Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusammengefaßte Abrechnungsbescheide; Rechtsnatur der Sicherheitsleistung

 

Leitsatz (NV)

1. Die Finanzbehörde ist nicht gehindert, mehrere Abrechnungsbescheide über die Verwirklichung und Zahlung von steuerlichen Nebenleistungen in einer Verfügung zusammenzufassen, soweit durch Zusammenfassung in einem Bescheid das Bestimmtheitsgebot des § 119 AO 1977 nicht verletzt wird.

2. Die Anforderung einer Sicherheitsleistung im Zusammenhang mit der Aussetzung der Vollziehung stellt grundsätzlich eine (aufschiebende) Bedingung und keine Auflage dar. Daraus ergibt sich, daß die Aussetzung der Vollziehung erst wirksam werden kann, wenn der Steuerpflichtige die Sicherheit geleistet hat.

 

Normenkette

AO 1977 a.F. § 155 Abs. 2; AO 1977 § 44 Abs. 2, § 120 Abs. 2, § 240 Abs. 4, § 361 Abs. 2; EStG §§ 26, 26b

 

Tatbestand

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) stellte durch Abrechnungsbescheid die Verpflichtung der Kläger und Revisionskläger (Kläger) zur Zahlung von Säumniszuschlägen in Höhe von . . . DM fest. Die Zuschläge betrafen die Einkommen- und Vermögensteuer . . . Sie waren vom jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt der Steuerschulden berechnet. Der Abrechnungsbescheid war an die Kläger als Eheleute gerichtet und dem gemeinsamen Bevollmächtigten in einer Ausfertigung nebst Durchschrift für die Mandanten übersandt worden.

Nach erfolglosem Vorverfahren gab das Finanzgericht (FG) der mit dem Ziel der Aufhebung des Abrechnungsbescheids erhobenen Klage insoweit statt, als es die Verpflichtung zur Zahlung der Säumniszuschläge zur Einkommensteuer . . . nur vom jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt bis zum . . . annahm, die Klage im übrigen aber abwies. Das FG führte dazu aus: Der Abrechnungsbescheid sei teilweise rechtswidrig, weil das FA Säumniszuschläge für Zeiträume angefordert habe, in denen die Fälligkeit der den Säumniszuschlägen zugrunde liegenden Steuerschulden vorübergehend aufgehoben gewesen sei. Das FA habe die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide . . . ausgesetzt.

Allerdings seien alle Aussetzungen von Sicherheitsleistungen der Kläger abhängig gemacht worden, d. h., die Wirkung der Aussetzung habe erst mit Leistung der Sicherheiten eintreten können (aufschiebende Bedingung). Von einer - rechtlich möglichen - Auflage, die die Wirkung der Aussetzung sofort hätte eintreten lassen, könne aufgrund der Formulierung in den jeweiligen Aussetzungsverfügungen nicht ausgegangen werden. Die Bedingung ,,Sicherheitsleistung" sei . . . eingetreten, als das FA auf mehreren Grundstücken der Kläger Zwangshypotheken im Wert von rund . . . DM habe eintragen lassen und einen Anteil des Klägers an einer Grundstücksgemeinschaft sowie eine Eigentümer-Briefgrundschuld in Höhe von . . . DM gepfändet habe. Mit diesen Pfändungsmaßnahmen habe das FA erhalten, was es in den Aussetzungsverfügungen zur Sicherung der Steueransprüche gefordert habe. Daß diese Sicherheiten von den Klägern nicht freiwillig erbracht, sondern im Wege der Zwangsvollstreckung erreicht worden seien, habe keine Bedeutung, denn Zweck der Sicherheitsleistung sei es, bei einem für die Behörde günstigen Ausgang des außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens Steuerausfälle möglichst zu vermeiden. Deshalb sei nicht die Freiwilligkeit der Sicherheitsleistung, sondern der eingetretene Erfolg ,,Erhalt der Sicherheit" ausschlaggebend. Mit Erlangung der Pfändungspfandrechte sei deshalb die Aussetzung der Vollziehung eingetreten und die Fälligkeit der Einkommensteuerschulden nebst Ergänzungsabgaben . . . vorläufig aufgehoben worden, weshalb ab . . . auf diese Abgabenschulden keine Säumniszuschläge hätten anfallen können.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Der angefochtene Abrechnungsbescheid ist allenfalls in dem von der Vorinstanz erkannten Umfang rechtswidrig; die Vorentscheidung ist somit nicht zu beanstanden.

1. Gegen den Abrechnungsbescheid bestehen keine verfahrensrechtlichen Bedenken. Säumniszuschläge entstehen nach § 240 Abs. 1 AO 1977 kraft Gesetzes. Besteht aber Streit über die Säumniszuschläge, so wird durch einen Bescheid nach § 218 Abs. 2 AO 1977 (Abrechnungsbescheid) sowohl über die Höhe der noch verbliebenen Säumniszuschläge, als auch darüber entschieden, ob Säumniszuschläge überhaupt entstanden sind (BFH-Urteil vom 15. März 1979 IV R 174/78, BFHE 127, 311, BStBl II 1979, 429). Diesen gegenüber den Klägern zu erlassenden Abrechnungsbescheid durfte das FA in einer Ausfertigung zusammenfassen und den Klägern bekanntgeben.

a) Zusammengefaßte Bescheide sieht das Gesetz in § 155 Abs. 3 Satz 1 AO 1977 i. d. F. des Gesetzes vom 20. August 1980 (BGBl I 1980, 1545) bei Steuerbescheiden vor. Diese Vorschrift entspricht dem § 155 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 in der im Zeitpunkt des Erlasses des Abrechnungsbescheids (2. Oktober 1978) geltenden Fassung. Bei zusammengefaßten Steuerbescheiden handelt es sich um äußerlich in einem Bescheid zusammengefaßte Bescheide, also um eine in einem Bescheid verkörperte Mehrheit von inhaltsgleichen Steuerfestsetzungen gegenüber mehreren Steuerpflichtigen, die die gleiche steuerrechtliche Leistung schulden (BFH-Urteil vom 24. November 1967 III 2/63, BFHE 91, 1, BStBl II 1968, 163). Mit solchen Bescheiden können Verwaltungsakte über steuerliche Nebenleistungen oder sonstige Ansprüche, auf die die AO 1977 anwendbar ist (§ 1 Abs. 3 Satz 1 AO 1977), verbunden werden (vgl. BFH-Urteile vom 9. April 1987 IV R 192/85, BFHE 149, 418, BStBl II 1987, 540; vom 19. Mai 1987 VIII R 39/83, BFHE 149, 518, BStBl II 1987, 590; vom 28. August 1987 III R 230/83, BFHE 151, 3, BStBl II 1987, 836).

aa) Dazu wird von der Revision zutreffend vorgebracht, daß eine entsprechende gesetzliche Regelung erst durch das StBereinG 1986 vom 19. Dezember 1985, Art. 1 Nr. 22 (BGBl I 1985, 2436, 2438) in § 155 Abs. 3 Satz 2 AO 1977 ausdrücklich aufgenommen wurde. Daher ist § 155 Abs. 2 AO 1977 in der für das Jahr 1978 geltenden Fassung (jetzt § 155 Abs. 3 AO 1977) nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 Satz 2 AO 1977 auf den Streitfall nicht anzuwenden.

Daraus folgert die Revision jedoch zu Unrecht, daß die Zusammenfassung von Verwaltungsakten, die steuerliche Nebenleistung festsetzen oder die eine Regelung über die Verwirklichung und Zahlung steuerlicher Nebenleistungen treffen, unzulässig sei. Dem formellen Abgabenrecht ist ein derartiges Verbot nicht zu entnehmen. Die Finanzbehörde ist nicht gehindert, mehrere Verwaltungsakte in einer Verfügung zusammenzufassen, soweit hierdurch das Bestimmtheitsgebot des § 119 AO 1977 nicht verletzt wird (BFH-Urteil vom 28. Oktober 1988 III R 52/86, BFHE 155, 238, BStBl II 1989, 257, 258).

Die Rechtsprechung hat die äußerliche Zusammenfassung von Verwaltungsakten in einer Verfügung stets gebilligt, falls hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, daß die Verfügung mehrere unterschiedliche Regelungsinhalte enthält (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 16. November 1984 VI R 176/82, BFHE 143, 27, BStBl II 1985, 266, zur Zusammenfassung eines Pauschalierungssteuerbescheids mit einem Haftungsbescheid; vom 10. November 1967 III R 5/67, BFHE 91, 135, BStBl II 1968, 292, zur Verbindung eines Einheitswertbescheides mit einem Grundsteuermeßbescheid). Dies gilt auch für den Fall, in dem sich die in einer Verfügung zusammengefaßten Bescheide gegen Eheleute richten (Urteile in BFHE 151, 3, BStBl II 1987, 836; BFHE 149, 518, BStBl II 1987, 590; und BFHE 149, 418, BStBl II 1987, 540; vom 10. Juni 1964 II 141/61, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1964, 425).

bb) Zusammengefaßte Verwaltungsakte sind inhaltlich hinreichend bestimmt, wenn für den oder die Empfänger klar erkennbar ist, daß und in welchem Umfang sich die Verwaltungsakte an mehrere Personen richten. Diese Voraussetzungen sind, wie sich aus den §§ 26, 26 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. V. m. §§ 44 Abs. 1 Satz 1, 240 Abs. 4 Satz 1 AO 1977 ergibt, im Streitfall erfüllt.

Die Vorschriften der §§ 26, 26 b EStG bestimmen, daß Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden können und dabei die Einkünfte der Eheleute zusammenzurechnen sind. Für den Fall der Zusammenveranlagung - von der der Senat mangels anderer Anhaltspunkte auch für die Kläger ausgeht - schulden die Eheleute die Einkommensteuer nach § 44 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 als Gesamtschuldner. In den Fällen der Gesamtschuld entstehen Säumniszuschläge nach § 240 Abs. 4 AO 1977 gegenüber jedem säumigen Gesamtschuldner. Somit erstreckt sich die Gesamtschuld auch auf die Säumniszuschläge (Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 13. Aufl. 1988, § 240 AO 1977 Tz. 16). Diese Rechtslage galt auch in den hier - hinsichtlich der Säumnis - streitbefangenen Jahren 1971 und 1972 (vgl. §§ 26, 26 b EStG 1971, § 7 Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG -, § 1 Abs. 1 des Steuersäumnisgesetzes - StSäumG -). Der angefochtene Abrechnungsbescheid vom 2. Oktober 1978 benennt ebenso wie die Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 1979 die Kläger gemeinsam als Schuldner der nach einzelnen Steuerarten und Fälligkeitszeitpunkten aufgegliederten Säumniszuschläge. Damit ist dem Bestimmtheitsgebot des § 119 Abs. 1 AO 1977 Genüge getan.

b) Die in einer Verfügung zusammengefaßten Abrechnungsbescheide gegenüber den Ehegatten sind wirksam geworden. Der zusammengefaßte Bescheid wurde ihnen dadurch ordnungsgemäß bekanntgegeben, daß eine Ausfertigung des Bescheids ebenso wie die nachfolgende Einspruchsentscheidung dem gemeinsamen Bevollmächtigten übersandt bzw. zugestellt wurde (§ 122 Abs. 1 Satz 3 AO 1977). In den Fällen der Bekanntgabe an den gemeinsamen Bevollmächtigten bedarf es jedenfalls nicht der Übermittlung gesonderter Ausfertigung für jeden Ehegatten (BFHE 155, 238, BStBl II 1989, 257, 259).

2. Die Vorinstanz ist zu Recht davon ausgegangen, daß die in den Bescheiden . . . gegen Sicherheitsleistung verfügte Aussetzung der betreffenden Steuerbescheide erst mit der im Wege der Zwangsvollstreckung erlangten Grundpfandrechte 1972 wirksam geworden ist und daher Säumniszuschläge vom Fälligkeitszeitpunkt der einzelnen Steuerschulden an jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt verwirklicht worden sind.

An die vom FG vorgenommene Auslegung dieser Bescheide als Aussetzungsverfügung i. S. von § 361 Abs. 2 AO 1977 ist der Senat nach § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden, denn zulässige und begründete Revisionsrügen sind dagegen nicht erhoben worden. Der Senat folgt allerdings nicht der Auffassung der Kläger, die Aussetzungsverfügungen seien nicht erst mit Erlangen der Sicherheiten, sondern vom Tag ihrer Bekanntgabe an wirksam geworden mit der Folge, daß Säumniszuschläge schon vom Zeitpunkt der Bekanntgabe der Aussetzungsbescheide an nicht entstanden bzw. entstandene Säumniszuschläge nach Leistung der Sicherheiten weggefallen seien.

a) Nach § 361 Abs. 2 Satz 3 AO 1977 kann die Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Die Anforderung einer Sicherheitsleistung stellt in diesem Fall keine Auflage, sondern nach ganz einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich eine Bedingung des Aussetzungsverwaltungsakts dar (BFH-Urteile vom 31. Oktober 1973 I R 249/72, BFHE 111, 5, BStBl II 1974, 118; Urteil vom 9. Oktober 1975 V R 6, 8-10/75, BFHE 117, 14, BStBl II 1976, 53; BFH-Beschlüsse vom 29. Juni 1977 VIII S 15/76, BFHE 122, 516, BStBl II 1977, 726; vom 20. Juni 1979 IV B 20/79, BFHE 128, 306, BStBl II 1979, 666; Beschluß des FG Düsseldorf vom 21. September 1976 II 427/76 A, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1977, 32; Urteil des Niedersächsischen FG vom 3. Februar 1981 XI 603/80, EFG 1982, 4; Tipke/Kruse, a.a.O., § 120 AO 1977 Tz. 5 c; Kühn / Kutter / Hofmann, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., 1987, § 361 AO 1977 Anm. 7; Ziemer/Birkholz, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 69 Rdnr. 40; v. Bornhaupt, Die Sicherheitsleistung bei der Aussetzung der Vollziehung, Finanz-Rundschau - FR - 1974, 315, 317; zur Ausnahme vgl. Senatsbeschluß vom 25. August 1981 VII B 3/81, BFHE 134, 97, BStBl II 1982, 34, für den Fall der Bewilligung eines Steuerlagers gegen Sicherheitsleistung). Von diesem Grundsatz ist auch im Streitfall auszugehen, da - wie die Vorinstanz richtig festgestellt hat - für eine davon abweichende Auslegung der Aussetzungsbescheide keine Anhaltspunkte ersichtlich sind.

Die einem Verwaltungsakt hinzugefügte Bedingung ist eine Nebenbestimmung i. S. von § 120 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder Belastung von einem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Tipke / Kruse, a.a.O., § 120 AO 1977 Tz. 5). Im ersteren Fall wird von einer aufschiebenden, im zweiten Fall von einer auflösenden Bedingung gesprochen (§ 158 des Bürgerlichen Gesetzbuches).

Demgegenüber stellt die Auflage eine Nebenbestimmung dar, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen abverlangt wird (§ 120 Abs. 2 Nr. 4 AO 1977). Die Wirksamkeit des Verwaltungsakts hängt in diesem Fall nicht von der Erfüllung der Auflage ab (Tipke/Kruse, a.a.O., § 120 AO 1977 Tz. 7). Zwar ist auch heute noch von der Erfahrungstatsache auszugehen, daß in der Verwaltungssprache nicht immer zwischen den Begriffen ,,Bedingung" und ,,Auflage" scharf unterschieden wird und eine als ,,Bedingung" bezeichnete Nebenbestimmung eines Verwaltungsakts sich oft als Auflage erweist (vgl. dazu Senatsurteil in BFHE 134, 97, 100, BStBl II 1982, 34, m. w. N.), doch muß die Anforderung einer Sicherheitsleistung im Zusammenhang mit der Aussetzung der Vollziehung ihrem Sinn und Zweck nach grundsätzlich immer als ,,Bedingung" i. S. von § 120 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 angesehen werden. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die Verwaltungsbehörde die Anforderung der Sicherheitsleistung für den Betroffenen erkennbar ausdrücklich als Auflage verstanden wissen will.

b) In der Regel ist die Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung des Steuerpflichtigen abhängig zu machen, wenn seine wirtschaftliche Lage die Steuerforderung als gefährdet erscheinen läßt. Die Sicherheitsleistung soll Steuerausfälle nach einem für den Steuerpflichtigen ungünstigen Prozeß vermeiden (BFH-Beschluß vom 22. Dezember 1969 V B 115-116/69, BFHE 97, 240, BStBl II 1970, 127; Tipke/Kruse, a.a.O., § 69 FGO Tz. 7 a; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., 1987, § 69 Rdnr. 163 m. w. N. der Rechtsprechung; v. Bornhaupt, FR 1974, 315). Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die Aussetzung der Vollziehung ihrer Wirksamkeit erst mit Leistung der Sicherheit erlangt, die Aussetzung also aufschiebend bedingt durch die Sicherheitsleistung gewährt wird.

Wäre die Sicherheitsleistung grundsätzlich als Auflage zu verstehen, würde bis zu ihrer Leistung durch den Steuerpflichtigen der Steueranspruch des FA gefährdet sein, ohne daß die Behörde den Steuerbescheid vollziehen oder auf Sicherheiten zurückgreifen könnte. Wäre der Steuerpflichtige außer Stande, die Auflage ,,Sicherheitsleistung" zu erfüllen, müßte das FA die Aussetzungsverfügung erst widerrufen, um im Vollstreckungswege eine Realisierung der Steuerforderung zu versuchen. Ein solches zeitaufwendiges Verfahren ist mit der Interessenlage, wie sie bei der Aussetzung der Vollziehung und einer Gefährdung des Steueranspruchs besteht, grundsätzlich nicht zu vereinbaren. Für den Regelfall ist deshalb davon auszugehen, daß die unter der Anforderung einer Sicherheitsleistung gewährte Aussetzung der Vollziehung ihre Wirksamkeit erst mit Leistung der Sicherheit durch den Steuerpflichtigen entfaltet.

Für den Streitfall bedeutet das, daß die Aussetzung der Vollziehung erst mit der vom FG als Sicherheitsleistung angesehenen zwangsweisen Eintragung der Grundpfandrechte wirksam geworden ist und daher Säumniszuschläge bis zu diesem Zeitpunkt angefallen sind.

c) Diesem Ergebnis steht die von der Revision zitierte Entscheidung in BFHE 149, 6, BStBl II 1987, 389 nicht entgegen, die den Fall der Aufhebung der Vollziehung (§ 69 Abs. 3 Satz 4 FGO) zum Gegenstand hatte, während im Streitfall das Wirksamwerden eines Bescheids über die Aussetzung der Vollziehung (§ 361 Abs. 2 Satz 1 AO 1977) im Streit ist. Der BFH hat in der benannten Entscheidung über Hinweis auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung entschieden, die Aussetzung der Vollziehung sei als rechtsgestaltender Verwaltungsakt zu verstehen, dessen Wirkung sich nur auf die Zukunft erstrecke. Soweit der angefochtene Verwaltungsakt vor der Gewährung einer Aussetzung der Vollziehung bereits vollzogen worden sei, blieben die schon eingetretenen Rechtsfolgen bestehen. Als Vollzug eines Steuerbescheides in diesem Sinne wird jeder Gebrauch seiner Wirkungen, also auch der Anfall von Säumniszuschlägen nach Maßgabe des § 240 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 angesehen. Nach dieser Entscheidung ist lediglich der Aufhebung der Vollziehung, die nach § 69 Abs. 3 Sätze 1 und 4 FGO ausdrücklich von der Aussetzung der Vollziehung zu unterscheiden ist, Wirkung für die Vergangenheit beizumessen. Über einen Antrag der Kläger auf Aufhebung der Vollziehung ist aber im Streitfall offensichtlich nicht entschieden worden. Der Senat kann nicht überprüfen, ob einem solchen Antrag hinsichtlich der streitbefangenen Säumniszuschläge nach den Grundsätzen des BFH-Beschlusses in BFHE 149, 6, BStBl II 1987, 389 zu entsprechen wäre, da Gegenstand des vorliegenden Verfahrens die Rechtmäßigkeit des Abrechnungsbescheids ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63007

BFH/NV 1991, 3

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