Leitsatz (amtlich)

1. Entstehen einem Steuerpflichtigen Kosten durch die Beschäftigung einer Hausangestellten, die sowohl im Betrieb als auch im Haushalt des Steuerpflichtigen tätig ist, so kommt ein Abzug dieser Kosten als Betriebsausgaben nur insoweit in Betracht, als sie auf die Tätigkeit im Betrieb entfallen. Der Abzug setzt voraus, daß sich die Kosten nach objektiven und leicht nachprüfbaren Merkmalen auf die Tätigkeit im Betrieb und im Haushalt aufteilen lassen.

2. Für den auf den Haushalt entfallenden Teil der Tätigkeit ist unter den Voraussetzungen des § 53a EStG i. d. F. des Steueränderungsgesetzes 1979 der Freibetrag für eine "Haushaltshilfe" zu gewähren.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1 S. 1; EStG i.d.F. des StÄndG 1979 (BGBl I, 1849, BStBl I 1978, 479) § 53a

 

Tatbestand

Streitig ist im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 1973, ob Aufwendungen für eine Hausangestellte als Betriebsausgaben abgezogen werden können.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war im Jahre 1973 als Ärztin selbständig tätig. Sie ist ledig und hat eine im Jahre 1961 geborene Tochter.

Die Klägerin beschäftigte im Jahre 1973 eine Hausangestellte. Diese betreute die Tochter und half in der Praxis der Klägerin aus. Bei der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1973 machte die Klägerin im Rahmen ihrer freiberuflichen Tätigkeit als Ärztin den an die Hausangestellte gezahlten Lohn in Höhe von 11 284 DM als Betriebsausgaben geltend.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte die steuerliche Berücksichtigung der von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen mit Einkommensteuerbescheid vom 1. April 1975 ab. Der Einspruch hatte teilweise Erfolg. Das FA ließ in seiner Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 1975 die Lohnaufwendungen in Höhe von einem Drittel (= 3 761 DM) zum Abzug zu, da die Hausangestellte zu einem Drittel in der Praxis der Klägerin beschäftigt worden sei und die hierfür gemachten Aufwendungen Betriebsausgaben seien.

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin, daß die Aufwendungen für ihre Hausangestellte in vollem Umfang als Betriebsausgaben anerkannt werden. Nach ihrer Auffassung lag auch hinsichtlich der Tätigkeit, die die Hausangestellte in der Wohnung der Klägerin, insbesondere bei der Beaufsichtigung der Tochter, verrichtete, eine betriebliche (berufliche) Veranlassung vor.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Aufwendungen zur Betreuung von Kindern seien Kosten der allgemeinen Lebenshaltung (§ 12 Nr. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) und könnten deshalb nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden. Zwar seien die Aufwendungen für die Hausangestellte der Klägerin geeignet gewesen, ihre berufliche Tätigkeit zu fördern; gemäß § 12 Nr. 1 Satz 1 EStG gehörten sie aber dennoch zu den nicht abzugsfähigen Lebenshaltungskosten. - Die Aufwendungen könnten auch nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Ein Freibetrag nach § 33a Abs. 3 Nr. 2 EStG könne nur gewährt werden, wenn zum Haushalt eines ledigen und berufstätigen Steuerpflichtigen zwei Kinder gehörten. Daran fehle es hier.

Mit ihrer - wegen grundsätzlicher Bedeutung vom FG zugelassenen - Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie ist der Auffassung, daß das FG den Begriff der Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) nicht zutreffend angewendet habe. Die Aufwendungen für die Hausangestellte seien Voraussetzung dafür, daß sie ihre berufliche Tätigkeit überhaupt habe ausüben können. Deshalb seien diese Kosten in vollem Umfang dem beruflichen Bereich zuzurechnen. Folge man dieser Auffassung nicht, dann seien die Aufwendungen für die Hausangestellte nach der - inzwischen in Kraft getretenen - Vorschrift des § 53a EStG i. d. F. des Steueränderungsgesetzes vom 30. November 1978 - StÄndG 1979 - (BGBl I, 1849, BStBl I 1978, 479) in Höhe von 1 200 DM als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.

Die Klägerin beantragt, die Einspruchsentscheidung und das FG-Urteil aufzuheben und die Einkommensteuer auf 3 665 DM, hilfsweise auf 5 875 DM herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur teilweisen Stattgabe der Klage. Der von der Klägerin für die Beschäftigung einer Hausangestellten aufgewendete Betrag ist zwar nur zu dem Teil als betrieblich veranlaßt anzusehen, den auch das FG als Betriebsausgabe anerkannt hat. Für den darüber hinausgehenden Teilbetrag, der nach den Feststellungen des FG auf die Beschäftigung der Hausangestellten im privaten Bereich entfällt, ist jedoch wegen Beschäftigung einer Haushaltshilfe (§ 53a EStG i. d. F. des Steueränderungsgesetzes 1979) ein Betrag in Höhe von 600 DM abzuziehen.

1. Dem FG ist darin beizupflichten, daß der für die Beschäftigung einer Hausangestellten im Haushalt der Klägerin aufgewendete Teilbetrag von 7 523 DM nicht im Rahmen der Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Arbeit als Betriebsausgaben abgezogen werden kann.

Aufwendungen sind nur dann als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) abziehbar, wenn sie durch die besonderen betrieblichen Gegebenheiten des Steuerpflichtigen veranlaßt sind und es sich nicht um Aufwendungen für die Lebensführung des Steuerpflichtigen handelt (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. November 1978 GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213). Dienen die Aufwendungen dagegen sowohl der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen als auch seiner Lebensführung, dann unterliegen diese "gemischten" Aufwendungen gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG einem grundsätzlichen Aufteilungs- und Abzugsverbot (BFH-Beschluß vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17). Von diesem Aufteilungs- und Abzugsverbot wird eine Ausnahme nur in den Fällen gemacht, in denen eine Aufteilung nach objektiven und leicht nachprüfbaren Merkmalen möglich ist.

Entstehen einem berufstätigen Steuerpflichtigen Kosten durch die Beschäftigung einer Hausangestellten, die sowohl im Betrieb als auch im Haushalt des Steuerpflichtigen tätig ist, so ist nach der Rechtsprechung des BFH ein Abzug dieser Kosten als Betriebsausgaben zwar insoweit zulässig, als sie auf die Tätigkeit der Hausangestellten im Betrieb des Steuerpflichtigen entfallen, sofern sich die Kosten nach objektiven und leicht nachprüfbaren Merkmalen auf die Tätigkeit im Betrieb und im Haushalt aufteilen lassen (BFH-Urteile vom 10. Dezember 1957 I 105/57 U, BFHE 66, 178, BStBl III 1958, 70, und vom 29. März 1962 VI 254/61 U, BFHE 75, 213, BStBl III 1962, 346). Im übrigen aber kommt ein Abzug als Betriebsausgaben nicht in Betracht.

Verfassungsrechtliche Einwendungen gegen diese Auslegung des Gesetzes greifen nicht durch (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 11. Oktober 1977 1 BvR 343/73 u. a. , BStBl II 1978, 174). Die der Klägerin erwachsenen Kosten für die Beschäftigung einer Hausangestellten sind deshalb nur zu dem Teil als Betriebsausgaben abziehbar, der nach den tatsächlichen, von der Klägerin nicht angegriffenen Feststellungen des FA auf die Mitwirkung der Hausangestellten in der Praxis der Klägerin entfällt.

2. Dem FG ist auch darin zuzustimmen, daß die Kosten für die Hausangestellte nicht als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG berücksichtigt werden können.

Eine außergewöhnliche Belastung liegt vor, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen (§ 33 EStG). Die Kosten für die Beaufsichtigung und Betreuung von Kindern gehören nicht hierzu. Durch die Gewährung eines Kinderfreibetrags (§ 32 EStG 1971) werden alle laufenden Aufwendungen für den Unterhalt und die Erziehung eines Kindes abgegolten, soweit nicht in § 33a, ggf. in § 53a EStG Ausnahmen vorgesehen sind (BFH-Urteile vom 14. Februar 1975 VI R 125/74, BFHE 115, 322, BStBl II 1975, 607; vom 1. Dezember 1978 VI R 149/75, BFHE 126, 302, BStBl II 1979, 78; vom 8. März 1979 IV R 94/75, BFHE 127, 373, BStBl II 1979, 410; vgl. ferner Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 18. Aufl., Anm. 45 (3) zu § 33 EStG). Zu diesen laufenden Unterhalts- und Erziehungsaufwendungen gehören auch Mehrkosten, die dadurch entstehen, daß der Steuerpflichtige wegen seiner eigenen Berufstätigkeit die ihm obliegende Unterhalts- und Erziehungspflicht teilweise auf andere übertragen muß.

Die pauschale Abgeltung der Unterhaltsaufwendungen durch Gewährung eines Kinderfreibetrags verstößt nicht gegen das Grundgesetz (GG). Wie das BVerfG (Beschluß vom 23. November 1976 1 BvR 150/75, BVerfGE 43, 103, BStBl II 1977, 135) ausgeführt hat, bleibt es dem Gesetzgeber überlassen, auf welche Weise er der kinderbedingten Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung tragen will. Die Berücksichtigung durch Gewährung eines Kinderfreibetrags, wie dies in dem vor 1975 geltenden Rechtszustand vorgesehen war, hat das BVerfG für ausreichend angesehen.

3. Der Senat ist jedoch der Auffassung, daß der Klägerin nach § 53a EStG i. d. F. des Steueränderungsgesetzes 1979 ein Freibetrag in Höhe von 600 DM zu gewähren ist.

Die bisherige Freibetragsregelung des § 33a Abs. 3 Nr. 2 EStG, die durch Beschluß des BVerfG 1 BvR 343/73 für verfassungswidrig erklärt wurde, ist für alle vor 1980 liegenden Veranlagungszeiträume, bei denen die Steuerfestsetzung noch nicht bestandskräftig ist, durch eine neue Regelung ersetzt worden (Art. 1 Nr. 22 StÄndG 1979). U. a. werden hiernach Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen zwangsläufig durch die Beschäftigung einer Hausgehilfin erwachsen, bis zu einem Betrag von 1 200 DM vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen, wenn zum Haushalt des Steuerpflichtigen mindestens ein Kind gehört, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Wird statt einer Hausgehilfin stundenweise eine Haushaltshilfe beschäftigt, so tritt an die Stelle des Betrags von 1 200 DM ein Betrag von 600 DM.

" Hausgehilfin" ist eine Arbeitnehmerin, die typische hauswirtschaftliche Arbeiten verrichtet und im Haushalt des Steuerpflichtigen voll beschäftigt wird. Nicht erforderlich ist, daß nur "einfache" Hausarbeiten verrichtet werden (BFH-Urteil vom 13. Februar 1959 VI 260/57 U, BFHE 68, 443, BStBl III 1959, 170). Die Tätigkeit einer Hausgehilfin i. S. des § 33a EStG umfaßt vielmehr alle im Haushalt vorkommenden Arbeiten. Zu diesen Arbeiten gehört auch die Beaufsichtigung der Kinder (BFH-Urteil vom 17. November 1978 VI R 116/78, BFHE 126, 443, BStBl II 1979, 142).

Als "Haushaltshilfe" werden dagegen Personen bezeichnet, die nicht ganztägig, sondern nur kürzere Zeit im Haushalt beschäftigt sind (vgl. dazu BFH-Urteil vom 6. Juli 1962 VI 229/61 U, BFHE 75, 551, BStBl III 1962, 469). Gedacht ist hier in erster Linie an Putzfrauen, Waschfrauen und ähnliche Arbeitskräfte. Aber auch Hausangestellte, die nicht ausschließlich oder ganz überwiegend im Haushalt, sondern daneben in erheblichem Umfang auch noch im beruflichen (betrieblichen) Bereich des Steuerpflichtigen beschäftigt sind, können nicht "Hausgehilfinnen" i. S. des Gesetzes sein. Der Umstand, daß sie nicht ihre volle oder nahezu ihre volle Arbeitskraft dem Haushalt widmen, macht sie hinsichtlich des für den Haushalt verbleibenden Teils ihrer Tätigkeit zu "Haushaltshilfen".

Hiernach kann auch die Hausangestellte der Klägerin, soweit sie nicht in der Praxis, sondern im Haushalt tätig war, nur als "Haushaltshilfe" angesehen werden. Für die Aufwendungen, die der Klägerin zwangsläufig durch die Beschäftigung dieser Haushaltshilfe erwachsen sind, ist ihr der in § 53a EStG i. d. F. des Steueränderungsgesetzes 1979 hierfür vorgesehene Betrag in Höhe von 600 DM zu gewähren.

 

Fundstellen

Haufe-Index 73385

BStBl II 1980, 117

BFHE 1980, 134

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