Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Aufwendungen für die Beschaffung eines Fernsehgeräts können auch dann nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn der Steuerpflichtige als Sowjetzonenflüchtling Hausrat und Kleidung verloren hat.

 

Normenkette

EStG § 33

 

Tatbestand

Strittig ist, ob die Aufwendungen des Beschwerdeführers (Bf.) für die Anschaffung eines Fernsehgeräts berücksichtigt werden können. Der Bf., der Sowjetzonenflüchtling ist, hält die Berücksichtigung für gerechtfertigt, weil seine Aufwendungen für Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung wegen seiner Eigenschaft als Flüchtling ohne weiteres als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen seien und weil es für die Zurechnung zu diesen Aufwendungen gleichgültig sei, ob er den angeschafften Gegenstand früher gehabt habe oder nicht.

Das Finanzamt lehnte den Antrag des Bf. auf Eintragung eines steuerfreien Betrages in die Lohnsteuerkarte 1956 insoweit ab, als Aufwendungen für die Anschaffung eines Fernsehgeräts geltend gemacht wurden. Die Sprungberufung hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht erkannte zwar an, daß der Bf. als Flüchtling den § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für Aufwendungen von Hausrat und Kleidung insoweit in Anspruch nehmen könne, als es sich um Ersatz handele. Das Finanzgericht sah aber in der Anschaffung des Fernsehgeräts keinen Ersatz, sondern eine Ergänzungsbeschaffung, für die der § 33 EStG wegen des der Aufwendung gegenüberstehenden Gegenwerts nicht in Anspruch genommen werden könne.

Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Bf. Er trägt vor: Die Frage der Wiederbeschaffung beurteile sich nicht nach den jeweils angeschafften Einzelstücken. Entscheidend sei vielmehr die bei ihm auch gegebene Voraussetzung, daß eine verlorene Wohnungseinrichtung in ihrer Gesamtheit durch eine andere ersetzt werde. Ob die in der neuen Wohnungseinrichtung zusammengefaßten Einzelstücke bereits in der verlorenen enthalten gewesen seien, sei unerheblich. Abgesehen davon, daß das Finanzamt ohnehin nicht prüfen könne, ob das jeweils ersetzte Einzelstück früher wirklich vorhanden gewesen sei, würde eine solche Prüfung auch eine unerträgliche Einmischung in die Dispositionen des Steuerpflichtigen bedeuten. Es könne diesem nicht vorgeschrieben werden, was er sich anzuschaffen habe und welchen Preis er gewähren dürfe. Im übrigen sei ein Fernsehgerät nach seinen gegenwärtigen Einkommensverhältnissen keineswegs unangemessen. Wie aus der anliegenden Bescheinigung der Herstellerwerke hervorgehe, könne in der Anschaffung eines Fernsehgeräts auch nichts Ungewöhnliches erblickt werden.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung und Verwaltungsübung, daß Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat oder Kleidung, wenn der Verlust auf einem unabwendbaren Ereignis beruht, als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können (vgl. die Urteile des Bundesfinanzhofs IV 376/51 S vom 16. Oktober 1952, Bundessteuerblatt - BStBl - 1952 III S. 298, Slg. Bd. 56 S. 773, und IV 22/52 U vom 13. November 1952, BStBl 1953 III S. 18, Slg. Bd. 57 S. 49; vgl. auch Abschn. 189 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1956/1957). Auf ein derartiges Ergebnis kann sich auch der Bf. in seiner Eigenschaft als Sowjetzonenflüchtling berufen. Daß Hausrat und Kleidung auf Grund eines unabwendbaren Ereignisses verlorengegangen sind, besagt aber nicht, daß schlechthin jede Anschaffung von Hausrat oder Kleidung als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden müsse. Die für die Anerkennung einer außergewöhnlichen Belastung erforderlichen Voraussetzungen, insbesondere die der Zwangsläufigkeit und damit auch der Angemessenheit, müssen vielmehr auch bei der einzelnen Anschaffung gegeben sein.

Das Finanzgericht hat demnach trotz des Umstandes, daß der Bf. Sowjetzonenflüchtling ist und Hausrat und Kleidung auf Grund eines unabwendbaren Ereignisses verloren hat, zu Recht geprüft, ob die Anschaffung des Fernsehapparates den für die Anerkennung einer außergewöhnlichen Belastung erforderlichen Voraussetzungen genügt. Mit dem Finanzgericht muß diese Frage verneint werden.

Zwangsläufig ist grundsätzlich nur die Wiederbeschaffung. Es kann dahingestellt bleiben, ob dies für jede Wiederbeschaffung gilt. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob es für sich allein immer schädlich ist, wenn das angeschaffte Stück früher nicht vorhanden gewesen ist und demnach nicht verlorengegangen sein kann. Dem Bf. ist auch zuzugeben, daß es nicht Sache der Verwaltung sein kann, angeschaffte Stücke auf die mehr oder weniger große übereinstimmung mit den verlorengegangenen zu prüfen. Auf keinen Fall aber kann die Anschaffung solcher Gegenstände als zwangsläufig im Sinne von § 33 EStG angesehen werden, die weder jemals verlorengegangen sind noch zur angemessenen Auffüllung von Hausrat und Kleidung üblicherweise notwendig sind.

Ein Fernsehgerät ist zwar kein Luxusgegenstand. Es ist aber selbst bei dem heutigen Stand der Wohnkultur nicht ein dem üblichen Hausrat notwendigerweise angehörendes Stück. Nur dies ist entscheidend. Darauf, ob der Steuerpflichtige sich die Anschaffung leisten oder nach seinen Verhältnissen als angemessen ansehen kann, kommt es nicht an.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409160

BStBl III 1958, 378

BFHE 1959, 273

BFHE 67, 273

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