Leitsatz (amtlich)

1. Der Senat bleibt bei seiner Rechtsauffassung im Urteil vom 17. Februar 1965 I 174/60 S (BFHE 81, 461, BStBl III 1965, 230), daß eine Einordnung von Lizenzverträgen als Miet- und Pachtverträge nicht möglich ist, wenn die Verträge wesentliche, der Miete bzw. Pacht fremde Elemente enthalten.

2. Das BFH-Urteil vom 7. Mai 1965 VI 356/62 U (BFHE 82, 654, BStBl III 1965, 483) zur Hinzurechnung von Lizenzgebühren beim Gewerbeertrag enthält gegenüber dem BFH-Urteil I 174/60 S keine einschränkende, sondern eine spezifizierende Auslegung.

 

Normenkette

GewStG § 8 Nr. 7, § 12 Abs. 2 Nr. 2

 

Tatbestand

Streitig ist die Hinzurechnung von Lizenzgebühren zum Gewerbeertrag nach § 8 Nr. 7 GewStG, sowie die Hinzurechnung der Teilwerte der überlassenen Lizenzrechte zum Gewerbekapital nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 GewStG.

Die Revisionsklägerin ist aus der Fusionierung zweier Aktiengesellschaften, deren eine die Klägerin war, hervorgegangen. Die Klägerin hatte mit einer Reihe ausländischer Unternehmungen Verträge abgeschlossen, die sie zur entgeltlichen Nutzung von Patenten berechtigten. Ein Teil der Verträge verpflichtete die Lizenzgeber darüber hinaus, der Klägerin auch Verbesserungen an den geschützten Erfindungen sowie ihr gesamtes know-how zur Verfügung zu stellen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) hat die von der Klägerin aufgrund dieser Verträge in den Streitjahren (1964 und 1965) gezahlten Lizenzgebühren ihrem Gewerbegewinn zur Hälfte, die Kapitalwerte der Lizenzrechte dem Einheitswert ihres gewerblichen Betriebes voll hinzugerechnet. Die nach erfolglosem Einspruch zum FG erhobene Klage hatte nur zum Teil Erfolg. Das FG führte zur Begründung aus:

Es habe sich in den bisher entschiedenen fällen dieser Art nicht der im Urteil des BFH vom 17. Februar 1965 I 174/60 S (BFHE 81, 461, BStBl III 1965, 230) generell für die steuerrechtliche Einordnung von Lizenzverträgen vertretenen Auffassung angeschlossen, sondern sei der im BFH-Urteil vom 7. Mai 1965 VI 356/62 U (BFHE 82, 654, BStBl III 1965, 483) vertretenen einschränkenden Ansicht gefolgt, daß Lizenzgebühren nur dann keine Pachtzinsen im Sinne von § 8 Nr. 7 GewStG seien, wenn der ihrer Zahlung zugrunde liegende Vertrag bürgerlichrechtlich nicht dem Typus des Pachtvertrages entspreche, was dann der Fall sei, wenn der Vertrag für den Lizenzgeber über die Überlassung des Patentrechts hinaus wesentliche Rechtspflichten begründe, vor allem wenn der Lizenzgeber zur laufenden Mitarbeit im Interesse des Lizenznehmers verpflichtet sei. Danach sei die Einordnung eines Lizenzvertrages unter die Miet- und Pachtverträge dann ausgeschlossen, wenn er wesentliche Elemente enthalte, die dem Typus des Pachtvertrages fremd seien.

Die von der Klägerin mit den Firmen A. und C. geschlossenen Verträge seien hiernach Verträge eigener Art; der mit der Firma L. geschlossene Vertrag erfülle indes nicht die oben wiedergegebenen Voraussetzungen. Weder der Lizenzvertrag vom 1. Januar 1959, der bis zum 30. September 1965 maßgebend gewesen sei, noch der an ihn anschließende Vertrag vom 20./24. September 1965 enthalte über die eigentliche Lizenzvergabe hinausgehende wesentliche Rechtspflichten des Lizenzgebers. Zwar sei in dem Vertrag vom 20./24. September 1965 ausgeführt, daß für die Dauer dieses Vertrages die Firma L. nach ihrem Ermessen und ohne besondere Verpflichtung der Klägerin weitere technische Verfahrenspraktiken erschließen könne mit dem Ziel, sie in die Lage zu versetzen, die qualitativen und technischen Standards gemäß den Vorschriften der Firma L. "in unter Abschn. 4.2 dieses Vertrages einzuhalten". Hier handele es sich indes, wie der Wortlaut deutlich mache, nicht um eine - und das allein sei entscheidend - Verpflichtung des Lizenzgebers gegenüber der Klägerin, sondern um eine freiwillige Leistung.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision der Revisionsklägerin mit dem Antrag, "die Lizenzen weder beim Gewerbeertrag noch beim Gewerbekapital hinzuzurechnen". Zur Begründung ihres Antrags verweist die Klägerin auf das BFH-Urteil I 174/60 S, demzufolge Lizenzverträge, ungeachtet ihrer mannigfachen Erscheinungsformen, keine Mietoder Pachtverträge im Sinne der Vorschriften des § 8 Nr. 7 und des § 12 Abs. 2 Nr. 2 GewStG seien. Nach dieser Entscheidung seien auch die Verträge mit der Firma L. als Verträge eigener Art einzuordnen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen; hilfsweise regt es an, "in dieser grundsätzlichen Rechtsfrage zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Großen Senats herbeizuführen".

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, der Einspruchsentscheidung und zur anderweiten Festsetzung der einheitlichen Gewerbesteuermeßbeträge.

1. Der erkennende Senat kann dem FG nicht darin beitreten, daß das Urteil VI 356/62 U gegenüber dem Urteil I 174/60 S eine Einschränkung enthalte.

a) Der erkennende Senat hat im Urteil I 174/60 S ausgeführt, daß eine Einordnung von Lizenzverträgen als Miet- bzw. Pachtverträge nur dann möglich sei, wenn sie ihrem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach Miet- und pachtverträge im Sinne des bürgerlichen Rechts seien. Dagegen sei ihre Einordnung unter diese Vertragstypen dann ausgeschlossen, wenn der Vertrag wesentliche miet- bzw. pachtfremde Elemente enthalte. Die Beurteilung der Lizenzverträge, die eine - wenn auch zeitlich befristete - Überlassung von gewerblichen Schutzrechten und von betrieblichen Erfahrungen, Geheimverfahren, ungeschützten Erfindungen, Rezepten u. a. (knowhow) zum Gegenstand haben, ergebe, daß sie, ungeachtet ihrer mannigfachen Erscheinungsformen, wesentliche pachtfremde Elemente enthielten, so daß sie nicht als Pachtverträge im Sinne der gewerbesteuerrechtlichen Vorschriften angesehen werden könnten.

Der patentrechtliche Lizenzvertrag sei im einzelnen gesetzlich nicht geregelt. Er könne in der Weise geschlossen werden, daß der Lizenznehmer die Verwertungsmöglichkeiten aus dem Patent unter Ausschluß Dritter allein ausbeuten darf (ausschließlich Lizenz), wodurch eine dingliche oder mindestens quasi-dingliche Rechtsposition begründet werde. Der Lizenznehmer könne in diesem Falle gegen jeden aus eigenem Recht vorgehen, der eine Patentverletzung begehe. Das Recht zur Patentnutzung könne aber auch in der Form der sog. einfachen Lizenz begründet werden. Sie lasse eine rein obligatorische, auf das Verhältnis zum Lizenzgeber beschränkte Rechtsposition des Lizenznehmers entstehen, die es diesem nicht gestatte, Patentverletzungen Dritter aus eigenem Recht abzuwehren. Dennoch liege auch in diesen Fällen der einfachen Lizenz keine Pacht vor. Es stehe hier, auch soweit positiv von einer Überlassung des Schutzrechtes zur Nutzung gesprochen werde, die negative Verpflichtung des Lizenzgebers im Vordergrund, gegen die Verwertung des Schutzrechtes durch den Lizenznehmer nicht vorzugehen. Hinzu komme, daß sich die zur Nutzung überlassenen Schutzrechte im Hinblick auf die schnelle technische Überalterung in vielen Fällen während der Laufzeit der Lizenzverträge verbrauchten, so daß nach dieser Zeit - anders als nach Ablauf eines Pachtvertrages - nichts mehr an den Lizenzgeber zurückzugeben übrig bleibe. Der erkennende Senat bleibt bei der im Urteil I 174/60 S geäußerten Rechtsauffassung.

b) Der VI. Senat des BFH hat diese Ausführungen in seinem Urteil VI 356/62 U in vollem Umfang übernommen. Er hat dazu ausgeführt: "Wie in dem Urteil dargelegt wird, ist die Einordnung eines Lizenzvertrages unter diesen Vertragstyp (des Miet- oder Pachtvertrages) ausgeschlossen, wenn er wesentliche Elemente enthält, die dem Typus des Pachtvertrages fremd sind. Das ist vor allem anzunehmen, wenn der Lizenzgeber nicht nur die Schutzrechte zur Verfügung stellt, sondern sich zu weiteren wesentlichen positiven Leistungen im Interesse des Lizenznehmers verpflichtet,..."

c) Die hier vom VI. Senat des BFH gegebene Spezifizierung der Ausführungen des Grundsatzurteils I 174/60 S zeigt weder eine Abweichung von diesem Urteil (was der Herbeiführung einer Entscheidung des Großen Senats des BFH bedurft hätte: vgl. § 66 Abs. 1 AO in der in den Streitjahren geltenden Fassung) noch eine Einschränkung der in ihm dargelegten Grundsätze, legt vielmehr nur dar, wann insbesondere ("vor allem") die Einordnung von Lizenzverträgen unter die Typen des Miet- und Pachtvertrages nicht gegeben sei.

2. Danach sind auch die von der Klägerin mit der Firma L. abgeschlossenen Verträge vom 1. Januar 1959 und vom 20./24. September 1965 Verträge eigener Art, unbeschadet der Frage, ob die Firma L. über die Lizenzgewährung hinaus zu besonderen Leistungen (und welcher Art) der Klägerin gegenüber verpflichtet war.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70383

BStBl II 1973, 412

BFHE 1973, 370

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