Leitsatz (amtlich)

Die an Personalratsmitglieder im zivilen Dienst der amerlkanischen Streitkräfte gezahlten Aufwandsentschädigungen können nicht nach Maßgabe des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerfrei belassen werden. Denn diese Vorschrift setzt voraus, daß der Arbeitnehmer im Dienste eines inländischen Trägers öffentlicher Gewalt steht.

 

Normenkette

EStG 1974 § 3 Nr. 12 S. 2

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist bei den amerikanischen Stationierungsstreitkräften beschäftigt. Er erhielt vom April des Streitjahres 1974 an als ein von der dienstlichen Tätigkeit freigestelltes Personalratsmitglied eine Aufwandsentschädigung von monatlich 50 DM. Diese rechnete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) im Einkommensteuerbescheid für 1974 zum steuerpflichtigen Einkommen des Klägers.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage nach erfolglos gebliebenem Einspruchsverfahren ab.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 3 Nr. 12 des Einkommensteuergesetzes 1974 (EStG). Er trägt im wesentlichen vor: Nach § 46 Abs. 5 des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG) werde den von ihrer Tätigkeit freigestellten Personalratsmitgliedern eine Aufwandsentschädigung gezahlt, und zwar nach § 1 der Verordnung vom 18. Juli 1974 in Höhe von 50 DM monatlich. Diese Entschädigung werde in der Literatur als steuerfrei nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG angesehen. Über Art. 56 Abs. 9 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über aie Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen (NATOTrStatZAbk) gelte das BPersVG auch für seine -- des Klägers -- Tätigkeit. Er sei deshalb einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes gleichzustellen. Auf ihn treffe daher nicht der in Art. 56 Abs. 1 Buchst. f NATOTrStatZAbk genannte Grundsatz zu, wonach die Tätigkeit der zivilen Arbeitskräfte bei einer fremden Truppe und ihrem Gefolge kein deutscher öffentlicher Dienst sei. Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb § 3 Nr. 12 EStG für das Zivilpersonal bei US-Streitkräften nicht gelten solle.

Auch das in dieser Vorschrift enthaltene Tatbestandsmerkmal "Zahlung aus öffentlichen Kassen" sei im Streitfall erfüllt. Das Gesetz stelle nämlich nicht ausdrücklich auf deutsche öffentliche Kassen ab. Es reiche daher aus, wenn die Zahlungen aus einer öffentlichen Kasse der Vereinigten Staaten erfolgten. Selbst wenn dem nicht so wäre, läge eine Gesetzeslücke vor. Sie könne nur im Sinne der Anwendung des § 3 Nr. 12 EStG geschlossen werden, da der Gesetzgeber offensichtlich nicht an die Fälle gedacht habe, in denen Arbeitnehmer in ihrer Tätigkeit den im öffentlichen Dienst beschäftigten Personen gleichgestellt würden.

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die angefochtenen Entscheidungen des FA dahin abzuändern, daß die Aufwandsentschädigung von 450 DM steuerfrei belassen werde.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das FG hat im Ergebnis zu Recht die an den-Kläger geleisteten Aufwandsentschädigungen als steuerpflichtigen Arbeitslohn angesehen.

Der Senat stimmt mit dem FG und den Beteiligten darin überein, daß die streitigen Bezüge nicht unter § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG (§ 4 Nr. 1 Satz 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung 1971 -- LStDV --) fallen. Nach diesen Vorschriften sind aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte Bezüge steuerfrei, die in einem Bundesgesetz oder Landesgesetz oder einer auf bundesgesetzlicher oder landesgesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder von der Bundesregierung oder einer Landesregierung als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als solche im Haushaltsplan ausgewiesen werden. Wie aus dem Sinnzusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal der Zahlung aus einer "Bundes- oder Landeskasse" zu folgern ist, kann es sich dabei nur um Haushaltspläne inländischer Gebietskörperschaften, nicht aber um solche ausländischer Staaten handeln. Nach den Feststellungen des FG werden die betreffenden Mittel aber von den Stationierungsstreitkräften zur Verfügung gestellt und sind nicht im Haushaltsplan des Bundes oder eines Landes ausgewiesen.

Der Senat tritt dem FG im Ergebnis auch darin bei, daß im Streitfall die Voraussetzungen des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG (§ 4 Nr. 1 Satz 2 LStDV) ebenfalls nicht erfüllt sind. Nach diesen Vorschriften sind Bezüge, die nicht unter Satz 1 der Regelung fallen und die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, steuerfrei, soweit nicht festgestellt wird, daß sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Kläger die Aufwandsentschädigung "aus einer öffentlichen Kasse" gezahlt wurde. Das FG ist jedenfalls ohne Rechtsverstoß davon ausgegangen, daß der Kläger keine "öffentlichen Dienste" i. S. des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG geleistet hat.

Dieses letztgenannte tätigkeitsbezogene Merkmal ist weit zu fassen. Es wird nach der zutreffenden Gesetzesauslegung in Abschn. 7 Abs. 2 Sätze 4 und 5 der Lohnsteuer-Richtlinien ab 1975 (LStR) von Arbeitnehmern im Grundsatz bereits dann erfüllt, wenn sie im Dienst einer juristischen Person des öffentlichen Rechts stehen und nicht in der fiskalischen Verwaltung beschäftigt sind. Entsprechend der Zielsetzung des § 3 Nr. 12 EStG bezieht sich diese Norm jedoch nur auf Arbeitnehmer, die inländische öffentliche Dienste leisten. Die Vorschrift dient nämlich in erster Linie der Verwaltungsvereinfachung. Die Finanzbehörden sollen im allgemeinen ohne nähere Erhebungen davon ausgehen können, daß aus öffentlichen Kassen gezahlte Aufwandsentschädigungen die tatsächlich angefallenen, steuerrechtlich abziehbaren Aufwendungen abgelten, wenn auch die Möglichkeit, dies im Einzelfall nachzuprüfen, dadurch nicht ausgeschlossen werden soll. Diese Regelung wird im wesentlichen von der Erwägung getragen, daß solche Ausgleichszahlungen aus öffentlichen Kassen im allgemeinen nicht übersetzt sind und nur den tatsächlichen, beruflich veranlaßten Aufwand abgelten (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 15. März 1968 VI R 288/66, BFHE 92, 11, BStBl II 1968, 437). Die Annahme, diese Leistungen seien in der Regel nicht überhöht, ist dadurch gerechtfertigt, daß die Rechtsprechung eine Kasse, die solche Aufwandsentschädigungen auszahlt, nur dann als "öffentliche Kasse" ansieht, wenn sie der Dienstaufsicht und Prüfung der Finanzgebarung durch die Organe der öffentlichen Hand unterliegt (vgl. BFH-Urteil vom 1. April 1971 IV 113/65, BFHE 102, 255, BStBl II 1971, 519). Diese Überlegungen sind nicht ohne weiteres übertragbar auf Leistungen aus ausländischen öffentlichen Kassen, die der Dienstaufsicht und der Prüfung der Finanzgebarung durch inländische Organe der öffentlichen Hand nicht unterliegen. Es kommt hinzu, daß sonst im Einzelfall unter Umständen sehr komplizierte rechtsvergleichende Untersuchungen nicht nur hinsichtlich der Verwaltungsstrukturen der jeweiligen ausländischen Staaten, sondern auch bezüglich der im Gesetz erwähnten Rechtsbegriffe des öffentlichen Dienstes, der öffentlichen Kasse und der Aufwandsentschädigung angestellt werden müßten. Solche Erschwernisse würden der mit der Vorschrift bezweckten Verwaltungsvereinfachung zuwiderlaufen.

Die dem Kläger gezahlte Aufwandsentschädigung ist nicht nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerfrei, da er nicht in einem Dienstverhältnis zu einem inländischen Träger öffentlicher Gewalt gestanden hat. Arbeitgeber des Klägers waren vielmehr im Streitjahr 1974 die Vereinigten Staaten von Amerika. Seine Beschäftigung ist der in einem inländischen öffentlichen Dienstverhältnis auch nicht gleichzustellen. Nach Art. 56 Abs. 1 Buchst. f NATOTrStatZAbk vom 3. August 1959 (BGBl II 1961, 1218), geändert durch das Abkommen vom 21. Oktober 1971 (BGBl II 1973, 1022) i. V. m. dem Gesetz zum Natotruppenstatut und zu den Zusatzvereinbarungen vom 18. August 1961 (BGBl II 1961, 1183), gilt vielmehr die Tätigkeit der zivilen Arbeitskräfte bei einer Truppe und einem Zivilgefolge ausdrücklich nicht als Tätigkeit im deutschen öffentlichen Dienst.

Demgegenüber kann sich der Kläger nicht auf Abs. 9 dieses Artikels berufen, nach dem "die für die zivilen Bediensteten bei der Bundeswehr maßgebenden Vorschriften des deutschen Rechts über die Personalvertretung" auch für die "Betriebsvertretung der zivilen Arbeitskräfte bei einer Truppe und einem zivilen Gefolge" gelten. Denn § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG ist eine steuerrechtliche Norm über die Steuerfreiheit von Aufwandsentschädigungen und keine Vorschrift "des deutschen Rechts über die Personalvertretung". Dadurch, daß die inländischen Vorschriften über die Personalvertretung auf den Kläger als Personalratsmitglied anwendbar sind, übt dieser noch keine inländischen öffentlichen Dienste i. S. des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG aus.

Durch die vorstehende Auslegung des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG wird der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) nicht verletzt. Denn es handelt sich insoweit um unterschiedliche Sachverhalte, ob Zahlungen an im inländischen öffentlichen Dienst oder bei ausländischen Stationierungstreitkräften beschäftigte Personen geleistet werden. Die Vorschrift des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG ist zudem, wie ausgeführt, nur eine Vereinfachungsregelung. Sie gestattet den Finanzbehörden stets die Nachprüfung, ob die Aufwandsentschädigung steuerpflichtig ist, weil sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt wurde oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigt. Andererseits bleibt dem Steuerpflichtigen, dessen Bezüge nicht von dieser Bestimmung erfaßt werden, stets die Möglichkeit, den tatsächlich entstandenen Aufwand nachzuweisen und als Werbungskosten von der zu versteuernden Aufwandsentschädigung abzuziehen. Einen solchen Nachweis hat der Kläger im Streitfall jedoch nicht geführt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 74543

BStBl II 1983, 219

BFHE 1982, 331

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