Leitsatz (amtlich)

Bei der unentgeltlichen Übernahme eines Betriebes sind die Zu- und Abschläge anläßlich des vom Rechtsvorgänger vorgenommenen Wechsels in der Gewinnermittlungsart beim laufenden Gewinn des Rechtsnachfolgers zu berücksichtigen. Dies gilt auch für die Zurechnungen, die aus Billigkeitsgründen nach Abschn. 19 Abs. 2 EStR auf Antrag des Rechtsvorgängers auf das Jahr des Übergangs und die beiden folgenden Jahre zu verteilen sind.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 3, § 5

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die infolge des Wechsels der Gewinnermittlungsart angefallenen und gemäß Abschn. 19 Abs. 2 EStR 1963 auf drei Jahre verteilten Korrekturposten im Falle der vorweggenommenen Erbfolge dem Rechtsvorgänger oder dem Rechtsnachfolger zuzurechnen sind.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Steuerpflichtiger) hat den Betrieb zum 1. Januar 1964 von seinem Vater unentgeltlich übertragen erhalten, nachdem dieser ab 1963 von der Überschußrechnung zum Bestandsvergleich übergegangen war. Der Beklagte und Revisionskläger (FA) hatte dem Antrag des Vaters auf eine dreijährige Verteilung der Korrekturposten stattgegeben und für 1963 und 1964 die Übergangsbeträge zunächst dem Vater zugerechnet. Das FA hielt es jedoch nach Durchführung einer Betriebsprüfung nicht für richtig, den auf drei Jahre verteilten Übergangsgewinn für 1964 dem Vater zuzurechnen. Es vertrat nunmehr die Auffassung, daß für den Fall der unentgeltlichen Übertragung eines Betriebes eventuelle Zu- und Abschläge nur bei dem jeweiligen Inhaber des Unternehmens selbst vorzunehmen seien. In dem berichtigten Einkommensteuerbescheid 1964 rechnete es daher 1/3 des Übergangsgewinns dem laufenden Gewinn des Steuerpflichtigen hinzu.

Die (Sprung-)Klage hatte Erfolg. Das FG begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt: Das beim Übergang aufgedeckte Gewinnmehr sei in den Vorjahren erwirtschaftet worden. Die bisherige Änderung des Vermögens, die durch die vom Gesetzgeber gebilligte Eigenart der Überschußrechnung unberücksichtigt geblieben sei, könne sich steuerlich erst in dem Jahre, in dem erstmalig der Vermögensvergleich aufgestellt worden sei, auswirken. Das sei das Jahr 1963. Bei der Veranlagung 1963 des Vaters sei daher der durch den Übergang erzielte Gewinn festzustellen und gemäß § 2 EStG entsprechend diesem Gewinn die Steuer festzusetzen. Wenn nun Abschn. 19 Abs. 2 EStR gestatte, auf Antrag des Steuerpflichtigen den Übergangsgewinn zur Vermeidung von Härten auf drei Jahre zu verteilen, so könne das nicht zur Folge haben, daß ein Teil dieses Übergangsgewinnes einem anderen Steuerpflichtigen als dem Antragsteller zugerechnet werde. Der von einem Steuerpflichtigen erwirtschaftete und bei ihm steuerlich festgestellte Gewinn könne nur von diesem selbst versteuert werden (§ 2 EStG).

Mit der Revision wird vom FA die Verletzung des § 4 Abs. 3 in Verbindung mit § 5 EStG gerügt. Der Betrieb sei nicht veräußert, sondern unentgeltlich übertragen worden. Der Steuerpflichtige sei in die Rechtsstellung seines Vaters mit der Wirkung eingetreten, daß die Verhältnisse des bisherigen Unternehmens zugunsten und zuungunsten auf ihn übergegangen seien. Nach der Rechtsstellung seien die Korrekturen anläßlich des Wechsels in der Gewinnermittlungsart beim laufenden Gewinn zu berücksichtigen. Das FG irre, wenn es unter Hinweis auf § 2 EStG als alleinige Begründung seines Urteils sage, daß der von einem Steuerpflichtigen erwirtschaftete und bei ihm steuerlich festgestellte Gewinn nur von diesem Steuerpflichtigen versteuert werden könne. Wenngleich die Einkommensteuer eine Personensteuer sei, so seien doch häufig die Vorschriften über die Einkommensermittlung keine personenbezogenen Bestimmungen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage des Steuerpflichtigen. Es entspricht der Rechtsprechung des BFH, daß beim Übergang von der vereinfachten Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung des Bestandsvergleichs gemäß § 4 Abs. 1 EStG in dem Jahr des Übergangs eine Gewinnkorrektur durch Zu- und Abschläge erforderlich ist. Allein hierdurch wird vermieden, daß erfolgserhöhende oder erfolgsmindernde Vorgänge sich entweder nicht oder doppelt auswirken. Ein Wechsel in der Gewinnermittlungsart darf nicht dazu führen, daß Einnahmen der Besteuerung entzogen werden oder Betriebsausgaben unberücksichtigt bleiben. Aus Billigkeitsgründen können dabei nach Abschn. 19 Abs. 2 EStR 1963 die Zurechnungen auf Antrag des Steuerpflichtigen auf das Jahr des Übergangs und die beiden folgenden Jahre verteilt werden. Dem steht auch nicht entgegen, daß Abschn. 19 Abs. 2 EStR seine Rechtsgrundlage in § 131 Abs. 1 letzter Satz AO hat. Nach § 131 Abs. 1 Satz 3 AO kann u. a. mit Zustimmung des Steuerpflichtigen bei den Steuern vom Einkommen zugelassen werden, daß einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuern erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst bei einem späteren Zeitpunkt berücksichtigt werden. Die Billigkeitsmaßnahme nach Abschn. 19 Abs. 2 EStR wirkt sich deshalb nicht nur als eine Stundung der Steuer, sondern auch dahin aus, daß der Gewinn endgültig verändert wird (vgl. Urteile des BFH VI 236/63 vom 18. Dezember 1964, HFR 1965, 311; VI 340/65 vom 22. Juni 1966, BFH 86, 509, BStBl III 1966, 540; IV 340/65 vom 25. Juni 1970, BFH 99, 531, BStBl II 1970, 755, und I R 184/69 vom 1. April 1971, BFH 102, 83, BStBl II 1971, 526).

Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Er hält die Zuschläge und Abschläge zur Gewinnkorrektur beim Wechsel der Gewinnermittlungsart und ihre Verteilung auf insgesamt drei Jahre dem Grunde nach für gerechtfertigt.

In der Frage der Zurechnung der Korrekturzuschläge vermag der Senat der Vorinstanz nicht zu folgen. Insoweit ist von ausschlaggebender Bedeutung, daß der Steuerpflichtige die Einzelfirma von seinem Vater im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich übernommen hat. Nach dem aus § 7 Abs. 1 EStDV abzuleitenden Grundgedanken ergibt sich als notwendige Folge des Betriebsübergangs, daß durch einen diesem vorangegangenen Wechsel in der Gewinnermittlungsart der Übernehmer des Betriebs das als eigenen Gewinn oder Verlust erzielte, was die auf ihn übergegangenen Vermögenswerte an Korrektiven in sich tragen. Dies gilt in gleicher Weise für die Zurechnungen, die aus Billigkeitsgründen auf Antrag des Rechtsvorgängers auf das Jahr des Übergangs und die beiden folgenden Jahre zu verteilen sind. Denn, wie bereits ausgeführt, verändert diese Billigkeitsmaßnahme den Gewinn und damit das Betriebsvermögen des Übergebers endgültig. Bei der unentgeltlichen Übernahme des Betriebs hat daher der Rechtsnachfolger auch die Folgerungen aus Gewinnverlagerungen auf sich zu nehmen, die der Rechtsvorgänger eingeleitet hat. Die insoweit in gewissem Umfang eintretende Objektivierung des Gewinnbegriffs führt dazu, daß die Korrekturbeträge, soweit sie aus der Zeit vor dem unentgeltlichen Übergang des Einzelunternehmens auf den Steuerpflichtigen herrühren, sich zu Lasten seines laufenden Gewinns auswirken.

Die Vorentscheidung, die mit diesen Grundsätzen nicht im Einklang steht, muß aufgehoben werden. Die Sache ist spruchreif. Das FA hat im berichtigten Einkommensteuerbescheid 1964 zu Recht dem laufenden Gewinn einen Übergangsgewinn von 17 844 DM hinzugerechnet. Mit Rücksicht darauf ist die Klage des Steuerpflichtigen gegen den Einkommensteuerbescheid 1964 abzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 425929

BStBl II 1972, 338

BFHE 1972, 340

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