Leitsatz (amtlich)

Überläßt ein Landwirt dem Sohn gegen Gewährung altenteilsähnlicher Leistungen seinen landwirtschaftlichen Hof zur Bewirtschaftung, ohne ihm das Eigentum zu übertragen, so sind die Einkünfte aus dem Betrieb der Landwirtschaft dem Sohn zuzurechnen, wenn ihm für einen nicht nur vorübergehenden Zeitraum das alleinige Nutzungsrecht eingeräumt, das Verfügungsrecht über das lebende und tote Inventar nach Maßgabe des § 588 Abs. 1 BGB übertragen und die alleinige Führung des Betriebes überlassen werden. Soweit für diese Zurechnung im Urteil vom 24. Juli 1975 IV R 99/72 (BFHE 116, 364, BStBl II 1975, 772) auch die Übereignung des lebenden und toten Inventars für erforderlich gehalten wurde, hält der Senat an dieser Auffassung nicht mehr fest.

 

Normenkette

EStG §§ 10, 12-13; EStDV § 7 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) bewirtschaftet seit dem 1. Oktober 1967 den rd. 79 ha großen landwirtschaftlichen Hof seines Vaters, und zwar aufgrund eines am 2. Oktober 1967 abgeschlossenen Pachtvertrages. Gemäß § 3 des Pachtvertrages hat der Kläger als Pachtpreis einen jährlichen Betrag von 4 800 DM (400 DM monatlich) an seinen Vater zu zahlen. Daneben hat er die laufenden Ausgaben für die Feuer- und Haftpflichtversicherung, Gemeindesteuern, Vermögensabgabe, Berufshaftpflicht, Alterskasse u. ä. wie auch die Zins- und Tilgungsleistungen für auf den verpachteten Grundstücken ruhende Belastungen zu tragen. § 12 des Vertrages enthält folgende Regelung:

"1. Der Pächter verpflichtet sich, den Verpächter und dessen Ehefrau sowie evtl. Besuch standesgemäß zu beköstigen und bei der Beköstigung darauf zu achten, daß die Mahlzeiten dem Alter des Verpächters und dessen Angehörigen in der Zubereitung entsprechend hergestellt werden. Sollte der Verpächter und dessen Ehefrau sich selbst verpflegen wollen, so haben sie freien Zugriff zu allen auf dem Pachthof erzeugten Lebensmitteln zum Eigenverbrauch.

2. Ferner hat der Pächter die Kosten für Krankheiten, insbesondere für Arzt, Arznei, Krankenhausaufenthalt und evtl. Heilbäderaufenthalt usw. für den Verpächter und dessen Ehefrau zu tragen. Der Verpächter hat mit seiner Ehefrau und seinen Angehörigen in den ihm überlassenen Räumen ein freies Wohnrecht. Die gesamte Unterhaltung des Verpächters ist so zu verstehen, als wenn eine Altenteilsregelung in einem Übergabevertrag festgelegt wird. Der Pächter hat für Fahrgelegenheit des Verpächters Sorge zu tragen. Der Pächter hat außerdem für Brand, Licht usw. frei zu sorgen."

Das zum Hof gehörende lebende und tote Inventar wie auch die bei Pachtbeginn vorhandenen Vorräte und die Feldbestellung wurden an den Kläger "eisern verpachtet". Auf die Erstellung eines Inventarverzeichnisses sollte nach dem Pachtvertrag verzichtet werden. Im Zuge des Vertragsabschlusses ist aber eine Aufstellung über die einzelnen Gegenstände des lebenden und toten Inventars gefertigt worden, in der das Alter der vorhandenen Tiere und das Baujahr der an den Kläger übergebenen Maschinen angegeben wurden. Schätzwerte sind in dieser Aufstellung nicht enthalten. In dem Vertrag erkennt der Kläger an, daß das lebende und tote Inventar ausreichend sei und verpflichtet sich, bei Aufgabe des Pachtverhältnisses, das auf 12 Jahre vereinbart wurde, gleichwertiges und ausreichendes Inventar und die bei Pachtbeginn vorhandenen Mengen bzw. Werte an Vorräten und Feldbestellung zurückzugeben.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) erkannte den Vertrag vom 2. Oktober 1967 steuerrechtlich nicht als Pachtvertrag an. Es rechnete zwar die Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft dem Kläger zu, behandelte aber die monatlichen Pachtzahlungen an den Vater nicht als Betriebsausgaben, sondern berücksichtigte sie als altenteilsähnliche Leistungen im Rahmen der Sonderausgaben. Hiernach betrugen die vom FA nach dem Gesetz über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittsätzen ermittelten Einkünfte des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft im Wirtschaftsjahr 1967/68 12 414 DM und im Wirtschaftsjahr 1968/69 12 414 DM abzüglich 1 222 DM (Sonderabschreibungen nach § 78 EStDV) = 11 192 DM. Der Gewinn des Wirtschaftsjahres 1969/70 betrug wieder 12 414 DM.

Mit Schreiben vom 29. Januar 1970 wurde der Kläger aufgefordert, ab 1. Juli 1970 (Beginn des Wirtschaftsjahres 1970/71) Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu erstellen, da die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft mehr als 12 000 DM betragen hätten (§ 161 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e AO). Der Kläger ist dieser Aufforderung nicht nachgekommen. Infolgedessen ermittelte das FA die Einkünfte des Klägers für den Veranlagungszeitraum 1970 wie folgt:

Gewinn Wirtschaftsjahr 1969/70

12 414 DM : 2 = 6 207 DM

Gewinn Wirtschaftsjahr 1970/71

41 681 DM : 2 = 20 840 DM

Gewinn Kalenderjahr 1970 27 047 DM.

Gegen diesen Gewinnansatz richtete sich nach erfolglosem Einspruch die Klage, mit der der Kläger die steuerrechtliche Anerkennung des Pachtvertrages mit den sich daraus ergebenden Folgen für die Gewinnermittlung begehrte. Das FG wies die Klage als unbegründet ab. Es vertrat die Auffassung, Verträge unter nahen Angehörigen könnten steuerlich nur dann anerkannt werden, wenn sie ernsthaft vereinbart und wirtschaftlich durchgeführt würden, und zwar in einer Form, wie sie auch unter Fremden üblich sei. Das gelte auch für Pachtverhältnisse zwischen Eltern und Kindern hinsichtlich eines landwirtschaftlichen Betriebes. Im Streitfall seien die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zwar dem Kläger zuzurechnen, da er den Hof im eigenen Namen und auf eigene Rechnung bewirtschafte. Der von ihm am 2. Oktober 1967 mit dem Vater abgeschlossene Vertrag könne aber steuerlich nicht als Pachtvertrag behandelt werden. Das Rechtsverhältnis sei in so starkem Maße von den verwandtschaftlichen Beziehungen der Vertragspartner geprägt, daß es inhaltlich in wesentlichen Punkten von den üblichen Regelungen einer Hofverpachtung abweiche. Es müsse davon ausgegangen werden, daß bei der Bemessung der monatlichen Geldleistungen des Klägers an seinen Vater nicht ertragsorientierte und marktbezogene Überlegungen ausschlaggebend gewesen seien, sondern Versorgungserwägungen zugunsten der Eltern. Da dieser Versorgungscharakter dem gesamten Vertrag das Gepräge gegeben habe, könne das Vertragsverhältnis insgesamt steuerlich nicht als Pachtvertrag angesehen werden. Dementsprechend habe das FA bei der Gewinnermittlung die monatlichen Geldleistungen des Klägers an seinen Vater mit einem Gesamtbetrag von jährlich 4 800 DM zu Recht nicht als Betriebsausgaben behandelt, sondern wegen ihrer privaten Natur als Sonderausgaben berücksichtigt. Das habe zur Folge, daß nach den bei der Veranlagung 1968 getroffenen Feststellungen die Voraussetzungen des § 161 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e AO für die Buchführungspflicht gegeben gewesen seien. Das FA habe daher den Gewinnanteil aus dem Wirtschaftsjahr 1970/71 zu Recht nach § 217 AO geschätzt. Die Höhe dieser Schätzung sei nicht zu beanstanden, zumal auch der Kläger hiergegen keine Einwendungen erhoben habe.

Mit der Revision beantragt der Kläger, die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft auch vom Wirtschaftsjahr 1970/71 an weiter nach dem Gesetz über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittsätzen ermitteln zu können. Er begründet diesen Antrag damit, daß der Pachtvertrag zwischen ihm und seinem Vater steuerlich anzuerkennen sei und deshalb die Pachtzahlungen als Betriebsausgaben seinen Gewinn minderten. Das habe zur Folge, daß dieser Gewinn unter 12 000 DM liege. Die Unterstellung des FG, daß die Versorgung seiner Eltern für die Übernahme der einzelnen Verpflichtungen aus dem Pachtvertrag entscheidend gewesen sei, treffe nicht zu. Eine abgesicherte altenteilsähnliche Stellung hätte er seinen Eltern nur bei Hofübergabe eingeräumt. Seine monatlichen Geldleistungen an den Vater seien sehr wohl ertragsorientiert und aufgrund marktbezogener Überlegungen festgelegt worden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

I.

Wie der Senat im Urteil vom 24. Juli 1975 IV R 99/72 (BFHE 116, 364, BStBl II 1975, 772) ausgeführt hat, sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH bürgerlich-rechtliche Verträge, wie z. B. Pachtverträge, die im Wirtschaftsleben allgemein zwischen Fremden üblich sind, unter Familienangehörigen steuerrechtlich nur anzuerkennen, wenn sie ernsthaft, klar und eindeutig vereinbart sind und das Vereinbarte auch tatsächlich durchgeführt wird. Dabei ist die Ernsthaftigkeit des Vertragsverhältnisses vor allem daran zu messen, ob auch einander fremde Vertragspartner einen solchen Vertrag hätten abschließen und derart durchführen können, wie dies zwischen den Verwandten geschehen ist.

Von diesen Grundsätzen ist auch die Vorentscheidung ausgegangen. Sie ist dabei in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, daß dem Vertrag zwischen dem Kläger und seinem Vater die steuerrechtliche Anerkennung als Pachtvertrag zu versagen ist, weil die vereinbarten Leistungen des Klägers keinen echten Pachtzins darstellen, wie ihn bei einem Pachtvertrag unter Fremden der Pächter als marktgerechte Gegenleistung üblicherweise zu entrichten hat. Leistungen und sonstige Verpflichtungen des Klägers sind mehr auf die notwendige Versorgung der Eltern abgestellt; sie besitzen damit altenteilsähnlichen Charakter. Das wird in § 12 des Pachtvertrages auch ausdrücklich hervorgehoben. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung des Vertrages sollen die getroffenen Vereinbarungen in erster Linie die Versorgung der Eltern durch Unterhaltsleistungen und sonstige altenteilsähnliche Verpflichtungen des den Betrieb übernehmenden Sohnes sicherstellen.

II.

Der vorliegende Fall ähnelt damit in mehrfacher Hinsicht dem Fall, der dem Urteil des Senats IV R 99/72 zugrunde lag. Auch dort hatten die Eltern wegen ihres Alters dem Sohn den landwirtschaftlichen Betrieb verpachtet; FA und FG haben den Pachtvertrag nicht anerkannt, weil die Vereinbarungen über die Pachtzahlungen des Sohnes so gestaltet waren, daß man zu dem Ergebnis kommen mußte, einander fremde Vertragspartner hätten einen solchen Vertrag nicht abgeschlossen. Die Art der Leistungen des Sohnes an die Eltern entsprach auch dort der privaten Gewährung von Altenteilsleistungen.

Trotzdem unterscheiden sich die beiden Fälle in zwei wesentlichen Punkten, und zwar sowohl in den tatsächlichen Voraussetzungen als auch in den von der Vorinstanz gezogenen rechtlichen Folgerungen.

1. Aus der Nichtanerkennung des Pachtvertrages zwischen Eltern und Sohn hatten im Falle IV R 99/72 FA und FG - wie bei der Nichtanerkennung eines Pachtvertrages zwischen Fremden - die steuerrechtliche Folgerung gezogen, daß die Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft weiterhin den Eltern zuzurechnen seien; der Sohn war also nach Meinung des FA und des FG nicht Unternehmer des Betriebes geworden und hatte infolgedessen keine steuerpflichtigen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Auch seine Versorgungsleistungen an die Eltern waren steuerrechtlich irrelevant.

Hätte das FA auch den vorliegenden Fall in dieser Weise behandelt, so hätte es dem Kläger nicht nur niedrigere Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft ansetzen müssen, wie er es mit seinem Rechtsmittel begehrt, sondern hätte ihm überhaupt keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zurechnen dürfen. FA und FG haben aber im vorliegenden Falle trotz der Nichtanerkennung des Vertrages zwischen Vater und Sohn als Pachtvertrag die betreffenden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft dem Sohne zugerechnet, da dieser - wie das FG ausgeführt hat - den Hof auf eigene Rechnung und im eigenen Namen bewirtschafte. Von diesem Standpunkt aus folgerichtig wurden auch die Leistungen des Sohnes an den Vater steuerrechtlich nach den Grundsätzen des Urteils vom 16. September 1965 IV 67/61 S (BFHE 83, 568, BStBl III 1965, 706) wegen ihres Versorgungscharakters dem privaten Bereich zugerechnet und deshalb als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt.

Die Feststellung, der Kläger habe den Hof auf eigene Rechnung und im eigenen Namen bewirtschaftet, stellt aber für sich allein keine ausreichende Begründung dafür dar, daß der Sohn eines Landwirts, der aufgrund eines Pachtvertrags den ihm nicht gehörenden Hof seines Vaters bewirtschaftet und deshalb als Unternehmer des Betriebes angesehen werden könnte, auch bei Nichtanerkennung des Pachtvertrages als Unternehmer anzusehen ist, dem die Nutzungen des Grund und Bodens als Einkünfte zuzurechnen sind. Gerade das Vertragsverhältnis soll es ja dem Sohn aufgrund der ihm vom Vater eingeräumten Nutzungsrechte ermöglichen, im eigenen Namen und für eigene Rechnung den Hof als Unternehmer zu bewirtschaften. Dazu gehört, daß er auch das unternehmerische Risiko zu tragen hat. Das kann in der Land- und Forstwirtschaft in der Regel nur derjenige, dem die Nutzung des Grund und Bodens auch rechtlich zusteht. Ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb, der auf die Nutzung des Grund und Bodens durch Fruchtziehung und Verwertung der Früchte gerichtet ist, geht auf Rechnung und Gefahr dessen, dem die Früchte des Grund und Bodens mit dem Recht ihrer Verwertung gehören. Ihm stehen die Nutzungen des der Land- und Forstwirtschaft dienenden Vermögens rechtlich zu, auf sein Risiko wird die Land- und Forstwirtschaft betrieben. In der Regel ist das der Eigentümer des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, falls er nicht aufgrund anzuerkennender Rechtsbeziehungen, wie z. B. aufgrund eines Pachtvertrages, die Nutzungen aus diesem Vermögen einem anderen überlassen muß (vgl. hierzu Beschluß des BFH vom 17. Juli 1975 IV R 119/74, BFHE 116, 359, BStBl II 1975, 770). Wenn also die Vorinstanz den Pachtvertrag als eine solche Rechtsbeziehung zwischen dem Eigentümer und dem Bewirtschafter des Hofes nicht anerkannt hat, so hätte sie einen anderen Rechtsgrund dafür angeben müssen, daß sie trotzdem dem Kläger und nicht dem Eigentümer des Grund und Bodens die Nutzungen der Landwirtschaft als Einkünfte zugerechnet hat. Nur wenn ein solcher Rechtsgrund vorlag, waren FA und FG berechtigt, dem Kläger die vollen Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft als Unternehmer des Betriebes in der vom FA berechneten Höhe zuzurechnen.

Obwohl die Vorinstanz keinen solchen Rechtsgrund angeführt hat, ist ihre Entscheidung im Ergebnis zutreffend. Es liegt ihr die richtige Überlegung zugrunde, daß die Nichtanerkennung des Pachtverhältnisses noch nicht besagt, daß das Vertragsverhältnis zwischen Vater und Sohn überhaupt als steuerrechtlich nicht relevant zu behandeln ist. Auch der Senat hat in dem Urteil IV R 99/72 ausgeführt, mit der Erkenntnis, daß das Pachtverhältnis einkommensteuerrechtlich nicht anzuerkennen ist, weil es nicht dem entspricht, was zwischen Fremden üblich ist, stehe noch nicht abschließend fest, daß der Sohn nicht doch Unternehmer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes geworden sei. Denn die getroffenen Vereinbarungen können nach dieser Entscheidung, wenn nicht als Pachtvertrag, so doch als bloßer Betriebsüberlassungsvertrag zwischen den Eltern und dem Sohn als künftigem Hoferben wirksam geworden sein.

Das Vorliegen eines solchen Betriebsüberlassungsvertrages zwischen dem Kläger und dem Vater ist dann anstelle des Pachtverhältnisses die Rechtsgrundlage für das Nutzungsrecht des Sohnes, durch das er Unternehmer des landwirtschaftlichen Betriebes geworden sein kann. Die Voraussetzungen für die Anerkennung eines solchen Überlassungsvertrages hat der Senat im Urteil IV R 99/72 dahingehend formuliert, daß sich aus den vertraglich festgelegten Vereinbarungen zwischen den Eltern einerseits und dem Kind andererseits und aus den tatsächlichen Gegebenheiten eindeutig und klar ergeben muß, daß dem Kind das alleinige Nutzungsrecht am land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bis zum Eintritt des Erbfalls, zumindest aber für einen nicht nur vorübergehenden Zeitraum nach außen hin erkennbar eingeräumt wird, das Eigentum am lebenden und toten Inventar entgeltlich oder unentgeltlich übertragen und die alleinige Entscheidungsbefugnis über sämtliche zur Führung des Betriebes erforderlichen Maßnahmen überlassen wird.

2. Im vorliegenden Fall erfüllen die getroffenen Vereinbarungen diese Voraussetzungen in einem Punkte nicht. Der vorliegende Vertrag unterscheidet sich in einem Punkte wesentlich von dem Vertrag im Falle IV R 99/72. Dieser Punkt ist die Behandlung des lebenden und toten Inventars, das im vorliegenden Fall dem Kläger nicht übereignet, sondern nur "eisern verpachtet" wurde. Demnach würde schon am Fehlen der Übereignung des Inventars die Anerkennung eines Betriebsüberlassungsvertrages als Voraussetzung dafür, daß dem Kläger die Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft überhaupt zugerechnet werden können, scheitern.

Nach nochmaliger Überprüfung der rechtlichen Tragweite dieser Frage hält der Senat jedoch an der Forderung der Übereignung des lebenden und toten Inventars als Voraussetzung für die Anerkennung eines Betriebsüberlassungsvertrages zwischen Eltern und Kindern in der Landwirtschaft aus den folgenden Gründen nicht mehr fest.

a) Der Senat meinte zunächst auf die Übereignung des gesamten Inventars nicht verzichten zu können, weil er davon ausging, daß nur das Eigentum dem Sohn das volle Verfügungsrecht über das Inventar gewähre und ohne Verfügungsrecht eine selbständige Betriebsführung als Unternehmer nicht möglich sei. Der Senat hat sich jedoch davon überzeugt, daß das Verfügungsrecht über das lebende und tote Inventar auch ohne Übereignung eingeräumt werden kann, z. B. durch die Übernahme des Inventars zum Schätzwert nach den Vorschriften der §§ 587 bis 589 BGB.

b) Der im Gegensatz zum Pachtvertrag nicht entgeltliche Betriebsüberlassungsvertrag zwischen Eltern und Kindern soll es gerade in der Landwirtschaft ermöglichen, daß das den Hof tatsächlich bewirtschaftende Kind - wie bei der Übertragung des Hofes - gegen Übernahme der Versorgung der Eltern den Betrieb unentgeltlich übernehmen kann, ohne daß aber der Vater oder die Eltern den Hof dem Kind auch übereignen müssen. Die Anerkennung eines solchen Vertrages soll also den Zweck haben, neben dem Gesellschaftsvertrag und dem entgeltlichen Überlassungsvertrag (Pachtvertrag oder auch Nießbrauch) eine zusätzliche, besonders problemlose Anpassung der rechtlichen Stellung des Kindes im Betrieb an die tatsächlichen Verhältnisse hinsichtlich der Betriebsführung zu eröffnen. Würde man aber für die Anerkennung eines solchen Vertrages die Übereignung des lebenden und toten Inventars fordern, so müßte eine rein rechtliche - durch Billigkeitserwägungen nicht beeinflußte - Beurteilung der steuerrechtlichen Folgen der Übereignung des lebenden und toten Inventars zu dem Ergebnis kommen, daß diese auf jeden Fall zur Auflösung und Besteuerung der im Inventar steckenden stillen Reserven zwingt, gleichgültig, ob die Eigentumsübertragung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt. Denn auch die unentgeltliche Übertragung von Betriebsvermögen führt - selbst wenn sie eine Vorwegnahme der Erbregelung darstellen soll - nur dann nicht zur Aufdeckung und Besteuerung der stillen Reserven, wenn es sich um die Übertragung eines Betriebes, eines Teilbetriebes oder eines Mitunternehmeranteils handelt (§ 7 Abs. 1 EStDV). Daß die Übereignung des gesamten lebenden und toten Inventars keine Übertragung eines Teilbetriebes darstellt, hat der Senat erst im Urteil IV R 119/74 hervorgehoben. Stellt das lebende und tote Inventar im Einzelfall eine der wesentlichen Grundlagen des gesamten Betriebes dar, so müßte man unter Umständen in seiner Übereignung sogar eine Betriebsaufgabe seitens des Vaters bzw. der Eltern sehen, die zu einer Auflösung der gesamten im Betrieb steckenden stillen Reserven zwingen würde.

Die Notwendigkeit der Aufdeckung und Besteuerung der stillen Reserven würde aber den oben dargelegten Sinn und Zweck eines solchen Überlassungsvertrages in Frage stellen.

III.

Verzichtet man auf die Übereignung des lebenden und toten Inventars, so setzt die Anerkennung eines unentgeltlichen Betriebsüberlassungsvertrages voraus, daß dem Sohn

a) das alleinige Nutzungsrecht am gesamten land- und forstwirtschaftlichen Vermögen,

b) das volle Verfügungsrecht über das lebende und tote Inventar und

c) die alleinige Entscheidungsbefugnis für alle zur Führung des Betriebes erforderlichen Maßnahmen bis zum Eintritt des Erbfalles oder zumindest für einen nicht nur vorübergehenden Zeitraum eingeräumt werden. Im Gegensatz zum Pachtvertrag kann der Sohn anstelle fester ertragsorientierter Pachtzahlungen an den Vater Leistungen zu erbringen haben, die der Versorgung der Eltern nach Art von Altenteilsleistungen dienen. Der Abschluß eines solchen unentgeltlichen Überlassungsvertrages hat für den Hofeigentümer - mit Ausnahme des Umstandes, daß er keine Pachteinnahmen, sondern Unterhaltsleistungen von seiten des Sohnes erhält - dieselben Rechtsfolgen, wie sie im Urteil vom 18. März 1964 IV 114/61 S (BFHE 79, 195, BStBl III 1964, 303) für die Verpachtung landwirtschaftlicher Betriebe dargelegt sind. Die bloße Betriebsüberlassung an den Sohn stellt also ohne ausdrückliche Erklärung des Vaters als Hofeigentümer keine Betriebsaufgabe dar.

Prüft man anhand der dargelegten Kriterien die als Pachtvertrag bezeichneten und für die Dauer von 12 Jahren getroffenen Vereinbarungen des Klägers mit seinem Vater, so müssen die rechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung eines unentgeltlichen Betriebsüberlassungsvertrages im obigen Sinne als erfüllt angesehen werden. Insbesondere wurde dem Kläger durch die sogenannte eiserne Verpachtung des Inventars ausdrücklich auch das volle Verfügungsrecht über das gesamte lebende und tote Inventar eingeräumt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71799

BStBl II 1976, 335

BFHE 1976, 37

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