Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Eine in der Gründung befindliche GmbH, die mangels Eintragung nicht zur Entstehung gelangt, ist in der Regel als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu behandeln. Als Verein kann sie nur bei Vorhandensein eines größeren Kreises von Beteiligten, einer Verfassung und besonderer Organe angesehen werden. Handelt es sich um ein bisheriges Einzelunternehmen, so steht die Aufnahme eines zweiten Gesellschafters der Weiterbehandlung als Einzelunternehmen nicht entgegen, wenn die Beteiligung des zweiten Gründers lediglich mit Rücksicht auf die Vorschriften des GmbH- Gesetzes erfolgt und der neu aufgenommene Gesellschafter Gewinnbeteiligungsansprüche nicht geltend macht.

 

Normenkette

KStG §§ 1, 3; GewStG § 2

 

Tatbestand

I. Der Y. hat seit 1946 als Einzelunternehmer mehrere Betriebe unterhalten. Durch Vertrag vom 8. Mai 1948 errichtete er gemeinsam mit seiner Ehefrau eine GmbH mit einem Stammkapital von von 50 000 RM, von dem er 45 000 RM und die Ehefrau 5 000 RM übernahm. Als Einlage brachte er zwei Betriebe ein. Der Geschäftsbetrieb ging in der bisherigen Weise weiter. Eintragung der GmbH in das Handelsregister ist nicht erfolgt, weil der Registerrichter dieselbe wegen fehlender Bescheinigungen ablehnte.

Bei den Unternehmungen des Y. hat eine Buch- und Betriebsprüfung stattgefunden. Auf Grund derselben gelangte das Finanzamt zur Verwerfung der Buchführung und stellte für die Zeit vom 1. Januar bis 20. Juni 1948 Umsatz und Gewinn im Wege der Schätzung fest. Für den Veranlagungszeitraum I/1948 nahm es getrennte Veranlagungen vor, indem es einmal den Y. persönlich und daneben für die Zeit vom 8. Mai bis 20. Juni 1948 die "GmbH" zur Steuer heranzog. Es ging hierbei davon aus, daß mit der Errichtung des GmbH-Vertrages ein neues Unternehmen begründet sei, und stellte Gewinn, Gewerbeertrag und Umsatz für den Zeitraum vom 8. Mai bis 20. Juni 1948 für das neue Unternehmen fest. Mangels Eintragung in das Handelsregister als GmbH sah es hinsichtlich der Gründergesellschaft die Voraussetzungen eines Vereins als gegeben an. Auf Grund des Ergebnisses der Buchprüfung erhöhte es den erklärten Gewinn für diesen Rumpfabschnitt von 33 589 RM auf 47 161 RM und zog den Verein mit 21 222 RM zur Körperschaftsteuer heran. Entsprechend wurde hinsichtlich der Gewerbeertragsteuer verfahren und die Umsätze wurden bei Veranlagung der Umsatzsteuer um den gleichen Betrag erhöht.

Der als Steuerpflichtiger (Stpfl.) bezeichnete Verein (Beschwerdeführer - Bf. -) legte gegen sämtliche Bescheide Einspruch ein. Er griff die Methode der Ermittlung von Gewinn und Umsatz hinsichtlich aller in Betracht kommenden Steuerarten an. Der Einspruch war erfolglos. Auf die Berufung setzte das Finanzgericht die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuer nur unbedeutend herab.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Rechtsbeschwerde (Rb.) führt zur Aufhebung sämtlicher Vorentscheidungen.

Körperschaftsteuer. Es ist seit jeher in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt, daß eine in der Gründung begriffene Kapitalgesellschaft unter der Voraussetzung, daß die Eintragung in das Handelsregister nachfolgt, bereits vom Tage der Errichtung des Vertrages ab als Kapitalgesellschaft behandelt werden kann, indem die Nämlichkeit der Gründergesellschaft mit der erst nach Eintragung fertigen Kapitalgesellschaft unterstellt wird. Die Gründergesellschaft ist niemals in das Handelsregister eingetragen worden. Ihre Heranziehung als GmbH scheidet damit aus. Das Finanzamt hat sie als Verein der Körperschaftsteuer unterworfen und sich hierfür auf das Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs I 12/48 vom 11. August 1948 (Amtsblatt des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen - Bay. FMBl. - S. 266) bezogen.

Es trifft zu, daß der Oberste Finanzgerichtshof in der genannten Entscheidung ausgesprochen hat, daß eine Gründer-GmbH mangels Eintragung in das Handelsregister als Verein anzusehen ist. Der erkennende Senat vermag sich dem in dieser Allgemeinheit nicht anzuschließen. Es kann Fälle geben, in denen der größere Kreis der beteiligten Personen, das Vorhandensein einer Verfassung sowie geschäftsführender Organe die Heranziehung der Gründergesellschaft als Verein zu rechtfertigen vermögen. In den Fällen jedoch, in denen nur wenige Gesellschafter - im vorliegenden Falle zwei - beteiligt sind, liegt es näher, der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs folgend in der Gründergesellschaft eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu sehen. Dies wird regelmäßig geschehen können, wenn mehrere Personen sich zum gemeinschaftlichen Betrieb eines Unternehmens zusammenschließen, ohne die vorgenannten Voraussetzungen eines Vereins zu erfüllen. Aber auch diesem Grundsatz kann nicht unterschiedslos Geltung zugesprochen werden. Wenn man im Einzelfall zu einer zutreffenden Beurteilung gelangen will, dann muß auf die Verhältnisse zurückgegangen werden, wie sie vor der Errichtung des Vertrages bestanden haben und wie sie sich in der Folgezeit weiter entwickeln.

Im vorliegenden Falle hat Y. seine Unternehmungen als Einzelunternehmer betrieben, die Aufnahme der Ehefrau war durch die Vorschriften des GmbH-Gesetzes, das zwei Gründer verlangt, geboten. Ob und inwieweit die Ehefrau an dem Betrieb derselben beteiligt war, und ob und inwieweit sie als Mitgründerin Gesellschaftsrechte erlangt hat, kann unerörtert bleiben. Da, wie sich aus dem Vertrag vom 8. Mai 1945 ergibt, beide Ehegatten in Haushaltsgemeinschaft leben, sind sie gemäß § 26 des Einkommensteuergesetzes (EStG) einheitlich zu veranlagen. Dadurch, daß ein Vertrag geschlossen wurde, der die Gründung einer GmbH zum Gegenstand hatte, die jedoch mangels Eintragung niemals zur Entstehung gelangt ist, hat sich hinsichtlich der in der Form der Einzelunternehmung geführten Betriebe in steuerlicher Hinsicht nichts geändert. Danach ist der Senat der Auffassung, daß ein der Körperschaftsteuer unterliegendes Gebilde, insbesondere ein Verein, nicht entstanden ist, und daß die Besteuerung nicht nach dem Körperschaftsteuergesetz, sondern dem Einkommensteuergesetz zu erfolgen hat, ohne daß es einer gesonderten Gewinnermittlung nach § 215 der Reichsabgabenordnung (AO) bedarf.

Die Körperschaftsteuerbescheide werden daher aufgehoben.

Gewerbesteuer. Auch die Gewerbesteuerfestsetzungen müssen aufgehoben werden, weil im vorliegenden Falle durch die Errichtung des Vertrages ohne nachfolgende Eintragung noch kein neuer Steuergegenstand entstanden ist.

Umsatzsteuer. Das gleiche gilt hinsichtlich der Umsatzsteuer.

III. Das Finanzamt wird nunmehr die in der Zeit vom 8. Mai bis 21. Juni 1948 erzielten Umsätze und Gewinne in die Besteuerung des Y. für den Veranlagungszeitraum vom 1. Januar bis 20. Juni 1948 einzubeziehen haben.

über die Methode der Ermittlung von Umsatz und Gewinn kann im gegenwärtigen Verfahren nicht entschieden werden.

Die Kosten trägt der Staat nach § 309 AO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407419

BStBl III 1952, 172

BFHE 1953, 446

BFHE 56, 446

BB 1952, 1011

BB 1952, 456

DB 1952, 671

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