Leitsatz (amtlich)

1. Ein Wechsel von degressiven Absetzungen für Abnutzung nach § 7 Abs.5 EStG zu erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG ist innerhalb dessen Begünstigungszeitraum zulässig.

2. Bei einem solchen Übergang können erhöhte Absetzungen nach Maßgabe des § 7b Abs.3 EStG nachgeholt werden, soweit diese höher sind als die bereits gewährten Absetzungen nach § 7 Abs.5 EStG.

3. Ein Wechsel von den degressiven Absetzungen für Abnutzung nach § 7 Abs.5 EStG zu den linearen Absetzungen nach § 7 Abs.4 i.V.m. § 7b Abs.1 Satz 3 EStG ist nicht möglich.

 

Normenkette

EStG § 7 Abs. 4-5, § 7b Abs. 1 S. 3, Abs. 3, § 21a Abs. 3 Nr. 2; EStR 1984 Abschn. 53 Abs. 8 S. 3

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb im Jahre 1979 ein in diesem Jahr fertiggestelltes Einfamilienhaus mit Gebäude-Anschaffungskosten von 200 506 DM. Nachdem er das Gebäude ab Bezugsfertigkeit im Jahre 1979 bis zum 31.März 1982 vermietet hatte, bezog er es am 1.Mai 1982 selbst.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) gewährte dem Kläger in seinen Einkommensteuerveranlagungen für die Jahre 1979 bis 1981 erklärungsgemäß degressive Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs.5 des Einkommensteuergesetzes 1979 (EStG) von 3,5 v.H. von 200 506 DM = 7 018 DM.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr begehrte der Kläger folgende Absetzungen:

Erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG

für das Jahr 1982 von 5 v.H. von

150 000 DM 7 500 DM

AfA nach § 7 Abs.4 EStG für die Zeit

vom 1. Januar bis 30. April 1982 = 4/12

von 2 v.H. von 50 506 DM 336 DM

Nachholung erhöhter Absetzungen nach

§ 7b EStG für die Jahre 1979 bis 1981

3 x 7 500 DM 22 500 DM

zuzüglich AfA nach § 7 Abs.4 EStG von

3 x 2 v.H. von 50 506 DM 3 030 DM

---------

25 530 DM

abzüglich in den Jahren 1979 bis 1981

bereits berücksichtigte AfA nach § 7

Abs.5 EStG 3 x 7 018 DM 21 054 DM

---------

4 476 DM 4 476 DM

---------

12 312 DM.

Das FA sah in dem Begehren des Klägers einen nach seiner Auffassung unzulässigen Wechsel von den degressiven AfA nach § 7 Abs.5 EStG zu den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG. Es berücksichtigte --wie in den Vorjahren-- nur AfA nach § 7 Abs.5 EStG von 7 018 DM.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage, mit der der Kläger sein Begehren weiterverfolgte, antragsgemäß statt.

Das FA rügt mit seiner vom FG zugelassenen Revision Verletzung der §§ 7 und 7b EStG.

Das FA beantragt, unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs.3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Kläger für das Streitjahr 1982 einen Wechsel von den degressiven AfA nach § 7 Abs.5 EStG zu den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG begehrt. Denn in den voraufgegangenen Veranlagungszeiträumen 1979 bis 1981 hatte das FA dem Kläger erklärungsgemäß degressive AfA nach § 7 Abs.5 EStG gewährt.

Das FG hat dem Kläger auch rechtsfehlerfrei einen Wechsel von den AfA nach § 7 Abs.5 EStG zu den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG innerhalb dessen achtjährigem Begünstigungszeitraum gestattet.

Allerdings vertritt die Verwaltung in Abschn.53 Abs.8 Satz 3 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1984 die Auffassung, daß ein Übergang von den degressiven AfA nach § 7 Abs.5 EStG zu den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG nicht möglich sei. Dies wird damit begründet, daß § 7 Abs.5 EStG starre, unveränderliche Abschreibungssätze für die Gesamtdauer der Absetzungen vorsehe und damit eine Anpassung an andere Arten der Absetzungen nicht zulasse (Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 7b Rz.42).

Dieser Meinung ist das Schrifttum überwiegend nicht gefolgt. Die Zulässigkeit eines Wechsels von den degressiven AfA nach § 7 Abs.5 EStG zu den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG in den ersten acht Jahren bejahen: en. in Der Betrieb (DB) 1976, 1551; Herrmann/Heuer/Raupach (Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19.Aufl., § 7b EStG Anm.18); Littmann/Bitz/Meincke (Das Einkommensteuerrecht, 14.Aufl., 1985, § 7b Rdnr.87); Frotscher (Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 7b Anm.27), und Strasser (DB 1986, 1700). Im Gegensatz zu den starren Abschreibungssätzen des § 7 Abs.5 EStG räume § 7b Abs.1 Satz 1 EStG dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht hinsichtlich der Höhe seiner Absetzungen ein. Das FG Nürnberg (Urteil vom 28.März 1985 IV 539/83, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1985, 487) und Schmidt/Drenseck (Einkommensteuergesetz, 5.Aufl., 1986, § 7b Anm.8 d) hingegen lehnen einen Wechsel ab, sobald der Steuerpflichtige einmal seine Wahl getroffen hat.

Der erkennende Senat schließt sich der im Schrifttum vorherrschenden Auffassung an. Er stützt sich allerdings nicht darauf, daß während der ersten acht Jahre der Absetzungen bei voller Ausschöpfung der erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG und einer die Höchstgrenze nach § 7b Abs.1 Satz 3 EStG nicht erreichenden Bemessungsgrundlage ohnehin nicht erkennbar sei, ob der Steuerpflichtige die AfA nach § 7 Abs.5 EStG oder die erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG gewählt habe. Denn im vorliegenden Fall hatte das FA erklärungsgemäß einen AfA-Satz von 3,5 v.H. angewendet, wie ihn § 7 Abs.5 EStG für das Jahr der Fertigstellung und die darauffolgenden 11 Jahre vorsieht.

Ein Wechsel von den degressiven AfA nach § 7 Abs.5 EStG zu den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG muß jedoch schon nach dem Wortlaut des § 7b EStG innerhalb dessen achtjährigem Begünstigungszeitraumes als zulässig erachtet werden. Nach dieser Vorschrift besitzt der Steuerpflichtige ein Recht zur Wahl zwischen den beiden Arten von Absetzungen nicht nur im Jahr der Herstellung bzw. der Anschaffung, sondern auch in den darauf folgenden sieben Jahren. Nach § 7b Abs.1 Satz 1 EStG "kann" der Bauherr bzw. der Erwerber abweichend von § 7 Abs.4 und 5 EStG im Jahr der Fertigstellung bzw. im Jahr der Anschaffung und in den sieben folgenden Jahren jeweils bis zu 5 v.H. der Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten absetzen.

Demgemäß hat der Bundesfinanzhof (BFH) bereits in seinem Urteil vom 17.Februar 1976 VIII R 188/71 (BFHE 118, 319, BStBl II 1976, 414) --wenn auch nicht in den seine damalige Entscheidung tragenden Gründen-- einen Übergang von den degressiven AfA nach § 7 Abs.5 EStG zu den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG ausdrücklich für möglich gehalten. Nach seiner Auffassung gewährt § 7b EStG nach seinem Gesetzeszweck eine Steuervergünstigung, die auch die Möglichkeit des Übergangs von einer anderen Absetzungsmethode einschließt. In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, daß bei selbstgenutzten Einfamilienhäusern nach § 21a Abs.3 Nr.2 EStG nur erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG, nicht aber auch degressive AfA nach § 7 Abs.5 EStG vom Grundbetrag abgesetzt werden dürfen. Wollte man hier einen Wechsel zu erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG verwehren, etwa wenn nach anfänglicher Fremdvermietung das Einfamilienhaus selbst bezogen wird, so ginge die Steuervergünstigung des § 7b EStG verloren, auch wenn sämtliche Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind.

Dieser Auslegung des § 7b EStG nach seinem Wortlaut und seinem Gesetzeszweck steht nicht der systematische Zusammenhang dieser Vorschrift, insbesondere nicht ihr Verhältnis zu § 7 Abs.5 EStG entgegen. Der erkennende Senat verkennt nicht, daß § 7 Abs.5 EStG --worauf die Verwaltung abstellt-- eine starre, unveränderliche Abschreibungsregelung vom Jahr der Herstellung des Gebäudes an für die gesamte Dauer der Absetzungen enthält; die in dieser Vorschrift für die einzelnen Jahre vorgesehenen Vomhundertsätze dürfen weder unter- noch überschritten werden. Sie gelten jedoch nur im Rahmen der degressiven AfA nach § 7 Abs.5 EStG. Für erhöhte Absetzungen gelten eigenständige Regeln. So zeichnen sich die erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG durch einen großzügigen Gestaltungsspielraum aus, der dem Steuerpflichtigen einen möglichst effektiven Gebrauch der Steuervergünstigung erlauben soll. Dazu gehört nicht nur das Wahlrecht, die Steuervergünstigung überhaupt in Anspruch zu nehmen, sondern auch das Wahlrecht hinsichtlich der Höhe ("bis zu 5 vom Hundert") sowie die Nachholmöglichkeit in den ersten vier Jahren. Diesem weiten Gestaltungsspielraum entspricht es, auch den Wechsel von den degressiven AfA nach § 7 Abs.5 EStG zu den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG zuzulassen.

2. Das angefochtene Urteil war jedoch aufzuheben, weil das FG dem Kläger für die vor dem Beginn der Selbstnutzung seines Einfamilienhauses liegende Zeit vom 1.Januar bis 30.April 1982 unzutreffend lineare Gebäude-AfA nach § 7b Abs.1 Satz 3 EStG i.V.m. § 7 Abs.4 EStG von 2 v.H. von dem 150 000 DM übersteigenden Betrag von 50 506 DM zugebilligt hat.

Auf diese AfA lassen sich die vorstehenden Grundsätze zum Wechsel von den degressiven AfA nach § 7 Abs.5 EStG zu den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG nicht übertragen. Denn sie sind nicht als Teil der erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG, sondern als AfA nach § 7 Abs.4 EStG zu beurteilen. Nach § 7b Abs.1 Satz 3 EStG ist auf die die Höchstbemessungsgrundlage übersteigenden Herstellungs- oder Anschaffungskosten § 7 Abs.4 EStG anzuwenden. Daß diese Absetzungen nicht zu den erhöhten nach § 7b EStG zählen, erweist sich auch bei der Ermittlung des Nutzungswerts nach § 21a EStG. Dabei dürfen sie nach § 21a Abs.3 Nr.2 EStG nicht von dem Grundbetrag abgezogen werden, da sie bereits mit dem Grundbetrag abgegolten sind.

Demzufolge handelt es sich bei dem Begehren des Klägers, auf die die Höchstbemessungsgrundlage des § 7b Abs.1 Satz 3 EStG übersteigenden Anschaffungskosten AfA nach § 7 Abs.4 EStG zu erhalten, um einen Wechsel von der in den drei voraufgegangenen Veranlagungszeiträumen in Anspruch genommenen degressiven AfA nach § 7 Abs.5 EStG zu den normalen, linearen Gebäude-AfA nach § 7 Abs.4 EStG. Ein solcher Übergang ist nach Auffassung des erkennenden Senats nicht möglich. Er folgt damit der ganz überwiegenden Auffassung im Schrifttum (Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 7 EStG Anm.492; Blümich/Falk, a.a.O., § 7 Rz.600; Littmann/Bitz/Meincke, a.a.O., § 7 Rdnr.237; Schmidt/Drenseck, § 7 Anm.15 b; Abschn.42 Abs.7 EStR 1984; a.A. rh., Finanz-Rundschau --FR-- 1971, 420, und Anm. in Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1976, 286 zum Urteil in BFHE 118, 319, BStBl II 1976, 414).

Die Unzulässigkeit eines solchen Wechsels ergibt sich allerdings nicht schon aus dem Wortlaut des § 7 Abs.4 und 5 EStG. Darin ist über die Zulässigkeit eines Wechsels in der AfA-Methode bei Gebäuden --im Gegensatz zum Wechsel bei beweglichen Wirtschaftsgütern nach § 7 Abs.3 EStG-- nichts gesagt. Aus der Zulassung eines Übergangs von den degressiven zur linearen AfA bei beweglichen Wirtschaftsgütern in § 7 Abs.3 Satz 1 EStG läßt sich für die Gebäude-AfA zwingend weder ein Analogieschluß noch ein Umkehrschluß ableiten.

Die Unzulässigkeit eines Wechsels von den degressiven AfA nach § 7 Abs.5 EStG zur linearen AfA nach § 7 Abs.4 EStG ergibt sich jedoch aus der vom Gesetzgeber getroffenen Regelung der Gebäude-AfA nach § 7 Abs.5 EStG. Diese Vorschrift enthält starre, unveränderliche Staffelsätze für die gesamte Dauer der Absetzungen. Diese dürfen in den einzelnen Jahren weder über- noch unterschritten werden. Nach der einmal getroffenen Wahl der AfA nach § 7 Abs.5 EStG ist ein späterer Wechsel zu einer anderen AfA-Methode infolge der für die gesamte Absetzungsdauer vorgesehenen festen Staffelsätze ausgeschlossen.

Dieses Ergebnis steht nicht in Widerspruch zu der vorstehend bejahten Zulässigkeit eines Übergangs von den degressiven AfA nach § 7 Abs.5 EStG zu den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG. Denn --wie bereits unter 1. ausgeführt-- folgt diese Möglichkeit aus der Spezialregelung des § 7b EStG, die für den achtjährigen Begünstigungszeitraum gestattet, "abweichend von § 7 Abs.4 und 5" die erhöhten Absetzungen in Anspruch zu nehmen.

3. Da der Kläger nach Nr.1 der Entscheidungsgründe im Streitjahr 1982 von den degressiven AfA nach § 7 Abs.5 EStG zu den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG übergehen konnte, hat ihm das FG allerdings folgerichtig auch gestattet, in den voraufgegangenen Veranlagungszeiträumen 1979 bis 1981 noch nicht ausgenutzte erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG im Jahre 1982 als dem dritten auf die Fertigstellung folgenden Jahr nachzuholen, soweit diese die vom FA angesetzte AfA nach § 7 Abs.5 EStG übersteigen.

Dabei hat das FG dem Kläger jedoch rechtsfehlerhaft gestattet, auch AfA nach § 7 Abs.4 EStG von 3 x 2 v.H. auf die die Höchstbemessungsgrundlage nach § 7b Abs.1 Satz 3 EStG übersteigenden 50 506 DM = 3 030 DM nachzuholen. Diese Normal-AfA nach § 7 Abs.4 EStG mußte nach § 7a Abs.3 EStG bereits in den voraufgegangenen Veranlagungszeiträumen 1979 bis 1981 berücksichtigt werden.

4. Die Sache ist spruchreif. Aufgrund der vorstehenden Ausführungen ist die Einkommensteuer für das Jahr 1982 --unter Abweisung der Klage im übrigen-- auf 342 DM herabzusetzen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 61638

BStBl II 1987, 618

BFHE 149, 527

BFHE 1987, 527

BB 1987, 1584

BB 1987, 1584-1586 (ST)

DB 1987, 1764-1765 (ST)

DStR 1987, 592-592 (S)

DStZ 1988, 435 (ST1-3)

HFR 1987, 568-568 (ST)

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