Entscheidungsstichwort (Thema)

Untergang einer betrieblichen Forderung im Zwangsversteigerungsverfahren als Betriebseinnahme

 

Leitsatz (NV)

1. Betreibt ein Steuerpflichtiger aus einer betrieblichen Forderung die Zwangsversteigerung in ein Grundstück und ersteigert er dasselbe, so wird das Grundstück zunächst Betriebsvermögen.

2. Nutzt der Steuerpflichtige das ersteigerte Grundstück auf Dauer zu privaten Zwecken, so wird das ersteigerte Grundstück entnommen.

 

Normenkette

EStG §§ 4, 6 Abs. 1 Nr. 4, § 8 Abs. 1; ZVG § 114a

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger hatte eine betriebliche Forderung in Höhe von 50 000 DM, die durch eine Sicherungshypothek gesichert war. Aus der Forderung betrieb er die Zwangsversteigerung. Im Versteigerungstermin ersteigerte er das Grundstück, auf dem die Sicherungshypothek eingetragen war, zu einem Bargebot von 60 000 DM. Der Verkehrswert des Grundstücks betrug 150 000 DM; der 7/10-Betrag davon betrug 105 000 DM. Der Versteigerungserlös (60 000 DM) reichte nur aus, um vorrangige dinglich berechtigte Gläubiger zu befriedigen. Der Kläger fiel deshalb mit seiner betrieblichen Forderung aus.

Das FA rechnete dem Gewinn des Klägers, der nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt wurde, dennoch einen Betrag von 45 000 DM (105 000 DM ./. 60 000 DM) zu, weil der Kläger insoweit gemäß § 114a ZVG als befriedigt gelte. Das FG teilte diese Rechtsauffassung dem Grunde nach. Die Revision blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Vorentscheidung wegen Einkommensteuer 1974 richtet. Sie war insoweit zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

1. Der Untergang einer betrieblichen Forderung gemäß § 114a ZVG führt jedenfalls dann zu einer Betriebseinnahme i. S. des § 4 Abs. 3 EStG, wenn das in der Zwangsversteigerung ersteigerte Grundstück Betriebsvermögen wird. Zwar enthält das EStG keine gesetzliche Definition des in § 4 Abs. 3 EStG verwendeten Einnahmebegriffes. Jedoch kann der Begriff im Umkehrschluß zu der Betriebsausgabendefinition des § 4 Abs. 4 ESG und unter Heranziehung der Einnahmedefinition des § 8 Abs. 1 EStG bestimmt werden (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Dezember 1973 I R 136/72, BFHE 111, 108, BStBl II 1974, 210; vom 16. Januar 1975 IV R 180/71, BFHE 115, 202, BStBl II 1975, 526). Danach fallen unter die Betriebseinnahmen i. S. des § 4 Abs. 3 EStG alle Güter in Geld oder Geldeswert, die dem Betriebsvermögen betrieblich veranlaßt zufließen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, die mit Revisionsrügen nicht angefochten wurden und deshalb den erkennenden Senat binden (§ 118 Abs. 2 FGO), entstand die Forderung in Höhe von 50 000 DM betrieblich veranlaßt. Aus dieser Forderung wurde die Zwangsversteigerung betrieben, wobei die Forderung teilweise durch die Eintragung einer Sicherungshypothek gesichert war. Mit der dem Betriebsvermögen zuzuordnenden Forderung war die Chance verbunden, im Zwangsversteigerungsverfahren das Grundstück, bezüglich dessen die Zwangsversteigerung betrieben wurde, zu einem Meistgebot zu erwerben, das nur mit Rücksicht auf die Höhe der Forderung, aus der die Zwangsversteigerung betrieben wurde, unter dem Verkehrswert des Grundstücks lag. Ohne das Vorhandensein einer entsprechenden Forderung hätte der Kläger im Zweifel den Verkehrswert des Grundstücks stärker ausbieten müssen, wenn er dasselbe erwerben wollte. Deshalb ist die Gewinnchance, die sich dem Kläger auf Grund der Zwangsversteigerung aus einer betrieblichen Forderung bot, ebenfalls dem Betriebsvermögen zuzuordnen (vgl. BFH-Urteil vom 17. April 1986 IV R 115/84, BFHE 146, 419; BStBl II 1986, 607). Die Gewinnchance realisierte sich durch den Zuschlag des Grundstücks im Zwangsversteigerungsverfahren. Wegen des Realisationsprinzips konnte und mußte der Kläger die Gewinnchance im Zeitpunkt ihrer Realisierung erfolgsmäßig bei der Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfassen. Dem Kläger floß in der Form des ersteigerten Grundstücks ein Sachwert als Einnahme bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu. Die Einnahme war mit den Anschaffungskosten zu bewerten. Anschaffungskosten für das ersteigerte Grundstück fielen auf seiten des Klägers in Höhe des Bargebotes sowie in Höhe der evtl. nach § 144a ZVG untergegangenen betrieblichen Forderung an.

2. Ob und in welcher Höhe die betriebliche Forderung des Klägers auf Grund des § 114a ZVG mit dem Zuschlag des Grundstücks untergegangen ist, bedarf jedoch letztlich keiner Entscheidung. Nach den tatsächlichen Feststellungen, an die der erkennende Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, war das ersteigerte Grundstück mit einem Einfamilienhaus bebaut. Auch ersteigerten die Kläger das Grundstück, um es selbst zu bewohnen. Damit mußten sie es dem Betriebsvermögen entnehmen. Durch die Entnahme ergab sich gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG eine Gewinnerhöhung in Höhe der Differenz zwischen dem Teilwert des Grundstücks (150 000 DM) und dessen Anschaffungskosten. Diese Gewinnerhöhung muß sowohl die vom FA angesetzten 43 273 DM als auch die vom FG errechneten 45 000 DM übersteigen.

3. Das FG ist zwar von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Diese beschwert jedoch die Kläger nicht, weil die Einkünfte aus Gewerbebetrieb richtigerweise hätten höher angesetzt werden müssen, wodurch sich für die Kläger eine höhere Einkommensteuerschuld 1974 ergeben hätte. Wegen des Verböserungsverbots muß es bei dem Ansatz der Einkünfte aus Gewerbebetrieb in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid verbleiben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414996

BFH/NV 1987, 497

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