Leitsatz (amtlich)

1. Die Unkostenvergütungen, die dem Pfandleiher nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über den Geschäftsbetrieb der gewerblichen Pfandleiher vom 1. Februar 1961 zustehen, sind Entgelt für eine steuerfreie Kreditgewährung.

2. Die notwendigen Kosten der Verwertung, die der Pfandleiher nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung einbehalten darf, sind nicht Entgelt innerhalb eines Leistungsaustauschs.

 

Normenkette

UStG 1967 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 8

 

Tatbestand

Die Steuerpflichtige (Klägerin, Revisionsbeklagte) betreibt das gewerbliche Pfandleihgeschäft. Für sie gilt die Verordnung über den Geschäftsbetrieb der gewerblichen Pfandleiher vom 1. Februar 1961 – BGBl I 1961, 58 – (PfandlVO). Sie erhielt im Zeitraum Januar bis März 1968 aus Pfandeinlösungen oder Pfandversteigerungen folgende Vergütungen:

Zinsen (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 PfandlVO)

… DM,

Kosten des Geschäftsbetriebs

(§ 10 Abs. 1 Nr. 2 PfandlVO)

… DM,

notwendige Kosten der Verwertung

(§ 10 Abs. 1 Nr. 3 PfandlVO)

… DM.

Das FA (Beklagter, Revisionskläger) veranlagte die Steuerpflichtige mit deren Einverständnis für den abgekürzten Veranlagungszeitraum Januar bis März 1968 vorläufig zur Umsatzsteuer. Es berücksichtigte als steuerfrei nach § 4 Nr. 8 UStG 1967 nur die Zinsen.

Die Sprungklage hatte Erfolg. Das FG, dessen Urteil in den EFG 1970, 199, 200 veröffentlicht ist, hat ausgeführt: Die Vergütungen für die Kosten des Geschäftsbetriebs seien auch insoweit Entgelte für eine steuerfreie Kreditgewährung, als sie auf die Verwahrung, Versicherung und Schätzung der Pfandsachen entfielen. Diese Leistungen seien steuerfreie Nebenleistungen zur Kreditgewährung. Der unmittelbare Zusammenhang mit der Kreditgewährung ergebe sich hinsichtlich der Verwahrung und Versicherung aus § 34 Abs. 2 der Gewerbeordnung (GewO) und der PfandlVO, hinsichtlich der Schätzung daraus, daß ein Pfandkredit ohne Wertermittlung nicht gewährt werden könne. Unerheblich sei, daß die Nebenleistungen einen hohen zusätzlichen Aufwand der Kreditnehmer erforderten. Auch die Vergütungen für die notwendigen Kosten der Verwertung dürften nicht der Umsatzsteuer unterworfen werden. Sie glichen dem Ersatz von Mahn-, Prozeß- und Vollstreckungskosten und seien wie dieser Schadensersatzleistung. Die Kreditnehmer hätten ihre Darlehnsrückzahlungsverpflichtungen nicht erfüllt und der Steuerpflichtigen einen Schaden zugefügt, den diese durch Inanspruchnahme der Pfänder ausgeglichen habe.

Das FA rügt mit der Revision Verletzung des materiellen Rechts: Die Abgrenzung von Zinsen und Unkostenvergütungen nach der PfandlVO habe auch umsatzsteuerliche Bedeutung. Die Vergütung für den Geschäftsbetrieb gelte ein Bündel von Obliegenheiten und Verrichtungen des Pfandleihers ab, vor allem aber die Aufbewahrung und Schätzung der Pfänder. Es sei zweifelhaft, ob diese Gebühr auch die Refinanzierungskosten und ein erhöhtes Risiko abgelten solle. Nebenleistungen seien schon deswegen zu verneinen, weil die Gebühren für die Kosten des Geschäftsbetriebs erheblich höher seien als die Zinseinnahmen. Der Ersatz der Verwertungskosten sei nicht eine Schadensersatzleistung, sondern Entgelt dafür, daß die Steuerpflichtige für die Kreditnehmer verwerte.

Das FA beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Steuerpflichtige beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie erwidert: Die außerhalb der Darlehnsgewährung erbrachten Leistungen gegenüber den Kreditnehmern (Verhandlungen mit Kunden, Aufbewahrung, Schätzung und Versicherung der Pfänder, Ausstellen der Pfandscheine usw.) seien weder Hauptleistungen noch mittelbare Nebenleistungen. Die Kreditnehmer seien an der Darlehnsgewährung interessiert, nicht an den sonstigen Tätigkeiten des Pfandleihers. Die für diese Tätigkeiten gezahlten Entgelte seien allerdings insgesamt höher als die Zinseinnahmen. Das Entgelt für jede einzelne Tätigkeit sei jedoch niedriger. Auch reiche die Verzinsung von 12 % jährlich nicht entfernt aus, die auf die Darlehnsgewährung entfallenden Aufwendungen auszugleichen; schon die Refinanzierungskosten seien erheblich höher. Demnach sei davon auszugehen, daß die Vergütungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 PfandlVO teilweise Aufwendungen der Darlehnsgewährung abgelten sollten. Die Aufteilung in § 10 Abs. 1 Nr. 1 und 2 PfandlVO habe lediglich den Sinn, dem Publikum den erheblichen Geschäftsaufwand der gewerblichen Pfandleiher und die Höhe der Zinsforderungen verständlich zu machen. Umsatzsteuerrechtliche Überlegungen seien jedenfalls, wie sich aus einer Auskunft des Bundesministers für Wirtschaft vom 27. Mai 1968 ergebe, nicht Anlaß für die Aufteilung gewesen. Zutreffend habe das FG die Erstattung der Verwertungskosten als Schadensersatzleistung angesehen. Der Pfandleiher erleide durch die Nichteinlösung eines Pfandes einen Schaden, der in der Nichterfüllung des Darlehnsanspruchs und in den aufzuwendenden Verwertungskosten bestehe. Der Schaden werde nicht im Auftrag des Kreditnehmers beseitigt, sondern kraft des Pfandrechts.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist unbegründet.

1. Zutreffend gehen die Beteiligten und das FG davon aus, daß die Zinseinnahmen (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 PfandlVO) Entgelte für steuerfreie Umsätze sind. Nach § 4 Nr. 8 UStG 1967 sind steuerfrei die Kreditgewährungen. Die Gewährung eines Pfandleihkredits fällt unter diese Bestimmung (so schon Urteil des RFH V 121/39 vom 25. April 1940, RFH 48, 277, RStBl 1940, 655). Dem steht nicht entgegen, daß der gewerbliche Pfandleiher keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kredits hat und sich nur aus dem Pfand befriedigen darf (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 PfandlVO, Nr. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Pfandkreditgewerbe). Dem Pfandkredit liegt trotz dieser Eigenart ein Darlehnsvertrag zugrunde (Baur, Lehrbuch des Sachenrechts, 4. Aufl., § 55 A II; vgl. auch Urteil des BFH IV 302/58 U vom 30. November 1961, BFH 74, 212, BStBl III 1962, 81: „Darlehnsvertrag besonderer Art”). Der Pfandleiher hat lediglich auf die Geltendmachung seines Rückzahlungsanspruchs (§ 607 Abs. 1 BGB) verzichtet. Das Fortbestehen eines Rückzahlungsanspruchs zeigt sich daran, daß er vom Kreditnehmer erfüllt werden kann, schuldrechtliche Grundlage des Pfandrechts ist (§ 1204 BGB) und bei positiver Forderungsverletzung zu Schadensersatzansprüchen des Pfandleihers gegen den Kreditnehmer führen kann. Wenn der Senat in dem Urteil V 216/54 U vom 8. März 1956 (BFH 62, 427, BStBl III 1956, 158) ausgeführt hat, zum Wesen der Kreditgewährung gehöre der Anspruch auf künftige Rückzahlung, so ist diese Aussage auf Darlehnsverträge ohne dingliche Sicherung einzuschränken.

Eine Kreditgewährung kann nicht unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 Nr. 9 des Gesetzes über das Kreditwesen vom 10. Juli 1961 – BGBl I 1961, 881 – (KWG) verneint werden. Nach dieser Bestimmung gilt das Unternehmen des Pfandleihgewerbes, soweit es durch die Hingabe von Darlehen gegen Faustpfand betrieben wird, nicht als Kreditinstitut im Sinne des KWG (vgl. auch BFH-Urteil VI R 289/67 vom 12. Dezember 1969, BFH 98, 436, BStBl II 1970, 436). § 2 Abs. 1 Nr. 9 KWG ist im Zusammenhang mit § 34 GewO und der dort seit jeher für Pfandleiher vorgesehenen gewerberechtlichen Erlaubnispflicht und Beaufsichtigung zu sehen. Das Herausfallen aus der Bankenaufsicht ändert nichts daran, daß die Pfandleihe im Prinzip ein typisches Kreditgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 KWG ist (Pröhl, Kreditwesengesetz, Kommentar, 1962 ff., § 2 Nr. 9, vgl. auch Bundestagsdrucksache III/1114).

2. Das FG hat zu Recht auch die Vergütungen für die Kosten des Geschäftsbetriebs nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 PfandlVO als Entgelte für eine steuerfreie Kreditgewährung angesehen.

a) Die Aufteilung der Vergütungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 und 2 PfandlVO in Zinsen und Vergütungen für die Kosten des Geschäftsbetriebs rechtfertigt nicht die Auffassung des FA. Der Umsatzsteuer unterliegen Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967). Steuerfrei nach § 4 UStG 1967 sind ebenfalls Leistungen. Art und Umfang der Leistung sind maßgebend dafür, ob und in welchem Ausmaß eine Steuerbefreiungsvorschrift (hier § 4 Nr. 8 UStG) eingreift. Das Entgelt, das in § 10 PfandlVO angesprochen ist, kann allerdings für die Abgrenzung einer steuerfreien Leistung dann bedeutsam werden, wenn Parteivereinbarung, Gesetz oder Verordnung einzelne Entgelte als einer bestimmten Leistung zugehörig bezeichnen und daraus auf Art und Umfang der Leistung geschlossen werden kann. Eine solche Zurechnung wird im allgemeinen anzuerkennen sein, sofern sie nicht willkürlich ist und den wirtschaftlichen Gegebenheiten entspricht.

Die in § 10 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 PfandlVO vom Verordnungsgeber gewählten Bezeichnungen beziehen sich nur zum Teil auf Leistungen, die der Pfandleiher gegenüber dem Kreditnehmer erbringt. § 10 Abs. 1 Nr. 1 PfandlVO spricht von Zinsen für die Hingabe des Darlehens und stellt damit in der Tat einen eindeutigen Bezug zwischen diesen Entgelten und der Kreditgewährung her. Soweit aber in § 10 Abs. 1 Nr. 2 PfandlVO die „Kosten des Geschäftsbetriebs” erwähnt werden, ist keine Leistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967 bezeichnet. Der Pfandleiher eröffnet und hält seinen Betrieb aufrecht, um sich überhaupt erst in den Stand zu setzen, Leistungsaustausche vorzunehmen.

Die Bezeichnung der in § 10 Abs. 1 Nr. 2 PfandlVO genannten Entgelte als Vergütung für die Kosten des Geschäftsbetriebs erlaubt sonach keinen Rückschluß auf eine oder bestimmte Leistungen des Pfandleihers. Fest steht nach den Eingangsworten des § 10 Abs. 1 PfandlVO lediglich, daß diese Vergütungen auch die Aufbewahrung, Versicherung und Schätzung des Pfandes abgelten sollen. Insoweit erbringt der Pfandleiher Leistungen gegenüber dem einzelnen Kreditnehmer. Aus der Formulierung „Kosten seines Geschäftsbetriebs einschließlich der Aufbewahrung, der Versicherung und der Schätzung des Wertes des Pfandes” folgt jedoch weiterhin, daß die Vergütungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 PfandlVO nicht nur für diese Leistungen zu zahlen sind. Als weitere Leistungen des Pfandleihers gegenüber dem Kreditnehmer kommen in Betracht die Kreditverhandlungen, das Ausstellen des Pfandscheins, die Annahme und Rückgabe des Pfandobjekts usw. Es entfällt aber auch ein Anteil auf die reine Kreditgewährung. Denn jedes gewerbliche Kreditgeschäft erfordert einen Geschäftsbetrieb, selbst wenn keine Sicherheiten verlangt werden.

b) Es kann unerörtert bleiben, inwieweit die Vergütungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 PfandlVO auf Kreditgewährungen und andere Leistungen entfallen. Die Steuerfreiheit erstreckt sich auch auf solche Nebenleistungen, die mit der Kreditgewährung in unmittelbarem Zusammenhang stehen (RFH-Urteil V 121/39, a. a. O.). Die in Betracht kommenden anderen Leistungen der Steuerpflichtigen sind insgesamt solche Nebenleistungen.

Einer näheren Betrachtung bedürfen lediglich die Schätzung, die Aufbewahrung und die Versicherung. Die Schätzung der Pfandobjekte ist, wie die Steuerpflichtige eingehend dargelegt hat, zeitraubend und erfordert einen erheblichen Personalaufwand. § 10 Abs. 2 Nr. 2 PfandlVO stellt heraus, daß die Schätzung eine für Pfandleiher und Kreditnehmer besonders wichtige Tätigkeit ist, die durch ein gesondert zu vergütendes Gutachten unterstützt werden kann. Die Aufbewahrung der Pfänder ist mit beträchtlichen Investitionen verbunden. Der Pfandleiher muß besondere Räume und Behältnisse zur Verfügung stellen, die nicht gleichzeitig zur Ausübung eines anderen Gewerbes benutzt werden dürfen (§ 7 Abs. 2 PfandlVO). Die Versicherung der Pfänder soll die Verpfänder vor bestimmten Risiken sichern (§ 8 PfandlVO). Die Bedeutung dieser Tätigkeit betont überdies § 10 Abs. 2 Nr. 1 PfandlVO, wonach eine über die Regelversicherung hinausgehende besonders zu vergütende Versicherung vereinbart werden kann. Soweit der Pfandleiher sonstwie gegenüber den Verleihern tätig wird, heben sich diese Tätigkeiten nicht hervor. Das Verhandeln mit den Kunden gehört zur Darlehnsgewährung bzw. zur Schätzung. Das Besichtigen der Pfandsache leitet die Schätzung ein. Entgegennahme und Herausgabe der Pfänder markieren Beginn und Ende der Aufbewahrung. Die Pfandscheinausstellung ist Teil der Darlehnsgewährung.

c) Vorweg ist der Auffassung entgegenzutreten, Schätzung, Aufbewahrung und Versicherung seien selbständige Hauptleistungen, die unabhängig von der Kreditgewährung erbracht werden. Sie stehen vielmehr neben der Kreditgewährung. Sie dienen der Bestimmung der Darlehnshöhe und sichern Pfandleiher und Kreditnehmer.

Fehl geht der Hinweis des FA, die Vergütungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 PfandlVO überstiegen die Zinsen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 PfandlVO um ein Vielfaches. Ein hier nicht näher bestimmbarer, jedoch beträchtlicher Anteil der Vergütungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 PfandlVO entfällt auf die Kreditgewährung. Der Rest verteilt sich auf drei Nebenleistungen. Auf jede Nebenleistung entfällt weniger Entgelt als auf die Kreditgewährung. Danach braucht nicht entschieden zu werden, ob eine Nebenleistung noch angenommen werden kann, wenn für sie erheblich mehr aufzuwenden ist als für die Hauptleistung.

d) Der Senat hat sich in mehreren Entscheidungen mit der Frage befaßt, ob die Schätzung eines Sicherungsobjekts in unmittelbarem Zusammenhang mit der Kreditgewährung steht, und ihn verneint für die Schätzung eines zu beleihenden Grundstücks durch ein allgemeines Kreditinstitut (Urteil V 19/51 U vom 4. September 1952, BFH 56, 724, BStBl III 1952, 277), ihn hingegen bejaht für die Schätzungstätigkeit der Hypothekenbank (Urteil V 29/60 U vom 30. August 1962, BFH 75, 764, BStBl III 1962, 544), eines Versicherungsunternehmens, sofern die Hypothekendarlehen ausschließlich zur Anlage von Deckungsstockvermögen verwandt werden (Urteil V 103/64 vom 10. November 1966, BFH 87, 444, BStBl III 1967, 190), und einer Bausparkasse (Urteil V R 68/67 vom 13. Februar 1969, BFH 95, 302, BStBl II 1969, 449). Das FG hat aus dieser Rechtsprechung hergeleitet, eine Tätigkeit des Kreditgebers stehe dann mit der Kreditgewährung in unmittelbarem Zusammenhang, wenn sie bei der Art des von ihm betriebenen Kreditgeschäfts nicht in sein Belieben gestellt ist, sondern durch Gesetz oder Verordnung angeordnet ist und auch im Interesse des Kreditnehmers liegt. Diese Auffassung ist zu billigen. Sie gibt allerdings nur einen Teilaspekt der anstehenden Problematik wieder. Ein unmittelbarer Zusammenhang ist, allgemein formuliert, zu bejahen, wenn die Nebenleistung der Hauptleistung notwendigerweise dient. Gesetzliche Anordnungen und Interessen der Beteiligten können eine solche Beziehung herstellen. Sie kann aber auch auf vertraglichen Abmachungen oder auf wirtschaftlichen Gegebenheiten beruhen.

Der Senat braucht auch im vorliegenden Fall nicht darüber zu befinden, ob noch an dem Urteil V 19/51 U (a. a. O.) festzuhalten ist. Der Pfandleihbetrieb weist wie der Hypothekenbankbetrieb gegenüber dem Pfandkreditgeschäft der allgemeinen Kreditinstitute Besonderheiten auf, die es rechtfertigen, die Schätzung als unmittelbare Nebenleistung der Kreditgewährung anzusehen. Die Schätzung des Pfandobjekts ist zwar weder in der PfandlVO noch in sonstigen Bestimmungen vorgeschrieben. Sie ist aber aus wirtschaftlichen Gründen unerläßlich für den Abschluß eines Pfandkreditvertrags. Der Pfandleiher kann den Kreditnehmer nicht persönlich in Anspruch nehmen. Will er nicht Verluste erleiden, muß er sich eine genaue Vorstellung von dem Wert der Pfandsache verschaffen. Einer Unterbewertung steht das Interesse des Kreditnehmers entgegen, aber auch das Geschäftsinteresse des Pfandleihers, dessen Erträge von der Höhe des Darlehens und dem geschätzten Wert des Pfandgegenstands abhängen. Der Pfandleiher ist an einer Unterbewertung auch deswegen uninteressiert, weil ihm Verwertungsüberschüsse nicht verbleiben, sondern an den Verleiher und nach Ablauf der Frist des § 5 Abs. 1 Nr. 2 PfandlVO an den Fiskus abzuführen sind.

e) Auch die „Aufbewahrung” dient notwendigerweise der Kreditgewährung. Sie ist dem Pfandleiher durch Gesetz (§ 1215 BGB) und Verordnung (§ 7 PfandlVO) zur Pflicht gemacht. Sie verschafft ihm den unmittelbaren Besitz an der Sache und ist Voraussetzung für den Fortbestand des Pfandrechts (§ 1205 BGB). Das Pfandrecht wiederum ist die einzige Kreditsicherung. Vom Kreditnehmer her gesehen ist die Inbesitznahme und Verwahrung durch den Pfandleiher Bedingung für die Krediterlangung. Die in § 7 PfandlVO angeordneten Aufbewahrungsmodalitäten wirken zu seinen Gunsten werterhaltend.

f) Gleiches gilt für die Versicherung der Pfandgegenstände. Der Pfandleiher hat gemäß § 8 PfandlVO eine Feuerschäden-, Leitungswasserschäden-, Einbruchsdiebstahl- und Beraubungsversicherung abzuschließen. Sie sichert den Verleiher innerhalb der versicherten Risiken vor einem vom Pfandleiher nicht zu vertretenden Verlust der Pfandsache. Sie sichert aber auch den Pfandleiher, der sich nicht persönlich an den Verleiher halten kann, davor, daß er bei jedem Wegfall der Pfandsache leer ausgeht.

3. Das FG hat im Ergebnis zu Recht die Vergütung für die notwendigen Kosten der Verwertung (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 PfandlVO) nicht der Umsatzbesteuerung zugrunde gelegt. Es kann dahinstehen, ob der Kreditnehmer einen Schaden ersetzt, der dem Pfandleiher infolge Nichteinlösung der Pfandsache entstanden ist. Ein Leistungsaustausch ist selbst dann zu verneinen, wenn angenommen wird, der Pfandleiher verwerte die Pfandsache im Auftrage des Kreditnehmers.

Nach der Rechtsprechung des Senats, an der festgehalten wird, liefert der Pfandleiher, der eine Versteigerung im eigenen Namen durchführt, die versteigerte Pfandsache an den Ersteigerer (Urteil V 247/60 U vom 8. August 1963, BFH 77, 475, BStBl III 1963, 493). Die Steuerpflichtige hat dementsprechend die Versteigerungserlöse in voller Höhe der Umsatzsteuer unterworfen. Das bedeutet: Der Kreditnehmer liefert seinerseits zuvor oder spätestens im Zeitpunkt der Versteigerung die Pfandsache an die Steuerpflichtige; die Steuerpflichtige erlangt an ihr Verfügungsmacht. Der Sachverhalt ist vergleichbar der Verkaufskommission, bei der eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär vorliegt (§ 3 Abs. 3 Satz 1 UStG 1967), oder der Verwertung sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungseigentümer, bei der im Zeitpunkt der Verwertung eine Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungseigentümer anzunehmen ist (BFH-Urteil V 208/64 vom 1. Juni 1967, BFH 90, 247, BStBl II 1968, 68).

Daraus folgt: Der Pfandleiher mag zivilrechtlich ein Geschäft des Kreditnehmers besorgen. Umsatzsteuerrechtlich erbringt er jedoch keine sonstige Leistung (Verwertung) gegenüber dem Kreditnehmer. Er ist vielmehr dessen Abnehmer. Die Steuerpflichtige wendet die Kosten der Verwertung im eigenen Interesse auf. Die Kosten sind erforderlich, um die Lieferung an den Ersteigerer durchzuführen. Dabei ist es unerheblich, daß die Verwertung auch im Interesse des Kreditnehmers liegt, der von seiner Darlehnsverpflichtung befreit wird und einen Anspruch auf Auskehrung eines Verwertungsüberschusses erlangt. Es treffen hier die gleichen Überlegungen zu, die den Senat bewogen haben, die Werbetätigkeit einer Vertriebsfirma, die auch im Interesse der Herstellerfirma lag, nicht als Leistung der Vertriebsfirma gegenüber der Herstellerfirma anzusehen (Urteil V 222/65 vom 21. November 1968, BFH 94, 464, BStBl II 1969, 278). Auch der Verkaufskommissionär hat nur seine Lieferung an den Käufer zu versteuern und muß nicht noch zusätzlich Provision und Auslagenersatz der Umsatzsteuer unterwerfen (vgl. schon Gutachten des RFH II D 7/19 vom 20. Juni 1919, RFH 1, B 40). Dem entspricht die Betrachtung des Vorgangs auf seiten des Kreditnehmers. Sofern er Unternehmer ist, ist gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 UStG 1967 sein Entgelt der Preis, den er für die Aufgabe seiner Pfandscheinrechte erlangt, zuzüglich der Pfandsumme. Er erlangt für die Aufgabe der Pfandscheinrechte den Anspruch auf Auskehrung eines Verwertungsüberschusses. Die Pfandsumme setzt sich zusammen aus dem Darlehnsbetrag und den Zinsen und Vergütungen gemäß § 10 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 PfandlVO. Die Verwertungskosten gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 PfandlVO verbleiben hingegen dem Pfandleiher.

 

Fundstellen

Haufe-Index 557340

BStBl II 1970, 645

BFHE 1970, 325

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