Entscheidungsstichwort (Thema)

Abänderbarkeit einer dauernden Last mit steuerrechtlicher Wirkung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ist die Höhe der als dauernde Last gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG abziehbaren Versorgungsleistungen durch die nach der Prognose im Zeitpunkt der Übergabe erzielbaren Nettoerträge begrenzt. Einigen sich die Vertragsbeteiligten auf ein in Anbetracht des gestiegenen Versorgungsbedürfnisses ―hier: wegen Umzugs des Versorgungsberechtigten in ein Pflegeheim― neues Versorgungskonzept, sind Zahlungen, die ab diesem Zeitpunkt nicht mehr aus dem Ertrag des übergebenen Vermögens erbracht werden können, freiwillige Leistungen i.S. des § 12 Nr. 2 EStG.

2. Die Abänderbarkeit einer dauernden Last ist in zivilrechtlicher Hinsicht bezogen auf die Versorgungsbedürftigkeit des Empfängers und die sich aus dem übertragenen Wirtschaftsgut ergebende Leistungsfähigkeit des Verpflichteten. Diese bestimmen den Korridor, innerhalb dessen die Beteiligten mit steuerlicher Wirkung auf eine Änderung des Bedarfs des Berechtigten und/oder der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten reagieren können.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 12 Nr. 2, §§ 33, 33a Abs. 1; AO 1977 § 42; ZPO § 323

 

Verfahrensgang

FG Münster (Entscheidung vom 28.09.2001; Aktenzeichen 11 K 7225/99 E; EFG 2002, 27)

 

Tatbestand

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die für die Streitjahre (1994 bis 1997) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machten die Kläger wiederkehrende Leistungen des Ehemannes an seine Schwiegermutter (S) in Höhe von 6 000 DM (1994), 7 200 DM (1995), 41 809 DM (1996) und 19 725 DM (1997) als Sonderausgaben i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend.

Der Kläger hatte sich durch notariellen Vertrag vom 2. Juni 1967 gegenüber S unter Bezugnahme auf § 323 der Zivilprozessordnung (ZPO) zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von 100 DM verpflichtet. Eine Gegenleistung hatte S nicht zu erbringen. Mit Vertrag vom 1. August 1973 ersetzten die Vertragsparteien diese Vereinbarung durch eine neue Regelung. Der Kläger räumte S an einer ihm gehörenden Wohnung ein Nießbrauchsrecht ein. Mit privatschriftlichem Vertrag vom 23. Dezember 1978 wurde dieses Nießbrauchsrecht durch ein Nießbrauchsrecht an einer anderen Wohnung des Klägers, die höhere Mieterträge abwarf, "ausgetauscht". Schließlich verpflichtete sich der Kläger durch notariellen Vertrag vom 13. Juni 1984, an S auf deren Lebenszeit eine monatliche "Rente" in Höhe von 500 DM zu zahlen; § 323 ZPO wurde in Bezug genommen. Im Gegenzug verzichtete S auf ihr Nießbrauchsrecht.

Seit 20. Oktober 1995 wurde S ―seit 1997 als "Schwerstpflegefall" (Pflegestufe III; Hundert v.H. Behinderung)― in einem städtischen Altenpflegeheim betreut. Neben den wiederkehrenden Leistungen des Klägers bezog S eine BfA-Rente, die zuletzt vor der Unterbringung im Pflegeheim monatlich 1 596 DM betrug.

In den Einkommensteuerbescheiden 1994 bis 1996 vom 9. Dezember 1998 sowie 1997 vom 10. Dezember 1998 lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) den Abzug der wiederkehrenden Leistungen des Klägers an S als Sonderausgaben i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG unter Hinweis auf § 12 EStG ab.

Die dagegen nach erfolglosen Einsprüchen erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen (Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 2002, 27).

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Sie machen geltend, FA und FG hätten bei der Auslegung und Nichtanwendung der §§ 10 Abs. 1 Nr. 1a sowie 12 Nr. 2, 33 und 33a EStG die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entwickelten Grundsätze zur Sozialstaatlichkeit (Art. 1 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes ―GG―), zur Besteuerungsgleichheit und zur Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit (Art. 3 GG), zum besonderen Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) sowie zum Grundsatz der Folgerichtigkeit verletzt. Unter dem letzteren rechtlichen Gesichtspunkt dürfe nur das verfügbare, nach Abzug der existenz- und familiensichernden Aufwendungen verbleibende Einkommen besteuert werden. Des Weiteren seien die vom erkennenden Senat entwickelten Grundsätze zum Rechtsinstitut der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen missachtet worden. Der Vorlagebeschluss des VIII. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. November 2004 VIII R 51/03 ―neues Az. III R 94/03― (BFHE 207, 471, BFH/NV 2005, 443) bestätige ihre Rechtsausführungen zur Freistellung des Existenzminimums der (Schwieger-)Mutter.

Mit Beschluss vom 6. Dezember 2002 2 BvR 400/98 und 2 BvR 1735/00 (BStBl II 2003, 534) habe das BVerfG erneut unter Hinweis auf Art. 1 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG das verfassungsrechtliche Gebot der steuerlichen Verschonung des Existenzminimums des Steuerpflichtigen und seiner unterhaltsberechtigten Familienangehörigen bestätigt. Gleichzeitig habe das BVerfG bekräftigt, dass diese verfassungsrechtlichen Maßstäbe zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen in ausdrücklicher Distanz zum allgemeinen einfach-gesetzlichen Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG entwickelt worden seien.

Die Klägerin sei gegenüber ihrer Mutter gesetzlich unterhaltsverpflichtet gewesen (§ 1601 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ―BGB―). Schon deshalb habe der zunächst an die Mutter und später ―nach ihrer Unterbringung im Altenpflegeheim― an die Stadt B ―Sozialamt― geleistete Unterhalt von der Einkommensteuerbemessungsgrundlage der zusammenveranlagten Kläger abgezogen werden müssen.

Auch der Höhe nach hätten diese Zahlungen zu keinem Zeitpunkt das Existenzminimum der Mutter der Klägerin überschritten. Das gelte auch für die Zeit ihrer Unterbringung im Altenpflegeheim. Dort sei die handlungs- und bewegungsunfähig gewordene Mutter lediglich mit dem Notwendigsten versorgt worden. Nur der Aufwand, der nach Berücksichtigung der Rente und der Leistung aus der Pflegeversicherung vom Sozialamt vorgestreckt worden sei, sei vom Kläger an das Sozialamt erstattet worden.

Die Kläger beantragen,

1. die Vorentscheidung aufzuheben und die angefochtenen Einkommensteuerbescheide dahin gehend zu ändern, dass die Einkommensteuer 1994 bis 1997 auf der Grundlage eines 1994 um 6 000 DM, 1995 um 7 200 DM, 1996 um 41 809 DM und 1997 um 19 725 DM verminderten zu versteuernden Einkommens festgesetzt werde;

2. die Hinzuziehung der Prozessbevollmächtigten der Kläger im Einspruchsverfahren für notwendig zu erklären;

3. hilfsweise das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG einzuholen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Während des Revisionsverfahrens hat das FA die bisher angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1994 und 1995 durch Bescheide vom 12. November 2001 aus anderweitigen, die vorliegenden Streitfragen nicht berührenden Gründen geändert.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision der Kläger ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Der erkennende Senat vermag dem FG nicht darin zu folgen, dass eine Abziehbarkeit der streitigen Zahlungen an S als Sonderausgaben i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG schon deswegen ausgeschlossen sei, weil diese Zahlungen "letztlich auf einer unentgeltlichen, freiwillig begründeten Rechtspflicht (beruht hätten)".

1. Als Sonderausgaben abziehbar sind die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Hierzu hat die Rechtsprechung des BFH im Wesentlichen die folgenden Grundsätze entwickelt.

a) Nach Maßgabe des § 12 EStG sind nicht abziehbar u.a. freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht (§ 12 Nr. 2 EStG). Dies gilt auch für die im Einleitungssatz des § 12 EStG nicht erwähnten Renten und dauernden Lasten (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG), soweit diese ―außerhalb der für die Vermögensübergabe geltenden Sonderregelung― Unterhaltsleistungen oder Leistungen aufgrund freiwillig begründeter Rechtspflicht sind (Senatsurteil vom 27. Februar 1992 X R 139/88, BFHE 167, 381, BStBl II 1992, 612).

b) Die steuerrechtliche Behandlung der Versorgungsleistungen als dauernde Last/wiederkehrende Bezüge "beruht auf dem Umstand, dass sich der Vermögensübergeber in Gestalt der Versorgungsleistungen typischerweise Erträge seines Vermögens vorbehält, die nunmehr allerdings vom Vermögensübernehmer erwirtschaftet werden müssen" (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847). Dem liegt nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 12. Mai 2003 GrS 1/00 (BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95) die normleitende Vorstellung zugrunde, dass der Übergeber das Vermögen ―ähnlich wie beim Nießbrauchsvorbehalt― ohne die vorbehaltenen Erträge, die nunmehr als Versorgungsleistungen zufließen, übertragen hat. Maßgebendes Kriterium für die Frage, ob ein Wirtschaftsgut Gegenstand einer unentgeltlichen Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen sein kann, ist, so der Große Senat, "die Vergleichbarkeit mit dem Vorbehaltsnießbrauch. Die Vermögensübergabe muss sich so darstellen, dass die vom Übernehmer zugesagten Leistungen ―obwohl sie von ihm erwirtschaftet werden müssen― als zuvor vom Übergeber vorbehaltene ―abgespaltene― Nettoerträge vorstellbar sind". Dies ist für die Abziehbarkeit und materiell-rechtlich korrespondierend für die Steuerbarkeit der privaten Versorgungsrente konstituierend (Senatsurteil vom 16. Juni 2004 X R 50/01, BFHE 207, 114, BStBl II 2005, 130, unter II.1.b der Gründe).

c) Im Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe zur Vorwegnahme der Erbfolge vereinbarte wiederkehrende Leistungen, die nicht aus den erzielbaren Nettoerträgen des übernommenen Vermögens gezahlt werden können, sind nicht als dauernde Last abziehbar. Sie stellen Entgelt für das übernommene Vermögen dar (BFH-Beschluss in BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95, unter C.II. vor 1. und 3.).

d) S hatte dem Kläger in Gestalt des Verzichts auf den ihr zustehenden Nießbrauch an einer diesem gehörenden Wohnung Vermögen "übertragen", welches nach der Rechtsprechung des BFH als begünstigte Wirtschaftseinheit i.S. des in § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG geregelten Sonderrechtsinstituts in Betracht kommt (allgemein zum Begriff des nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG begünstigten Vermögens vgl. nunmehr den Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95, unter C.II.6. "Art des übergebenen Vermögens").

Schon in seiner früheren, vor den Beschlüssen des Großen Senats des BFH in BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95 und vom 12. Mai 2003 GrS 2/00 (BFHE 202, 477, BStBl II 2004, 100) ergangenen Rechtsprechung hat der BFH den Nießbrauch (oder ein vergleichbares Nutzungsrecht) an einer Immobilie als eine i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG potentiell begünstigte Wirtschaftseinheit angesehen. Dies gilt nicht nur für den Vorbehaltsnießbrauch (vgl. z.B. Senatsurteile vom 3. Juni 1992 X R 14/89, BFHE 169, 25, BStBl II 1993, 23; vom 3. Juni 1992 X R 147/88, BFHE 169, 127, BStBl II 1993, 98; vom 25. November 1992 X R 34/89, BFHE 170, 76, BStBl II 1996, 663; vom 3. März 2004 X R 38/01, BFH/NV 2004, 1095, unter II.1., letzter Absatz; in BFHE 207, 114, BStBl II 2005, 130), sondern ebenso für den hier in Rede stehenden Zuwendungsnießbrauch (vgl. z.B. Senatsurteile vom 15. März 1994 X R 93/90, BFH/NV 1994, 848, unter 2.b; vom 25. November 1992 X R 148/90, BFH/NV 1993, 586, unter II.1.a bb und cc der Gründe).

Hierbei ist ohne Bedeutung, dass der Nießbrauch im Falle des Verzichts nicht Gegenstand einer bürgerlich-rechtlichen "Übertragung" ist, sondern mit dem Verzicht erlischt (näher dazu z.B. Senatsurteil in BFHE 170, 76, BStBl II 1996, 663, unter 2.b cc der Gründe).

e) Einer nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG begünstigten Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen steht nicht per se der Umstand entgegen, dass der Kläger das vermögenswerte Nutzungsrecht an der nämlichen Wohnung ca. fünfeinhalb Jahre zuvor der S im Wege des Zuwendungsnießbrauchs übertragen hatte. Dies gilt selbst unter Berücksichtigung dessen, dass sich die Bestellung dieses Nießbrauchs jedenfalls insoweit unentgeltlich vollzogen hatte, als dessen Wert den Wert des von der S im Gegenzug aufgegebenen Nießbrauchs an einer anderen dem Kläger gehörenden Wohnung überstieg, und dass auch der von S am 23. Dezember 1978 aufgegebene Nießbrauch ihr zuvor ―am 1. August 1973― vom Kläger unentgeltlich eingeräumt worden war. Grundsätzliche Bedenken gegen die steuerrechtliche Anerkennung des von der S am 13. Juni 1984 gegen die Gewährung wiederkehrender Bezüge erklärten Nießbrauchsverzichts als (privilegierte) Vermögensübergabe i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG wären unter dem Aspekt einer "Umgehung" der Rechtsfolge des § 12 Nr. 2 EStG und einer "Erschleichung" des Sonderausgabenabzugs nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG (§ 42 der AbgabenordnungAO 1977―) nur dann angezeigt, wenn sich Anhaltspunkte für eine gesamtplanmäßige Verbindung der hierzu beurteilenden Rechtsgeschäfte finden ließen. Ein solcher Gesamtplan könnte darin bestehen, dass die Vertragsparteien von vornherein, mithin bereits bei der Begründung der Nießbrauchsrechte im August 1973 und im Dezember 1978 (= Ausweichgeschäfte) die Absicht verfolgten, die Nießbrauchsbestellungen zu einer ihnen genehmen Zeit, sei es gegen Versorgungsleistungen i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG oder sei es ―zwecks Herbeiführung höherer Werbungskosten des Klägers bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der betreffenden Wohnung; dazu unten 2.― gegen Entgelt durch die Aufhebung des Nießbrauchs, "rückabzuwickeln" (sog. "Korrekturgeschäft"). Hierfür liegen indessen nach den bisherigen tatrichterlichen Feststellungen keine Anhaltspunkte vor.

f) Soweit das FG demgegenüber die Anwendung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG einzig mit dem Hinweis darauf abgelehnt hat, der Verzicht der S auf das Nießbrauchsrecht stelle deswegen keine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen dar, "weil das Nießbrauchsrecht der Schwiegermutter zuvor vom Kläger unentgeltlich eingeräumt worden (sei)" (vgl. auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ―BMF― vom 24. Juli 1998 IV B 3 -S 2253- 59/98 ―Nießbrauchserlass― BStBl I 1998, 914, 920, Tz. 61), vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen (zur insoweit berechtigten Kritik an Tz. 61 des zitierten BMF-Schreibens vgl. auch Stephan/Rindermann, Der Betrieb ―DB―, Beilage Nr. 13/98 zu Heft Nr. 38, S. 21 f.). Damit im Einklang stehend, nimmt die ständige Rechtsprechung des BFH ―vorbehaltlich des § 42 AO 1977― auch bei einem Verzicht auf einen Vorbehalts- oder Zuwendungsnießbrauch (oder ein vergleichbares Nutzungsrecht, z.B. ein dingliches Wohnungsrecht) gegen einmaliges Entgelt auf der Seite des Verzichtenden ein (entgeltliches) Veräußerungsgeschäft und auf der Seite des Grundstückseigentümers ein (entgeltliches) Anschaffungsgeschäft an mit der Folge, dass der Erwerber in Höhe des Entgelts (zusätzliche, nachträgliche) Anschaffungskosten aufwendet die er ―soweit sie nicht auf den Grund und Boden entfallen― im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA) gemäß § 21 EStG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG abziehen kann (vgl. BFH-Urteile vom 21. Juli 1992 IX R 14/89, BFHE 169, 313, BStBl II 1993, 484, unter 2. und 3., m.w.N.; vom 21. Juli 1992 IX R 72/90, BFHE 169, 317, BStBl II 1993, 486, unter 2. und 3., m.w.N.; vom 15. Dezember 1992 IX R 323/87, BFHE 169, 386, BStBl II 1993, 488, unter 1. und 2., m.w.N.; vom 6. Juli 1993 IX R 112/88, BFHE 171, 530, BStBl II 1998, 429, unter 1.a, m.w.N.).

Die grundsätzliche Nichtanwendbarkeit der in § 10 Abs. 1 Nr. 1a/§ 22 Nr. 1 EStG normierten Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen lässt sich im Streitfall nur mit dem Argument begründen, dass dem Verzicht auf den Nießbrauch seitens der S der "Charakter der … Rückgängigmachung einer ―entgeltlichen oder unentgeltlichen― Bestellung eines Nutzungsrechts (zukäme)" (vgl. Senatsurteil vom 13. Oktober 1993 X R 86/89, BFHE 174, 45, BStBl II 1994, 451, unter 3., letzter Absatz). Wie dargelegt, könnte indessen der Verzicht der S auf den Nießbrauch nur dann bei der gebotenen steuerrechtlich-wirtschaftlichen Betrachtung als "Rückgängigmachung" der früheren Nießbrauchsbestellung gewertet werden, wenn beide Rechtsgeschäfte aufgrund eines von Anfang an bestehenden Gesamtplans miteinander "verklammert" gewesen wären, wofür im Streitfall allerdings ―wie ausgeführt― kein (hinlänglicher) Anhalt besteht. Ohne eine solche "Verklammerung" können die Nießbrauchsbestellungen einerseits und der Nießbrauchsverzicht andererseits nur jeweils für sich auf ihre (ertrag-)steuerrechtliche Relevanz untersucht werden.

Anhaltspunkte dafür, dass die Nießbrauchsbestellungen und der spätere Nießbrauchsverzicht nach den Grundsätzen über die steuerrechtliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden können, sind nicht ersichtlich.

g) Ebenso wenig hindert § 42 AO 1977 bei isolierter Beurteilung des von S gegen die Gewährung wiederkehrender Bezüge ausgesprochenen Nießbrauchsverzichts eine Beurteilung dieses Rechtsgeschäfts am Maßstab des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Da S, solange der Nießbrauch bestand, die aus der betreffenden Wohnung erzielten Mieterträge als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.S. von § 21 EStG zuzurechnen waren und sie sich nach der neueren, durch die Beschlüsse des Großen Senats in BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95 und in BFHE 202, 477, BStBl II 2004, 100 eingeleiteten Rechtsprechung des BFH allenfalls Versorgungsleistungen in Höhe der aus dem übertragenen Objekt (Nutzungsrecht) erzielbaren Erträge "vorbehalten" konnte, war der Nießbrauchsverzicht jedenfalls im Grundsatz nicht geeignet, zu einer nach der Wertung des § 42 AO 1977 missbilligten Steuerumgehung zu führen.

2. Ausgehend von der Anwendbarkeit des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG dem Grunde nach kann dem Hauptantrag der Kläger insoweit nicht entsprochen werden, als sich die Zahlungen an S nicht als vorbehaltener Ertrag des übertragenen Grundstücks darstellen. Für die Abziehbarkeit der Zahlungen sind wie vorstehend unter 1.b dargelegt die normleitende Idee der vorbehaltenen Vermögenserträge und die Vergleichbarkeit mit dem Vorbehaltsnießbrauch maßgebend. Das Sonderrecht der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ―und die damit verbundene Privilegierung― kommt nur dann zur Anwendung, wenn die Versorgungsleistungen aus den Nettoerträgen des übertragenen Vermögens erbracht werden können (BFH-Beschluss in BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95). Im Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe zur Vorwegnahme der Erbfolge vereinbarte wiederkehrende Leistungen, die nicht aus den erzielbaren Nettoerträgen des übernommenen Vermögens gezahlt werden können, sind nicht als dauernde Last abziehbar. Sie sind Entgelt für das übernommene Vermögen (BFH-Beschluss in BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95).

Für die Unterscheidung zwischen privater Versorgungsrente und entgeltlichem Veräußerungsgeschäft ist grundsätzlich auf eine Ertragsprognose im Zeitpunkt der Übergabe des Vermögens abzustellen (Senatsurteil vom 16. Juni 2004 X R 22/99, BFHE 206, 400, BStBl II 2004, 1053). Ausgangspunkt sind die steuerlichen Einkünfte, die allerdings um AfA, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen sowie um außerordentliche Aufwendungen zu bereinigen sind (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95, unter C.II.6.b aa c). Reichen die solchermaßen rechnerisch ermittelten erzielbaren Nettoerträge aus, um die vereinbarten Leistungen an S zu erbringen, liegt eine dauernde Last vor. Ergibt hingegen die nach den Verhältnissen des Übergabezeitpunktes "überschlägig" zu treffende Prognose, dass die ―zu erwartenden― erzielbaren Nettoerträge nicht ausreichen, die voraussichtlichen wiederkehrenden Leistungen in vollem Umfang zu erbringen, sind diese von Anbeginn an Entgelt für das übernommene Vermögen, d.h. für die durch den Nießbrauchsverzicht bewirkte "Übertragung" der Nutzungsbefugnis an der Wohnung (grundlegend BFH-Beschluss in BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95, unter C.II. vor 1. und 3. der Gründe).

In diesem Fall stellen die wiederkehrenden Leistungen grundsätzlich in Höhe ihres nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Nießbrauchsverzichts zu ermittelnden Barwerts (Kapitalwerts) Anschaffungskosten für die Wohnung dar (zur näheren Begründung vgl. z.B. Senatsurteil vom 13. Oktober 1993 X R 81/91, BFH/NV 1994, 620, unter 2.b, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH), die ―soweit sie nicht anteilig auf den Grund und Boden entfallen― vom Kläger, sofern er die Wohnung zur Erzielung von Einkünften (aus Vermietung und Verpachtung) eingesetzt hat, über die AfA gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG als Werbungskosten abgezogen werden können. Darüber hinaus kann der Kläger den in den einzelnen wiederkehrenden Zahlungen enthaltenen Zinsanteil gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG als Werbungskosten abziehen (grundlegend ―für den Fall der auch hier vorliegenden dauernden Last― BFH-Urteil vom 9. Februar 1994 IX R 110/90, BFHE 175, 212, BStBl II 1995, 47; vgl. ferner Senatsurteil in BFHE 207, 114, BStBl II 2005, 130, unter II.5., ebenfalls eine dauernde Last betreffend).

3. Geringfügige Schwankungen der für die Bemessung der dauernden Last maßgebenden Daten ―Versorgungsbedürfnis des Berechtigten und Leistungsfähigkeit des Verpflichteten― sind grundsätzlich unerheblich, so lange sie den zivilrechtlichen Änderungsmechanismus nicht auslösen. Die Abänderbarkeit nach der materiellen Rechtsnatur des Übergabevertrages ist konstitutives Element der als dauernde Last abziehbaren Versorgungsleistungen. Damit ist freilich nichts darüber ausgesagt, dass stets und in vollem Umfang ein gestiegenes Versorgungsbedürfnis des Berechtigten zur steuerlichen Abziehbarkeit einer den geänderten Verhältnissen Rechnung tragenden Erhöhung der Versorgungsleistungen führen müsste. Es ist bereits zivilrechtlich zweifelhaft, ob nicht dann, wenn das Versorgungsbedürfnis durch die voraussichtlich zu erzielenden Erträge nicht mehr abgedeckt werden kann, die Höhe der Versorgungsleistungen gleichwohl begrenzt wird, weil der Verpflichtete diese nicht aus der Substanz des übergebenen Vermögens erbringen muss. In steuerlicher Hinsicht ist die Höhe der abziehbaren Leistungen durch die erzielbaren Nettoerträge begrenzt. Diese Überlegung hat den Senat in seinem Urteil vom 31. März 2004 X R 66/98 (BFHE 205, 285, BStBl II 2004, 830) zu der ―damals nicht entscheidungserheblichen― Bemerkung veranlasst, dass mit der Veräußerung oder dem Verbrauch des übergebenen Vermögens die Abziehbarkeit der dauernden Last jedenfalls auch dann endet, wenn kein Ersatzwirtschaftsgut ("Surrogat") erworben wird. Einigen sich die Vertragsbeteiligten wie vorliegend auf ein in Anbetracht des gestiegenen Versorgungsbedürfnisses neues Versorgungskonzept, sind Zahlungen, die nicht mehr aus dem Ertrag des übergebenen Vermögens erbracht werden können, freiwillige Leistungen i.S. des § 12 Nr. 2 EStG.

a) Für eine steuerrechtlich zu beachtende Änderungsklausel genügt der Vorbehalt der Rechte aus § 323 ZPO, weil diese so zu verstehen ist, dass der Vertrag nach Maßgabe des materiellen (Zivil-)Rechts, auf das diese Vorschrift Bezug nimmt, abänderbar sein soll (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 31. März 2004 X R 3/01, BFH/NV 2004, 1386). Fehlt eine Bezugnahme auf § 323 ZPO, kann sich eine gleichwertige Änderungsmöglichkeit aufgrund des Vertragsinhalts ergeben, der eine Anpassung nach den Bedürfnissen des Übergebers oder der Leistungsfähigkeit des Übernehmers erlaubt. Die Abänderbarkeit kann auch aus der Rechtsnatur des typischen Versorgungsvertrages folgen (BFH-Urteil vom 11. März 1992 X R 141/88, BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499, unter 3. und 4.). Die Rechtsprechung geht davon aus, dass Versorgungsleistungen, die in sachlichem Zusammenhang mit der Übergabe von existenzsicherndem Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vereinbart werden "im Regelfall" abänderbar sind (BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 1386, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).

b) Damit nimmt sowohl der "Vorbehalt der Rechte aus § 323 ZPO" als auch die ausdrückliche oder als "vertragstypisch" vorausgesetzte Abänderbarkeit auf die zivilrechtliche Rechtslage Bezug. Die durch die Übergabe existenzsichernden Vermögens und den hierauf gründenden einvernehmlichen Vertragszweck vorgeprägte Interessenlage ist exemplarisch und richtungsweisend in den zu Art. 96 des Einführungsgesetzes zur Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) zum "Altenteil" ergangenen landesrechtlichen Ausführungsgesetzen bewertet. Die Interessenlage ist geprägt durch

das "Nachrücken der folgenden Generation in eine die Existenz ―wenigstens teilweise― begründende Wirtschaftseinheit";

das Versorgungsbedürfnis als typischerweise notwendige Folge der Übertragung von existenzsicherndem Vermögen;

den Versorgungscharakter als Wesen des Leibgedingvertrages, "der das sonst übliche synallagmatische Verhältnis von Leistung und Gegenleistung in den Hintergrund treten lässt" (vgl. z.B. Bayerisches Oberstes Landesgericht ―BayOLG―, Beschluss vom 25. März 1975 BReg 2 Z 8/75, Deutsche Notar-Zeitschrift ―DNotZ― 1975, 622, 625; Lüdtke-Handjery, Hofübergabe als vertragliche und erbrechtliche Nachfolge, DNotZ 1985, 332, 333 ff.). Kraft Nutzung des übertragenen Vermögens soll der Übernehmer "sich eine eigene Lebensgrundlage schaffen und gleichzeitig den dem Altenteiler geschuldeten Unterhalt gewinnen" (Urteil des Bundesgerichtshofs ―BGH― vom 31. Oktober 1969 V ZR 138/66, BGHZ 53, 41, 43, m.w.N.; ferner BGH-Urteil vom 7. April 1989 V ZR 252/87, Neue Juristische Wochenschrift ―NJW― 1989, 2122, unter B.II.3.b);

die aus der Überlassung des Vermögens gegen Übernahme der persönlichen Versorgung folgende wechselseitige Gebundenheit und die hierdurch bedingte "Verknüpfung der beiderseitigen Lebensverhältnisse".

In diesem Sinne ist das bürgerlich-rechtliche Altenteil ein Inbegriff von Versorgungsleistungen verschiedener Art, die durch die gemeinsame Zweckbestimmung, den Berechtigten ganz oder teilweise zu versorgen, zu einer rechtlichen Einheit verbunden sind (BFH-Urteil in BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499, m.w.N. aus der zivilrechtlichen Rechtsprechung). Im Hinblick auf diese Zweckbestimmung sind die einzelnen geschuldeten Versorgungsleistungen keiner jeweils eigenen Beurteilung und im Verhältnis zueinander keiner abstufenden Wertung zugänglich (BFH-Urteil vom 19. Januar 2005 X R 23/04, BFHE 209, 91, BStBl II 2005, 434).

c) Die Abänderbarkeit ist in zivilrechtlicher Hinsicht bezogen auf die Versorgungsbedürftigkeit des Empfängers und die aus dem übertragenen Wirtschaftsgut resultierende Leistungsfähigkeit des Verpflichteten. Diese bestimmen den Korridor, innerhalb dessen die Beteiligten auf eine Änderung des Bedarfs des Berechtigten und/oder der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten reagieren können. Altenteilsleistungen können der Art nach insoweit abgeändert werden, als sich bei einer erheblichen Veränderung der Verhältnisse ein Anspruch auf Natural- und Versorgungsleistungen in einen Geldanspruch umwandeln kann (vgl. zu Art. 15 § 8 des Preußischen Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch ―Preuß. AGBGB― BGH-Beschluss vom 8. Oktober 1957 V BLw 12/57, BGHZ 25, 293, 295; Oberlandesgericht ―OLG― Düsseldorf, Urteil vom 28. Oktober 1987 9 U 69/87, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht ―NJW-RR― 1988, 326). Eine Änderung der Höhe nach ist z.B. möglich, wenn sich die Ertragskraft des übertragenen Vermögens verbessert (vgl. z.B. Habersack in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch ―MünchKomm―, 4. Aufl., Art. 96 EGBGB Rz. 34; Dressel, Recht der Landwirtschaft ―RdL― 1970, 58, m.w.N.). Soweit ersichtlich hat sich die Rechtsprechung der Zivilgerichte bislang noch nicht dazu geäußert, ob der Übernehmer mehr als die von ihm erwirtschafteten Erträge leisten muss. Es spricht viel dafür, dass diese Frage nach dem Sinn und Zweck des Altenteils nur dahin beantwortet werden kann, dass die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten "erschöpft" ist, wenn er zur Erfüllung seiner Schuld auf das übergebene oder auf sein sonstiges Vermögen zurückgreifen müsste. Jenseits dieser Grenze lassen sich aus der Rechtsnatur des Altenteilsvertrages als Versorgungsvertrag keine weiteren ―im Vertrag nicht ausdrücklich bezeichneten― finanziellen Verpflichtungen herleiten. Soweit dem Versorgungsberechtigten nach der Vermögensübergabe mehr an Mitteln zur Verfügung steht als zuvor aus dem übergebenen Vermögen zu erwirtschaften war, sind die beiderseitigen Lebensverhältnisse nicht infolge der Vermögensübergabe, sondern durch eine hiervon unabhängige Versorgungszusage verknüpft (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499).

d) Jedenfalls in steuerlicher Hinsicht sind die Versorgungsleistungen der Höhe nach begrenzt auf die aus dem übertragenen Wirtschaftsgut erzielbaren Erträge. Dies folgt bereits aus der unter 1.b dargelegten Erwägung, dass die steuerrechtliche Behandlung der Versorgungsleistungen als dauernde Last bzw. wiederkehrende Bezüge auf der normleitenden Vorstellung beruht, der Übergeber übertrage das Vermögen ―vergleichbar dem Vorbehaltsnießbrauch― ohne die vorbehaltenen Erträge, die ihm nunmehr als Versorgungsleistungen zufließen.

Ergibt die nach dem zuvor Gesagten aus der Perspektive des Umzugs der S in das Altenpflegeheim neu zu treffende Prognose, die das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben wird, dass die fortan vom Kläger an S geleisteten Zahlungen ―was nach Lage des Falles nahe liegt― nicht (in vollem Umfang) aus den erzielbaren Nettoerträgen der Wohnung geleistet werden konnten, so sind die vom Kläger in den Streitjahren 1996 und 1997 an S erbrachten Leistungen ―vorbehaltlich der folgenden Ausführungen unter e― nur insoweit als dauernde Last i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG abziehbar, als sie durch die (voraussichtlich) aus dem übertragenen Wirtschaftsgut erzielbaren Nettoerträge abgedeckt werden. Die übersteigenden Beträge stellen Zuwendungen i.S. von § 12 EStG dar, die allenfalls im Rahmen der §§ 33 und 33a EStG abgezogen werden könnten (hierzu unten 4.).

e) Soweit nach den vorstehenden Grundsätzen ein Abzug der vom Kläger in den Streitjahren 1996 und 1997 an S geleisteten Zahlungen als dauernde Last i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG in Betracht zu ziehen ist, wird das FG allerdings prüfen müssen, ob der tatsächliche Vollzug des Vermögensübergabevertrages vom 13. Juni 1984 den Anforderungen entspricht, welche an die steuerrechtliche Anerkennung von (Versorgungs-)Verträgen zwischen nahen Angehörigen zu stellen sind (aus jüngerer Zeit vgl. hierzu z.B. BFH-Urteile vom 3. März 2004 X R 14/01, BFHE 205, 261, BStBl II 2004, 826; X R 17/02, BFH/NV 2004, 1238; in BFH/NV 2004, 1095; X R 43/01, BFH/NV 2004, 1097; X R 3/02, BFH/NV 2004, 1098; X R 12/02, BFHE 205, 451, BStBl II 2004, 722). Zweifel ergeben sich daraus, dass der Kläger nach seinem eigenen Vortrag vom Sozialamt auf Zahlung jedenfalls eines Teils der Pflegeheimkosten in Anspruch genommen worden ist und sie nicht von sich aus an S erbracht hat.

4. Soweit die wiederkehrenden Zahlungen in den Streitjahren 1996 und 1997 nach den vorstehenden Grundsätzen nicht als dauernde Last i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG abgezogen werden können und mithin als Zuwendungen i.S. von § 12 EStG zu qualifizieren sind, können sie auch nicht als außergewöhnliche Belastungen i.S. der §§ 33a und 33 EStG steuermindernd berücksichtigt werden. Dabei kann offen bleiben, inwieweit diese Zahlungen als (typische) Unterhaltskosten i.S. von § 33a Abs. 1 EStG und inwieweit sie darüber hinaus als krankheitsbedingte, durch die Pflegebedürftigkeit der S ausgelöste erhöhte Aufwendungen i.S. von § 33 EStG einzuordnen sind (zur Abgrenzung der Aufwendungen i.S. von § 33a Abs. 1 EStG und § 33 EStG bei den Kosten der Unterbringung des Steuerpflichtigen oder ―wie hier― eines nahen Angehörigen in einem Alten(pflege-)heim vgl. z.B. BFH-Urteile vom 29. September 1989 III R 129/86, BFHE 158, 380, BStBl II 1990, 418; vom 24. Februar 2000 III R 80/97, BFHE 191, 280, BStBl II 2000, 294; vom 18. April 2002 III R 15/00, BFHE 199, 135, BStBl II 2003, 70; BFH-Beschluss vom 29. August 2003 III B 105/02, BFH/NV 2004, 178; vgl. ferner Mellinghoff in Kirchhof, Einkommensteuergesetz, KompaktKommentar, 5. Aufl., § 33 Rz. 5, m.w.N. und Rz. 100, Stichwort: "Altenheim"; Blümich/Oepen, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 33a EStG Rz. 84, m.w.N.; Blümich/Heger, a.a.O., § 33 EStG Rz. 207 ff., m.w.N.).

a) Einer steuermindernden Berücksichtigung von typischen Unterhaltsaufwendungen i.S. von § 33a Abs. 1 EStG steht entgegen, dass nach den Feststellungen des FG die eigenen Einkünfte und Bezüge der S die in § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG 1996 und 1997 festgelegten anrechnungsfreien Beträge in Höhe von jeweils 1 200 DM in einem Umfang überstiegen, dass die nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG 1996 und 1997 abziehbaren Höchstbeträge von jeweils 12 000 DM in vollem Umfang aufgezehrt wurden. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die in den genannten Bestimmungen statuierten Unterhaltshöchstbeträge und anrechnungsfreien Beträge bestehen jedenfalls für die hier in Rede stehenden Zeiträume ab 1996 nicht (zur näheren Begründung vgl. Blümich/Oepen, a.a.O., § 33a EStG Rz. 2 und 38; Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 33a EStG Rz. 21; vgl. ferner auch BVerfG-Beschluss vom 13. Dezember 1996 1 BvR 1474/88, Finanz-Rundschau ―FR― 1997, 156).

b) Soweit die in den Jahren 1996 und 1997 streitigen Zahlungen als außergewöhnliche Belastungen i.S. von § 33 Abs. 1 EStG zu qualifizieren sind, steht ihrem Abzug § 33 Abs. 3 EStG entgegen. Der dort vorgesehenen Anrechnung einer nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte, dem Familienstand und der Kinderzahl gestaffelten zumutbaren Belastung liegt die Erwägung zugrunde, dass dem Steuerpflichtigen zugemutet werden kann, entsprechend seiner steuerlichen Leistungsfähigkeit einen gewissen Teil seiner Belastung selbst zu tragen (vgl. BFH-Urteil vom 15. November 1991 III R 30/88, BFHE 166, 159, BStBl II 1992, 179). Hiergegen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, soweit dem Steuerpflichtigen ein verfügbares Einkommen verbleibt, dass über dem Regelsatz für das Existenzminimum liegt (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 29. Oktober 1987 1 BvR 672/87, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1989, 152, und vom 14. März 1997 2 BvR 861/92, Die Information über Steuer und Wirtschaft 1997, 543; BFH-Urteil in BFHE 166, 159, BStBl II 1992, 179; BFH-Beschlüsse vom 17. September 1999 III B 38/99, BFH/NV 2000, 315; vom 8. Dezember 1999 III B 72/99, BFH/NV 2000, 704; vom 10. Januar 2003 III B 26/02, BFH/NV 2003, 616; vgl. ferner z.B. Blümich/Heger, a.a.O., § 33 EStG Rz. 134; Korn/Fuhrmann, Einkommensteuergesetz, § 33 Rz. 57). Letzteres steht bei dem hohen Einkommen des Klägers außer Zweifel.

5. Da das FG hinsichtlich der Anwendung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG (oben 2.) von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist und sich seine Entscheidung auch nicht aus anderen Rechtsgründen als zutreffend darstellt, war das FG-Urteil aufzuheben. Die nicht spruchreife Sache geht an das FG zurück. Dieses wird im zweiten Rechtszug die für die Anwendung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG erforderlichen Tatsachenfeststellungen nachholen.

6. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.

Der Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO), ist im Revisionsverfahren unzulässig. Die Entscheidung nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren. Zuständig hierfür ist deshalb das Gericht des ersten Rechtszuges, im Streitfall das FG (vgl. z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 18. Juli 1967 GrS 5-7/66, BFHE 90, 150, BStBl II 1968, 56; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 139 Rz. 32, m.w.N.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1490841

BFH/NV 2006, 1003

BStBl II 2008, 16

BFHE 2007, 195

BFHE 212, 195

BB 2006, 751

DB 2006, 704

DStR 2006, 692

DStRE 2006, 570

DStZ 2006, 245

DStZ 2006, 378

HFR 2006, 466

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