Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundstücksgemeinschaft kann nicht Schuldner der Gewerbesteuer sein

 

Leitsatz (NV)

Ein Gewerbesteuermeßbescheid, der eine Grundstücksgemeinschaft als Steuerschuldnerin ausweist, kann als ein zusammengefaßter, gegen alle Gemeinschafter als Gesamtschuldner gerichteter Bescheid angesehen werden, wenn auch die Gemeinschafter als Adressaten benannt sind.

 

Normenkette

AO 1977 § 157 Abs. 1 S. 2; GewStG § 5 Abs. 1 S. 3

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die in zeitlichem Zusammenhang mit der Aufgabe eines Grundstückshandels erfolgte Veräußgerung der bisher nicht verkauften Eigentumswohnungen im ganzen an einen gewerblichen Abnehmer zu einem nicht der Gewerbesteuer unterliegenden Veräußerungsgewinn führt. Der Sachverhalt ergibt sich - soweit er die materielle Rechtsfrage betrifft - aus dem zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung ergangenen Urteil IV R 30/92 vom heutigen Tag (BFHE 172, 344, BStBl II 1994, 105).

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erließ aufgrund seiner Rechtsauffassung, daß das streitige Verkaufsgeschäft zu einem gewerbesteuerpflichtigen Gewinn führe, unter dem Datum vom 10. Februar 1987 einen Gewerbesteuer- und Gewerbesteuermeßbescheid, der in jeweils einer Ausfertigung den damaligen Bevollmächtigten der Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) bekanntgegeben wurde. Der maschinell erstellte Bescheid war im Kopfteil mit folgendem handschriftlichem Vermerk versehen: Steuerschuldner: Grundstücksgemeinschaft X-Straße 1 bestehend aus den ehemaligen Beteiligten A und B.

Als Adressat war in der einen Ausfertigung die Klägerin zu 1, Frau A als Gesamtrechtsnachfolgerin des ehemaligen Beteiligten der Grundstücksgemeinschaft A/B aufgeführt. In der anderen Ausfertigung war der Kläger zu 2, Herr B als ehemaliger Beteiligter an der Grundstücksgemeinschaft benannt.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Kläger nach erfolglosem Einspruch Klage, der das Finanzgericht (FG) mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1992, 353 veröffentlichten Urteil stattgab. Insbesondere ging das FG entgegen den vom FA geäußerten Bedenken davon aus, daß die Kläger die Klage zulässigerweise im eigenen Namen erhoben hätten.

Hiergegen richtet sich die vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision des FA.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.

1. Allerdings hat das FG zu Recht die Klage als zulässig angesehen. Es hat angenommen, daß die Kläger ihre Klagen zulässigerweise im eigenen Namen und nicht im Namen der Grundstücksgemeinschaft erhoben haben. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Das FG ist davon ausgegangen, daß die Grundstücksgemeinschaft A/B eine schlichte Bruchteilsgemeinschaft darstellte und daß die Gemeinschafter nicht darüber hinaus in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) verbunden waren. Es hat das daraus geschlossen, daß als Käufer des Grundstücks X-Straße 1 nicht eine GbR, sondern der mittlerweile verstorbene Herr A und der Kläger zu 2 persönlich aufgetreten waren. Demgemäß war auch die Eintragung im Grundbuch vorgenommen worden. Diese Feststellungen reichen aus, um das Bestehen einer GbR - jedenfalls einer Außengesellschaft mit Gesellschaftsvermögen - zwischen den Mitgliedern der Grundstücksgemeinschaft zu verneinen. Allerdings können sich mehrere Personen auch dann zu einer GbR zusammenschließen, wenn sich die gemeinsam genutzten oder veräußerten Gegenstände nicht im Gesamthandsvermögen der Gesellschafter befinden (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 8. Juli 1982 IV R 20/78, BFHE 136, 252, BStBl II 1982, 700; Ulmer in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Vor § 750 Rdnr. 90; K.Schmidt, Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 741 Rdnr. 4 m.w.N.). Es ist vielmehr denkbar, daß auch Bruchteilseigentümer vereinbaren, das gemeinsame Ziel (hier die Aufteilung in Eigentumswohnungen sowie deren Modernisierung und Veräußerung) durch wechselseitige Beiträge zu erreichen. Dadurch kann eine GbR entstehen, die als Außengesellschaft über Gesellschaftsvermögen - etwa in Gestalt der vereinnahmten Veräußerungserlöse - verfügen kann, wenn auch der Grundbesitz nicht dazu gehört. Im Streitfall fehlen jedoch Anhaltspunkte dafür, daß dies so gewesen ist. Insbesondere lassen sich keine Hinweise dafür finden, daß der verstorbene Herr A und der Kläger zu 2 nach außen - etwa gegenüber den Kreditgebern und Wohnungserwerbern - als GbR aufgetreten sind.

b) Bruchteilsgemeinschaften als solche können nicht Schuldner der Gewerbesteuer und somit auch nicht Kläger in einem die Gewerbesteuer betreffenden Finanzgerichtsverfahren sein. Wie der VIII.Senat des BFH in seinem Grundsatzurteil vom 12. November 1985 VIII R 364/83 (BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311) entschieden hat, kann als Personengesellschaft i.S. des § 5 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) 1977 nur eine Personengesellschaft mit Gesellschaftsvermögen (Außengesellschaft) angesehen werden. Der erkennende Senat hat sich dem angeschlossen (Urteil vom 14. September 1989 IV R 85/88, BFH/NV 1990, 591). Der Grund für diese Auffassung liegt darin, daß § 5 Abs. 1 GewStG 1977 bezweckt, die Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen zu ermöglichen. Daher kann - ebenso wie eine atypisch stille Gesellschaft - eine mitunternehmerisch tätige Bruchteilsgemeinschaft nicht Schuldnerin der Gewerbesteuer sein (Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, § 5 Rdnr. 8 a.E., 12; Blümich/Gosch, Gewerbesteuergesetz, § 5 Rdnr. 48; a.A.; Sarrazin in Lenski/Steinberg, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, § 5 Anm. 4, § 2 Anm. 99 S. 262ff.).

c) Das FG hat demnach zu Recht die Kläger als Schuldner der Gewerbesteuer angesehen. Es ist auch zutreffend davon ausgegangen, daß sie Inhaltsadressaten des angefochtenen Bescheides waren. Das FA hat in diesem Bescheid die Gemeinschaft als Steuerschuldnerin und die Kläger als Adressaten bezeichnet. Hierdurch begründete Zweifel über den Inhalt des Bescheides können durch Auslegung behoben werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. Juli 1986 V R 96/85, BFHE 147, 211, BStBl II 1986, 834). Dabei ist auf den objektiven Erklärungsinhalt aus der Sicht des Adressaten abzustellen (BFH-Beschluß vom 19. Februar 1992 II B 100/91, BFH/NV 1992, 784 m.w.N.).

Ein Gewerbesteuermeß- und Gewerbesteuerbescheid, der eine Grundstücksgemeinschaft als Steuerschuldnerin ausweist, kann als ein zusammengefaßter, gegen alle Gemeinschaften als Gesamtschuldner gerichteter, Bescheid angesehen werden, wenn - wie im Streitfall - auch die Gemeinschafter als Adressaten benannt sind. Daß die Bruchteilsgemeinschaft als solche nicht Steuerschuldnerin sein kann, ist offenkundig. Ihre Aufnahme in den Bescheid ist daher als Hinweis darauf zu verstehen, daß der Gewerbesteuermeß- und Gewerbesteuerbescheid die Aktivitäten der als Adressaten bezeichneten Personen als Mitglieder einer Grundstücksgemeinschaft betrifft. Demgemäß hat der Senat den gegen den Inhaber eines Handelsgeschäfts gerichteten Gewerbesteuermeßbescheid auch dann als wirksam angesehen, wenn bei der Adressierung zugleich auf das Bestehen einer atypisch stillen Gesellschaft hingewiesen war (Urteil in BFH/NV 1990, 590; ebenso Glanegger/Güroff, a.a.O., Rdnr. 12; a.A. Blümich/Gosch, a.a.O., Rdnr. 48).

2. In der Sache selbst jedoch kann der Senat dem FG nicht folgen. Wegen der Begründung wird auf das in der Gewinnfeststellungssache (IV R 30/92) ergangene Urteil vom heutigen Tag verwiesen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419453

BFH/NV 1994, 266

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