Entscheidungsstichwort (Thema)

Private Vermögensverwaltung bei Grundstücksgeschäften

 

Leitsatz (NV)

Bei der Entscheidung, ob das Erstellen und Veräußern von Wohngebäuden noch private Vermögensverwaltung darstellt, sind die gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu berücksichtigen.

 

Normenkette

GewStG § 2; GewStDV § 1

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist von Beruf Architekt. Das Schwergewicht seiner Tätigkeit liegt seit Mitte der fünfziger Jahre bei der Verwaltung eigenen und fremden Grundbesitzes. So verwaltete er in den Jahren 1954 bis 1959 insgesamt 25 Grundstücke, von denen die Hälfte ihm gehörte. Der Grundbesitz des Klägers veränderte sich durch Zukäufe und Verkäufe ständig.

Im Anschluß an eine Betriebsprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Ansicht, der Kläger habe in den Jahren 1971 bis 1977 durch Verkauf der nachstehend näher beschriebenen Eigentumswohnungen einen Grundstückshandel betrieben und sei deshalb insoweit gewerbesteuerpflichtig. Er zog deshalb den Kläger für die Streitjahre 1971 bis 1977 zur Gewerbesteuer heran und berichtigte die für diese Jahre bereits ergangenen Einkommensteuerbescheide. Dabei ging er von den Feststellungen des Betriebsprüfers aus. Danach erwarb der Kläger im Jahre 1956 das (Ruinen-)Grundstück A-Straße 1, 1a und 1b in B. In den Jahren bis 1970 baute er unter Einsatz einer von ihm angestellten Arbeitskolonne das Hauptgebäude A-Straße 1a sowie das Gartenhaus A-Straße 1b wieder auf und nahm weitere Um- und Anbauten bei beiden Gebäuden vor. Außerdem errichtete er in den Jahren 1966 und 1967 den Bungalow A-Straße 1, den er im Jahre 1971 erweiterte. Schließlich erstellte er in den Jahren 1964 bis 1970 auf den genannten Grundstücken Garagen, Kfz-Stellplätze und ein überdachtes Schwimmbassin.

In dem Hauptgebäude bewohnen der Kläger und seine Familie eine 227 qm große Wohnung. Die übrigen Wohnungen vermietete er jeweils nach Fertigstellung. Mit notarieller Teilungserklärung vom 16. Juni 1971 teilte der Kläger das Grundstück in insgesamt 19 Wohneinheiten mit einer Gesamtfläche von rd. 1 016 qm und in weitere fünf sonstige Einheiten (Gesamtfläche rd. 68 qm) auf. Davon veräußerte er noch im Jahre 1971 zwei Wohneinheiten und in den Jahren 1973 bis 1974 weitere sechs. Die Gesamtfläche der veräußerten Wohnungen beträgt 347 qm. Die erzielten Erlöse belaufen sich auf insgesamt . . . DM.

Nach den weiteren Feststellungen des Betriebsprüfers erwarben der Kläger und seine Ehefrau im Jahre 1971 je zur Hälfte ein Einfamilienhausgrundstück in C. Dieses teilten sie in vier Eigentumswohnungen auf, von denen sie eine im Jahre 1972 veräußerten. Die verbleibenden drei Wohnungen sind seit 1975 Alleineigentum der Ehefrau des Klägers. Zwei Wohnungen sind seit 1972 vermietet.

Im Einspruchsverfahren machte der Kläger geltend, er habe die Eigentumswohnungen im Rahmen privater Vermögensverwaltung veräußert. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben. Seiner Ansicht nach war der Kläger in den Streitjahren jedenfalls deshalb nicht gewerblich tätig, weil er bei der Veräußerung der Wohnungen die Grenzen einer privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten habe.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Außerdem macht es Verfahrensrügen geltend.

Das FA verweist im wesentlichen darauf, daß der Kläger bereits in den Jahren 1950 bis 1960 einen Grundstückshandel betrieben habe. Hinzu komme, daß er ein im Jahre 1959 erworbenes Hotelgrundstück in X nach Ausbau und zwischenzeitlicher Vermietung zur Hotelnutzung im Jahre 1967 in eigener Regie in Appartements aus- bzw. umgebaut und das Grundstück in Eigentumswohnungen aufgeteilt habe. Hiervon habe er von August 1967 bis April 1971 42 Wohneinheiten veräußert. Aus alledem sei zu vermuten, daß der Kläger weiteren Grundbesitz ebenfalls nicht nur zur weiteren Vermögensanlage, sondern mit dem Ziel späterer Veräußerung genutzt habe.

Das FA beantragt,

die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung. Die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen erlauben es dem Senat nicht, abschließend darüber zu befinden, ob der Kläger die Grenzen einer privaten Vermögensverwaltung tatsächlich nicht überschritten hat.

1. Ein Gewerbebetrieb ist anzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) erfüllt sind und sich die Tätigkeit nach den Umständen des einzelnen Falles nicht als private Vermögensverwaltung darstellt.

Im Falle des Erstellens und Veräußerns von Wohngebäuden und Eigentumswohnungen kann von einer privaten Vermögensverwaltung nur dann gesprochen werden, wenn sich die Bau- und Veräußerungsmaßnahmen noch als Nutzung von Grundbesitz im Sinn einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten darstellen, nicht mehr dagegen, wenn die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung entscheidend in den Vordergrund tritt. Letzteres ist zwar grundsätzlich nicht schon allein deshalb der Fall, weil der Eigentümer eines Grundstücks bisherige Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umwandelt und diese in engem zeitlichen Zusammenhang veräußert, vorausgesetzt, der Verkäufer hat die Wohnungen zuvor lediglich in einen zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand versetzt (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. August 1983 I R 120/80, BFHE 139, 396, BStBl II 1984, 137). Bei der Entscheidung darüber, ob seine Tätigkeit sich noch als private Vermögensverwaltung darstellt, sind jedoch die gesamten Umstände des Falles zu berücksichtigen, und zwar nicht nur die der streitigen Veranlagungszeiträume, sondern die der gesamten überschaubaren Tätigkeit. Eine solche Gesamtbetrachtung kann ergeben, daß die Umwandlung der Mietwohnungen und der anschließende Verkauf als Teile einer einheitlichen Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen auf dem Immobiliensektor zu beurteilen sind, die die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung überschreitet.

Im Streitfall hat das FG danach zu Recht die Vorgänge in X bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Der Senat teilt jedoch nicht die Ansicht des FG, daß diese Vorgänge schon allein deshalb unbeachtlich seien, weil der Kläger das Anwesen A-Straße bereits im Jahr 1956 erworben und zum damaligen Zeitpunkt nicht die Absicht gehabt habe, die Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln und zumindest teilweise zu veräußern. In die Beurteilung ist vielmehr der Umstand mit einzubeziehen, daß der Kläger Architekt ist und aufgrund seiner ständigen Käufe und Verkäufe von Grundbesitz entsprechende Kenntnisse hatte, insbesondere bei der Errichtung und Veräußerung von Eigentumswohnungen. Darüber hinaus ist zu beachten, daß sich der Verkauf der 42 Eigentumswohnungen in X nach den eigenen Angaben des Klägers in der Gewerbesteuererklärung 1970 jedenfalls bis April 1970, nach dem unwidersprochenen Vorbringen des FA im Revisionsverfahren sogar bis April 1971 hingezogen hat. Damit besteht ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen den Vorgängen in X und B, der - unterstellt, die Tätigkeit in X ist als gewerblich anzusehen - die Annahme rechtfertigen könnte, die Umwandlung der Mietwohnungen in B und deren anschließender Verkauf stelle die Fortführung einer mit dem Projekt X begonnenen gewerblichen Tätigkeit dar. Dabei ist auch der Verkauf der Eigentumswohnung in C nach Maßgabe des BFH-Urteils vom 23. Februar 1977 I R 28/75 (BFHE 122, 135, BStBl II 1977, 552) in die Beurteilung mit einzubeziehen. Die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu den Vorgängen in X und zu den übrigen Käufen und Verkäufen des Klägers (mit Ausnahme der Veräußerung der Eigentumswohnung in B), erlauben es dem Senat jedoch nicht, abschließend darüber zu befinden, ob und ggf. inwieweit die einzelnen Immobiliengeschäfte des Klägers auf einem einheitlichen Plan beruhen und als Teile einer einheitlichen Gesamtbetätigung zu sehen sind. Die erforderlichen Feststellungen müssen im zweiten Rechtsgang getroffen werden. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben und der Rechtsstreit an das FG zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414184

BFH/NV 1986, 279

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