Leitsatz (amtlich)

Sonderzuschläge, die ein Käufer von Wohlfahrts- und Jugendwohlfahrtsbriefmarken über den Gebührenwert der Briefmarken hinaus entrichtet, sind bei ihm keine Spenden im Sinne des § 10b EStG, § 20a Abs. 2 Nr. 10 LStDV 1965 und daher nicht als Sonderausgaben absetzbar.

 

Normenkette

EStG § 10b; LStDV 1965 § 20a Abs. 2 Nr. 10

 

Tatbestand

Der Kläger hat für 1965 u. a. 44 DM als Sonderausgaben zur Förderung mildtätiger und als besonders förderungswürdig anerkannter gemeinnütziger Zwecke geltend gemacht. Er hatte beim Deutschen Roten Kreuz Wohlfahrtsbriefmarken und bei einem Postamt Jugend-Wohlfahrtsbriefmarken gekauft, in denen ein Aufschlag auf den postalischen Nennwert von 20 DM und 24 DM (insgesamt 44 DM) enthalten war.

Das FA (Beklagten) erkannte diesen Aufschlag nicht als Ausgabe im Sinne des § 10b EStG, § 20a Abs. 2 Nr. 10 LStDV 1965 (Spende) an. Die Sprungberufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Nach Meinung des FG können die von dem Kläger geltend gemachten Aufwendungen für Wohlfahrtsbriefmarken nicht als Ausgaben im Sinne des § 10b EStG anerkannt werden, weil der Kläger hierfür vereinbarungsgemäß eine Gegenleistung erhalten hat. Auch für den über den reinen Portobetrag hinausgehenden Zusatzbetrag habe der Kläger eine Gegenleistung dadurch erhalten, daß er die besonders ausgestalteten Wohlfahrtsbriefmarken bekommen habe. Ausgaben zur Förderung mildtätiger oder gemeinnütziger Zwecke seien nur solche Ausgaben, für die der Steuerpflichtige keine "konkrete Gegenleistung" erhalte (Urteil des BFH VI 134/58 U vom 1. April 1960, BFH 70, 621, BStBl III 1960, 231).

Mit der Revision rügt der Kläger unrichtige Anwendung des § 10b EStG in Verbindung mit § 48 Abs. 3 EStDV und § 20a Abs. 2 Nr. 10 LStDV 1965.

Aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung ergebe sich, daß völlige Uneigennützigkeit für eine steuerbegünstigte Ausgabe im Sinne des § 10b EStG nicht erforderlich sei. Das FG habe übersehen, daß der Gedanke des Opfers für die Allgemeinheit beim Käufer der Wohlfahrtsbriefmarken im Vordergrund stehe. Eine Wertdifferenz zwischen Wohlfahrtsmarken und üblichen Briefmarken bestehe nicht.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

Neben den Postwertzeichen, die in Höhe des aufgedruckten Gebührenbetrages zur Freimachung von Postsendungen benutzt werden können, gibt die Post Sonderpostwertzeichen aus. Bestimmte Sonderpostwertzeichen, z. B. Wohlfahrts- und Jugendwohlfahrtsmarken, werden mit einem Sonderzuschlag, der zuzüglich zu dem Gebührenwert erhoben wird, verkauft. In Höhe des Gebührenwertes können sie während der zeitlich begrenzten Gültigkeitsdauer zur Freimachung von Postsendungen verwandt werden. Die Sonderzuschläge werden sozialen oder gemeinnützigen Einrichtungen zugeführt.

Dennoch sind diese Zuschläge auch dann keine abzugsfähigen Ausgaben im Sinne des § 10b EStG (Spenden), wenn sie zur Förderung der in dieser Vorschrift angeführten begünstigten Zwecke verwandt werden. Nicht alle für begünstigte Zwecke geleisteten Aufwendungen sind steuerlich abzugsfähig; vielmehr gibt es für "Opfer an die Allgemeinheit", von denen der Kläger im Zusammenhang mit seinen Ausgaben spricht, noch einen von der Gesetzgebung in § 10b EStG nicht erfaßten Raum. Der Grundgedanke des § 10b EStG ist es, eine Spende für einen bestimmten Zweck unter bestimmten Voraussetzungen zu begünstigen, nicht aber allgemein Aufwendungen für anerkennungswerte Zwecke zur steuerlichen Berücksichtigung zuzulassen.

Der Kläger weist zwar zu Recht darauf hin, daß nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung völlige Uneigennützigkeit für eine steuerbegünstigte Spende nicht vorzuliegen braucht. An der Rechtsprechung, wonach es nicht auf die Beweggründe, die einer Ausgabe zugrunde liegen, ankommt (vgl. BFH-Urteile IV 388/51 U vom 19. Dezember 1951, BFH 56, 117, BStBl III 1952, 49; IV 535/52 U vom 21. Mai 1953, BFH 57, 547, BStBl III 1953, 210, und VI 134/58 U, a. a. O.), hält der Senat fest.

Auf den Beweggrund kann es umgekehrt aber auch dann nicht ankommen, wenn der Geber zwar in uneigennütziger Weise handelt, es jedoch an einem anderen Merkmal der "Spende" fehlt. Eine Ausgabe im Sinne der § 10b EStG, § 20a Abs. 2 Nr. 10 LStDV 1965 liegt insbesondere nicht vor, wenn die Ausgabe bei wirtschaftlicher Betrachtung das Entgelt für eine Leistung ist (BFH-Urteil VI 134/58 U, a. a. O.). Der Käufer von Wohlfahrtsbriefmarken erhält von der Post eine Gegenleistung in Form des Frankaturwerts. Es ist unerheblich, daß der nominale Frankaturwert, falls ein Zuschlag zu der Sonderbriefmarke erhoben wird, niedriger ist, als der für die Briefmarke zu entrichtende Preis. Entscheidend ist, daß die Sonderbriefmarke einen echten postalischen Wert repräsentiert, der als solcher im Wirtschaftsverkehr anerkannt wird.

Es ist weder möglich noch zulässig, die Aufwendungen des Käufers in solche, die zur Erlangung des Frankaturwerts erbracht werden, und solche, die als "Spende" in Betracht kommen, aufzuteilen. Die Wohlfahrtsbriefmarke ist verkäuflich nur zu einem einheitlichen Preise, der aus dem Frankaturwert und dem als Spende gedachten Betrag besteht. Damit sind die Gesamtaufwendungen des Käufers das Entgelt, das er erbringen muß, wenn er die Wohlfahrtsbriefmarke erwerben will.

Die Verhältnisse liegen nicht anders als bei einer Wohlfahrtslotterie oder einem Wohltätigkeitsbazar. Obwohl bei der Lotterie die Gewinnchancen und bei dem Bazar die Warenwerte regelmäßig erheblich niedriger sind als die dafür zu leistenden Entgelte, kann kein Zweifel daran bestehen, daß den Entgelten echte Gegenleistungen gegenüberstehen. Deshalb kann ein Spendenabzug hinsichtlich des Unterschiedes zwischen den nach echten marktmäßigen Maßstäben ermittelten Gewinnchancen bzw. Warenwerten und den tatsächlichen Entgelten ebensowenig in Betracht kommen wie beim Erwerb von Wohlfahrtsbriefmarken, für die zum postalischen Wert ein Zuschlag entrichtet wird. Von einer echten Gegenleistung könnte nur dann nicht gesprochen werden, wenn ein Marktwert nicht gegeben wäre. Das ist z. B. oft der Fall bei den vom Kläger erwähnten Plaketten und Abzeichen, die bei Sammlungen als eine Art "Quittung", daß der Träger bereits eine Spende geleistet hat, gegeben werden. Ähnliches kann auch bei Broschüren vorliegen, wenn sie keinen Marktwert repräsentieren. Für die vom Kläger an die Post geleisteten streitigen Aufwendungen trifft dies jedoch nicht zu, weil der Kläger dafür mit dem Frankaturwert eine echte Gegenleistung erhalten hat.

Regelmäßig gehört beim Erwerb von Wohlfahrtsbriefmarken zur Gegenleistung noch ein weiteres Moment. Dieses besteht, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, in der besonderen Ausgestaltung der Marken, die für ein Sammlerinteresse des Käufers der Briefmarke selbst oder eines Dritten, dem er die Briefmarke zuleitet, von Bedeutung sein kann. Es kann auch allein darin bestehen, daß die Briefmarke äußerlich in besonders ansprechender Weise ausgestaltet worden ist. Ob jedoch der Steuerpflichtige auch diesen Teil der Gegenleistung erstrebt oder nicht, ob er ihn sich selbst zunutze macht oder einem anderen zukommen läßt, ist für die Beurteilung, ob er eine Gegenleistung erhalten hat, unerheblich; denn es ist keineswegs nötig, daß sich Leistung und Gegenleistung wertmäßig auch unter objektiven Maßstäben des Marktes decken müssen.

Da die Klage schon aus diesem Grunde abzuweisen ist, kann dahingestellt bleiben, ob die vorgelegten Spendenbescheinigungen, insbesondere diejenigen des Postamtes, den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechen.

 

Fundstellen

BStBl II 1969, 701

BFHE 1969, 504

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