Leitsatz (amtlich)

Gewerbliche Grundstücksverkäufe liegen auch dann vor, wenn der Grundstückseigentümer die für eine Parzellierung und Erschließung notwendigen Maßnahmen durch ein Immobilienunternehmen durchführen läßt und die dadurch entstehenden Kosten als Teil des Gesamtkaufpreises von den Parzellenkäufern verlangt (Anschluß an BFH-Urteile IV R 164/68 vom 5. Dezember 1968, BFHE 94, 457, BStBl II 1969, 236, und IV R 132/68 vom 13. März 1969, BFHE 95, 488, BStBl II 1969, 483).

 

Normenkette

EStG § 15 Nr. 1; GewStG § 2; GewStDV § 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Steuerpflichtige), eine Verwaltungsangestellte, war durch Erbfolge Eigentümerin eines früher landwirtschaftlich genutzten Grundstücks geworden. 1958 beauftragte sie ein Immobilienbüro, für das 11 860 qm große Grundstück einen Bebauungs- und Vermessungsplan zu erstellen. Der Bebauungsplan wurde im Juni 1958 eingereicht, die Vermessung 1960 beantragt. Aus der Parzellierung ergaben sich 13 Bauplätze und Straßengrund, der im Februar 1959 unentgeltlich an die Stadt X übertragen wurde. Das Immobilienbüro führte die Erschließung durch, mit den Straßenbauarbeiten wurde im Januar 1961 begonnen.

In der Zeit vom 25. Januar 1961 bis 12. September 1961 verkaufte die Steuerpflichtige durch Vermittlung des Immobilienbüros 12 Bauplätze, den restlichen veräußerte sie 1962. Nach den Kaufverträgen waren vom Gesamtkaufpreis, zu dem auch Erschließungskosten gehörten, der Kaufpreisanteil für das Grundstück an die Steuerpflichtige zu zahlen und der Restbetrag auf ein Erschließungskonto der Immobilienfirma zu überweisen.

Nach einer Fahndungsprüfung im April 1964 beurteilte das FA die Grundstücksverkäufe als am 1. Januar 1959 begonnene gewerbliche Tätigkeit und ermittelte für 1961 einen Gewinn von 59 300 DM. Dementsprechend erließ es einen Berichtigungsbescheid für 1961.

Einspruch und Klage blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet. Zu Recht hat das FG einen gewerblichen Grundstückshandel angenommen.

Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Frage, wann der Verkauf von Grundstücken sich als ein Vorgang innerhalb eines neu eröffneten Gewerbebetriebs darstellt, in den Fällen des Verkaufs von bisher nicht betrieblich genutzten Grundstücken anhand aller Umstände des Einzelfalles danach zu entscheiden, ob die beim Verkauf der Grundstücke entfaltete Tätigkeit über die eigentliche zur Nutzung und Verwaltung vorhandenen Vermögens übliche Tätigkeit hinausgeht (vgl. BFH-Urteil IV R 286/66 vom 17. Dezember 1970, BFHE 101, 520, BStBl II 1971, 456, mit weiteren Nachweisen). Als eine die Annahme gewerblicher Tätigkeit rechtfertigende Maßnahme wurde es insbesondere angesehen, wenn der Grundstückseigentümer die Parzellenkäufer verpflichtete, die vollen Erschließungskosten zu übernehmen oder die für ihn tätig gewordenen Architekten mit der Bebauung zu beauftragen (vgl. BFH-Urteil IV R 164/68 vom 5. Dezember 1968, BFHE 94, 457, BStBl II 1969, 236). Gewerbliche Tätigkeit wurde ferner angenommen, wenn der Eigentümer eines für Verkaufszwecke parzellierten Baugeländes sich der Gemeinde gegenüber zur Erschließung verpflichtete und dann die aus der Erschließung, gleich ob von ihm selbst oder in seinem Auftrag durch einen geschäftskundigen Dritten (Immobilienmakler) vorgenommen, entstandenen Kosten auf die Käufer überwälzte (vgl. BFH-Urteil IV R 132/68 vom 13. März 1969, BFHE 95, 488, BStBl II 1969, 483).

In Anwendung dieser Grundsätze konnte das FG im Streitfall zu dem Ergebnis gelangen, daß die Steuerpflichtige mit den über die bloße Parzellierung und den Verkauf hinausgehenden Maßnahmen wie die von ihr veranlaßte Erstellung eines Bebauungsplanes, die entschädigungslose Straßengrundabtretung und die Sicherstellung der Erschließung des Geländes durch entsprechende Abreden in den Kaufverträgen eine gewerbliche Tätigkeit entfaltete. Unerheblich ist, daß die Steuerpflichtige sich der Mitwirkung eines Immobilienbüros bediente oder daß dieses Büro nach Vereinbarungen in den Kaufverträgen bei der Erschließung im Auftrag der Käufer tätig werden sollte. Die Mitwirkung ist der Steuerpflichtigen zuzurechnen, weil sie selbst die Auftraggeberin war. Soweit das Immobilienbüro für die Käufer arbeitete, geschah auch das im Interesse der Steuerpflichtigen. Die Steuerpflichtige wollte erschlossenes Bauland verkaufen und dafür den entsprechenden Preis erzielen. Dies erreichte sie dadurch, daß sie die Käufer mit den vollen Erschließungskosten belastete und diese zwang, das Immobilienbüro mit der Vergabe von Aufträgen für die Erschließungsarbeiten zu betrauen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70319

BStBl II 1973, 239

BFHE 1973, 501

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