruch zu stützen vermag. Das gilt auch für den von der Verwaltung als Grundlage für die Erlaßregelung herangezogenen § 177 BranntwMonG, da danach nur Ausnahmen von den Vorschriften des Branntweinmonopolgesetzes zugelassen sind, aber nicht sonstige Geldleistungen gewährt werden können.

5. Es kann schließlich dahingestellt bleiben, ob anders zu entscheiden wäre, falls die Erlaßregelung durch die von ihr vorgesehene nur teilweise Entlastung der Altvorräte im Widerspruch zum Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG stünde. Denn das ist nicht der Fall.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) enthält der Gleichheitssatz für den Gesetzgeber die allgemeine Weisung, bei steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Er ist erst verletzt wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden läßt. Der Gesetzgeber hat hiernach weitgehende Gestaltungsfreiheit. Das gilt in noch höherem Maße bei einer rechtsgewährenden Regelung. Der Gesetzgeber besitzt im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit größere Gestaltungsfreiheit als innerhalb der Eingriffsverwaltung und ist in diesem Bereich in weitem Umfang zum Erlaß typisierender und generalisierender Regelungen berechtigt (vgl. BVerfG-Beschluß vom 10. Oktober 1978 2 BvL 3/78, BVerfGE 49, 280, 283, mit weiteren Nachweisen).

Diese Rechtsgrundsätze lassen sich auf die Erlaßregelung entsprechend anwenden. Denn falls, was der Senat hat dahingestellt sein lassen, der BdF überhaupt zu der von ihm getroffenen Regelung befugt war, kann sich dieses Recht nur daraus ergeben, daß er sich im Bereich der gewährenden Verwaltung bewegte, also im Rahmen der gesetzesfreien Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Ihm steht dann aber die gleiche weitgehende Gestaltungsfreiheit zu wie dem Gesetzgeber im entsprechenden Fall. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz käme mithin nur in Betracht, wenn sich aus dem Gegenstand der Erlaßregelung für die Art der Differenzierung ein sachlich vertretbarer Grund nicht anführen ließe oder wenn der BdF die besonderen Wertentscheidungen der Verfassung außer acht gelassen hätte. Davon kann jedoch nicht die Rede sein.

Der BdF brauchte im Falle der Branntweineigenlager keine volle Entlastung für alle Altvorräte vorzusehen. Der BdF war zur Wahrung der Interessen der Allgemeinheit gehalten, die Subvention möglichst niedrig zu halten, d. h. nicht höher festzusetzen, als zur Erreichung des Zweckes der Subvention unbedingt notwendig war. Der Zweck war, wie bereits ausgeführt, die Härten zu vermeiden, die sich für Inhaber von Branntweineigenlagern mit Altvorräten dadurch ergaben, daß sie zu hohen Preisen eingekauft hatten und bei der Auslagerung die erhöhte Branntweinsteuer zahlen mußten. Es erscheint nicht willkürlich, wenn der BdF davon ausging, daß diesem Zweck durch eine Regelung Genüge getan war, die den Lagerinhabern ermöglichte, die gelagerten Waren hinsichtlich der Referenzmenge von 1/6 der im Betriebsjahr 1974/75 ausgelagerten Branntweinmenge noch zum alten Preis zu verkaufen, und die für die darüber hinausgehenden Altvorräte wenigstens eine Entlastung zum Teil vorsah. Zwar waren kurzlagernde Lagerinhaber grundsätzlich besser gestellt als Lagerinhaber, die länger lagerten und größere Altvorräte besaßen; beide Falle sind aber nicht ohne weiteres vergleichbar. Langlagernde Firmen konnten z. B. die aus den Preiserhöhungen der letzten Jahre erwachsenen zusätzlichen Gewinnmöglichkeiten wahrnehmen, was kurzlagernden Betrieben in diesem Umfange nicht möglich war. Der BdF konnte daher davon ausgehen, daß es für sie nicht unzumutbar sei, den Nachteil zu tragen, der für sie durch die Steuererhöhung im Zusammenhang mit der nicht vollen Entlastung der Altvorräte erwuchs. Außerdem kann, wie das FG zu Recht ausgeführt hat, ein Marktteilnehmer mit einer umfangreichen Vorratshaltung nicht verlangen, daß ihm der Staat im Falle der Veränderung der Verhältnisse dieselbe Kostenbasis verschafft, die ein Marktteilnehmer ohne Vorratshaltung hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413356

BStBl II 1981, 204

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