Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussonderung von typischen Geschäftsvorfällenin den privaten Vermögensbereich

 

Leitsatz (NV)

Die Aussonderung von ständig im Gewerbebetrieb anfallenden Geschäften in den "privaten Vermögensbereich" ist nicht schlechthin ausgeschlossen, sofern eine entsprechende private Veranlassung gegeben und eine abweichende Zuordnung klar und eindeutig vorgenommen worden ist (Anschluß an BFH-Urteile vom 27. Februar 1991 XI R 37/89, BFH/NV 1991, 524, und vom 2. September 1992 XI R 46/91, BFH/NV 1993, 24).

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, 4, § 5 Abs. 1, § 15 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Inhaberin eines Baugeschäfts und einer Tischlerei mit der Firmenbezeichnung C, die sie auf ihr gehörenden Grundstücken betrieb. Der Ehemann der Klägerin, der Kläger und Revisionskläger (Kläger), war Prokurist der Firma C.

Die Klägerin erwarb von der Stadt X (Stadt) das unbebaute Grundstück ... S; die Bebauung des Grundstücks mit einem fünfstöckigen Bürohaus war im einzelnen im Kaufvertrag vom ... 1985 vorgegeben. Die Klägerin verpflichtete sich auch, Teileigentumsrechte nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) zu bestellen. Zeitgleich mit dem Kaufvertrag verkaufte die Klägerin das Teileigentumsrecht Nr. 3 für rd. 5 Mio. DM an die Stadt und einen Monat später das Teileigentumsrecht Nr. 1 für rund 7 Mio. DM an die Körperschaft O. Unternehmer der Hauptgewerke war die Firma C. Die Klägerin leistete keine Zahlungen an die Firma C.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) beurteilte die Veräußerung der beiden Teileigentumsanteile als gewerbliche Tätigkeit und berechnete den Gewinn vor Abzug der Gewerbesteuer mit ... DM. Das FA war der Ansicht, daß auch aus den weiteren Aktivitäten der Kläger auf dem Grundstücksmarkt (Beteiligung an zwei auf dem Grundstücksmarkt tätigen Gesellschaften bürgerlichen Rechts -- GbR --) die Gewerblichkeit der Verkäufe folge.

Der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid vom 15. Februar 1991 blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab; das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 101 veröffentlicht.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung formellen und materiellen Rechts.

1. Das angefochtene Urteil sei in sich widersprüchlich und inkonsequent, indem es einerseits vorgebe, die Tätigkeit am Grundstück S als isolierten Gewerbebetrieb zu betrachten, die Gewerblichkeit aber nur aus der Einbeziehung des Baugeschäfts begründen könne. Außerdem ignoriere das Urteil wesentliche Aspekte des Sachverhalts und würdige diese daher nicht zutreffend, indem es die Tätigkeit der Kläger als die eines typischen Bauträgers bezeichne. Das Urteil verkenne den Begriff des Gewerbebetriebs, da die hier fragliche Tätigkeit nicht über den Rahmen der Vermögensverwaltung hinausgehe. Insbesondere verkenne das Urteil das Merkmal der "Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr". Auch aus der Beteiligung an den beiden Grundstücksgemeinschaften ergebe sich nicht die Gewerblichkeit der hier fraglichen Tätigkeit.

2. Die Bauleistungen des Baugeschäfts für das Gebäude S seien wie ein Fremdauftrag durchgeführt worden; die Klägerin habe darauf geachtet, daß ihre Tätigkeit hinsichtlich des Grundstücks S von dem Baugeschäft streng getrennt gehalten worden sei. Es handele sich um einen branchentypischen Bauauftrag, der die Betriebsvermögenseigenschaft für die veräußerten Miteigentumsanteile nicht begründen könne (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 23. Januar 1992 XI R 36/88, BFHE 167, 491, BStBl II 1992, 721).

3. Wenn der Gewerbebetrieb mit der Übergabe der Büroräume geendet hätte, hätte Veranlassung bestanden, zu der Anwendung der §§ 16, 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Stellung zu nehmen.

4. Das angefochtene Urteil unterlasse eine Subsumtion des Sachverhalts unter die einzelnen Tatbestandsmerkmale und versuche die Gewerblichkeit damit zu begründen, daß die Klägerin als typische Bauträgerin gehandelt habe. Der "typische" Bauträger des angefochtenen Urteils sei nicht mehr als ein Schlagwort, das seinen begrifflichen Inhalt nicht erkennen lasse. Das Grundstück S sei aufgrund der besonders gelagerten Umstände ein Einzelfall. Die Grundstücke der Grundstücksgemeinschaft A habe sie -- die Klägerin -- ohne Gewinn auf Interessenten übereignet. Ähnliches gelte für die Grundstücksgemeinschaft B. Auch wo die Klägerin die Möglichkeit gehabt habe, als Bauträgerin tätig zu werden, habe sie das nicht getan. Insoweit werde mangelhafte Sachaufklärung gerügt. Bei Erhebung des angebotenen Zeugenbeweises hätte sich ergeben, daß die Kläger keine selbst bebauten Grundstücke veräußert hätten. Auch bei dem Objekt S sei die Klägerin nur an einer Vermögensanlage interessiert gewesen; nur aufgrund der Auflagen der Stadt sei sie im Laufe der Projektentwicklung zur Veräußerung gezwungen gewesen.

5. Das Merkmal der Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr liege nicht vor. Die Klägerin habe überhaupt nicht verkaufen wollen. Sie habe den Verkauf nur akzeptiert, weil sich anders ihr Ziel der Vermögensanlage nicht habe realisieren lassen. Auch das Merkmal der Nachhaltigkeit sei nicht gegeben; die Klägerin habe nicht vorgehabt, weitere Grundstücke zu veräußern.

6. Die Tätigkeiten in den Grundstücksgemeinschaften B und A führe nicht zur Gewerblichkeit des Grundstücksverkaufs. Die Tätigkeit der Grundstücksgemeinschaft B sei von vornherein gewerblicher Natur gewesen. Dieser Umstand hindere aber nach dem BFH-Beschluß vom 3. Juli 1995 GrS 1/93 (BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, 622) nicht, private Vermögensanlage zu betreiben. Bei der Veräußerung der unbebauten Grundstücke der Grundstücksgemeinschaft A handele es sich um die Liquidation einer durch äußeren Zwang teilweise fehlgeschlagenen Vermögensanlage.

7. Die Interessen der Kläger seien auf eine Vermögensanlage des gesamten Objekts gerichtet gewesen, sie seien lediglich durch Auflagen der Stadt zum Verkauf an zwei namentlich benannte Käufer gezwungen worden. Sie hätten keinen Veräußerungsgewinn angestrebt, sondern eine Vermögensanlage. Sie hätten nicht wie ein "typischer" Bauträger gehandelt.

Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1986 vom 15. Februar 1991 i. d. F. der Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 1992 die Einkommensteuer nach einem um ... DM geminderten zu versteuernden Einkommen festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzu weisen.

1. Es sei nur ein scheinbarer Widerspruch, daß das FG einen selbständigen Gewerbebetrieb angenommen habe, gleichzeitig aber Ausführungen dazu mache, daß die Tätigkeit dem Baugeschäft der Klägerin zuzurechnen sei. Das Gericht habe damit nur zum Ausdruck bringen wollen, daß ein enger Zusammenhang mit dem Betrieb des Baugeschäfts bestehe. Die Erzielung des Gewinns in der bezeichneten Höhe sei nur möglich gewesen, weil das Gebäude vom eigenen Unternehmen erstellt und das Privatkonto lediglich mit den Selbstkosten (ohne Aufschlag eines Unternehmergewinns) belastet worden sei. Dieser Unternehmergewinn habe nach dem Willen der Kläger im Privatvermögen anfallen sollen. Daß diese Folge steuerlich nicht eintreten könne, liege auf der Hand.

2. Zur Tarifbegünstigung habe das FG nicht Stellung zu nehmen brauchen, da beim gewerblichen Grundstückshandel in der Regel nur laufende Gewinne anfielen.

3. Es treffe nicht zu, daß das FG an die Stelle einer "Drei-Objekte-Grenze" eine "Zwei- Objekte-Grenze" gesetzt habe. Nach dem Urteil des X. Senats vom 24. Januar 1996 X R 255/93 (BFHE 183, 51, BStBl II 1996, 303) könne unter Umständen sogar ein Veräußerungsfall genügen. Die bereits mit dem Kaufvertrag vorgenommene Teilung zeige, daß ein Verkauf an verschiedene Erwerber beabsichtigt gewesen sei.

4. Zwar könne auch ein Bauunternehmer "privat" ein Haus errichten und dann vermieten. Hier sei das Gebäude aber nach Art eines Bauträgers errichtet und dann an die Auftraggeber "abgeliefert" worden.

5. Der Klägerin sei es letztlich gleichgültig gewesen, wer die Anteile erwerben würde. Auch wer nur für einen Vertragspartner tätig werde, könne am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen (BFH-Urteil vom 24. Januar 1990 X R 44/88, BFH/NV 1990, 798, 799). Auch das Element der Nachhaltigkeit sei gegeben. Wie der BFH ausführe, könne sich die Gewerblichkeit nicht lediglich aus der wiederholten Veräußerung von Wirtschaftsgütern im Sinne eines marktmäßigen Umschlags von Sachwerten, sondern auch aus der unternehmerischen Wertschöpfung für Zwecke der Veräußerung ergeben (BFH- Urteil in BFHE 180, 51, BStBl II 1996, 303).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet; die Entscheidung des FG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

1. Die Veräußerung der Teileigentums anteile ist dem Baugeschäft der Klägerin zuzuordnen und daher als betrieblicher Vorgang zu beurteilen.

a) Geschäftsvorfälle sind ihrer jeweiligen Veranlassung entsprechend dem betrieblichen oder dem nicht-betrieblichen Bereich zuzuordnen. Ist ein Geschäftsvorfall dem betrieblichen Bereich zuzuordnen, unterliegen die in diesem Zusammenhang anfallenden Gewinne gemäß § 4 Abs. 1 und 4, § 5 Abs. 1, § 15 Abs. 1 EStG der Einkommensteuer.

Geschäftstypische Vorgänge sind grundsätzlich im betrieblichen Bereich zu erfassen. Allerdings ist die Aussonderung von ständig im Gewerbebetrieb anfallenden Geschäften in den "privaten Vermögensbereich" nicht schlechthin ausgeschlossen, sofern eine entsprechende Veranlassung gegeben und eine abweichende Zuordnung klar und eindeutig vorgenommen worden ist (BFH-Urteile vom 27. Februar 1991 XI R 37/89, BFH/NV 1991, 524, und vom 2. September 1992 XI R 46/91, BFH/NV 1993, 24, jeweils m. w. N.).

b) Im Streitfall sind diese Voraussetzungen nicht gegeben; die veräußerten Objekte waren dem Bereich der "privaten Vermögensanlage" nicht eindeutig zugeordnet und damit notwendiges Betriebsvermögen. Die Klägerin kaufte das Grundstück mit Vertrag vom 4. April 1985; zeitgleich mit diesem Vertrag bzw. einen Monat später veräußerte sie die Teileigentumsrechte Nr. 3 und 1. Bereits dieser enge zeitliche Zusammenhang zwischen Kauf und Verkauf läßt deutlich erkennen, daß die Objekte von vornherein nicht zu einer langfristigen Anlage bestimmt waren; ganz im Vordergrund stand die Bebauung des Grundstücks. Ein weiteres Indiz bildet der Umstand, daß das "Privatkonto" der Klägerin lediglich mit den Selbstkosten belastet wurde und daß zwischen der Klägerin als Privatperson und der Klägerin als Bauunternehmerin nicht unterschieden wurde. Nach den Feststellungen des FG leistete die Klägerin keine Zahlungen an die Firma C. Diese Sachbehandlung führte zwangsläufig dazu, daß der Erlös aus der Bebauung und der Erlös aus der Veräußerung nicht getrennt ermittelt werden konnten.

Die angeführten Umstände sprechen eindeutig für eine Zuordnung der Geschäftsvorfälle zum betrieblichen Bereich; eine Aussonderung in den nicht-betrieblichen Bereich ist nicht möglich. Daß die Kläger möglicherweise anders gehandelt hätten, wenn die Stadt ihnen freie Hand gelassen hätte, steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Entscheidend ist allein der objektiv verwirklichte Sachverhalt; fehlende Handlungsalternativen sind ebenso unbeachtlich wie die Motive, die zur Veräußerung veranlaßten (BFH in BFH/NV 1991, 524, 525).

Die Kläger können sich nicht mit Erfolg auf das BFH-Urteil in BFHE 167, 491, BStBl II 1992, 721 berufen. In jenem Fall ging es um die Zuordnung von Beteiligungen an verschiedenen Parkhaus-GmbH zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter einer als Bauunternehmen tätigen KG. Der Senat verneinte diese Eigenschaft, weil die Beteiligungen dem Betrieb der KG allenfalls mittelbar dienen konnten (vgl. hingegen BFH-Urteile vom 8. Dezember 1993 XI R 18/93, BFHE 173, 137, BStBl II 1994, 296, und vom 20. September 1995 X R 46/94, BFH/NV 1996, 393 zur Beteiligung eines Handwerkers an einer Wohnungsbau-GmbH). Im Streitfall hingegen ist ein Geschäftsvorfall zu beurteilen, der im wesentlichen die Bebauung eines Grundstücks umfaßt und der infolgedessen eng mit dem Baugeschäft der Klägerin verbunden ist.

2. Da die fraglichen Geschäftsvorfälle bereits dem Baubetrieb der Klägerin zuzuordnen sind, ist der Auffassung des FG, daß hinsichtlich der streitigen Geschäftsvorfälle ein weiterer selbständiger Gewerbebetrieb vorliege, nicht zu folgen. Der Senat braucht daher auch nicht auf die Frage einzugehen, ob die Klägerin insoweit als (selbständige) Bauträgerin gehandelt habe (dazu BFH in BFHE 180, 51, BStBl II 1996, 303); der Verfahrensrüge der Kläger kommt daher keine Bedeutung zu.

 

Fundstellen

Haufe-Index 422355

BFH/NV 1997, 839

DStRE 1998, 4

HFR 1998, 16

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