Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur einkommensteuerlichen Behandlung eines Grundstückskaufvertrages gegen Leibrente und überlassung des lebenslänglichen Nießbrauchs an den Verkäufer.

Voraussetzungen und Rechtswirkungen einer Zusicherung des Finanzamts, einen ihm vom Steuerpflichtigen unterbreiteten Sachverhalt bei der späteren Veranlagung des Steuerpflichtigen in einem bestimmten Sinn zu behandeln.

Auch wenn die Voraussetzungen einer Zusicherung im Sinn von Ziff. 2 nicht vorliegen, kann ein bestimmtes Verhalten des Finanzamts nach dem Grundsatz von Treu und Glauben Rechtsfolgen haben, besonders wenn dem Steuerpflichtigen durch das Verhalten des Finanzamts ein Nachteil entstanden ist. Welche Rechtsfolgen an das Verhalten des Finanzamts zu knüpfen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Im allgemeinen kann der Steuerpflichtige aber einen ihm vom Finanzamt zugefügten Nachteil nicht ohne weiteres damit begründen, daß er zu der gesetzlich geschuldeten Steuer herangezogen wird.

 

Normenkette

EStG §§ 7, 9, 10 Abs. 1 Ziff. 1

 

Tatbestand

I. Zur Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts

Der Steuerpflichtige (Stpfl.) ein Arzt, kaufte am 8. Januar 1949 ein Einfamilienhaus einschließlich Inventar. Er räumte der damals 74jährigen Verkäuferin einen lebenslänglichen Nießbrauch an dem Haus und Inventar ein; ferner verpflichtete er sich, ihr auf Lebenszeit eine Rente von monatlich 150 DM (ab 1950 100 DM) zu zahlen; nach dem Tod der Verkäuferin sollten die Rechte auf ihre damals 76jährige Schwester übergehen.

Der Stpfl. erklärte für das Streitjahr 1953 einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung von 597 DM. Dabei hatte er als Einnahmen den Nutzungswert des Einfamilienhauses nach der Verordnung über die Bemessung des Nutzungswertes der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus (Einfamilienhaus VO) vom 26. Januar 1937 mit 63 DM angesetzt und als Werbungskosten den Jahreswert des überlassenen Nießbrauches mit 660 DM dagegen berechnet; daneben machte er die im Jahre 1953 geleisteten Rentenzahlungen von 1229 DM als Sonderausgaben geltend.

Das Finanzamt setzte nur den Nutzungswert des Einfamilienhauses nach der Einfamilienhaus-VO als Einkünfte aus Vermietung an; die beantragten Abzüge versagte es.

Das Finanzgericht gab der Berufung zum Teil statt und führte im wesentlichen aus: Der Grundsatz, daß Anschaffungskosten für ein Wirtschaftsgut gemäß § 7 EStG auf die Jahre der Nutzung zu verteilen seien, gelte auch, wenn der Kaufpreis wie hier in Form einer Leibrente gezahlt werde (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 326/53 U vom 29. September 1955, BStBl 1956 III S. 194, Slg. Bd. 63 S. 1). Anschaffungswert des Wirtschaftsguts sei in solchen Fällen der Kapitalwert der Rente zur Zeit des Erwerbs. Der in den einzelnen Rentenleistungen enthaltene Zinsanteil könne allerdings nach § 9 Ziff. 1 EStG 1953 als Werbungskosten im Jahr der Zahlung abgezogen werden. Als Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Ziff. 1 EStG könnten nur Versorgungsrenten, nicht aber Veräußerungsrente abgezogen werden. Hier handele es sich um eine Veräußerungsrente, weil die Verkäuferin ihr Eigentum gegen eine angemessene Gegenleistung aufgegeben habe. Der Einheitswert des Hauses habe 2100 DM, der gemeine Wert zur Zeit des Verkaufs etwa 4200 DM bis 6300 DM betragen; den Wert des Inventars hätten die Parteien selbst auf 7000 DM geschätzt. Als Gegenleistung habe die Stpfl. die Geldrente und den Nießbrauch gewährt. Er sei damit einverstanden, daß der Wert seiner Gegenleistung nach § 16 des Bewertungsgesetzes (BewG) geschätzt werde. Dabei ergebe sich gemäß § 16 Abs. 2 und Abs. 3 BewG für die Rente (Jahresleistung 1200 DM x Vervielfacher 6) ein Wert von 7200 DM; den Jahreswert des Nießbrauches schätzte der Stpfl. selbst auf 660 DM, so daß sich nach § 16 Abs. 2 und 4 BewG ein Kapitalwert von (660 x 6=) 3960 DM errechne: die gesamte Gegenleistung des Stpfl. könne also mit etwa (7200 + 3960 =) 11 160 DM angesetzt werden. Die Leistung der Verkäuferin und die Gegenleistungen des Stpfl. glichen sich mithin ungefähr aus, zumal wenn man bedenke, daß es sich um eine grobe Schätzung handele und das Geschäft mit Risiken verbunden sei. Der der Verkäuferin eingeräumte Nießbrauch hänge auch wirtschaftlich mit dem Erwerb des Grundstücks zusammen, so daß ein Abzug als Sonderausgabe nach § 10 Abs. 1 Ziff. 1 EStG nicht möglich sei. Der Nutzungswert des Einfamilienhauses sei nicht dem Stpfl. zuzurechnen; denn Einkünfte aus einem Nießbrauch seien grundsätzlich dem Nießbraucher und dem Nießbrauchbesteller zuzurechnen (Urteil des Bundesfinanzhofs VI 74/55 U vom 5. Juli 1957, BStBl 1957 III S. 393, Slg. Bd. 65 S. 419); eine Ausnahme gelte nur nach § 12 Ziff. 2 EStG (Urteil des Bundesfinanzhofs VI 27/56 U vom 8. Februar 1957, BStBl 1957 III S. 207, Slg. Bd. 64 S. 550), dessen Voraussetzungen aber hier nicht gegeben seien. - Der Stpfl. könne Werbungskosten aus Vermietung geltend machen, obwohl er im Streitjahr 1953 keine Einnahmen aus dem Grundstück erzielt habe; denn nach dem Wegfall des Nießbrauches werde er Einnahmen haben (Urteil des Bundesfinanzhofs VI 74/55 U, a.a.O.). Werbungskosten seien die Absetzungen für Abnutzung (AfA), die dem Stpfl. als Nießbrauchbesteller zustünden (Urteil des Bundesfinanzhofs VI 74/55 U, a. a. O.). Die Anschaffungskosten für das Grundstück mit Inventar betrügen, wie dargelegt, insgesamt etwa 11 160 DM; das Grundstück (Grund und Boden samt Gebäude) sei darin mit 4160 DM enthalten; der Wert von Grund und Boden sei auf 1/5 832 DM zu schätzen, so daß als Gebäudewert 3328 DM verblieben. Bei einer geschätzten Restnutzungsdauer von 70 Jahren betrage die AfA auf das Gebäude (1,4 v. H. von 3328 DM =) 47 DM jährlich. Die Restnutzungsdauer des Inventars sie auf 10 Jahre zu schätzen; die AfA betrage also jährlich 700 DM. Die in den Jahresleistungen der Rente und des Nießbrauches enthaltenen Zinsanteile seien Werbungskosten nach § 9 Ziff. 1 EStG. Der Stpfl. habe sich mit einer Schätzung dieser Zinsanteile nach § 22 EStG 1955, § 55 EStDV 1955 einverstanden erklärt (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 700/54 vom 7. Juni 1956 in "Der Betrieb" 1956 S. 732). Danach betrage der Zinsanteil 12 v. H. der Jahresleistung, d. h. für die Rente 144 DM und für den Nießbrauch 79 DM. Zu diesen Beträgen kämen noch 30 DM für andere Werbungskosten. Die Werbungskosten betrügen demnach insgesamt: 144 DM Zinsanteil für die Rente 79 DM Zinsanteil für den Nießbrauch 47 DM AfA für das Haus 700 DM AfA auf das Inventar 30 DM sonstige Unkosten 1000 DM.

Dieser Betrag sei als Verlust aus Vermietung und Verpachtung anzusetzen.

Mit der Rb. rügt der Vorsteher des Finanzamts, das Finanzgericht habe zu Unrecht den Kapitalwert der Rente und des Nießbrauches als Anschaffungskosten für das Grundstück mit Inventar behandelt und lasse zu Unrecht auch den Zinsanteil der Rente und des Nießbrauches als Werbungskosten zum Abzug zu, ohne diesen Werbungskosten Einnahmen gegenüberzustellen. Der Nießbrauch sei für den Stpfl. eine Einkommensverwendung; denn wenn er den Nießbrauch nicht eingeräumt hätte, so hätte er eine höhere Veräußerungsrente zahlen müssen. Der Stpfl. müsse also zunächst den Wert des Nießbrauches als seine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung versteuern, ehe er ihn übertragen könne.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist nicht begründet.

Ohne Rechtsverstoß konnte das Finanzgericht die Vereinbarungen dahin würdigen, daß die Verkäuferin dem Stpfl. ihr Eigentum an dem Haus einschließlich Inventar übertragen und der Stpfl. ihr als Gegenleistung eine Leibrente und den lebenslänglichen Nießbrauch zugesagt habe.

Daß die Rente eine Veräußerungsrente ist, hat das Finanzgericht einwandfrei begründet. Eine Versorgungsrente, wie sie vor allem bei vorweggenommener Erbschaft zwischen Eltern und Kindern vorkommt (siehe Urteile des Bundesfinanzhofs IV 579/53 U vom 4. Mai 1955, BStBl 1955 III BStBl 1955 III S. 302, Slg. Bd. 61 S. 272, hat das Finanzgericht nicht angenommen, weil verwandtschaftliche Beziehungen bei dem Geschäft keine Rolle gespielt haben, sondern von beiden Seiten ein, wenn auch riskantes, so doch wirtschaftlich orientiertes Geschäft abgeschlossen worden ist.

Mit Recht hat das Finanzgericht auch im Einklang mit der von ihm angeführten Rechtsprechung die Einnahmen aus Vermietung nicht dem Stpfl., sondern der Verkäuferin zugerechnet, solange diese als Nießbraucherin eigenen Rechts die Nutzungen aus dem Grundstück zieht. Ob es allerdings richtig ist, bei der Verkäuferin den Nutzungswert aus dem Einfamilienhaus weiterhin nach der Einfamilienhaus-VO zu bemessen, nachdem ihr das Haus nicht mehr gehört und sie keine Unkosten trägt, ist zweifelhaft, kann aber hier dahingestellt bleiben.

Wenn danach auch der Verkäuferin die Einkünfte aus Vermietung gemäß § 21 Abs. 2 EStG zuzurechnen sind, so kann der Stpfl. doch die Kosten aus dem Grundstück, soweit sie zu seinen Lasten gehen, als seine Werbungskosten geltend machen. Er trägt diese Kosten im Hinblick auf die künftigen Nutzungen, die er aus dem Grundstück ziehen wird. Zu diesen Kosten gehört besonders auch die AfA, die den übernommenen Wert mindert und zu Lasten des Stpfl. geht. Auch in dieser Frage hat das Finanzgericht die Rechtsprechung zutreffend angewandt (Urteil des Bundesfinanzhofs VI 74/55 U, a. a. O.).

Die AfA hat das Finanzgericht einwandfrei berechnet. Vor allem hat es zutreffend als Anschaffungskosten für das Grundstück samt Inventar den Kapitalwert der Geldrente und des Nießbrauches angesetzt und es abgelehnt, die Jahresleistungen als Werbungskosten oder Sonderausgaben abzuziehen. Auf der anderen Seite ist es richtig, wenn es den in jeder Jahresleistung enthaltenen Zinsanteil rechnungsmäßig ausgesondert und im Jahr der Zahlung zum Abzug zugelassen hat. Die vom Finanzgericht hier angewandten Rechtsgrundsätze entsprechen dem Urteil des Bundesfinanzhofs IV 326/53 U, a. a. O., dem der Senat beitritt.

II. Anschlußbeschwerde des Stpfl. Aus einem Aktenvermerk zur Veranlagung 1949 vom 10. Mai 1951 ergibt sich, daß der Bearbeiter des Finanzamts in der vom Stpfl. gezahlten Leibrente damals Werbungskosten und keine Sonderausgaben gesehen und den Nießbrauch der Nießbraucherin zugerechnet hat. Der Stpfl. behauptet, ihm sei vom Finanzamt der Abzug der Rente für die Zukunft zugesagt worden. Das Finanzgericht meint, das Finanzamt habe sich nicht dem Stpfl. gegenüber verpflichtet, den Steuerfall künftig in der vom Stpfl. erstrebten Form zu behandeln. Der Stpfl. habe nicht nachgewiesen, daß ihm die zuständigen Beamten des Finanzamts eine solche Zusage, besonders nicht schon vor dem Kauf des Grundstücks, mündlich gegeben hätten und daß er sich erst auf Grund dieser Zusage zu dem Hauskauf entschlossen habe; der Stpfl. habe mindestens versäumt, die ihm angeblich mündlich erteilte Zusage schriftlich bestätigen zu lassen oder darauf zu drängen, daß ein Aktenvermerk über die Zusage angefertigt werde. Die beiden beteiligten Beamten können sich an die Vorgänge nicht mehr erinnern. Der fehlende Nachweis einer verbindlichen Zusage gehe zu Lasten des Stpfl.

Mit der Anschlußbeschwerde rügt der Stpfl., das Finanzgericht habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt. Er habe die Vernehmung der Beamten gefordert, mit denen er vor Abschluß des Versorgungsvertrages gesprochen habe. Das Finanzgericht habe sich aber mit einer schriftlichen äußerung der Beamten begnügt. Diese äußerungen seien unklar. Der damalige Vorsteher des Finanzamts habe am 30. Mai 1960 erklärt, daß er nach fast 10 Jahren nicht mehr in der Lage sei, sich an dienstliche Vorgänge zu erinnern; der Stpfl. sei sein Kegelbruder gewesen; bei den privaten Zusammenkünften habe der Stpfl. zwar hier und da die üblichen scherzhaften Bemerkungen über das Finanzamt gemacht; an eine dienstliche Aussprache über den Steuerfall könne er sich aber nicht erinnern. Demgegenüber trägt der Stpfl. vor, es hätten nicht nur dienstliche Besprechungen mit dem Vorsteher stattgefunden, sondern es seien sogar Beamte des Finanzamts zur Besichtigung des Grundstücks geschickt worden; das Finanzamt habe noch Akten mit Reisekostenabrechnungen, die es dem Finanzgericht vorenthalte; es sei auch unglaubhaft, daß der Vorsteher sich an die Vorgänge nicht mehr erinnere. Der damalige Sachbearbeiter, Steuerinspektor X., habe am 3. Mai 1960 erklärt, er könne nicht mehr sagen, was dem Kläger geraten worden sei; besonders ob erklärt worden sei, der Versorgungsvertrag entspräche den Vorschriften zur Begünstigung von Sonderausgaben; wenn damals eine Abschrift des Versorgungsvertrags gefertigt worden wäre, so würde sie dem Finanzamt vorliegen; die Versorgungsrenten seien bei den Veranlagungen 1949 bis 1951 im Einspruchsverfahren als Sonderausgaben anerkannt worden. Der Stpfl. schließt aus dieser Aussage, daß sein Begehren schon Gegenstand eines Rechtsmittels gewesen und dem Begehren stattgegeben worden sei,

Auch die Anschlußbeschwerde kann keinen Erfolg haben.

In der Rechtsprechung aller Senate des Bundesfinanzhofs ist anerkannt, daß, wenn ein Steuerpflichtiger vor Abschluß eines in der steuerlichen Beurteilung zweifelhaften Rechtsgeschäfts eine Zusicherung vom Finanzamt erbittet und erhält, daß das Finanzamt den Fall bei der späteren Veranlagung in einem bestimmten Sinn beurteilen werde, eine solche Zusicherung nach Treu und Glauben das Finanzamt verpflichten kann, bei der späteren Veranlagung der Zusicherung gemäß zu handeln (siehe die Zusammenstellung der Rechtsprechung bei Hessdörfer "Der Rechtsstaat", 1961, S. 95 ff; Mattern "Treu und Glauben im Steuerrecht", 1958, besonders S. 39 ff.). Die Bindungswirkung der Zusicherung hat die Rechtsprechung an folgenden Voraussetzungen geknüpft:

Der Steuerpflichtige muß dem Finanzamt in seiner eigenen Steuerangelegenheit einen bestimmten Sachverhalt unterbreiten und zu erkennen geben, daß er hinsichtlich dieses Sachverhalts eine verbindliche Zusicherung erstrebt. Es muß sich um Fragen tatsächlicher oder rechtlicher Art handeln, bei denen dem Finanzamt bei der Veranlagung ein Beurteilungsspielraum bleibt (Urteil des Bundesfinanzhofs I 176/57 U vom 18. November 1958, BStBl 1959 III S. 52, Slg. Bd. 68 S. 137). Zusicherungen, die klar dem Gesetz widersprechen, sind nichtig (Urteil des Bundesfinanzhofs III 326/58 U vom 26. Mai 1961, BStBl 1961 III S.380), besonders wohl, wenn der Steuerpflichtige die Gesetzwidrigkeit der Zusicherung erkannte oder erkennen konnte.

Der Bundesfinanzhof hat bisher nicht gefordert, daß das Ersuchen des Steuerpflichtigen und die Zusicherung des Finanzamts schriftlich gestellt und gegeben sein müßten. Wenn aber die Zusicherung einen Teil der späteren Veranlagung vorwegnehmen soll, läge es vielleicht nahe zu verlangen, daß das Zusicherungsersuchen - ebenso wie die Steuererklärung (§ 166 AO) - und die Zusicherung des Finanzamts - ebenso wie ein Steuerbescheid (§§ 210 b, 211 AO) - schriftlich gestellt und gegeben werden (so Barske-Wetter, Leitsatzkartei der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, Leitsprüche 1 und 2 zu § 210 Abs. 1 AO).

Aber auch wenn man nicht die Schriftlichkeit zur Voraussetzung einer wirksamen Zusicherung macht, so wird doch ein Zusicherungsersuchen des Steuerpflichtigen oder eine Zusicherung des Finanzamts, die ernsthaft als solche gemeint ist, wegen der rechtlichen Tragweite nach den Gepflogenheiten im Rechtsverkehr in der Regel schriftlich gestellt und gegeben werden. Wird über eine so wichtige Frage nur mündlich verhandelt, so liegt die Vermutung nahe, daß nur eine unverbindliche Meinungsäußerung eines Beamten des Finanzamts (Auskunft) erstrebt und gegeben wurde (Urteile des Bundesfinanzhofs I 94/56 U vom 25. September 1956, BStBl 1956 III S. 341, Slg. Bd. 63 S. 379; II 12/57 U vom 6. März 1957, BStBl 1957 III S. 173, Slg. Bd. 64 S. 464; IV 541/55 U vom 22. August 1957, BStBl 1957 III S. 366, Slg. Bd. 65 S. 354; V 43/57 U vom 11. September 1958, BStBl 1958 III S. 438, Slg. Bd. 67 S. 429).

Das Finanzamt muß durch seine Beamten, die für DIE spätere Veranlagung zuständig sind, die erbetene Zusicherung geben (Urteile des Bundesfinanzhofs I 182/56 U vom 4. Dezember 1956, BStBl 1957 III S. 31, Slg. Bd. 64 S. 82; VI 168/56 U vom 18. Oktober 1957, BStBl 1958 III S. 16, Slg. Bd. 66 S.40; IV 541/55 U, a. a. O.; VII 117/60 U vom 11. Januar 1961, BStBl 1961 III S. 89, Slg. Bd. 72 S. 237).

Das Finanzamt muß sich tatsächlich binden wollen. Vorbehalte in der Bindung schließen die Bindung aus (Hessdörfer, a. a. O., S. 90; Urteile des Bundesfinanzhofs I 176/57 U vom 18. November 1958, BStBl 1959 III S. 52, Slg. Bd. 68 S. 137; IV 541/55 U, a. a. O.; I 62/59 S vom 25. Oktober 1960 BStBl 1961 III S. 69, Slg. Bd. 72 S. 185).

Die Zusicherung muß vor dem Abschluß des Geschäfts gegeben und ursächlich für den Abschluß des Geschäfts gewesen sein (Urteile des Bundesfinanzhofs II 12/57 U, a. a. O.; III 66/58 U vom 20. Februar 1959, BStBl 1959 III S. 159, Slg. Bd. 68 S.415; VI 26/59 U vom 29. Januar 1960, BStBl 1960 III S. 96, Slg. Bd. 70 S. 262; zweifelnd III 326/58 U, a. a. O.). Ist das der Fall, so kann das Finanzamt bei der späteren erstmaligen Veranlagung oder einer späteren Berichtigungsveranlagung, besonders einer solchen auf Grund von § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO, von der Zusicherung nur abweichen, wenn im Zusammenhang mit dem DER Zusicherung zugrunde gelegten Sachverhalt neue Tatsachen hervortreten (Urteil des Bundesfinanzhofs I 176/57 U, a. a. O.). Die Zusicherung gilt also im Rahmen einer Berichtigungsveranlagung auch, wenngleich sonst der ganze Steuerfall wiederaufgerollt werden kann, sofern irgendeine neue Tatsache von einem Gewicht hervorgetreten ist. Der Zusicherung diese über einen Steuerbescheid hinausgehende Wirkung beizumessen, scheint richtig, weil der Steuerpflichtige im Vertrauen auf die Zusicherung des Finanzamts sie zur Grundlage wirtschaftlicher Dispositionen gemacht hat und bei Abweichen von der Zusicherung seinen Geschäften die Grundlage entzogen würde.

Die Finanzämter sind nach dem geltenden Recht nicht verpflichtet, bindende Zusicherungen dieser Art zu geben; es steht in ihrem Ermessen ob sie eine erbetene Zusicherung geben wollen. Sie können, ohne gegen Treu und Glauben zu verstoßen, Zusicherungen ablehnen oder ihren Auskünften einen Vorbehalt beifügen (Urteile des Bundesfinanzhofs IV 541/55 U, a. a. O.; I 176/57 U, a. a. O.).

Hat das Finanzamt eine Zusicherung für einen Dauertatbestand gegeben, so kann es im allgemeinen seine Zusage mit Wirkung für DIE Zukunft widerrufen. In solchen Fällen kann sich der Steuerpflichtige bei seinen geschäftlichen Maßnahmen auf die veränderte Lage einstellen.

Weil erfahrungsgemäß die Finanzämter vorbehaltlose bindende Zusagen nur selten geben, muß der Steuerpflichtige, der behauptet, vom Finanzamt eine Zusicherung erhalten zu haben, entsprechende Tatsachen darlegen. Unklarheiten gehen zu seinen Lasten.

Zur Klarstellung weist der Senat noch auf das Folgende hin: Fehlt eine der erwähnten Voraussetzungen für eine wirksame Zusicherung, so ist das Finanzamt in der Behandlung des streitigen Komplexes bei der Veranlagung grundsätzlich frei. Damit ist aber nicht gesagt, daß ein bestimmtes Verhalten des Finanzamts, z. B. eine Auskunft, die nicht allen Voraussetzungen der Zusicherung genügt, nicht nach Treu und Glauben trotzdem Rechtsfolgen anderer Art haben kann, vor allem wenn dem Steuerpflichtigen dadurch ein Nachteil entstanden ist. Welche Voraussetzungen in solchen Fällen gegeben sein müssen und welche Wirkungen an das Verhalten des Finanzamts zu knüpfen sind, hängt von den Besonderheiten des Einzelfalls ab. Oft wird in solchen Fällen aber der Nachteil nicht ohne weiteres damit begründet werden können, daß der Steuerpflichtige zu der gesetzlich geschuldeten Steuer herangezogen wird (Urteil des Senats IV 157/60 U vom 18. November 1960, BStBl 1961 III S. 141, Slg. Bd. 72 S. 381).

Nach diesen Grundsätzen ist die Vorentscheidung rechtlich einwandfrei. Der Stpfl. beruft sich auf eine ihm gegebene Zusicherung des Finanzamts. Er hat aber, wie das Finanzgericht feststellt, weder klar dargelegt, was er dem Vorsteher des Finanzamts oder dem Sachbearbeiter des Finanzamts im einzelnen vorgetragen haben will, welche Entscheidung diese Beamten getroffen haben bzw. welche rechtlich bindenden Zusagen sie vor dem Abschluß des Grundstückskaufvertrages gegeben haben sollen. Aus dem Aktenvermerk vom 10. Mai 1951 kann für eine Zusicherung nicht entnommen werden; es ist eine interne Notiz über die rechtliche Würdigung des rechtlich schwierigen Steuerfalls. Wenn der Stpfl. und das Finanzamt eine bindende Zusicherung hätten erbitten bzw. geben wollen, so hätten sie wohl zur Beweissicherung die im Rechtsverkehr übliche Schriftform gewählt. Daß der Stpfl. keine Vorsorge in dieser Hinsicht getroffen hat, geht zu seinen Lasten. Das Finanzgericht hat seine amtliche Pflicht zur Sachaufklärung nicht verletzt, wenn es unter diesen Umständen von der beantragten Vernehmung der beiden Zeugen oder von Aktenbeiziehungen Abstand nahm, weil nicht anzunehmen war, daß dadurch Klarheit in die 10 Jahre zurückliegende Angelegenheit zu bringen war, zumal, nachdem der Stpfl. selbst nicht die im Verkehr übliche Sorgfalt angewendet hatte.

Wenn auch das Finanzamt für die Jahre 1949 bis 1951 im Rechtsmittelverfahren der Rechtsauffassung des Stpfl. beigetreten sein mag, so ist es deswegen nicht verpflichtet, auch für spätere Jahre eine Zweifelsfrage unrichtig zu beurteilen; denn bei der Veranlagung jedes Jahres ist der Sachverhalt grundsätzlich rechtlich und tatsächlich neu festzustellen und zu beurteilen (Urteil des Bundesfinanzhofs VI 221/57 U vom 19. September 1958, BStBl 1958 III S. 425, Slg. Bd. 67 S. 396).

Wenn der Stpfl. aber meint, die Sachbehandlung des Finanzamts für 1949 bis 1951 rechtfertige den Schluß, daß ihm vor Abschluß des Kaufvertrags im Jahre 1949 eine entsprechende verbindliche Zusicherung gegeben worden sei, an die sich das Finanzamt für alle Zukunft festhalten lassen müsse, so ist das nicht schlüssig.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410183

BStBl III 1961, 562

BFHE 1962, 813

BFHE 73, 813

BB 1961, 1307

DB 1961, 1635

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