Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Nach § 3a EStG 1953 sind bei den nach dieser Vorschrift begünstigten Wertpapieren nur die nach dem 31. Dezember 1952 fälligen Zinsen steuerfrei. War bei einem der Wertpapierbereinigung unterliegenden Wertpapier infolge der Durchführung des Wertpapierbereinigungsverfahrens die Auszahlung eines an sich vor dem 31. Dezember 1952 fälligen Zinsbetrags erst nach diesem Zeitpunkt möglich, so kommt daher Steuerfreiheit nach § 3 a Ziff. 3 EStG 1953 nicht in Betracht.

 

Normenkette

EStG § 3a

 

Tatbestand

Die Sache befindet sich im zweiten Rechtszug. Das erste Urteil des Finanzgerichts wurde u. a. deshalb aufgehoben und der Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückverwiesen, weil hinsichtlich der Besteuerung der Zinseinnahmen der Bf. noch nicht geklärt war, ob und inwieweit die Zinserträge aus Wertpapieren, die der Wertpapierbereinigung unterlegen hatten, nach § 3 a EStG 1953 von der Einkommensteuer befreit oder nach § 34 Abs. 1 EStG 1953 mit einem ermäßigten Steuersatz zu besteuern waren.

Das Finanzgericht führt zu diesem Punkt nunmehr in der Vorentscheidung aus: Nach den Angaben der Bf. seien ihnen im Jahre 1954 Zinsen in Höhe von insgesamt 999,51 DM zugeflossen. Alle Wertpapiere, aus denen diese Zinserträge angefallen seien, gehörten zu den nach § 3 a EStG 1953 begünstigten Wertpapieren; denn sie seien in dem vom Bundesminister der Finanzen herausgegebenen Verzeichnis der Anleihen mit steuerfreien Zinsen aufgeführt. Die Zinsen aus diesen Wertpapieren seien jedoch nur steuerfrei, soweit sie nach dem 31. Dezember 1952 fällig geworden seien. Diese Einschränkung ergebe sich nicht unmittelbar aus § 3 a EStG 1953, wohl aber aus Art. 4 Abs. 1 des Ersten Gesetzes zur Förderung des Kapitalmarkts vom 15. Dezember 1952 (BGBl 1952 I S. 793). Es sei den Bf. nicht möglich, alle in der Anlage zur Einkommensteuererklärung für 1954 angegebenen Zinsgutschriften zu belegen. Auf Anforderung des Gerichts hätten sie nur Unterlagen vorgelegt, die 642,55 DM als Zinsen für das Kalenderjahr 1954 auswiesen. Für welche Zeiträume die Bf. die übrigen 356,96 DM Zinsen bezogen hätten, sei nicht festzustellen ohne eingehendes Studium der Akten des mit der Durchführung der Wertpapierbereinigung beauftragten Bankinstituts. Mit Rücksicht auf die hierbei entstehenden Kosten, die in keinem Verhältnis zu der Höhe des Streitwerts dieses Punktes stehen würden und mit denen die Bf. im Fall ihres Unterliegens auch nicht belastet werden sollten, sei der Anteil der nach dem 31. Dezember 1952 fällig gewordenen und damit steuerfreien Zinsen entsprechend dem Anteil an den belegten Zinseinnahmen zu schätzen. Von den durch Zinsgutschriften nachgewiesenen Zinsen seien 169,25 DM steuerfrei und 373,30 DM steuerpflichtig. Diesem Verhältnis entsprechend sei von den nicht belegten Zinseinnahmen der steuerfreie Teil auf 149,96 DM zu schätzen. Von den geltend gemachten Werbungskosten müßten 116,92 DM ebenfalls im Verhältnis der steuerfreien zu den steuerpflichtigen Zinseinnahmen aufgeteilt werden. Demgemäß sei davon auszugehen, daß 82 DM auf die steuerpflichtigen und 35 DM auf die steuerfreien Zinseinnahmen entfielen. Die für die Bearbeitung der Altsparerentschädigung geltend gemachten Unkosten von 23 DM könnten nicht als Werbungskosten abgezogen werden, da sie im Zusammenhang ständen mit den nach § 3 Ziff. 6 EStG 1953 steuerfreien Leistungen aus dem Altsparergesetz.

Die Bf. beantragen mit der Rb., die Zinseinnahmen in voller Höhe steuerfrei zu lassen, also auch die auf die Zeit vor dem 1. Januar 1953 entfallenden Zinserträge. Das Finanzgericht habe übersehen, daß das Erste Gesetz zur Förderung des Kapitalmarkts vom 15. Dezember 1952 mit dem Stichtag 31. Dezember 1952 nur die Steuerfreiheit für Zinsen solcher Wertpapiere betreffe, die nicht durch die Wertpapierbereinigung gegangen seien. Das Wertpapierbereinigungsgesetz vom 19. August 1949 und das Zweite änderungsgesetz zu diesem Gesetz vom 20. August 1953 gingen als Spezialgesetze dem Ersten Gesetz zur Förderung des Kapitalmarkts vom 15. Dezember 1952 vor. Aus diesen Gesetzen ergebe sich, daß die Zinsen der nach dem Wertpapierbereinigungsgesetz ausgegebenen Wertpapiere erst lange nach dem 31. Dezember 1952 verkehrsfähig geworden seien. Wenn eine zeitliche Aufteilung der Zinsen aus steuerlichen Gründen notwendig gewesen wäre, hätten sich die Bankinstitute diesem Erfordernis anpassen müssen. Den Steuerpflichtigen könne eine solche zeitliche Aufgliederung nicht zugemutet werden. Nachträglich sei sie überhaupt unmöglich. Das Finanzgericht habe auch zu Unrecht die Abzugsfähigkeit der bei der Regelung der Wertpapieraltspareranlagen entstandenen Bankkosten von 23 DM verneint. Wenn sie nicht als Werbungskosten bei den Kapitaleinkünften zum Abzug kommen könnten, stellten sie außergewöhnliche Belastungen dar. Das gleiche gelte für die Bankgebühren, die im Zuge der eigentlichen Wertpapierbereinigung angefallen seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Der Antrag der Bf., die gesamten Wertpapiererträge nach § 3 a EStG 1953 steuerfrei zu lassen, kann keinen Erfolg haben. Diese Vorschrift wurde durch das Erste Gesetz zur Förderung des Kapitalmarkts vom 15. Dezember 1952 in das EStG eingefügt. Die Steuerbefreiung gilt nach Art. 4 dieses Gesetzes für § 3 a EStG 1953 erstmals für Zinsen, die "nach dem 31. Dezember 1952 fällig werden". Das Kapitalmarktförderungsgesetz bezweckte in erster Linie eine Belebung des Marktes für neu emittierte festverzinsliche Wertpapiere. In § 3 a Ziff. 3 EStG 1953 wurde die Steuerfreiheit auf die Zinsen von festverzinslichen Wertpapieren erstreckt, die im Bundesgebiet vor dem 1. April 1952 ausgegeben worden waren. Dies geschah - wie sich aus der Begründung zum Kapitalmarktförderungsgesetz ergibt -, um nachteilige Auswirkungen auf die Kurse und die Verkaufsmöglichkeiten dieser Wertpapiere durch die Steuerfreiheit bei den nach dem 1. April 1952 ausgegebenen festverzinslichen Wertpapieren abzuwenden (vgl. Drucksache des Deutschen Bundestags 1. Wahlperiode 1949 Nr. 3596). Die steuerlichen Maßnahmen für die sämtlichen nach § 3 a EStG 1953 begünstigten Wertpapierzinsen sollen sich nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 4 des Kapitalmarktförderungsgesetzes nur auf Zinsen beziehen, die nach dem 31. Dezember 1952 fällig werden. Das muß auch für die auf Grund des Gesetzes zur Bereinigung des Wertpapierwesens vom 19. August 1949 (Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes S. 295) emittierten Wertpapiere gelten. Dieses Gesetz hat die Fälligkeitstermine der Zinsen dieser Wertpapiere nicht geändert. Obwohl eine Auszahlung der vor dem 31. Dezember 1952 fälligen Zinsen u. U. erst nach diesem Zeitpunkt möglich war, ändert dies nichts daran, daß die Fälligkeit bereits vorher eingetreten war und die Auszahlung lediglich aus technischen Gründen nicht fristgerecht erfolgen konnte. Da das Wertpapierbereinigungsgesetz keine änderung der Fälligkeitstermine für die Zinsen dieser Wertpapiere gebracht hat, können auch die nach dem 31. Dezember 1952 ausgezahlten Zinsen für frühere Fälligkeitstermine nicht nach § 3 a EStG 1953 begünstigt werden (siehe Der Betriebs-Berater 1955 S. 402). Würde man - wie es die Bf. begehren - bei den nach dem 31. Dezember 1952 für zurückliegende Zinstermine nachträglich gezahlten Zinsen Steuerfreiheit nach § 3 a EStG 1953 zugestehen, so würde das eine größere Begünstigung der auf Grund des Wertpapierbereinigungsgesetzes emittierten Wertpapiere bedeuten, als sie bei anderen Wertpapieren möglich ist. Eine solche Gesetzesauslegung aber widerspräche dem Sinn und Zweck des § 3 a EStG 1953. Der Senat folgt daher der vom Finanzgericht und von der herrschenden Meinung vertretenen Auffassung, daß auch bei den auf Grund des Wertpapierbereinigungsgesetzes emittierten festverzinslichen Wertpapieren nach § 3 a Ziff. 3 EStG 1953 nur die Zinsen steuerfrei sind, deren Fälligkeitstermin nach dem 31. Dezember 1952 liegt (vgl. z. B. Blümich-Falk, 8. Aufl. 1960, § 44 Anm. 4; Großkommentar zur Einkommensteuer, § 3 a Anm. 2 i; Der Betriebs-Berater 1955 S. 402).

Das Finanzgericht hat festgestellt, daß nach § 3 a EStG 1953 bei Zugrundelegung der obigen Rechtsauffassung Zinseinnahmen in Höhe von 269,25 DM steuerfrei und solche von 373,30 DM steuerpflichtig sind. Hinsichtlich der restlichen Zinsen von 356,96 DM konnte es nach den ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen und den Angaben der Bf. nicht ermitteln, inwieweit Steuerfreiheit bzw. Steuerpflicht besteht. Das Finanzgericht hat infolgedessen diesen Teilbetrag durch Schätzung in einen steuerfreien und einen steuerpflichtigen Teil aufgegliedert, und zwar im Verhältnis des von ihm festgestellten steuerfreien und steuerpflichtigen Anteils der übrigen Zinseinnahmen. Die Zulässigkeit einer derartigen Schätzung ist bei dem vorliegenden Sachverhalt gemäß § 217 AO dem Grunde nach zu bejahen. Das Ergebnis, zu dem das Finanzgericht gelangt ist, und gegen das die Bf. auch keine substantiierten Einwendungen erheben, beruht auf einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse. Das Finanzgericht konnte zu dieser schätzungsweisen Aufteilung gelangen. Daß es dazu kommen mußte, ist nicht erforderlich. Der Senat ist an diese auf dem Gebiet der Tatsachenwürdigung liegende Feststellung des Betrags der steuerfreien Zinsen gemäß § 288 AO gebunden. Gegen die vom Finanzgericht vorgenommene Besteuerung des steuerpflichtigen Teils der Zinsen nach § 34 Abs. 1 EStG 1953 bestehen keine Bedenken.

Es ist der Vorentscheidung auch darin zu folgen, daß die Aufwendungen der Bf. nicht als Werbungskosten anzusehen sind, soweit sie auf Wertpapiere entfallen, deren Erträge von der Einkommensteuer befreit sind. Der Abzug der mit den Zinserträgen zusammenhängenden Unkosten kann - wie das Finanzgericht zutreffend angenommen hat - bei steuerfreien Zinseinnahmen nicht in Betracht kommen, da ein Abzug von Werbungskosten bei ohnehin steuerfreien Bezügen keine steuerliche Wirkung haben kann (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs VI 206/56 U vom 22. März 1957, BStBl 1957 III S. 228, Slg. Bd. 64 S. 609). Aus den gleichen Gründen wie bei den Zinsen ist eine schätzungsweise Aufteilung dieser Unkosten in einen als Werbungskosten berücksichtigungsfähigen Teil und einen auf die steuerfreien Zinsen entfallenden und deshalb bei der Besteuerung nicht abzugsfähigen Teil nicht zu vermeiden. Gegen die vom Finanzgericht vorgenommene anteilmäßige Aufteilung bestehen keine Bedenken.

Die von den Bf. hilfsweise beantragte Berücksichtigung des hiernach nicht zu den Werbungskosten zu rechnenden Unkostenbetrags nach § 33 EStG ist nicht möglich, da es sich bei den Bankunkosten um Aufwendungen handelt, die ihrer Art nach in den Bereich der Ermittlung der steuerpflichtigen und der steuerfreien Einkünfte gehören und die infolgedessen nicht als außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 EStG in Frage kommen können; denn nach dieser Vorschrift können nur solche Aufwendungen berücksichtigt werden, die nicht mit der Einkunftsermittlung zusammenhängen, sondern Aufwendungen der privaten Lebensführung sind.

Da die Vorentscheidung demnach nicht zu beanstanden ist, kann die gegen sie gerichtete Rb. keinen Erfolg haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 424166

BStBl III 1961, 127

BFHE 1961, 340

BFHE 72, 340

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