Leitsatz (amtlich)

1. Setzen sich Miterben eines zum Privatvermögen des Erblassers gehörenden Grundstücks dahingehend auseinander, daß ein Miterbe gegen Zahlung von Abfindungen an die übrigen Miterben das Grundstück übernimmt, so liegt ein entgeltlicher Erwerb insoweit vor, als der übernehmende Miterbe hierfür Vermögenswerte über seinen Anteil an dem Nachlaß hinaus einsetzt (Änderung der Rechtsprechung).

2.Schuldzinsen für einen Kredit, der zur Abfindung von Miterben aufgenommen wird, sind auch dann in voller Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar, wenn der übernehmende Miterbe die Abfindungen ganz oder teilweise aus seinem Anteil an dem Nachlaß hätte aufbringen können (Anschluß an Urteil des BFH vom 19.Mai 1983 IV R 138/79, BFHE 138, 248, BStBl II 1983, 380).

 

Orientierungssatz

Erwirbt ein Miterbe Grundstücksanteile im Rahmen einer auf ein zum Privatvermögen gehörendes Grundstück beschränkten Teilauseinandersetzung gegen Abfindungszahlungen, so ist der Erwerb nur insoweit entgeltlich, als die Abfindungszahlungen nicht durch die dem Miterben zustehenden Anteile am noch nicht auseinandergesetzten Nachlaß gedeckt sind. Ein unentgeltlicher Erwerb des Miterben ist in dem Umfang anzunehmen, in dem er wertmäßig am Nachlaß beteiligt ist. Soweit der Erwerb als entgeltlich zu beurteilen ist, hat der erwerbende Miterbe eigene Anschaffungskosten. Hinsichtlich des unentgeltlich erworbenen Teils sind für die Berechnung der AfA die entsprechenden Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten des Erblassers zugrunde zu legen.

 

Normenkette

EStG §§ 21, 9 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1, 7, § 7 Abs. 4; EStDV § 11d; BGB §§ 1922, 2032, 2042

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), ihre acht Geschwister und ihre Mutter waren seit 1977 in ungeteilter Erbengemeinschaft nach dem verstorbenen Vater der Klägerin Eigentümer eines mit einem Dreifamilienhaus bebauten Grundstücks. An der Erbengemeinschaft waren die Mutter der Klägerin zu 1/2 und die Klägerin mit ihren Geschwistern jeweils zu 1/18 beteiligt. Aufgrund notariell beurkundeten Teilauseinandersetzungsvertrages vom 29.Mai 1979 erwarb die Klägerin das Alleineigentum an dem Grundstück. Sie hatte dafür unter Zugrundelegung eines Auseinandersetzungswerts von 180 000 DM Abfindungen an die weichenden Miterben entsprechend deren Erbanteilen zu zahlen, also an die Mutter 90 000 DM und an die acht Geschwister je 10 000 DM. Die Klägerin nahm für die Zahlung der Abfindungen in Höhe von zusammen 170 000 DM einen Bankkredit auf. Die von ihr im Streitjahr 1980 für den Kredit gezahlten Zinsen betrugen 12 996,89 DM.

Bei der Veranlagung der Klägerin zur Einkommensteuer 1980 behandelte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung die Abfindungszahlungen in Höhe von 170 000 DM sowie Erwerbsnebenkosten von 4 720 DM nicht als Anschaffungskosten des Grundstücks. Das FA gewährte der Klägerin keine Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs.4 des Einkommensteuergesetzes (EStG), sondern nur nach den Werten des Rechtsvorgängers gemäß § 11d der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV), da der Vorgang der Erbauseinandersetzung wie ein unentgeltlicher Erwerb der Klägerin behandelt werden müsse. Aus demselben Grund berücksichtigte das FA die Schuldzinsen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Der Klägerin im Jahre 1979 entstandene Reparaturaufwendungen in Höhe von 37 329 DM erkannte das FA entsprechend dem in der Einkommensteuererklärung 1980 gestellten Antrag als nach § 82b EStDV auf fünf Jahre zu verteilenden Erhaltungsaufwand an.

Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage mit folgender Begründung statt: Der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), wonach im Falle der Erbauseinandersetzung unter Miterben der übernehmende Miterbe das Grundstück unmittelbar vom Erblasser und daher unentgeltlich erwerbe (Urteil vom 7.Oktober 1980 VIII R 111/78, BFHE 132, 32, BStBl II 1981, 157), könne in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden, da diese steuerliche Behandlung nicht durch die für das Einkommensteuerrecht geltende wirtschaftliche Betrachtungsweise abgedeckt werde. Allenfalls bei der Realteilung sei es gerechtfertigt, das erworbene Wirtschaftsgut als unmittelbar vom Erblasser zugewendet anzusehen; denn hier erbringe der Übernehmer keine Gegenleistung aus seinem Vermögen. Sein Erwerb sei wirtschaftlich "unentgeltlich". Im Streitfall, in dem auf die Klägerin nur ein geringer Erbanteil in Höhe von 1/18 entfalle, sie also weitgehend eigenes Vermögen bzw. Fremdmittel habe einsetzen müssen, verbiete die wirtschaftliche Betrachtungsweise geradezu die Annahme eines unentgeltlichen Erwerbs. Die Abfindungsstelle sich nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt als Leistung zum Erwerb der Anteile der anderen Miterben an dem Erwerbsgegenstand dar. Die Klägerin habe nicht entsprechend dem Willen des Erblassers ein mit einer entsprechenden Schuld belastetes Grundstück geerbt, sondern einen in ihrer eigenen Vermögensdisposition liegenden Leistungsaustausch "Geld gegen Grundstück" durch ein selbständiges Rechtsgeschäft herbeigeführt. Hätten die Beteiligten sich zunächst dahin auseinandergesetzt, daß jeder entsprechend seinem Erbanteil Miteigentümer nach Bruchteilen geworden wäre und hätte die Klägerin dann ihrer Mutter und den Geschwistern die Miteigentumsanteile abgekauft, so wären steuerlich zweifellos Anschaffungskosten und abzugsfähige Schuldzinsen gegeben gewesen. Es sei nicht einzusehen, weshalb die im Streitfall erfolgte Vorwegnahme dieser Transaktion schon im Rahmen der Erbauseinandersetzung einkommensteuerlich anders beurteilt werden sollte. Das FG setzte entsprechend seinen Ausführungen die Einkommensteuer der Klägerin herab, wobei es in Übereinstimmung mit den Beteiligten von den Reparaturkosten von 37 329 DM einen Betrag von 24 031 DM als anschaffungsnahe Herstellungskosten behandelte.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung der §§ 21, 7, 9 und 12 EStG und § 11d EStDV. Es macht geltend, das Urteil des FG weiche von der Rechtsprechung des BFH (Urteile in BFHE 132, 32, BStBl II 1981, 157, und vom 5.November 1974 VIII R 81/69, BFHE 114, 475, BStBl II 1975, 411) ab. Die Auffassung des FG stoße auf erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten in der Frage, wann es sich um eine noch vom Erblasser herrührende Auseinandersetzung und wann um ein normales Erwerbsgeschäft handele. Die Höhe des Anteils des erwerbenden Miterben sei kein Anhaltspunkt für die Unterscheidung zwischen entgeltlichem und unentgeltlichem Erwerb.

Das FA beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist teilweise begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Zu Recht hat das FG die Leistungen der Klägerin an ihre Miterben im Rahmen der Teilauseinandersetzung dem Grunde nach als Anschaffungskosten angesehen. Ob sie es der Höhe nach sind, läßt sich mangels tatsächlicher Feststellungen des FG zum Wert des Nachlasses nicht beurteilen. Der Abzug der geltend gemachten Schuldzinsen als Werbungskosten ist frei von Rechtsirrtum.

1. AfA können im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung entweder nach § 9 Abs.1 Satz 3 Nr.7 i.V.m. § 7 Abs.4 EStG bei einem entgeltlichen Erwerb in Höhe eines Vomhundertsatzes der Anschaffungskosten oder Herstellungskosten des Gebäudes oder nach § 11d EStDV bei nicht zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern, die der Steuerpflichtige unentgeltlich erworben hat, entsprechend den Anschaffungskosten oder Herstellungskosten des Rechtsvorgängers, als Werbungskosten abgezogen werden.

Der Erwerb durch Erbfall ist ein unentgeltlicher Erwerb. Nach § 1922 Abs.1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geht das Vermögen des Erblassers als Ganzes auf den oder die Erben über. Hinterläßt der Erblasser mehrere Erben, so wird der Nachlaß gemeinschaftliches Vermögen der Erben, das von ihrem eigenen Vermögen abgesondert ist (vgl. § 2032 BGB). Jeder Nachlaßgegenstand gehört dem einzelnen Miterben ganz, jedoch beschränkt durch die Rechte der übrigen Miterben. Die Miterbengemeinschaft wird durch Erbauseinandersetzung aufgehoben (§ 2042 BGB). Dies geschieht in der Regel durch Teilung, d.h. die Nachlaßgegenstände werden aus dem Gesamthandsvermögen der Miterben in ihr Alleinvermögen überführt (Dütz in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 2059 Tz.4). Wird im Rahmen der Naturalteilung einem Miterben ein Nachlaßgegenstand zu Alleineigentum übertragen, so erwirbt er diesen Gegenstand unentgeltlich. Bürgerlich-rechtlich ist ein auf Leistungsaustausch gerichteter gegenseitiger Vertrag und damit ein entgeltliches Geschäft gegeben, wenn ein Miterbe den Nachlaß unter Abfindung der übrigen Miterben aus seinem Vermögen erwirbt. Dies gilt unabhängig davon, ob der übernehmende Miterbe die Erbanteile (§ 2033 BGB) oder die Anteile an den einzelnen Nachlaßgegenständen erwirbt (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 26.Februar 1953 IV ZR 207/52, Lindenmaier/Möhring --LM--, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, § 326 (A) BGB Nr.2). Für die Beurteilung des Geschäftes als entgeltlich oder unentgeltlich ist es ohne Bedeutung, ob der Erwerb der Erbanteile durch einen Miterben einen Erbschaftskauf i.S. von § 2371 BGB darstellt.

Abweichend von der bürgerlich-rechtlichen Beurteilung hat die Rechtsprechung des BFH zum Einkommensteuerrecht bisher ein unentgeltliches Rechtsgeschäft angenommen, wenn ein Miterbe von den übrigen Miterben deren Anteile am Nachlaß oder an einzelnen Nachlaßgegenständen gegen Abfindung aus seinem Vermögen erwirbt. Die Rechtsprechung ist für den betrieblichen Bereich davon ausgegangen, daß Erbfall und Erbauseinandersetzung als einheitlicher privater, außerbetrieblicher Vorgang anzusehen sind, sofern sich der oder die weichende(n) Miterbe(n) in der Zeit zwischen Erbfall und Erbauseinandersetzung nicht so verhalten hat bzw. haben, daß er oder sie Mitunternehmer i.S. von § 15 Abs.1 Nr.2 EStG ist bzw. sind. Scheiden Miterben innerhalb angemessener Frist gegen Abfindung aus der Erbengemeinschaft aus, so erzielen sie keinen Veräußerungsgewinn und die abfindenden Miterben keine (zusätzlichen) Anschaffungskosten. Entgegen der bürgerlich-rechtlichen Rechtslage werden einkommensteuerrechtlich Erbfall und Erbauseinandersetzung so gewertet, als ob der Gewerbebetrieb bzw. der Anteil an einer Personengesellschaft vom Erblasser unmittelbar auf den allein fortführenden bzw. Gesellschafter bleibenden Miterben übergegangen wäre. Der übernehmende Erbe wird steuerrechtlich so behandelt, als ob er zum Alleinerben eingesetzt worden wäre und den weichenden Miterben Vermächtnisse in Höhe der von ihm gewährten Abfindungen ausgesetzt gewesen wären. Die Erbauseinandersetzung wird als auf den Zeitpunkt des Erbfalles zurückwirkend angesehen. Ob sie auf einer Teilungsanordnung des Erblassers oder auf einem freiwilligen Entschluß der Miterben beruht, ist für die einkommensteuerrechtliche Beurteilung unerheblich (vgl. BFH-Urteile vom 26.Juli 1963 VI 334/61 U, BFHE 77, 435, BStBl III 1963, 480; vom 24.April 1974 IV R 115/73, BFHE 115, 495, BStBl II 1975, 580; vom 2.Dezember 1976 IV R 115/75, BFHE 121, 39, BStBl II 1977, 209; vom 7.Februar 1980 IV R 178/76, BFHE 130, 42, BStBl II 1980, 383; vom 26.März 1981 IV R 130/77, BFHE 133, 271, BStBl II 1981, 614, und vom 19.Mai 1983 IV R 138/79, BFHE 138, 248, BStBl II 1983, 380, jeweils mit weiteren Rechtsprechungshinweisen).

Diese Grundsätze hat der VIII.Senat des BFH unter --stillschweigender-- Aufgabe der in den Entscheidungen des VI.Senats des BFH vom 6.Dezember 1957 VI 166/56 U (BFHE 66, 82, BStBl III 1958, 33) und vom 15.Januar 1965 VI 233/63 U (BFHE 82, 13, BStBl III 1965, 252) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) vertretenen Auffassung, daß bei der Erbauseinandersetzung über Grundstücke des Privatvermögens in Höhe des eigenen Anteils des übernehmenden Miterben ein unentgeltlicher, im übrigen ein entgeltlicher Erwerb vorliege, auf die Erbauseinandersetzung im privaten Bereich übertragen. Danach stellt der Erwerb eines zum Privatvermögen gehörenden Grundstücks im Rahmen der Erbauseinandersetzung selbst dann kein entgeltliches Rechtsgeschäft dar, wenn der erwerbende Miterbe den übrigen Miterben Abfindungen aus seinem eigenen Vermögen leistet (Urteile in BFHE 132, 32, BStBl II 1981, 157, und in BFHE 114, 475, BStBl II 1975, 411).

Die Übertragung der Rechtsgrundsätze, die zur Erbauseinandersetzung über Betriebsvermögen entwickelt worden sind, auf die Erbauseinandersetzung über Privatvermögen, ist in der Rechtsprechung der FG und in der Literatur auf Kritik gestoßen (vgl. u.a. rechtskräftiges Urteil des FG Baden-Württemberg, Außensenate Stuttgart, vom 24.April 1980 VI 561/77, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1980, 493, und Urteil des FG Düsseldorf vom 19.Juni 1984 III 430/81 E, EFG 1985, 66; Seithel, Finanz-Rundschau --FR-- 1978, 469; Paus, FR 1983, 216).

Der erkennende Senat gibt die Rechtsprechung auf, wonach im Rahmen einer Erbauseinandersetzung geleistete Abfindungszahlungen für den Erwerb eines Nachlaßgegenstandes des Privatvermögens als unentgeltlicher Vorgang zu werten sind. Der Senat läßt sich dabei von folgenden Erwägungen leiten: Nach der neueren Rechtsprechung des BFH ist für die Besteuerung die bürgerlich-rechtliche Gestaltung maßgebend, wenn sie ernsthaft gewollt und tatsächlich durchgeführt wird (vgl. Beisse, Die wirtschaftliche Betrachtungsweise bei der Auslegung der Steuergesetze in der neueren deutschen Rechtsprechung, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 1981, 1 f.). Bürgerlich-rechtlich stellt sich der Erwerb der Erbanteile wie auch der Anteile an einzelnen Nachlaßgegenständen gegen Zahlung von Abfindungen an die übrigen Miterben als entgeltliches Geschäft dar. Es läßt sich nicht, jedenfalls für den nichtbetrieblichen Bereich, mit einer wirtschaftlichen Sachverhaltsbeurteilung rechtfertigen, dieses Geschäft einkommensteuerrechtlich als unentgeltliches anzusehen; denn der übernehmende Erbe erbringt aus seinem Vermögen Aufwendungen, um das Alleineigentum am Nachlaßgegenstand zu erwerben. Die Überlegungen, die dazu geführt haben, die Erbauseinandersetzung über Betriebsvermögen als einen außerbetrieblichen Vorgang zu werten, sind auf die Beurteilung der Erbauseinandersetzung über Privatvermögen nicht übertragbar. Im Unterschied zum Betriebsvermögen werden Wertveränderungen im Privatvermögen --von den Ausnahmen nach §§ 22 Nr.2, 23 EStG abgesehen-- steuerlich nicht erfaßt. Die Übertragung von Erbanteilen oder den Anteilen an dem geerbten Grundstück auf einen der Miterben gegen Abfindungszahlungen kann --abgesehen von den Fällen der §§ 22 Nr.2, 23 EStG-- nicht zu einem Veräußerungsgewinn bei den übertragenden Miterben führen. Im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung gibt es keine Abgrenzungsmerkmale --wie die Unternehmerinitiative und das Unternehmerrisiko für die Qualifikation eines Miterben als Mitunternehmer--, um beurteilen zu können, ob der Miterbe die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in eigener Person oder "in Fortsetzung der Person des Erblassers" erzielt (vgl. BFH-Urteil vom 12.Januar 1978 IV R 5/75, BFHE 124, 436, BStBl II 1978, 333). Als Folge davon läßt sich auch kein Zeitraum bestimmen, bis zu dessen Ablauf die Erbauseinandersetzung noch als mit dem Erbfall einheitlicher Vorgang anzusehen ist.

Die Schwierigkeiten, die sich durch die unterschiedliche einkommensteuerrechtliche Wertung der Erbauseinandersetzung über Betriebsvermögen und über Privatvermögen bei Mischnachlässen ergeben können, sind rechnerisch lösbar.

Ein entgeltliches Geschäft ist nur in dem Umfang gegeben, in dem der Miterbe für den Erwerb der Grundstücksanteile der übrigen Miterben im Rahmen der Erbauseinandersetzung Vermögenswerte außerhalb der Erbmasse einsetzen muß, um Alleineigentümer zu werden. In dem Umfang, in dem der Miterbe den Erwerb der Anteile am Grundstück aus dem Nachlaß finanziert, erwirbt er unentgeltlich; denn insoweit erhält der erwerbende Miterbe --wie bei der Naturalteilung-- wertmäßig das, was ihm aufgrund des Erbfalles zusteht. Erwirbt der Miterbe Grundstücksanteile im Rahmen einer --wie im Streitfall-- auf das Grundstück beschränkten Teilauseinandersetzung gegen Abfindungszahlungen, so ist auch in diesem Fall der Erwerb nur insoweit entgeltlich, als die Abfindungszahlungen nicht durch die dem Miterben zustehenden Anteile am noch nicht auseinandergesetzten Nachlaß gedeckt sind. Ob ein Miterbe von den übrigen Miterben entgeltlich oder unentgeltlich erwirbt, kann nicht davon abhängen, ob sich die Miterben über den gesamten Nachlaß oder nur über Teile davon auseinandersetzen. Maßgebend für die Beurteilung sind die Anteile des Miterben am Nachlaß. Ein unentgeltlicher Erwerb des Miterben ist --unabhängig davon, inwieweit er für den Erwerb Nachlaßvermögen oder eigenes Vermögen tatsächlich einsetzt-- in dem Umfang anzunehmen, in dem er wertmäßig am Nachlaß beteiligt ist.

Der Senat kehrt mit dieser Rechtsauffassung zu der ursprünglich vom VI.Senat des BFH im Urteil in BFHE 66, 82, BStBl III 1958, 33 vertretenen Rechtsansicht zurück.

Soweit der Erwerb nach den vorstehenden Ausführungen als entgeltlich zu beurteilen ist, hat der erwerbende Miterbe eigene Anschaffungskosten. Hinsichtlich des unentgeltlich erworbenen Teils sind für die Berechnung der AfA die entsprechenden Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten des Erblassers zugrunde zu legen.

2. Zu Recht hat das FG die von der Klägerin geltend gemachten Schuldzinsen als Werbungskosten anerkannt.

Wird für die Zahlung der Abfindungen an die übrigen Miterben ein Darlehen aufgenommen, so sind die Darlehenszinsen nach § 9 Abs.1 Satz 3 Nr.1 EStG als Werbungskosten abziehbar. Dies gilt auch für die Zinsen, die auf den Teil der Abfindungszahlungen entfallen, der nicht zu eigenen Anschaffungskosten des übernehmenden Erben führt. Denn die Abfindung der übrigen Miterben dient dazu, dem übernehmenden Erben die Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu ermöglichen. Die Darlehensaufnahme hierfür steht in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit künftigen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (vgl. Urteil in BFHE 138, 248, BStBl II 1983, 380).

3. Die Vorentscheidung ist jedoch aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen, weil sich mangels tatsächlicher Feststellungen des FG zur Höhe des Gesamtnachlasses nicht beurteilen läßt, ob das FG die AfA zutreffend berechnet hat. Da es sich um eine Teilauseinandersetzung handelte, hängt es vom Wert des noch nicht auseinandergesetzten Nachlasses ab, in welcher Höhe die Abfindungszahlungen als eigene Anschaffungskosten der Klägerin in die AfA-Bemessungsgrundlage eingehen. Der Senat verweist insoweit auf das Urteil in BFHE 66, 82, BStBl III 1958, 33.

Der Senat weicht mit seiner Entscheidung von den Urteilen in BFHE 132, 32, BStBl II 1981, 157 und in BFHE 114, 475, BStBl II 1975, 411 ab. Einer Anrufung des Großen Senats gemäß § 11 Abs.3 FGO bedarf es gleichwohl nicht, weil die Zuständigkeit des VIII.Senats insoweit ausschließlich auf den erkennenden Senat übergegangen ist (vgl. Urteil vom 28.Juli 1981 VIII R 35/79, BFHE 134, 133, BStBl II 1982, 380).

Der Senat weicht mit seiner Entscheidung nicht von Entscheidungen anderer Senate des BFH ab. Voraussetzung für die einkommensteuerrechtliche Wertung von Erbfall und Erbauseinandersetzung über zum Nachlaß gehöriges Betriebsvermögen als einheitlichen privaten Vorgang ist es, daß der oder die im Rahmen der Erbauseinandersetzung weichende(n) Miterben(n) in der Zeit nach dem Erbfall nicht durch ihr Verhalten in eigener Person die Tatbestandsmerkmale eines Mitunternehmers i.S. vom § 15 Abs.1 Nr.2 EStG erfüllt hat bzw. haben (vgl. Urteil in BFHE 138, 248, BStBl II 1983, 380). Hieraus folgt, daß diese Rechtsauffassung auf solche Fälle beschränkt ist, in denen sich Erbfall und Erbauseinandersetzung auf Betriebsvermögen erstrecken.

 

Fundstellen

Haufe-Index 60741

BStBl II 1985, 722

BFHE 144, 366

BFHE 1986, 366

BB 1986, 47-49 (ST)

DB 1985, 2592-2593 (LT1-2)

DStZ 1986, 228-230 (ST)

DStZ, Beihefter zu Nr 80/1986 (S)

HFR 1986, 129-130 (ST)

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