Leitsatz (amtlich)

1. Es gibt keine allgemeine Lebenserfahrung des Inhalts, daß sich ein erwachsener Sohn, der wesentlich zum Ausbau des väterlichen Gewerbetriebes beiträgt, mit einem unangemessen niedrigen Gehalt in der Erwartung begnügt, daß ihm die von ihm geschaffenen Werte ohnehin einmal zufallen würden.

2. Bei der Prüfung der Frage, ob der auf einem Rechtsverhältnis zwischen nahen Angehörigen beruhende Aufwand betrieblich veranlaßt ist, kommt es für das Maß der Beweisanforderungen darauf an, wie groß die Wahrscheinlichkeit gleichgerichteter Interessen bei dem zu beurteilenden sozialen Vorgang nach der allgemeinen Lebenserfahrung und nach den im Einzelfall vorliegenden Umständen ist.

 

Normenkette

EStG 1965 §§ 4-5, 12 Nr. 2

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger hat bis zum Jahre 1959 eine Schmiede betrieben. In den Jahren 1960 bis 1965 hat er die Schmiede zu einer Reparaturwerkstatt für Kraftfahrzeuge umgestellt. Hierbei hat sein Sohn wesentlich mitgeholfen. Der Sohn hat 1961 die Meisterprüfung im Fahrzeugbau abgelegt und sich durch Fachlehrgänge zusätzlich Spezialkenntnisse für den neuen Betriebszweig verschafft. Er arbeitete schon seit Jahren bei seinem Vater und hat nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) folgende Bruttobezüge erhalten:

1960

1961

1962

1963

1964

1965

DM

DM

DM

DM

DM

DM

2 640

3 469

5 100

9 327

14 266

17 788.

Die Schwankungen in diesen Bezügen sind darauf zurückzuführen, daß der Sohn in den Jahren 1960 und 1963 wegen Krankheit und im Jahre 1961 wegen Ablegens der Meisterprüfung einige Zeit nicht mitgearbeitet hat. Der Gewinn des Klägers hat sich wie folgt entwickelt:

1961

1962

1963

1964

1965

DM

DM

DM

DM

DM

43 382

63 661

37 032

58 814

109 211.

Seit 1. Juli 1966 betreiben der Kläger und sein Sohn das Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts.

Der Kläger hat in der Bilanz zum 31. Dezember 1965 als Verbindlichkeit den Posten „Ergebnisbeteiligung” in Höhe von 30 000 DM ausgewiesen. Anläßlich einer die Veranlagungszeiträume 1965 und 1966 betreffenden Betriebsprüfung behandelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt – FA –) hiervon für den Veranlagungszeitraum 1965 12 212 DM als betrieblichen Aufwand. Dieser Betrag ist die Differenz zwischen dem im Jahre 1965 gezahlten Gehalt in Höhe von 17 788 DM und einem vom FA als angemessen angesehenen Jahresgehalt von 30 000 DM. Um den Restbetrag (17 788 DM) erhöhte das FA den Gewinn für den Veranlagungszeitraum 1965.

Einspruch und Klage, die sich auf die Veranlagungszeiträume 1965 und 1966 bezogen haben, sind erfolglos geblieben. In beiden Verfahren hat der Kläger in erster Linie die Erhöhung des Bilanzpostens „Ergebnisbeteiligung” um 17 788 DM auf 30 000 DM und, für den Fall, daß dieses Begehren erfolglos bleiben sollte, den Abzug der 17 788 DM im Jahre 1966 als Betriebsausgaben erstrebt; in diesem Jahre habe er den Betrag von 30 000 DM ausbezahlt.

Mit der Revision, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird, verfolgt der Kläger sein bisheriges Begehren weiter; er beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Die Revision ist begründet.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das FG hat den noch umstrittenen Teil der erwähnten Verbindlichkeit nicht als betrieblichen Aufwand anerkannt, weil es sich um eine Zuwendung im familiären, d. h. im privaten Bereich handle (§ 12 Nr. 2 EStG). Nach der Überzeugung des Gerichts hätte der Kläger einem fremden Mitarbeiter eine derartige Zuwendung nicht gemacht. Ein familienfremder Angestellter mit derselben Qualifikation hätte unter allen Umständen darauf bestanden, daß ihm der Unterschied zwischen der für das in der Umstellung begriffene Unternehmen tragbaren Barvergütung und einem angemessenen Gehalt alsbald als Forderung gutgeschrieben worden wäre. Gerade das habe aber der Kläger im Verhältnis zu seinem Sohn bewußt vermieden, und der Sohn habe sich damit zufriedengegeben, offenbar in der sicheren Erwartung, daß ihm später die Werte, die er durch zusätzliche und nicht alsbald in bar vergütete Leistungen dem Unternehmen schaffte, ohnehin einmal zufallen würden. Darin trete aber die insoweit familiäre Grundlage der beiderseitigen langjährigen Zusammenarbeit klar zutage. Der von dem Kläger beschrittene Weg sei um so kritischer zu würdigen, als es weitgehend in seiner Hand gelegen habe, den steuerlich günstigsten Zeitpunkt für die Veränderung zu bestimmen. Die Zuwendung an den Sohn, mit der diesem offenbar die für den Eintritt als Mitunternehmer erforderliche Kapitaleinlage habe beschafft werden sollen, falle Jedenfalls nicht zufällig in ein Jahr mit besonders hohem Gewinn.

II.

Diese Ausführungen enthalten im wesentlichen eine Würdigung. Die tatsächlichen Feststellungen des FG reichen jedoch nicht aus, um diese Würdigung zu rechtfertigen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – II R 36/67 vom 5. März 1968, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 92 S. 416 – BFH 92, 416 –, BStBl II 1968, 610).

1. Das angefochtene Urteil enthält als tatsächliche Feststellung nur den oben im Tatbestand dieser Entscheidung wiedergegebenen Sachverhalt. Ferner hat das FG ausgeführt, anläßlich der Betriebsprüfung habe der Kläger dem Prüfungsbeamten (Tz. 35 des Betriebsprüfungsberichts) erklärt, er habe am 22. Dezember 1965 mit seinem Sohn vereinbart, daß er für seine Tätigkeit als Kraftfahrzeugmeister für die Jahre 1960 bis 1966 (gemeint ist 1965 – Tz. 35 des Betriebsprüfungsberichts –) eine Gehaltsnachzahlung von 30 000 DM erhalte. Weiter hat das FG festgestellt, der Kläger habe im Einspruchsverfahren vorgetragen, die Gehaltsnachzahlung sei für folgende besondere Leistungen während der Veranlagungszeiträume 1960 bis 1965 zugesagt worden; regelmäßige Leistung von Überstunden; regelmäßige Arbeitsleistung an freien Samstagen und bei Bedarf an Sonntagen; Mitwirkung bei der geistigen Leitung des Betriebes und Vertretung des Betriebsinhabers bei Krankheit und Urlaub. Der Betrag von 30 000 DM sei dem Sohn im Jahre 1966 zugeflossen. Ferner hat das FG im Rahmen der Wiedergabe der Prozeßgeschichte aus der Einspruchsentscheidung die Darstellung des beklagten FA mit den Worten wiedergegeben, „der Kläger habe in der Vergangenheit aus finanziellen Gründen jahrelang eine Vergütung für die behaupteten Mehrleistungen des Sohnes abgelehnt und nur unverbindlich eine Nachzahlung in Aussicht gestellt für den Fall, daß nach der Betriebsumstellung die erforderlichen Mittel vorhanden sein würden”.

2. Das FG ist davon ausgegangen, daß durch die erwähnte Vereinbarung vom 22, Dezember 1965 eine Schuld des Klägers begründet worden ist. Den Inhalt dieser Vereinbarung hat es zwar im einzelnen nicht festgestellt, sich jedoch die Darstellung des Betriebsprüfers in Tz. 35 des Betriebsprüfungsberichts zu eigen gemacht, nach der der Sohn auf Grund dieser Vereinbarung für seine Tätigkeit als Kraftfahrzeugmeister die erwähnte Nachzahlung erhalten sollte; darüber hinaus ist im Prüfungsbericht nichts zum Inhalt dieser Vereinbarung gesagt. Die Anerkennung als Verbindlichkeit durch das FG folgt jedoch daraus, daß das Gericht angenommen hat, es handle sich um eine in jeder Beziehung nach Grund und Höhe feststehende Verbindlichkeit; das FG hat nur den betrieblichen Charakter dieser Verbindlichkeit verneint.

Die Verneinung des betrieblichen Charakters der Verbindlichkeit beruht einerseits auf der Erwägung, daß der Kläger einem fremden Mitarbeiter eine solche Zuwendung nicht gemacht haben würde; andererseits ist dafür der Gedanke maßgebend, daß ein familienfremder Angestellter mit der gleichen Qualifikation wie der Sohn – wenn er sich überhaupt (in Erwartung einer späteren Beteiligung am Unternehmen des Klägers) auf eine so bescheidene laufende Vergütung eingelassen haben würde – unter allen Umständen darauf bestanden haben würde, daß ihm der Unterschied zwischen der gezahlten und einer angemessenen Vergütung alsbald als Forderung gutgeschrieben wird.

3. Das FG anerkennt, daß die tatsächlichen Zahlungen an den Sohn in den Jahren 1960 bis 1965 in Anbetracht seiner Leistungen bei der Umstellung des Unternehmens und seiner Spezialkenntnisse eine unangemessen niedrige Vergütung darstellten. Daraus folgt indessen nicht, daß sich der Sohn damit zufriedengegeben hat „offenbar in der sicheren Erwartung, daß ihm als dem Sohn und späteren Erben die Werte, die er durch zusätzliche und nicht alsbald in bar vergütete Leistungen in dem Unternehmen schaffte, ohnehin einmal zufallen würden”.

a) Diese Äußerung des FG ist in dem Sinne zu verstehen, daß sich der Sohn wahrscheinlich deshalb mit der niedrigen Vergütung zufriedengegeben habe, weil ihm der Betrieb später ohnehin zufallen werde. Zwar ist eine tatsächliche Feststellung auch mit Hilfe eines Anscheinsbeweises möglich; dies kommt jedoch nur für Fälle in Betracht, in denen der ermittelte Sachverhalt nach der Lebenserfahrung auf einen typischen Geschehensablauf hinweist (Urteil des BFH II 25/61 vom 20. Mai 1969, BFH 96, 129 [135], BStBl II 1969, 550), Eine allgemeine Lebenserfahrung des Inhalts, daß sich ein erwachsener Sohn, der wesentlich zum Ausbau des väterlichen Gewerbebetriebes beiträgt, mit einem unangemessen niedrigen Gehalt auf Grund der dargestellten Erwartung zufrieden gibt, besteht jedoch nicht.

Diese Erkenntnis liegt schon der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) zum EStG 1925 und zum EStG 1934 zugrunde (vgl. die Urteile VIA 851/33 vom 27. September 1933, Mrozek-Kartei, Einkommensteuergesetz 1925, § 13 Rechtspruch 612; VIA 1005/33 vom 12. September 1934, RStBl 1935, 90; VI 292/38 vom 15. Juni 1938, RStBl 1938, 779 mit Nachweisen; VI 62/39 vom 1. Februar 1939, RStBl 1939, 597). Seit der Zeit, aus der diese Rechtsprechung stammt, haben sich die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht in der Weise gewandelt, daß heute von einer allgemeinen Lebenserfahrung des genannten Inhalts gesprochen werden könnte.

b) Da das angefochtene Urteil auf einer Vermutung beruht, die auch durch die Lebenserfahrung nicht gedeckt ist, muß es aufgehoben werden. Eine andere Entscheidung (§ 126 Abs. 4 FGO) wäre nur dann möglich, wenn die vom FG festgestellten Tatsachen den Schluß rechtfertigen könnten, Vater und Sohn seien sich darüber einig gewesen, daß die Tätigkeit des Sohnes in der Aufbauphase des Unternehmens mit der ihm ausgezahlten Vergütung abgegolten sein solle. Dies scheint jedoch nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht der Fall zu sein. Das FG hat als Inhalt der Einspruchsentscheidung des FA festgestellt, daß dieses davon ausgegangen ist, der Vater habe seinem Sohn „nur unverbindlich eine Nachzahlung in Aussicht gestellt für den Fall, daß nach der Betriebsumstellung die erforderlichen Mittel verhanden sein würden”. Da das FG selbst festgestellt hat, die dem Sohn ausgezahlten laufenden Vergütungen seien während der Umstellungsphase unangemessen niedrig gewesen, bestand Anlaß zu prüfen, ob eine entsprechende Vereinbarung zwischen Vater und Sohn vorlag und welchen Inhalt sie hatte. Dies war um so mehr erforderlich, als der Kläger auch in der Klageschrift behauptet hatte, er habe „seinem Sohn nach erfolgreichem Abschluß der Betriebsumstellung eine einmalige Sondervergütung für den Fall in Aussicht” gestellt, daß die Betriebsumstellung erfolgreich verlaufe. Sollte sich diese Behauptung als richtig erweisen, könnte nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, die nach Ansicht des FG unangemessen niedrigen Vergütungen, die der Sohn tatsächlich erhalten hat, seien allein die vereinbarte Gegenleistung für seine Tätigkeit gewesen. Es wäre nicht ungewöhnlich, wenn der am Gedeihen des Unternehmens Interessierte Sohn – anders als ein weniger interessierter Fremder – als Arbeitnehmer das Risiko des Erfolges der geplanten Umstellung in der Erwartung auf sich genommen hätte, er werde im Falle des erfolgreichen Verlaufs der Umstellung eine Nachzahlung zu der bisher unangemessen niedrigen Vergütung erhalten.

Die ihrem Inhalt nach im einzelnen nicht festgestellte Vereinbarung vom 22. Dezember 1965 kann – nach erfolgreicher Betriebsumstellung – der Verwirklichung des behaupteten Versprechens gedient haben. Für die Anerkennung als betrieblich veranlaßter Verbindlichkeit kommt es auf den Inhalt der Vereinbarung im einzelnen an, ob z. B. die Zahlung des versprochenen Betrages binnen angemessener Frist erfolgen oder ob die Verbindlichkeit in ein gegen angemessene Verzinsung gewährtes Darlehen umgewandelt werden sollte. Dies gilt jedoch nur dann, wenn durch das behauptete Versprechen, nicht nur – wie vom FA angenommen – unverbindlich eine Nachzahlung in Aussicht gestellt worden ist. Der Inhalt des Versprechens wird – da es nach der Darstellung des Klägers die Grundlage für die Vereinbarung vom 22. Dezember 1965 sein soll – im einzelnen festzustellen sein. Es ist Sache des Klägers, den Inhalt dieses Versprechens darzutun und gegebenenfalls die erforderlichen Beweismittel vorzulegen oder zu bezeichnen (vgl. auch BGH-Urteil II 25/61, a.a.O., BFH 96, 134 f.), um dem FG die Möglichkeit zur Beurteilung zu geben (896 Abs. 1 Satz 1 FGO), ob die Vereinbarung vom 22. Dezember 1965 darauf beruht, daß sich der Sohn im Einvernehmen mit seinem Vater zunächst mit einer seine Tätigkeit nicht angemessen abgeltenden Vergütung in der sicheren Erwartung begnügt hat, im Falle erfolgreicher Betriebsumstellung eine Nachzahlung zu erhalten, durch die seine Leistungen unter Berücksichtigung des bereits erhaltenen Lohns angemessen abgegolten werden. Ein nur allgemein gehaltenes Versprechen kann jedoch nicht ausreichen, um eine hinreichend sichere Grundlage für die betriebliche Veranlassung der Vereinbarung vom 22. Dezember 1965 zu bilden.

4. Mit dieser Rechtsauffassung weicht der Senat nicht von dem Urteil des BFH IV R 197/68 vom 7. September 1972 (BFH 107, 35, BStBl II 1972, 944) in einer Weise ab, die zur Anrufung des Großen Senats des BFH (§ 11 Abs. 3 FGO) nötigte. Nach diesem Urteil gelten „für die steuerliche Anerkennung des Arbeitsverhältnisses” zwischen einer OHG und der Ehefrau bzw. Tochter der beiden alleinigen Gesellschafter „uneingeschränkt die Grundsätze, die die Rechtsprechung für die Vereinbarung zwischen nahen Angehörigen entwickelt hat”. Solche Vereinbarungen seien nur insoweit der Besteuerung zugrunde zu legen, als sie eindeutig und klar sind und Gehaltsansprüche auf der Grundlage der zu Beginn des Arbeitsverhältnisses oder bei Änderungen während des Arbeitsverhältnisses für die Zukunft ziffernmäßig berechnet werden können; Unklarheiten sollen zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen.

a) Der Senat versteht diese weitgehende Aussage nur im Sinne eines Grundsatzes. Wäre sie enger in dem Sinne zu verstehen, daß die Abzugsfähigkeit als betrieblicher Aufwand von der wörtlichen Erfüllung der insbesondere im zweiten Satz – Möglichkeit ziffernmäßiger Berechnung – aufgestellten Merkmale abhängig sei, so könnte der Senat dem nicht folgen. Eine Abweichung im Sinne des § 11 Abs. 3 FGO läge indessen auch in diesem Falle nicht vor, weil der erkennende Senat in der vom IV. Senat entschiedenen Sache bei Anwendung der seiner Ansicht nach für den vorliegenden Fall maßgeblichen Maßstäbe ebenso wie der IV. Senat erkannt haben würde. Nach den tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Entscheidung IV R 197/68 (a. a. O.) beruht, kann nicht gesagt werden, daß die Erhöhung der vertraglich vereinbarten Zahlungen für in der Vergangenheit geleistete Dienste betrieblich veranlaßt gewesen sei.

b) Entscheidend für das Verständnis der oben wiedergegebenen Ausführungen des IV. Senats im Sinne eines Grundsatzes ist die Begründung, die der IV. Senat für diesen Grundsatz gegeben hat. Danach können „Vermögensbewegungen, die in der Regel unter Fremden nicht unentgeltlich sind, bei nahen Angehörigen die unterschiedlichsten Ursachen haben”. Aus diesem Grunde kann nach Ansicht des IV. Senats „der allgemeine Erfahrungssatz, daß im Wirtschaftsleben in der Regel eine Leistung nicht ohne Gegenleistung erbracht wird, bei der Wertung der zwischen nahen Angehörigen geschlossenen Vereinbarungen keine entscheidende Bedeutung haben mit der Folge, daß nicht ohne sorgfältige Prüfung davon ausgegangen werden kann, eine Zahlung beruhe auf einer angemessenen Gegenleistung des Empfängers”. Dieser Ansicht stimmt der I. Senat zu. Bei der Prüfung der Frage, ob der auf einem Rechtsverhältnis zwischen nahen Angehörigen beruhende Aufwand betrieblich veranlaßt ist, werden strenge Anforderungen gestellt (vgl. auch die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts [BVerfG] 1 BvL 4/54 vom 17. Januar 1957, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bd. 6 S. 55 [84] – BVerfGE 6, 55 [84] –; 1 BvL 23, 34/57 vom 14. April 1959, BVerfGE 9, 237 [245 f.] und das Urteil des BVerfG 1 BvR 232/60 vom 24. Januar 1962, BVerfGE 13, 318 [327]), wenn angesichts der Möglichkeit gleichgerichteter Interessen auch eine private (familiäre) Veranlassung in Betracht kommt. Die bei der Prüfung anzuwendende Sorgfalt, auch das Maß der Intensität der Beweisanforderungen, sind daran zu orientieren, wie groß die Wahrscheinlichkeit gleichgerichteter Interessen bei dem zu beurteilenden sozialen Vorgang nach der allgemeinen Lebenserfahrung und den im Einzelfall vorliegenden Umständen ist. Eine Typisierung ist nach Ansicht des Senats nicht zulässig, da sie zur Aufstellung allgemeiner Rechtsgrundsätze der vom BVerfG in der oben erwähnten Entscheidung 1 BvR 232/60 abgelehnten Art führen würde.

5. Das FG hat, ohne dies ausdrücklich auszusprechen, die Klage auch insoweit abgewiesen, als sie sich auf den Einkommensteuerbescheid 1966 bezogen hat. Die Klage war insoweit zulässig, da der Kläger hilfsweise – für den Fall, daß der erstrebte Schuldposten zum 31. Dezember 1965 nicht anerkannt werden sollte – den Betrag von 17 788 DM im Jahre der behaupteten Zahlung (1966) als Betriebsausgaben abgezogen wissen wollte. Da das FG den Abzug als Verbindlichkeit – weil familiär bedingt – nicht zugelassen hat, muß seine Entscheidung hinsichtlich des Veranlagungszeitraums 1966 auf der Erwägung beruhen, daß ein Abzug als Betriebsausgabe im Jahr der Zahlung aus den gleichen Gründen nicht in Betracht kommt. Die Revision ist auch insoweit zulässig, weil der Kläger durch die Klageabweisung beschwert ist. In der Sache selbst muß sich der Senat auf die Aufhebung und Zurückverweisung beschränken, weil das angefochtene Urteil hinsichtlich des Veranlagungszeitraums 1966 keine tatsächlichen Feststellungen enthält und – hiervon abgesehen – die Klageabweisung durch das FG nicht mit der Begründung bestätigt werden kann, der umstrittene Betrag habe sich gewinnmindernd schon für den Veranlagungszeitraum 1965 ausgewirkt. Im übrigen ist nach dem gegenwärtigen Sachstand die Möglichkeit nicht völlig auszuschließen, daß zwar zum 31. Dezember 1965 der begehrte Passivposten nicht anzusetzen ist, aber der Abzug der umstrittenen 17 788 DM als Betriebsausgabe im Jahre 1966, dem Jahr der Leistung, in Betracht kommt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 514578

BFHE 1973, 20

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