Leitsatz (amtlich)

Das auf einer Erfindung beruhende Patent ist nicht stets notwendiges Betriebsvermögen einer freiberuflichen (erfinderischen) Tätigkeit. Es kann (bei eigengewerblicher Verwertung der Erfindung) notwendiges oder (bei Verwertung durch Vergabe von Lizenzen) gewillkürtes gewerbliches Betriebsvermögen sein.

 

Normenkette

EStG §§ 15, 18; GewStG § 7

 

Tatbestand

Der Revisionskläger (Steuerpflichtiger) war Inhaber eines gewerblichen Unternehmens. Er entwickelt drei für sein Fachgebiet einschlägige Verfahren, auf die er Patente erhielt. Seine Erfindungen verwertete er im Streitjahr 1963 im eigenen Betrieb und zum überwiegenden Teil durch Vergabe von Lizenzen. Für die aus der Lizenzvergabe erzielten Einkünfte verlangte der Steuerpflichtige die Vergünstigung des § 4 Nr. 3 ErfVO vom 30. Mai 1951 (BGBl I 1951, 387, BStBl I 1951, 181). Er behandelte im Streitjahr wie in den Vorjahren zunächst die Einkünfte aus den Lizenzen ebenso wie die Einkünfte aus der Verwertung der Erfindungen im eigenen Betrieb einkommensteuerlich als gewerbliche Gewinne und gewerbesteuerlich als Gewerbeerträge. Gegen den entsprechend ergangenen Gewerbesteuer-Meßbetragsbescheid 1963 legte er Einspruch ein, weil er in der Zwischenzeit zu der Ansicht gekommen war, der Gewerbeertrag sei um die Reineinkünfte aus der Lizenzvergabe zu kürzen, da diese Einkünfte aus freiberuflicher Erfindertätigkeit herrührten.

Nach erfolglosem Einspruch erhob der Steuerpflichtige Klage. Zur Begründung trug er vor, seine Tätigkeit als freier Erfinder (§ 1 ErfVO) sei eine selbständige Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Daher seien seine Einkünfte aus der Lizenzvergabe solche aus selbständiger Arbeit. Seine Patente stellten notwendiges, der freien Berufstätigkeit dienendes Betriebsvermögen dar. Soweit er seine Erfindungen im eigenen Betrieb verwerte, seien die sich daraus ergebenden Einkünfte gewerblicher Art. Insoweit stellten die Patente notwendiges gewerbliches Betriebsvermögen dar. Zwar übe er neben seiner freiberuflichen Erfindertätigkeit auch noch eine gewerbliche Tätigkeit aus. Beide Tätigkeiten seien jedoch steuerlich getrennt zu beurteilen.

Das FA erwiderte, die Einkünfte aus der Lizenzvergabe seien gewerbliche Einkünfte. Die patentierten Erfindungen seien Betriebsvermögen des gewerblichen Unternehmens. Die Erfindertätigkeit des Steuerpflichtigen sei unlösbar mit seiner gewerblichen Tätigkeit verbunden. Die freiberufliche Erfindertätigkeit sei lediglich Ausfluß der gewerblichen Betätigung.

Das FG wies die Klage ab. Es führte aus, regelmäßig gehöre die erfinderische Tätigkeit zur selbständigen Arbeit im Sinn des § 18 EStG, und zwar zur freiberuflichen Tätigkeit. Derartige Einkünfte seien aber gewerbliche Einkünfte, wenn die Erfindung zu einem gewerblichen Betriebsvermögen gehöre. Erfolge die Verwertung teils im eigenen Betrieb, teils in fremden Betrieben, so sei es umstritten, wie die Einkünfte zu behandeln seien. Seien aber Erfindungen im eigenen Betrieb entwickelt und von Anfang an eigenbetrieblich genutzt worden, so bildeten sie in jedem Fall notwendiges Betriebsvermögen des Gewerbebetriebs bis zur Entnahme. Eine Entnahme sei auch erforderlich, wenn man annehmen wollte, die Patente seien gewillkürtes Betriebsvermögen des Gewerbebetriebs gewesen. Daß sie jedenfalls Betriebsvermögen des Gewerbebetriebs gewesen seien, ergebe sich aus der buchmäßigen und steuerlichen Behandlung in den Vorjahren und im Streitjahr durch den Steuerpflichtigen selbst. Ein objektiver Zusammenhang zum Betrieb sei auch gegeben. Im Streitjahr sei die Erfindung jedenfalls nicht entnommen worden.

Gegen dieses Urteil legte der Steuerpflichtige Revision ein, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Er macht geltend, die als wissenschaftlich und deshalb freiberuflich im Sinn des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG anzusehende Erfindertätigkeit sei von der gewerblichen Tätigkeit abtrennbar. Die Ergebnisse dieser Tätigkeit, die Patente, seien von Anfang an notwendiges freiberufliches Betriebsvermögen gewesen. Das FG unterscheide nicht zwischen der Erfindertätigkeit und der Verwertung der Erfindung. Die Erfindertätigkeit sei im allgemeinen abgeschlossen, bevor die Erfindung verwertet werden könne. Bis zum Abschluß der Erfindertätigkeit liege, von Zufallserfindungen abgesehen, regelmäßig eine freie Berufstätigkeit vor, in deren notwendigem Betriebsvermögen sich die Erfindung selbst befinde. Verwerte der Erfinder die Erfindung in der Weise, daß er sie an Dritte verkaufe oder mit ihnen Lizenzverträge abschließe, so stellten die Einkünfte solche aus selbständiger Arbeit im Sinn des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar. Im Falle der Lizenzvergabe bleibe die Erfindung notwendiges freiberufliches Betriebsvermögen. Gehe der Erfinder zur Verwirklichung des materiellen Erfolges seiner freiberuflichen Tätigkeit einen Schritt weiter als der Erfinder, der seine Erfindung durch Verkauf oder Lizenzvergabe nutze, und stelle er unter Verwendung seiner Erfindung Wirtschaftsgüter her, so begebe er sich erst damit in die gewerbliche Sphäre. Es sei nicht möglich, aus notwendigem freiberuflichem Betriebsvermögen gewillkürtes gewerbliches Betriebsvermögen zu machen. Zweifelhaft könne sein, ob bei einer zusätzlichen, teilweise eigengewerblichen Verwertung die Erfindung teilweise notwendiges gewerbliches Betriebsvermögen werden könne. Im vorliegenden Falle überwiege die Nutzung der Erfindungen durch Lizenzvergabe an Dritte erheblich. Halte man die überwiegende Nutzung für ausschlaggebend, so stelle die Erfindung in vollem Umfange notwendiges freiberufliches Betriebsvermögen dar. Anderenfalls müßte eine Aufteilung in notwendiges freiberufliches Betriebsvermögen und notwendiges gewerbliches Betriebsvermögen erfolgen. Der Ansicht des FG, das Patent könne nur einheitlich als gewerbliches Betriebsvermögen behandelt werden, könne nicht zugestimmt werden. Diene ein Grundstück teilweise freiberuflichen und teilweise gewerblichen Zwecken, so sei es zum Teil notwendiges freiberufliches Betriebsvermögen und zum anderen Teil notwendiges gewerbliches Betriebsvermögen. Die gleichen Grundsätze müßten auch für Patente gelten.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist unbegründet.

Die erfinderische Tätigkeit als solche, d. h. die auf die Findung einer Idee und ihre Entwicklung zu einer verwertungsreifen Erfindung gerichtete Tätigkeit, ist an sich, was ihre Einordnung in die Einkunftsarten des EStG anbelangt, farblos. Eine steuerliche Bedeutung erhält sie erst, wenn sie auf die Erzielung von Einkünften gerichtet ist. Das kann bereits in der Entwicklungsphase einer Erfindung der Fall sein, wenn sie nämlich innerhalb und im Dienste einer bereits bestehenden, Einkünfte hervorbringenden Tätigkeit (selbständige Arbeit, gewerbliche Tätigkeit, land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit) ausgeübt wird oder wenn sie selbst den Beginn einer solchen Tätigkeit darstellt, wenn also bereits eine Zielrichtung auf die Art der Einkünfte, die mit ihr bezogen werden sollen, vorhanden ist. Die einkommensteuerrechtliche Einordnung der erfinderischen Tätigkeit kann aber auch erst mit dem Beginn ihrer Verwertung eintreten. So kann sogar eine bei der Beschäftigung mit einer Liebhaberei oder aus Liebhaberei gemachte Erfindung steuerbare Einkünfte hervorbringen, wenn sie etwa in einen Gewerbebetrieb eingebracht und dort verwertet oder durch die Vergabe von Lizenzen genutzt wird (so auch Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 18 EStG Anm. 26c S. E 49).

Die Zuordnung der erfinderischen Tätigkeit kann nachträglich wechseln. So kann z. B. eine im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit entwickelte Erfindung, die zunächst zur eigenbetrieblichen (gewerblichen) Nutzung gedacht war, ausschließlich durch Lizenzvergabe genutzt werden, und, wenn die auf die Nutzung der Erfindung gerichtete Tätigkeit aus der gewerblichen Tätigkeit nach der Verkehrsauffassung unschwer ausgesondert werden kann, zu Einkünften aus § 18 EStG führen.

So wie die erfinderische Tätigkeit je nach ihrer bereits in der Entwicklungsphase oder erst in der Auswertungsphase konkretisierten Zweckrichtung verschiedenen Einkunftsarten zugeordnet werden kann, ist auch die Erfindung selbst, falls sie sich zum bewertungsfähigen Wirtschaftsgut verdichtet hat, Betriebsvermögen der so geartete Einkünfte hervorbringenden Tätigkeit. Zu dem Ergebnis, daß die Erfindung je nach Art der Verwertung zum gewerblichen oder zum freiberuflichen Betriebsvermögen gehöre, kommen auch Herrmann-Heuer, a. a. O., § 15 EStG Anm. 21a S. E 87 und § 18 Anm. 26c S. E 47; Klotz, Steuerwarte 1967 S. 113, 114, und Rosenau, Die Information über Steuer und Wirtschaft (Ausgabe A) 1955 S. 262.

Die Ansicht des Steuerpflichtigen, die Erfindung sei stets notwendiges Betriebsvermögen einer freiberuflichen Erfindertätigkeit, ist deshalb nicht richtig, und zwar allein schon deswegen, weil es einkommensteuerrechtlich keine notwendigerweise stets freiberufliche Erfindertätigkeit gibt. Wird eine Erfindung ausschließlich im eigenen gewerblichen Betrieb genutzt, so ist sie notwendiges Betriebsvermögen dieses Betriebs.

Nicht richtig ist auch die weitere Auffassung des Steuerpflichtigen, die Erfindung sei für immer als notwendiges Betriebsvermögen einer freiberuflichen Tätigkeit fixiert, und es könne aus ihr nicht gewillkürtes Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebs gemacht werden. Daran ist nur richtig, daß eine Erfindung, solange sie innerhalb einer freiberuflichen Tätigkeit, die sich auf die Verwertung dieser Erfindung richtet, genutzt wird - denkbar ist hier nur die Verwertung durch Lizenzvergabe, weil jede andere Verwertung notwendigerweise eine gewerbliche sein müßte -, notwendiges Betriebsvermögen dieser Tätigkeit ist. Wird aber die Verwertungsart geändert, d. h. entschließt sich der Erfinder, seine Erfindung selbst gewerblich zu nutzen, so kann die Erfindung nur notwendiges Betriebsvermögen des gewerblichen Betriebs sein. Die erfinderische Tätigkeit führt steuerlich kein Eigenleben, sie kann immer nur im Zusammenhang mit einer auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Tätigkeit gesehen werden. Es wäre eine den Tatsachen nicht gerecht werdende Sachverhaltsfiktion, wenn man etwa annähme, der Erfinder stelle die zu seinem notwendigen erfinderischen Betriebsvermögen gehörende Erfindung sich selbst zur gewerblichen Nutzung zur Verfügung. Er entfaltet vielmehr nunmehr mit Hilfe der Erfindung eine gewerbliche Tätigkeit.

Wegen dieses nicht starren, sondern stets lösbaren Zusammenhangs von erfinderischer Tätigkeit, Erfindung und Verwertung der Erfindung ist es auch möglich, die Erfindung zum gewillkürten Betriebsvermögen eines gewerblichen Betriebs zu machen. Die Einkünfte, die aus der Vergabe zu einem gewerblichen Betriebsvermögen gehörender Patente anfallen, sind gewerblicher Natur (FG München, EFG 1957 S. 366). Soweit der Betrieb das Patent nur durch Vergabe von Lizenzen nutzt, ist es in der Regel gewillkürtes Betriebsvermögen.

Schwierigkeiten entstehen, wie im vorliegenden Falle, wenn eine gemischte Nutzung vorliegt, wenn also von Anfang an die Erfindung sowohl im eigenen gewerblichen Betrieb verwertet als auch durch Vergabe von Lizenzen genutzt wird oder wenn bei anfangs nur eigengewerblicher Verwertung (Erfindung = notwendiges gewerbliches Betriebsvermögen) später auch Lizenzen vergeben werden oder wenn bei anfänglicher Nutzung nur durch Lizenzvergabe (im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit - Erfindung = notwendiges freiberufliches Betriebsvermögen - oder im Rahmen eines gewerblichen Betriebes, in dessen Betriebsvermögen die Erfindung als gewillkürtes Betriebsvermögen eingebracht war) auch eine eigengewerbliche Verwertung erfolgt. Ringleb (Neue Wirtschafts-Briefe, Fach 3 S. 1980, 2342) meint, allerdings ohne auf die Frage des Betriebsvermögens einzugehen, bei gemischter Verwertung kämen nur einheitliche gewerbliche Einkünfte in Betracht. Herrmann-Heuer (a. a. O., § 18 EStG Anm. 26c S. E 48) sind dagegen der Ansicht, für die Zurechnung zum gewerblichen oder zum freiberuflichen Betriebsvermögen sei maßgebend, welche Art der Verwertung der Erfindung überwiege. Der Steuerpflichtige selbst ist der Ansicht, es könne in solchen Fällen teils Betriebsvermögen einer freiberuflichen (Erfinder-) Tätigkeit, teils Betriebsvermögen einer gewerblichen Tätigkeit vorliegen.

Der Ansicht des Steuerpflichtigen kann nicht zugestimmt werden, weil ein Wirtschaftsgut grundsätzlich nicht teilbar ist (BFH-Urteile IV 38/58 U vom 24. September 1959, BFH 69, 550, BStBl III 1959, 466; I 103/60 S vom 22. November 1960, BFH 72, 259, BStBl III 1961, 97). Die Ausnahme, die die Rechtsprechung für teils gewerblich, teils anderweitig genutzte Grundstücke gemacht hat, beruht darauf, daß ein Grundstück auch realiter aufgeteilt werden kann, was bei einem Patent nicht der Fall ist.

Der Senat braucht im vorliegenden Falle nicht zu entscheiden, ob eine Erfindung, die auch eigengewerblich ausgewertet wird, immer notwendiges Betriebsvermögen des gewerblichen Betriebs ist, selbst wenn die Einkünfte aus der Vergabe von Lizenzen, wie der Steuerpflichtige das hier als gegeben behauptet, erheblich überwiegen. Denn hier hat der Steuerpflichtige selbst eindeutig die Patente als Ganzes dem gewerblichen Betriebsvermögen zugeordnet, und zwar zumindest in der Form des gewillkürten Betriebsvermögens. Das war nach dem oben Ausgeführten rechtlich möglich. Der Steuerpflichtige behandelte alle Geschäftsvorfälle, auch die Vergabe der Lizenzen und die damit zusammenhängenden Einnahmen und Ausgaben als betriebliche Vorfälle. Daran muß er sich jedenfalls solange festhalten lassen, als er diese Behandlung fortführt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68930

BStBl II 1970, 317

BFHE 1970, 144

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