Leitsatz (amtlich)

Schuldzinsen, die ein Steuerpflichtiger für Bauspardarlehen zahlt, die ihm gewährt worden sind und die er seiner Ehefrau zum Bau eines ihr gehörenden und von den Eheleuten gemeinsam genutzten Einfamilienhauses zinslos zur Verfügung gestellt hat, können nicht als Sonderausgaben geltend gemacht, sondern nur als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Ehefrau abgezogen werden.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1, § 21 Abs. 2; EinfHaus-VO § 2 Abs. 2

 

Tatbestand

Der Kläger hat bei einer Bausparkasse zwei Bausparverträge angespart und das ihm gewährte Baudarlehen sowie die Ansparbeträge seiner Ehefrau zinslos überlassen. Die Klägerin hat das Geld zum Bau des von den Eheleuten bewohnten Einfamilienhauses verwendet. Das Haus steht auf einem der Ehefrau gehörenden Grundstück. Zwischen den Ehegatten ist Gütertrennung vereinbart. Die Ansprüche der Bausparkasse sind auf dem Grundstück der Ehefrau dinglich gesichert.

Der Kläger, der mit seiner Ehefrau zusammenveranlagt wird, hat in den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1964 und 1965 die Zinsen für die ihm von der Bausparkasse gewährten Darlehen als Sonderausgaben geltend gemacht. Das FA lehnte den Abzug der Zinsen unter Hinweis auf die Verordnung über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus vom 26. Januar 1937 (EinfHaus-VO) ab. Die Einsprüche hatten keinen Erfolg.

Das FG wies die Klage durch Vorbescheid als unbegründet zurück. Es führte aus, die Zinsverpflichtungen seien zwar privatrechtlich ausschließlich Verbindlichkeiten des Klägers. Auch seien die Einkünfte jedes Ehegatten bei der Zusammenveranlagung grundsätzlich gesondert zu ermitteln. Hinsichtlich des Abzugs von Sonderausgaben würden die Eheleute jedoch als Einheit behandelt. Die Voraussetzungen für die Anerkennung von Sonderausgaben müßten bei zusammenveranlagten Ehegatten in der Person beider Eheleute gegeben sein. Die Sonderausgaben könnten daher nicht abgezogen werden, wenn ihr Abzug bei einem der Ehegatten begrenzt sei. In der Person der Ehefrau könnten Schuldzinsen bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nur bis zur Höhe des Grundbetrages nach der EinfHaus-VO, aber nicht als Sonderausgaben abgezogen werden. Ein Abzug der Schuldzinsen als Sonderausgaben komme deshalb auch für den Ehemann nicht in Betracht ohne Rücksicht darauf, welcher der Ehegatten die Schuldzinsen letzten Endes wirtschaftlich zu tragen habe.

Mit der Revision, die das FG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen hat, rügen die Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Es sei mit dem Gesetz nicht vereinbar, die einheitliche Betrachtung von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen bei zusammenveranlagten Ehegatten auf den Bereich der Einkunftsermittlung auszudehnen. Für die Beurteilung der Frage, ob Aufwendungen Werbungskosten oder Betriebsausgaben innerhalb einer Einkunftsart seien, könne es nicht von Bedeutung sein, daß der Aufwendende mit seinem Ehegatten zusammenlebe. Im Streitfall seien die Eigentumsverhältnisse klar geregelt. Die Ehefrau beziehe aus dem Einfamilienhaus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, während die Zinsverpflichtungen ausschließlich Verbindlichkeiten des Ehemannes seien. Der Bereich der Einkunftsermittlung müsse im Fall zusammenlebender Ehegatten aus Gründen der Rechtssicherheit und Übersichtlichkeit von einheitlichen Betrachtungen der Aufwendungen freibleiben.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision kann keinen Erfolg haben.

Als Sonderausgaben können bestimmte in § 10 EStG bezeichnete Aufwendungen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind. Unter dieser Voraussetzung rechnen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG auch Zinsen zu den Sonderausgaben.

Bei formaler Betrachtung stehen die vom Kläger aufgewendeten Schuldzinsen mit keinen von ihm kraft eigenen Rechts bezogenen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang. Die mit den Schuldzinsen zusammenhängenden Darlehnsbeträge hat nicht er, sondern seine Ehefrau für den Bau des Hauses verwendet, und die Einkünfte aus diesem Haus - Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 21 Abs. 2 EStG - stehen nicht ihm, sondern seiner Ehefrau zu. Wäre die Ehefrau Schuldnerin der Zinsen, so könnten diese, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats nur als Werbungskosten berücksichtigt und wegen der Sonderregelung des § 2 Abs. 2 EinfHaus-VO nur bis zur Höhe des Grundbetrages abgezogen werden. Wäre, wie der Kläger meint, allein auf seine Person abzustellen, so wären die Zinsen in der Tat als Sonderausgaben absetzbar, weil es, wie bereits dargelegt, an einem wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Zinsen und den dem Kläger zustehenden Einkünften fehlt. Die steuerliche Berücksichtigung der Zinsen kann aber entgegen der Auffassung des Klägers nicht allein von der formalen Gestaltung abhängen. Die Tatsache, daß der Kläger und seine Ehefrau zusammen zu veranlagen sind, und der wirtschaftliche Gehalt der zwischen ihm und seiner Ehefrau getroffenen Vereinbarungen können nicht außer Betracht bleiben.

Mit dem Kläger ist allerdings davon auszugehen, daß die Veranlagung von Ehegatten (§ 26 EStG) auch dann, wenn diese zusammen veranlagt werden, nicht zu einer Zusammenfassung der Einkünfte in dem Sinne führt, daß es für deren Ermittlung gleichgültig wäre, welchem der Ehegatten sie zugeflossen sind. Wie schon das FG ausgeführt hat, werden die Ehegatten aber selbst bei getrennter Veranlagung insofern als Einheit behandelt, als die von ihnen geltend gemachten Sonderausgaben, um berücksichtigt werden zu können, die Summe der ihnen - je in ihrer Person - zustehenden Sonderausgabenpauschbeträge übersteigen müssen (vgl. das Urteil des erkennenden Senats VI 132/56 U vom 28. Februar 1958, BFH 66, 510, BStBl III 1958, 196). Bei der außergewöhnlichen Belastung liegt es insofern ähnlich, als nach § 26a Abs. 3 EStG die Höhe der Eigenbelastung nach dem Einkommen beider Ehegatten zu berechnen ist (vgl. das Urteil VI 39/62 vom 28. Juni 1963, HFR 1963, 429). Hier ist, was gerade in dem vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung ist, auch die Regelung des § 12 Nr. 2 EStG zu beachten, nach der es für die Frage der Unterhaltspflicht gleichgültig ist, ob diese den einen oder den anderen Ehegatten trifft, so daß Unterhaltsleistungen an die Eltern des einen Ehegatten nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG dadurch zu Sonderausgaben und damit absetzbar gemacht werden können, daß der andere Ehegatte sie übernimmt. Wie der erkennende Senat in dem Urteil VI R 300/66 vom 22. März 1967 (BFH 89, 69, BStBl III 1967, 596) ausgeführt hat, sind Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen einkommensteuerlich stets einheitlich zu behandeln in dem Sinne, daß die Ausgaben des einen Ehegatten ohne weiteres auch als solche des anderen Ehegatten anzusehen sind. Ob man mit dem FG auch umgekehrt sagen kann, daß Aufwendungen des einen Ehegatten nur dann als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastung anerkannt werden könnten, wenn sie es in der Person des anderen Ehegatten ebenfalls wären, läßt der Senat dahingestellt. Jedenfalls ist er, wie die Dinge im Streitfall liegen, mit dem FG der Auffassung, daß ein Abzug der Zinsen als Sonderausgaben nicht in Betracht kommt.

Im Streitfall haben die Darlehen der Errichtung einer gemeinsamen Familienwohnung gedient. Steuerlich war die Verwendung der Darlehen für den Wohnungsbau auch erforderlich, um die Nachversteuerung der Bausparkassenbeiträge zu vermeiden. Daß zur dinglichen Sicherung der Darlehen das Grundstück der Ehefrau mit Hypotheken belastet worden ist, reicht zwar nicht aus, um einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und den durch das Grundstück abgesicherten Darlehen herzustellen (Urteile des BFH IV 215/50 U vom 14. November 1951, BFH 55, 581, BStBl III 1951, 235; IV 523/53 U vom 25. November 1954, BFH 60, 107, BStBl III 1955, 42). Hier kann aber die Tatsache, daß der Kläger das Haus ebenfalls bewohnt, nicht außer Betracht bleiben. Wirtschaftlich gesehen haben beide Ehegatten das gemeinsam bewohnte Haus mit Hilfe der Darlehen auch gemeinsam gebaut. Im Hinblick hierauf ist es ohne Belang, welcher der Ehegatten die Darlehen aufgenommen hat. Der Grundsatz der Individualbesteuerung der Eheleute führt nicht dazu, daß die Existenz der Ehe steuerlich nicht zu beachten ist, wenn die Folgen für die Ehegatten ungünstig sind, und die Eheleute verlangen können, wie fremde Einzelpersonen behandelt zu werden, wenn es für sie günstiger ist (BFH-Urteil VI 9/56 vom 24. Januar 1958, BFH 66, 197, BStBl III 1958, 77). Der Ehe als einer Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft entspricht es, daß beide Ehegatten zu den Kosten der Lebenshaltung, zu denen auch das Wohnen gehört, beitragen. Wohnen die Ehegatten im eigenen Einfamilienhaus, so sind im Grunde beide Ehegatten an der Nutzung der Wohnung beteiligt, wenn auch der Nutzungswert der eigenen Wohnung steuerlich nur dem Eigentümer-Ehegatten zuzurechnen ist. Dafür, daß er mit in dem Hause wohnt, hat der Kläger, wirtschaftlich gesehen, die Zinszahlung übernommen, wie wenn er eine Miete zahlte und diese statt an die Ehefrau in deren Einverständnis unmittelbar an die Bausparkasse abführte. Damit ist der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen dem Darlehen und den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus dem Einfamilienhaus gegeben. Die Schuldzinsen, die der Kläger aufgewendet hat, sind deshalb steuerlich nicht als Sonderausgaben, sondern als Werbungskosten zu behandeln, die nach Maßgabe der Einf-Haus-VO bei den Einkünften seiner Ehefrau aus § 21 Abs. 2 EStG zu berücksichtigen sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68441

BStBl II 1969, 237

BFHE 1969, 485

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