Leitsatz (amtlich)

Die Frage, ob bei sog. Abschreibungsgesellschaften Kosten für die Erstellung eines Abschreibungsmodells und Kosten für die Anwerbung neuer Kommanditisten Ergänzungsbilanzen der neu eingetretenen Kommanditisten zu aktivieren sind, berührt die neu eingetretenen Gesellschafter, so daß diese Gesellschafter zum Verfahren notwendig beizuladen sind.

 

Normenkette

FGO § 60 Abs. 3, § 48 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Bremen

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine durch Vertrag vom 13. Oktober 1972 gegründete Kommanditgesellschaft.

Persönlich haftende Gesellschafterin ist eine GmbH, Gründungskommanditist und Geschäftsführer der GmbH ist H. Die GmbH war ermächtigt, weitere Kommanditisten bis zu einem Gesamtbetrag der Kommanditeinlage in Höhe von 18 Mio. DM aufzunehmen.

Mit der Anwerbung neuer Kommanditisten war in einer Vereinbarung vom 28. September 1972 ein Anlagenberater beauftragt worden. Bis zum 31. Dezember 1972 wurden 268 Kommanditisten geworben. Ihre Zahl erhöhte sich zum 31. Dezember 1973 bis zur vollen Zeichnung des Kommanditkapitals auf 373.

Der Anlagenberater erhielt für die Erfüllung der von ihm in der Vereinbarung vom 28. September 1972 übernommenen Aufgaben, zu denen auch die Erstellung des Verlustzuweisungsmodells gehörte, im Jahre 1972 einen Betrag in Höhe von 1 895 250 DM und im Jahre 1973 einen Betrag in Höhe von 804 750 DM, zusammen also 2 700 000 DM, die sich wie folgt aufgliedern:

a) als Vermittlungsprovision 9 v. H. des

Kommanditkapitals 1 620 000 DM

b) für Konzeption und endgültige

Erstellung des Beteiligungsangebots 300 000 DM

c) als Ersatz für Organisations- und

Beratungskosten 200 000 DM

d) für Vorarbeiten und für die

Überwachung der Zahlungs-

eingänge sowie das Inkasso 15 000 DM

e) als pauschale Zusatzvergütung

für die bevorzugte Vermittlung

des Beteiligungsangebots 25 000 DM

f) für ... und wirtschaftliche Beratung 540 000 DM

2 700 000 DM

Die Beteiligten streiten um die steuerliche Behandlung dieses Betrages. Während die Klägerin die Auffassung vertritt, es handele sich um sofort abzugsfähige Betriebsausgaben, ist der Beklagte und ist der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA-) unter Bezugnahme auf das Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BdF) vom 30. März 1976 IV B2 - S. 2170 - 35/76 (BStBl I 1976, 283) der Auffassung, die Kosten für die Vermittlung der Kommanditisten und die Konzeptionskosten seien bei den einzelnen Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens anteilig zu aktivieren und wie diese abzuschreiben.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage gegen die geänderten Feststellungsbescheide 1972 und 1973 vom 14. Dezember 1976 statt. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es im wesentlichen aus: Die strittigen Aufwendungen seien Gründungs- und Kapitalbeschaffungskosten und damit als Betriebsausgaben sofort abzugsfähig. Sie seien auch nicht in Ergänzungsbilanzen der Kommanditisten anteilig als Anschaffungskosten zu aktivieren. Die Vermittlungskosten, zu deren Zahlung allein die Klägerin gegenüber dem Anlagenberater verpflichtet gewesen sei, könnten nicht als Teil der Aufwendungen der eintretenden Kommanditisten für den Erwerb der Mitunternehmeranteile angesehen werden. Anschaffungskosten seien vielmehr nur in Höhe der tatsächlichen Zahlung der Kommanditisten angefallen (Einlage zuzüglich Agio). Wäre die Auffassung des FA zutreffend, so hätte der einzelne Kommanditist seine durch die Beitrittserklärung begründete Zahlungspflicht noch nicht in vollem Umfang erfüllt und könnte von der Klägerin insoweit, als die Einlage für die Begleichung der Vermittlungskosten verwandt worden sei, nochmals in Anspruch genommen werden. Eine solche Annahme verbiete sich allein schon wegen der klaren Vereinbarungen, die den Beitrittserklärungen der Kommanditisten zugrunde gelegen hätten.

Auch die Konzeptionskosten seien als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben zu qualifizieren. Es sei schon fraglich, ob man sie als Aufwendungen für ein immaterielles Wirtschaftsgut ansehen könne. Das von dem Anlagenberater entwickelte Konzept - eine Art steuertechnisches Know-how - sei für weitere Geschäftsvorhaben des Unternehmens der Klägerin oder eines Dritten nicht verwendbar. Sein Wert habe sich in den Streitjahren 1973 und 1974 erschöpft, so daß ein gedachter Erwerber des Unternehmens für diese von der Klägerin getätigten Aufwendungen nichts bezahlen würde. Eine Aktivierung dieser Kosten scheiterte auch daran, daß es an einem entgeltlichen Erwerb i. S. des § 5 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) fehle. Die Erarbeitung einer Konzeption für eine Abschreibungsgesellschaft stelle eine geistige Leistung aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrages dar. Dadurch schaffe das Anlagenberatungsunternehmen kein immaterielles Wirtschaftsgut, das gegen Entgelt übertragen werden könnte.

Mit der Revision beantragt das FA, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen. Zur Begründung trägt es im wesentlichen vor: Zu Unrecht gehe das FG davon aus, daß es sich bei dem strittigen Betrag von 2, 7 Mio. DM um typische Gründungs- und Finanzierungskosten handele. Es handele sich um außergewöhnliche Kosten, die bei einer normalen Geschäftsgründung nicht denkbar seien. Diese aus einer besonderen Rechtsgestaltung erwachsenen Kosten rechtfertigten eine besondere steuerliche Behandlung. Anknüpfen könne man an die Behandlung der aus den Bauherrenmodellen bekannten Kosten für wirtschaftliche Betreuung, durch die u. a. auch die Vermittlung weiterer Bauinteressenten abgegolten werde und die die Vorinstanz selbst zum weitaus überwiegenden Teil den Herstellungskosten von Gebäuden zugerechnet habe (Urteil des FG Bremen vom 23. November 1976 I 105/74, Entscheidungen der Finanzgerichte 1977 S. 110 - EFG 1977, 110 -; ebenso Urteil des Niedersächsischen FG vom 5. August 1975 VI E 97/74, EFG 1975, 574). Auch die streitigen Vermittlungskosten hätten dazu gedient, eine ausreichende Anzahl von Kommanditisten zu interessieren, damit die Wirtschaftsgüter des Unternehmens hätten angeschafft werden können. Die Kosten seien daher als anschaffungsnahe Aufwendungen bei den einzelnen angeschafften Wirtschaftsgütern zu aktivieren. Dabei könne es nicht entscheidend darauf ankommen, ob durch die Aktivierung dieser Kosten die Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter überschritten würden. Maßgeblich sei allein, welchen Wert die Kommanditisten ihrer Beteiligung beimäßen. Die Kommanditisten, denen es in erster Linie um eine günstige Geldanlage in Form von Verlustzuweisungen in den ersten Jahren und hohen Renditen in späteren Jahren gegangen sei, hätten diese hohen zusätzlichen Aufwendungen in Kauf genommen. Dabei könne es keinen Unterschied machen, ob die Kommanditisten selbst oder die Klägerin dem Vermittler gegenüber zur Zahlung der Vermittlungsprovision verpflichtet gewesen seien.

Die Klägerin tritt der Revision mit den Gründen der Vorentscheidung entgegen.

Der BdF ist dem Revisionsverfahren beigetreten. Er vertritt die Auffassung, Kommanditgesellschaften von der Art der Klägerin seien nicht als Mitunternehmerschaften zu qualifizieren. Hilfsweise vertritt er die Auffassung, die Konzeptions- und Vermittlungskosten seien zu aktivieren.

a) Zur Frage der Mitunternehmerschaft führt er u. a. aus: Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei der steuerliche Begriff des "Mitunternehmers" i. S. von § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit dem bürgerlich-rechtlichen Begriff des "Gesellschafters" nicht deckungsgleich (Beschluß vom 21. Februar 1974 IV B 28/73, BFHE 112, 51, BStBl II 1974, 404; Urteil vom 8. Februar 1979 IV R 163/76, BFHE 127, 188, BStBl II 1979, 405), sondern ein sogenannter offener Begriffstyp, der nur durch eine größere und unbestimmte Zahl von Merkmalen beschrieben werden könne. Die formale bürgerlich-rechtliche Stellung des Gesellschafters reiche allein für die Annahme einer Mitunternehmerschaft nicht aus. Da die Normen des HGB sehr weitgehend dispositiv seien, könne die Stellung des Gesellschafters so weitgehend verändert werden, daß eine Vergleichbarkeit mit dem Typus des "gesetzlichen Normalgesellschafters" nicht mehr gegeben sei. Ob eine solche Abweichung vorliege, sei nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu beurteilen (BFH-Urteil vom 22. November 1955 I 139/54 S, BFHE 62, 9, BStBl III 1956, 4). Dabei seien je nach Lage des Einzelfalles in den Vordergrund tretende Merkmale zu berücksichtigen, wie z. B. die Unternehmerinitiative und das Unternehmerrisiko (BFH-Urteil vom 5. Juli 1978 I R 22/75, BFHE 125, 545, BStBl II 1978, 644/646, mit 11 weiteren Nachweisen), die Beteiligung am Gewinn und Verlust (BFH-Beschluß vom 10. November 1977 IV B 33-34/76, BFHE 123, 412, BStBl II 1978, 15/20), die Beteiligung am Vermögen einschließlich stiller Reserven (BFH-Urteil vom 30. Juli 1975 I R 174/73, BFHE 116, 497, BStBl II 1975, 818), die Verfügungsbefugnis über Gewinnanteile (BFH-Urteil in BFHE 127, 188, BStBl II 1979, 405) sowie die Widerspruchs- und Kontrollbefugnisse (BFH-Urteile vom 22. Januar 1970 IV R 178/68, BFHE 98, 405, BStBl II 1970, 416; vom 30. Juli 1975 I R 174/73, BFHE 116, 497, BStBl II 1975, 818; vom 6. April 1979 I R 116/77, BFHE 128, 202, BStBl II 1979, 620; BFH-Beschluß in BFHE 112, 51, BStBl II 1974, 404).

Der Streitfall gebe Anlaß zu der Frage, in welchem Verhältnis die Rechtsprechung des BFH zur Mitunternehmerschaft i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu dem Phänomen der "Publikums- und Massengesellschaft" (vgl. BGHZ 69, 160/164) in der Rechtsform einer kapitalistischen Kommanditgesellschaft stehe. Eine Klärung dieser Rechtsfrage sei deshalb von erheblicher Bedeutung, weil der Bundesgerichtshof (BGH) in den letzten Jahren ein Sonderrecht für kapitalistisch organisierte Kommanditgesellschaften entwickelt und dabei Kriterien für die Abgrenzung von gesellschaftsrechtlich organisierten Kommanditgesellschaften und vereinsrechtlich verfaßten Publikums-Kommanditgesellschaften aufgestellt habe und weil der V. Senat des BFH im Urteil vom 18. Dezember 1975 V R 131/73 (BFHE 117, 501, BStBl II 1976, 265) - ausgehend von dieser Rechtsprechung des BGH - entschieden habe, daß die Ausgabe eines Anteils an einer Publikums-Personengesellschaft dem Verkauf neu ausgegebener Aktien vergleichbar und somit als steuerfreier Umsatz i. S. des § 4 Nr. 8 des Umsatzsteuergesetzes 1967 (UStG 1967) anzusehen sei. Nach der Rechtsprechung des BGH sei die "Publikums-KG" dadurch gekennzeichnet, daß sie eine unbestimmte Vielzahl von kapitalistisch beteiligten Kommanditisten ("Anlagegesellschafter") anwerbe (BGHZ 71, 284/286 f.; BGHZ 64, 238/241), die untereinander und zu den Unternehmensgesellschaftern (Gründungsgesellschafter) in keiner persönlichen oder sonstigen Beziehung stünden (BGHZ 64, 238/241). Die Herrschaftsmacht über das Gesamtunternehmen liege weitgehend in der Hand der Gründungsgesellschafter (BGHZ 71, 284/286 f). Schließlich sei die "Publikums-KG" nicht auf einen festen Mitgliederbestand angelegt; denn jeder Kommanditist habe das Recht, durch einfache Kündigung aus der Gesellschaft auszuscheiden (BGHZ 69, 160/164, BGHZ 66, 82/85). Für die bürgerlich-rechtliche Beurteilung dieses neuen Typs von Kommanditgesellschaft habe die Rechtsprechung des BGH zum Schutz der Anlegergesellschafter (Kapitalgeber) Grundsätze herangezogen, die wegen der körperschaftlichen Struktur der "Publikums KG" dem Recht der Vereine (Kapitalgesellschaften) und dem Recht der "Allgemeinen Geschäftsbedingungen entstammten. Der BGH habe zwar in den entscheidenden Streitfällen keine Veranlassung gehabt, einer körperschaftlich organisierten, also vereinsrechtlich verfaßten "Publikums-KG" die Qualität als Kommanditgesellschaft abzusprechen. Die körperschaftliche Organisation der "Publikums-KG" sei jedoch nach Auffassung des BGH so wesentlich, daß das Verhältnis des Anlagegesellschafters zur KG nach vereinsrechtlichen Kriterien beurteilt werden müsse.

Diese Grundsätze seien, nachdem der V. Senat des BFH (BFHE 117, 501, BStBl II 1976, 265) bereits auf die Rechtsprechung des BGH abgestellt habe, auch für das Ertragsteuerrecht bedeutsam. Die körperschaftliche Struktur der "Publikums-KG" gebe Anlaß, die Zuordnung der Einkünfte zu überdenken. Es müsse nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten geprüft und entschieden werden, ob das sich als Personengesellschaft gerierende Gebilde in seiner konkreten Ausgestaltung die typischen Merkmale einer steuerlichen Mitunternehmerschaft oder diejenigen eines (nicht rechtsfähigen) Vereins habe. Eine körperschaftlich-vereinsrechtliche Organisation sei auch für den Reichsfinanzhof (RFH) und den BFH bei der Entscheidung zur Abgrenzung einer Personengesellschaft von einem nicht rechtsfähigen Verein das entscheidende Kriterium für die Qualifizierung als Verein und für die Qualifizierung der Ausschüttung an die Mitglieder als Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. des § 20 EStG (RFH-Urteile vom 31. Mai 1938 I 383/37 RStBl 1938, 736; vom 14. Februar 1939 I 61/38, RStBl 1939, 702; vom 8. Oktober 1940 I 103/40, RStBl 1941, 374; BFH-Urteile vom 3. November 1961 VI 42/60 U BFHE 74, 15, BStBl III 1962, 7; vom 5. September 1963 IV 213/58 S, BFHE 78, 294, BStBl III 1964, 117; vom 24. Juni 1966 VI , 171/65, BFHE 86, 548, BStBl III 1966, 579 und vom 23. September 1970 I R 22/67 BFHE 100, 369, BStBl II 1971, 47). So habe der RFH insbesondere im Urteil im RStBl 1939, 702 hervorgehoben, es erscheine eine Gesellschaft als Verein, wenn sie körperschaftlich gebildet sei, einen Gesamtnamen führe und satzungsmäßig vom Wechsel der Mitglieder unabhängig sei. Diese Überlegungen seien auch für die "Publikums KG" von Bedeutung, die - abweichend von der personenbezogenen "normalen" KG - eine vom Wechsel der Anlagegesellschafter unabhängige vereinsrechtlich verfaßte Organisation sei, mit der die Gesellschafter aufgrund einer ihnen beim Anteilserwerb vorgegebenen Satzung im wesentlichen nur kapitalistisch verbunden seien.

Übertrage man diese Grundsätze auf den vorliegen den Streitfall so sprächen gewichtige Gründe dafür daß das Projekt als "Publikums-KG" konzipiert sei und daß deshalb die Einkünfte nicht den Gesellschaftern (d. h. der GmbH und den bis zum 31. Dezember 1973 eingetretenen 373 Kommanditisten) unmittelbar anteilig, sondern der"KG als nicht rechtsfähiger Personenvereinigung i. S. des Körperschaftsteuerrechtes zugerechnet werden müßten:

aa) Nach dem Gesellschaftsvertrag liege die Leitung der KG in der Hand des Gründungsgesellschafters H. Auch der Beirat werde von der GmbH beherrscht, dessen alleiniger Geschäftsführer H. sei. Die Rechtsstellung des einzelnen Kommanditisten werde noch weiter dadurch geschwächt, daß auch das Prüfungsrecht gemäß § 166 HGB auf den von der Komplementär-GmbH beherrschten Beirat übertragen worden sei Diese Delegation der wesentlichen Kontroll- und Widerspruchsrechte auf den Beirat wiege deshalb besonders schwer, weil die einzelnen Kommanditisten nicht das Recht hätten, Beiratssitzungen zu verlangen. In der praktischen Auswirkung führe das dazu, daß die Machtstellung der GmbH und damit die des hinter der GmbH stehenden Gesellschafters/Geschäftsführers H. im wesentlichen der des Vorstandes einer Aktiengesellschaft (§§ 76 bis 78 des Aktiengesetzes - AktG -) entspreche.

bb) Für eine körperschaftliche Verfassung sprächen auch die vertraglichen Regelungen über die Gesellschafterversammlung. Diese finde, wie das auch bei einer AG regelmäßig der Fall sei, einmal jährlich statt. Die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung entspreche weitgehend dem Katalog des § 119 AktG über die Beschlußfassung der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft. Kennzeichnend sei insbesondere, daß die Gesellschafterversammlung - ebenso wie im Regelfall die Hauptversammlung einer AG - nicht selbst den Jahresabschluß feststelle, sondern über die "Ausschüttungen" auf der Grundlage des festgestellten Jahresabschlusses für das vorangegangene Geschäftsjahr entscheide.

cc) Wesentlich sei auch, daß die Anteilsrechte fungibel seien und daß der Bestand der Gesellschaft ebenso wie der einer Aktiengesellschaft davon unabhängig sei, wer Anteilseigner sei. Die Gesellschafter könnten ebenso wie Aktionäre ihre Anteile frei veräußern. Der Fortbestand der Gesellschaft bei Ausscheiden einzelner Kommanditisten nach zehn Jahren sei durch eine Fortsetzungsklausel gesichert.

dd) Der einzelne Kommanditist habe auf die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages nicht den geringsten Einfluß. Er trete durch eine Beitrittserklärung, abzugeben auf einem formularmäßigen Vordruck, in die Gesellschaft ein, ohne seine Mitgesellschafter zu kennen. Gleichzeitig bevollmächtige er die geschäftsführende GmbH, ihn bei der Aufnahme weiterer Gesellschafter zu vertreten. Faktisch laufe dieses Verfahren darauf hinaus, daß ein bestimmter Kapitalbetrag angesammelt werde, der von den Anlegern einer ihnen vorgegebenen Institution mit feststehender Satzung anvertraut werde.

Die "Kommanditisten" glichen eher Geldgebern, die einem (nicht rechtsfähigen) körperschaftlich organisierten Gebilde (Verein) einen Geldbetrag zur Verfügung stellten, als Mitunternehmern, die sich zu gemeinschaftlicher Gewinnerzielung zusammengeschlossen hätten.

b) Für den Fall, daß man der vorstehenden Auffassung nicht folge, ist der BdF der Meinung, die Vermittlungsprovisionen seien unabhängig davon, ob der neu eintretende Kommanditist selbst gegenüber dem Vermittler oder gegenüber der Abschreibungsgesellschaft schulde, oder ob die Abschreibungsgesellschaft sie gegenüber dem Vermittler allein schulde, in jedem Falle als Kosten der Anschaffung für die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens der Abschreibungsgesellschaft, soweit sie den Kommanditisten anteilig zuzurechnen seien, zu aktivieren. Dem stehe § 153 Abs. 4 AktG nicht entgegen, wonach u. a. Aufwendungen für die Kapitalbeschaffung nicht als Aktivposten angesetzt werden dürfen. Um Kosten der Kapitalbeschaffung handele es sich bei der Provision nur aus der Sicht der Abschreibungsgesellschaft. Aus der Sicht des den Anteil der Gesellschaft erwerbenden Kommanditisten handele es sich hingegen um Aufwand, der in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Erwerb des Mitunternehmeranteils stehe und deshalb dem Anschaffungsbereich zuzuordnen sei. Daher seien im Streitfall die für jeden vermittelten Kommanditisten aufgewendeten Vermittlungsprovisionen bei diesem in einer Ergänzungsbilanz als Anschaffungskosten zu aktivieren.

c) Auch die Konzeptionskosten seien zu aktivieren. Die fertige Konzeption, mit der das zur Zeichnung von Beteiligungen auffordernde Unternehmen (also die Klägerin) an die Öffentlichkeit trete, sei ein Wirtschaftsgut. Es sei die wesentliche geistige Grundlage für die geplante unternehmerische Betätigung. Die Aufwendungen, die der Klägerin dadurch entstanden seien, unterschieden sich klar von den sonstigen Aufwendungen, so daß der Vorteil, den die Klägerin mit der Konzeption erworben habe, selbständig bewertbar sei. Anders als bei der Leistung eines Rechtsanwalts oder Steuerberaters im Zusammenhang mit einer Gründungsberatung, bei der lediglich der organisatorische und haftungsrechtliche Rahmen der späteren betrieblichen Tätigkeit festgelegt werde, könne das Verlustzuweisungsmodell und das in ihm komprimierte wirtschaftliche, steuerliche und technische Know-how ebenso wie gewerbliches Know-how oder wie eine verwertbare Idee als sonstiges verkehrsfähiges Gut Gegenstand eines Kaufvertrages sein (Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl., § 433 RdNr. 20 a). Beim Erwerb einer fertigen Konzeption handele es sich somit um den entgeltlichen Erwerb eines immateriellen Anlageguts. Unterstelle man alternativ, daß die Klägerin die Konzeption mit Hilfe des Beratungsunternehmens hergestellt habe, so wurde zwar das Aktivierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG eingreifen. Bei dem Eintritt eines Kommanditisten in die Gesellschaft gegen Geldeinlage handele es sich aber ertragsteuerrechtlich um die Einbringung eines Betriebs in die (erweiterte) Personengesellschaft i. S. des § 24 des Umwandlungs-Steuergesetzes (UmwStG). Der eintretende Kommanditist erwerbe dabei einen Anteil an den Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens der Gesellschaft, so daß bei ihm ein entgeltlicher Erwerb vorliege. Da das Wirtschaftsgut "Konzeption" wegen des Aktivierungsverbots des § 5 Abs. 2 EStG in der Handelsbilanz der Klägerin nicht auszuweisen sei, müsse der eintretende Kommanditist den Teil seiner Einlage, der auf den auf ihn entfallenden Anteil an dem Wirtschaftsgut "Konzeption" entfalle, in einer steuerlichen Ergänzungsbilanz als Anschaffungskosten ausweisen.

Entgegen der Auffassung von Fleischmann/Röschinger/Meyerhoff (Steuern, die Vermögen werden?, 5. Aufl., 1977, S. 49) komme nach Abschluß der sogenannten Plazierungsphase nicht etwa eine Teilwertabschreibung in Betracht, weil sich der Wert des Wirtschaftsgutes "Konzeption" durch die Veröffentlichung des Beteiligungskonzepts verflüchtigt habe und ein gedachter Erwerber dafür nichts mehr zu zählen bereit sei. Der Erwerber der Konzeption - sei es die Klägerin im Falle des Erwerbs des fertigen Konzepts, sei es der Kommanditist als Erwerber eines (gedachten) Anteils an der Konzeption - wisse, daß die Konzeption zur Offenlegung bestimmt sei und gerade dadurch eine ihrer wesentlichen Funktionen erfülle. Daher könne keine Rede davon sein, durch die Offenlegung verliere die Konzeption in dem Sinne ihren Wert, daß ihr Erwerb sich als Fehlmaßnahme darstelle.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Gemäß § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind Dritte notwendig beizuladen, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies gilt nicht für Mitberechtigte, die nach § 48 FGO nicht klagebefugt sind. Notwendig beizuladen sind die gemäß § 48 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 FGO klagebefugten Personen. Dies sind, soweit es sich darum handelt, wer an dem festgestellten Betrag beteiligt ist, oder soweit es um die Frage geht, die einen Gesellschafter persönlich angeht, diejenigen Gesellschafter, die durch die Feststellung über die Fragen berührt werden. Die Notwendigkeit einer Beiladung entfällt nicht etwa deshalb, weil die Entscheidung des FG für die Beizuladenden nicht nachteilig ist. Wie der Senat bereits im Urteil vom 24. Juni 1971 IV R 219/68 (BFHE 102, 460, BStBl II 1971, 714) ausgeführt hat, ist, abgesehen davon, daß die notwendige Beiladung zum Verfahren nicht vom Ausgang dieses Verfahrens abhängig gemacht werden kann (ebenso Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 60 RdNr. 18), das Verfahren mit der Entscheidung des FG noch nicht beendet. Die Revisionsinstanz könnte zu einem den Nichtbeigeladenen ungünstigen Ergebnis gelangen, so daß der vom FG angenommene Rechtfertigungsgrund für die Unterlassung der Beiladung entfiele. Die Revisionsinstanz könnte aber, ebenfalls vom Ergebnis ihrer Entscheidung beeinflußt, die unterlassene Beiladung nicht nachholen (§ 123 FGO).

Im Streitfall geht es einmal um die Frage, ob die strittigen Vermittlungskosten als Betriebsausgaben der Klägerin anzusehen sind und den Kommanditisten anteilig zugewiesen werden, oder ob die für die einzelnen Kommanditisten aufgewendeten Vermittlungskosten jeweils bei ihnen in Ergänzungsbilanzen zu aktivieren sind. Es handelt sich damit um eine Frage, die jeden vermittelten Kommanditisten persönlich angeht, so daß sämtliche Kommanditisten, für die eine Vermittlungsprovision aufgewendet worden ist, notwendig beizuladen waren (§ 60 Abs. 3, § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO). Bei seiner erneuten Entscheidung wird das FG prüfen müssen, ob es sich als entscheidungserheblich erweist, wann die Vermittlungskosten angefallen sind. Waren die Gebühren bereits vor dem Eintritt der jeweiligen Kommanditisten angefallen, so stellt sich die Im Beschluß des Senats vom 25. Oktober 1979 IV B 68/79 (BFHE 129, 47, BStBl II 1980 66) aufgeworfene Frage, ob diese Betriebsausgaben, falls man sie als Kapitalbeschaffungskosten i. S. des Urteils des Senats vom 4. März 1976 IV R 78/72 (BFHE 121, 318, BStBl II 1977, 380) ansehen sollte, den später eintretenden Kommanditisten zugewiesen werden können oder ob insoweit eine Aktivierung in Ergänzungsbilanzen der Kommanditisten erforderlich ist. War die jeweilige Vermittlungsgebühr hingegen erst im Zeitpunkt des Eintritts des angeworbenen Kommanditisten oder später angefallen, so kann sich die weitere Frage stellen, ob die den angeworbenen Kommanditisten betreffende Gebühr zumindest anteilig insoweit in einer Ergänzungsbilanz zu aktivieren ist, als der Kommanditist im Rahmen der Verlustverteilung seiner Beteiligung entsprechend mit der Vermittlungsgebühr, die seine eigene Anwerbung betraf, belastet worden ist.

Im Streitfall ist ferner die steuerliche Behandlung der sogenannten Konzeptionskosten streitig. Folgt man dem FG darin, daß diese Kosten als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, so handelt es sich um Betriebsausgaben, die im Zeitpunkt des Eintritts der angeworbenen Kommanditisten schon entstanden waren. Es stellt sich damit auch hier die im Beschluß in BFHE 129, 47, BStBl II 1980, 66 aufgeworfene Frage, ob diese Verluste den Kommanditisten zugewiesen werden können oder ob insoweit ebenfalls eine Aktivierung in Ergänzungsbilanzen der Kommanditisten erforderlich ist. Auch diese Frage geht die Kommanditisten persönlich an, so daß auch hieraus die Notwendigkeit ihrer Beiladung folgt. Zur endgültigen steuerlichen Beurteilung dieser Konzeptionskosten können eingehendere Feststellungen über die Art der empfangenen Leistungen erforderlich sein. Insbesondere in der Position "... und wirtschaftliche Beratung" (540 000 DM) können sich Leistungen verbergen, die ähnlich Architektenleistungen zu den aktivierungspflichtigen Kosten für die Herstellung oder den Erwerb von Einzelwirtschaftsgütern zählen können (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 22. April 1980 VIII R 149/75, BFHE 130, 391, BStBl I 1980, 441, unter B II 4 und III 1 c, mit weiteren Nachweisen).

Der BdF hat im vorliegenden Verfahren die Frage aufgeworfen, ob überhaupt eine einheitliche Gewinnfeststellung durchzuführen war, ob nämlich die Klägerin steuerrechtlich als Kommanditgesellschaft oder als nicht rechtsfähige Vereinigung i. S. von § 1 Abs. 1 Nr. 5 des Körperschaftsteuergesetzes zu qualifizieren ist. Das FG wird bei seiner erneuten Entscheidung auch auf diese Streitfrage eingehen müssen.

Die unterbliebene notwendige Beiladung stellt als Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens einen wesentlichen von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensmangel dar, der zur Zurückverweisung der Sache ohne weitere Sachprüfung führen muß. Der Senat verkennt nicht, welche verfahrensrechtlichen Schwierigkeiten durch die Notwendigkeit der Beiladung insbesondere dann entstehen, wenn die Beizuladenden sich nicht auf die Bestellung nur eines oder einiger weniger Prozeßbevollmächtigten einigen. Er sieht aber keine rechtliche Möglichkeit, anders als geschehen zu entscheiden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413488

BStBl II 1981, 272

BFHE 1981, 186

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