Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonstiges Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG, nach der Anteile der Kommanditisten an einer Kommanditgesellschaft, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern der Kommanditgesellschaft eine Kapitalgesellschaft gehört, als Gesellschaftsrechte an der Kapitalgesellschaft gelten, ist wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) nichtig. Die Vorschrift des § 6 Abs. 2 KVStG ist, soweit nach ihr die Personen, denen die im § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG bezeichneten Gesellschaftsrechte an einer Kommanditgesellschaft zustehen, als Gesellschafter der Kapitalgesellschaft gelten, insoweit nichtig.

Der Erwerb von Kommanditanteilen an einer GmbH & Co. KG sowie Leistungen und Darlehen der Kommanditisten an eine GmbH & Co. KG unterliegen wegen Nichtigkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 4 und insoweit des § 6 Abs. 2 KVStG nicht der Gesellschaftsteuer (Abweichung von dem Urteil II 70/52 U vom 29. Mai 1953, BStBl 1953 III S. 201, Slg. Bd. 57 S. 523).

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; KVStG Abs. 2; KVStG §§ 3, 6 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2

 

Tatbestand

Streitig ist die Gesellschaftsteuerpflicht von Kontokorrentdarlehen, die eine OHG, deren Gesellschafter zugleich Kommanditisten einer GmbH & Co. KG sind, der KG in der Zeit von 1954 bis 1958 gewährt hat.

Die Bfin., die X.-GmbH in Y. ist die Komplementärin (persönlich haftende Gesellschafterin) der X.-GmbH (& Co.) KG - im folgenden teils mit KG, teils mit GmbH & Co. KG bezeichnet -, deren Tätigkeit am 1. Juli 1954 begonnen hat und die am 31. Dezember 1954 in das Handelsregister eingetragen worden ist. Gesellschafter der GmbH sind die Brüder Ernst und Karl A.; das Stammkapital der GmbH beträgt 50.000 DM; an ihm sind Ernst und Karl A. mit je 25.000 DM beteiligt. Sie sind zugleich Inhaber der OHG Ernst A. und Kommanditisten der GmbH & Co. KG.

Der Kapitalanteil der GmbH an der GmbH & Co. KG beträgt 50.000 DM, die Kommanditeinlagen der Brüder A. belaufen sich auf je 100.000 DM (zusammen 200.000 DM).

Die GmbH & Co. KG arbeitete zunächst mit Verlusten. Die zur Durchführung des Geschäftsbetriebes erforderlichen Mittel beschaffte sich die KG zum Teil durch Bankkredite, zum Teil erhielt sie die Mittel laufend durch Kredite der OHG Ernst A. - im folgenden mit OHG bezeichnet -.

Das Verrechnungskonto über die von der OHG gewährten Darlehen wies in der Zeit vom 30. August 1954 bis zum 31. Dezember 1958 zu Lasten der KG Schuldbeträge mit wechselnd steigenden und fallenden Salden aus; der Mindestsaldo belief sich am 31. Juli 1955 auf rund 195.000 DM, am 30. November 1957 auf rund 415.000 DM. Der Darlehnsforderung der OHG stand eine Gegenforderung der KG in Höhe von rund 70.000 DM gegenüber.

Auf Grund einer Kapitalverkehrsteuerprüfung vom 14. Oktober 1955 unterwarf das Finanzamt einen Teilbetrag dieses von der OHG gewährten Darlehens in Höhe von 150.000 DM durch rechtskräftig gewordenen Steuerbescheid vom 26. November 1955 gemäß §§ 3, 4, 6 KVStG der Gesellschaftsteuer mit (3 v. H. =) 4.500 DM. Diese Steuer ist entrichtet. Der Steuerbescheid enthielt die Bemerkung: "Als für längere Zeit kreditiert sind zunächst 150.000 DM anzusehen".

Auf Grund einer zweiten Kapitalverkehrsteuerprüfung vom 13. Juli 1959 kam das Finanzamt in übereinstimmung mit dem Prüfer zu der Auffassung, daß von den "in den letzten Jahren" gewährten Krediten mindestens ein Betrag von 380.000 DM als nach der Sachlage gebotene Kapitalzuführung anzusehen sei. Zur Gesellschaftsteuer sei hiervon bereits eine Summe von 150.000 DM herangezogen worden. Den danach verbleibenden Betrag von 230.000 DM unterwarf das Finanzamt durch den - Gegenstand dieses Rechtsmittelverfahrens bildenden - an die Bfin. (die GmbH) gerichteten Steuerbescheid vom 18. Juli 1959 nach den §§ 3, 4, 6, 8 und 9 KVStG 1955 einer weiteren Gesellschaftsteuer in Höhe von (3 v. H. =) 6.900 DM.

Gegen diesen Steuerbescheid hat die Bfin. frist- und formgerecht Sprungberufung eingelegt (§ 261 AO).

In der Berufungsschrift hat sie erklärt, daß die in dem Steuerbescheid enthaltenen Angaben über die Höhe der Kredite und über die Höhe des sogenannten Kapitalersatzes nicht bestritten werden sollten. Sie hat sich in der Berufungsinstanz ausschließlich gegen die Rechtsgrundlage der Besteuerung gewandt.

Einmal hat sie geltend gemacht, § 3 Abs. 1 KVStG verstoße wegen der Unbestimmtheit des Begriffs der "durch die Sachlage gebotenen Kapitalzuführung" gegen das Grundgesetz (GG) und sei deshalb nichtig. Zum anderen hat sie ausgeführt, die Rechtsgrundlage für die Anwendung des dem früheren § 5 Abs. 2 KVStG 1922 (1931) entsprechenden § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG geltender Fassung sei entfallen. Die Vorschrift beruhe auf der früheren Auffassung, daß der GmbH & Co. KG die zivil- bzw. handelsrechtliche und steuerrechtliche Anerkennung zu versagen sei. Nachdem dieser Standpunkt von sämtlichen höchsten Gerichten der Bundesrepublik aufgegeben sei, könne die Vorschrift keine Geltung mehr beanspruchen.

Außerdem verstoße § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG gegen Art. 3 GG - der auch für juristische Personen gelte -, weil es unzulässig sei, allein auf dem Gebiete der Kapitalverkehrsteuer eine Kommanditgesellschaft als Personengesellschaft nur deshalb einer Besteuerung zu unterwerfen, weil ihre persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) keine natürliche, sondern eine juristische Person sei.

Mit der Berufung machte die Bfin. auch schon geltend, daß die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 GG) verstoße.

Das Finanzgericht hat die Berufung durch das mit der Rb. angefochtene Urteil vom 29. September 1960 als unbegründet zurückgewiesen, das in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1961 Nr. 203 S. 169 auszugsweise abgedruckt ist.

Es verneinte die Verfassungswidrigkeit des § 3 Abs. 1 KVStG und bejahte die Rechtsgültigkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 4 (in Verbindung mit § 6 Abs. 2) KVStG.

Bei dem eindeutigen Wortlaut der in Betracht kommenden Vorschriften des § 6 a. a. O. bedürfe es keines Eingehens auf ihre Entstehungsgeschichte. Hinzu komme, daß zur Zeit des Erlasses des KVStG vom 16. Oktober 1934 (RGBl I S. 1058, RStBl S. 1314) - KVStG 1934 - keine Zweifel über die rechtliche Zulässigkeit einer GmbH & Co. KG mehr bestanden hätten.

Einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG hält die Vorinstanz nicht für gegeben. Dieser Gleichheitsgrundsatz gebiete dem Gesetzgeber nur, gleiche Tatbestände gleich zu behandeln. Eine KG, deren persönlich haftender Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ist, unterscheide sich aber in wesentlichen Merkmalen von einer KG, deren Komplementär eine natürliche Person ist. Es treffe allerdings zu, daß diese Unterschiede nicht rechtlicher Art sind; sie seien aber wirtschaftlicher Art. Rechtlich hafte auch die Kapitalgesellschaft unbeschränkt. Jedoch liege der Unterschied zur Haftung einer natürlichen Person darin, daß im extremen Falle - wenn die persönlich haftende Kapitalgesellschaft in Konkurs geht - etwaige Ausfälle endgültig sind, während die natürliche Person auch nach Beendigung des Konkursverfahrens Schuldner bleibt und mit später erworbenem Vermögen zur Deckung der Ausfälle herangezogen werden kann.

Da nach der Fiktion des § 6 (Abs. 2) KVStG die Kommanditisten als Gesellschafter der persönlich haftenden Kapitalgesellschaft gelten, müßten auch die Darlehen der Kommanditisten - im Streitfall die Darlehen der OHG, an der die Kommanditisten beteiligt waren - an die KG nach den §§ 3, 6, 4 KVStG als Gesellschafterdarlehen an die Kapitalgesellschaft (die beschwerdeführende GmbH) angesehen werden.

Die Steuerpflicht der Darlehen der OHG hat das Finanzgericht bejaht, weil sie eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung im Sinn des § 3 Abs. 1 KVStG ersetzt hätten.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die a. a. O. auszugsweise wiedergegebenen Gründe des finanzgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Mit der Rb. wiederholt die Bfin. unter anderem ihr rechtliches Vorbringen aus dem ersten Rechtszuge.

Sie beantragt in erster Linie, den Steuerbescheid des Finanzamts vom 18. Juli 1959 und das Urteil des Finanzgerichts vom 29. September 1960 ersatzlos aufzuheben,

in zweiter Linie, das Verfahren auszusetzen und die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.

Sie vertritt auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz die Ansicht, daß § 6 Abs. 1 Nr. 4 (in Verbindung mit § 6 Abs. 2) KVStG wegen Verstoßes gegen die Art. 3 und 20 GG mit der Verfassung nicht vereinbar sei. Sie hält beide Vorschriften des KVStG wegen der Veränderungen, die das Gesetz in den Jahren 1953, 1955, 1959 und 1960 erfahren hat, für nachkonstitutionelle Normen. Deshalb sei eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG geboten, wenn der Bundesfinanzhof nicht ihrer Auffassung folgen sollte, daß die Vorschriften ohnehin nicht mehr anwendbar seien, weil sie auf einer überholten Rechtsanschauung beruhten.

Die Kommanditgesellschaft sei unbestritten im bürgerlich- rechtlichen (handelsrechtlichen) Sinne eine Personengesellschaft, auch dann, wenn ihr persönlich haftender Gesellschafter eine juristische Person (z. B. wie im Streitfall eine GmbH) sei. Das KVStG besteuere bei der Gesellschaftsteuer den inneren (internen) Kapitalverkehr bei Kapitalgesellschaften, nicht aber die Beteiligung einer Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft. Die Gesellschaftsteuer bestimme den Steuergegenstand grundsätzlich nach den Rechtsformen des bürgerlichen Rechts. Eine Sonderregelung, welche die benutzte zivilrechtliche Ordnung und damit die vom Gesetz selbst statuierte Sachgesetzlichkeit durchbricht, sei aber nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Januar 1962 - 1 BvR 845/58 - (Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts - BVerfGE - Bd. 13 S. 331, BStBl 1962 I S. 500) "nur dann im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 3 Abs. 1 GG sachlich hinreichend gerechtfertigt, wenn sie von überzeugenden Gründen getragen" werde. Diese Voraussetzung sei nicht gegeben. Eine Kommanditgesellschaft, deren persönlich haftender Gesellschafter eine juristische Person sei, unterscheide sich nicht von einer KG mit einer natürlichen Person als Komplementär, da auch die juristische Person für ihre Verbindlichkeiten unbeschränkt mit ihrem gegenwärtigen und künftigen Vermögen hafte. Der einzige Unterschied in der Haftung der natürlichen Personen und der juristischen Personen bestehe letzten Endes darin, daß die juristische Person Konkurs anmelden müsse, wenn sie zahlungsunfähig oder überschuldet ist, während die natürliche Person nur Konkurs anmelden müsse, wenn sie zahlungsunfähig ist, so daß die überschuldung für sie kein selbständiger Konkursgrund sei. Derartige Differenzierungen, die sich für den Beginn und letzten Endes auch für die Beendigung des Konkursverfahrens ergäben, rechtfertigten keine unterschiedliche Behandlung im Steuerrecht. Es würde eine völlige Verkennung der Aufgaben der Steuergesetzgebung bedeuten, wenn sie diese unterschiedliche Behandlung der natürlichen und der juristischen Person im Konkursverfahren zum Gegenstand einer zusätzlichen Belastung auf dem Gebiet der Gesellschaftsteuer machen würde.

Die Bfin. hat zur weiteren Begründung ihrer Rb. auf zwei Aufsätze von Rechtsanwalt Dr. Helmut Seifert in "Der Betriebs- Berater" 1962 S. 132 ff. und 1963 S. 1330 ff. hingewiesen, die sie zum Gegenstand ihres Sachvortrags in der Rechtsbeschwerdeinstanz gemacht hat und die eine ausführliche Zusammenfassung ihres Rechtsstandpunktes enthalten, so daß insoweit auf diese Aufsätze Bezug genommen werden kann.

Außerdem hat die Bfin. erstmalig in der Rechtsbeschwerdeinstanz Einwände gegen die Zulässigkeit der Nachforderung von Gesellschaftsteuer gegenüber dem ersten rechtskräftigen Steuerbescheid vom 26. November 1955 und gegen die Höhe der in dem anhängigen Rechtsbeschwerdeverfahren streitigen Gesellschaftsteuer erhoben.

Das Finanzamt (der Bg.) beantragt, die Rb. als unbegründet zurückzuweisen. Es vertritt die Ansicht, die GmbH & Co. KG sei nur äußerlich eine Personengesellschaft, hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Bedeutung stehe sie einer Kapitalgesellschaft näher. Zwar beständen handelsrechtlich keine Unterschiede zwischen einer KG mit einer natürlichen Person als Komplementärin und einer GmbH & Co. KG, wirtschaftlich sei aber besonders darin ein Unterschied zu erblicken, daß bei einer GmbH & Co. KG keine natürliche Person unbeschränkt hafte.

Der Bundesminister der Finanzen ist dem Verfahren gemäß § 287 Ziff. 2 AO beigetreten und hat zu der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit in folgendem Sinne Stellung genommen:

Wegen der Frage der Verfassungswidrigkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG sei eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht unzulässig, da es sich bei dieser Norm entgegen der Annahme der Bfin. um vorkonstitutionelles Recht handele. Die Prüfung seiner Vereinbarkeit mit dem GG stehe somit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Gerichten (dem Bundesfinanzhof) in eigener Zuständigkeit zu. Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 stelle deshalb vorkonstitutionelles Recht dar, weil sie schon vor dem Inkrafttreten des GG bestanden habe und auch danach, d. h. nach dem 23. Mai 1949, weder geändert noch im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom Gesetzgeber bestätigt ("in seinen Willen aufgenommen") worden sei.

Der Bundesminister der Finanzen weist darauf hin, daß sich der Gesetzgeber spätestens bei der grundlegenden Umgestaltung des KVStG im Jahre 1934 mit der gesellschaftsteuerrechtlichen Behandlung der GmbH (AG) & Co. befaßt und die frühere Regelung des § 5 Abs. 2 KVStG alter Fassung entsprechend der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (vgl. Urteil II A 654/26 vom 3. Mai 1927, Slg. Bs. 21 S. 150) übernommen habe. Im übrigen würde es auch, wenn sich die der Vorschrift des § 5 Abs. 2 KVStG alter Fassung zugrunde liegenden Vorstellungen des Gesetzgebers über den Gesetzeszweck geändert hätten, nach der grundgesetzlichen Ordnung primär Sache des Gesetzgebers sein, die Anpassung gesetzlicher Regelungen an etwaige veränderte Umstände vorzunehmen.

Der Bundesminister der Finanzen vertritt in übereinstimmung mit dem Bg. die Ansicht, daß die danach nicht außer Kraft getretene gesetzliche Bestimmung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG mit Art. 3 GG vereinbar sei.

Unter Bezugnahme unter anderem auf eine Reihe von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts führt das Bundesfinanzministerium in seiner Stellungnahme aus, eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG liege nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann vor, wenn ein Grund für eine unterschiedliche Behandlung schlechterdings nicht erkennbar wäre, wenn also der Gesetzgeber den ihm eingeräumten Ermessensspielraum willkürlich überschritten hätte. Das könne von der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG nicht behauptet werden, zumal der Gesetzgeber nicht etwa bestimmte Kommanditgesellschaften den Kapitalgesellschaften gleichgestellt, sondern nur das zu besteuernde Kapital bestimmter Kapitalgesellschaften "nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten erweitert" habe.

Aber auch bei Anwendung der verschärften Gesichtspunkte, die das - von der Bfin. wegen der Abweichung von der Ordnungsstruktur des Zivilrechts als einschlägig erachtete - Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Januar 1962 - 1 BvR 845/58 - (a. a. O.) an die Wahrung des verfassungsmäßigen Gleichheitsgebots des Art. 3 Abs. 1 GG stelle, müsse die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG als verfassungskonform angesehen werden.

Die vom Gesetzgeber getroffene unterschiedliche Behandlung einer KG mit einer natürlichen Person als Komplementär und einer KG mit einer juristischen Person als persönlich haftendem Gesellschafter sei deshalb nicht sinnwidrig, vielmehr von überzeugenden Gründen getragen, weil sich beide Arten von Kommanditgesellschaften in wesentlichen Merkmalen voneinander unterschieden. Hinsichtlich dieser Unterschiede "insbesondere wirtschaftlicher Art" hält das Bundesfinanzministerium für wesentlich den Hinweis auf die bei der GmbH & Co. KG insgesamt bestehende Haftungsbeschränkung, die "von den formalen Einwendungen der Bfin. abgesehen" - gemeint ist die Bezugnahme der Bfin. auf die rechtlich unbeschränkte Haftung der GmbH als Komplementär - "wirtschaftlich unbestreitbar" sei. Denn die GmbH hafte nur mit dem Gesellschaftsvermögen, die Kommanditisten nur in Höhe ihrer Einlagen. Da die GmbH (AG) & Co. KG wie eine Kapitalgesellschaft hafte, habe das Kapital bei dieser Gesellschaftsform die gleiche Bedeutung wie bei einer Kapitalgesellschaft. Die Verstärkung des Kapitals könne deshalb auch entsprechend gesellschaftsteuerrechtlich behandelt werden, wofür der Bundesminister der Finanzen auf das Urteil des erkennenden Senats II 70/52 U vom 29. Mai 1953 (BStBl 1953 III S. 201, Slg. Bd. 57 S. 523) Bezug nimmt, nach dem "im praktischen Ergebnis" das Kapital der persönlich haftenden Kapitalgesellschaft durch die Anteile (Darlehen) der Kommanditisten vergrößert wird.

Im Unterschied zu dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Januar 1962 - 1 BvR 845/58 - (a. a. O.) zugrunde liegenden Tatbestand - bei dem die von der für verfassungswidrig und nichtig erklärten Vorschrift des § 8 Ziff. 6 GewStG betroffenen personenbezogenen Kapitalgesellschaften auf allen Gebieten nur steuerliche Nachteile hinzunehmen hatten - stünden überdies bei der GmbH & Co. KG den wirtschaftlich unbedeutenden gesellschaftsteuerrechtlichen Nachteilen erhebliche steuerrechtliche Vorteile auf anderen Gebieten, z. B. bei der Körperschaftsteuer und der Vermögensteuer, gegenüber.

Abschließend vertritt der Bundesminister der Finanzen die Auffassung, daß auch das Gebot der Rechtsstaatlichkeit in Art. 20 GG keine Handhabe gegen die weitere Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG biete.

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:

I. - Die Bfin. hat in der mündlichen Verhandlung ihre Einwände gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 3 Abs. 1 KVStG im Hinblick auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 1961 - 2 BvL 1/59 - (BVerfGE Bd. 13 S. 153, BStBl 1961 I S. 716) nicht mehr aufrechterhalten. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Beschluß die Vereinbarkeit des § 3 Abs. 1 KVStG 1955 mit dem GG bejaht. Diese Entscheidung hat Gesetzeskraft hinsichtlich der Norm des § 3 Abs. 1 KVStG 1955 (§ 31 Abs. 2 in Verbindung mit § 13 Nr. 11 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht - BVerfGG -). Sie ist aber nach der Rechtsprechung des Senats auch maßgebend für die gleichlautende Vorschrift des im Streitfall noch in Betracht kommenden § 3 Abs. 1 KVStG 1934 (vgl. dazu Fließbach in Steuer und Wirtschaft - StuW - 1962 Sp. 745 ff).

II. - Der Senat tritt der Auffassung des Bundesministers der Finanzen darin bei, daß § 6 Abs. 1 Nr. 4 (in Verbindung mit § 6 Abs. 2) KVStG nicht durch den behaupteten Wegfall seiner Rechtsgrundlagen überholtes Recht ist.

Dem Bundesminister der Finanzen ist insbesondere darin beizupflichten, daß grundsätzlich und primär die Entscheidung darüber, ob eine gesetzliche Bestimmung bei Veränderung der Verhältnisse beizubehalten ist oder nicht, allein beim Gesetzgeber liegt (vgl. insoweit auch das Urteil des Bundesgerichtshofs I ZR 53/55 vom 29. Januar 1957, Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen - BGHZ - Bd. 23 S. 184 ff., 196 f.). Allerdings kann eine Rechtsvorschrift auch dann ohne ausdrückliche Aufhebung außer Kraft treten, wenn die Verhältnisse, für die sie gelten sollte und die sie regeln wollte, für immer weggefallen sind. Von der Anwendung eines Gesetzes ist auch abzusehen, wenn sich die Verhältnisse derart verändert haben, daß das Ergebnis einer Gesetzesanwendung sinnwidrig, unsinnig oder als Unrecht erschiene (vgl. insoweit neuerdings das Urteil des IV. Senats des Bundesfinanzhofs IV 11/64 S vom 5. November 1964 unter Ziffer IV, 3, BStBl 1964 III S. 602 - 606 f. -, und die dort angeführten weiteren Entscheidungen und äußerungen des Schrifttums).

Nach Auffassung des erkennenden Senats liegen entgegen der Annahme der Bf. diese Voraussetzungen jedoch bei der dem § 5 Abs. 2 KVStG 1922 (1931) inhaltlich entsprechenden Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG geltender Fassung nicht vor. Einmal ist es durchaus zweifelhaft, ob die Behauptung der Bfin. zutrifft, daß die genannte Bestimmung des KVStG 1922 deshalb geschaffen worden ist, weil damals nach der überwiegenden Meinung der Rechtsprechung und des Schrifttums der GmbH & Co. KG die rechtliche Anerkennung versagt wurde. Denn aus der Begründung zum Entwurf des KVStG 1922 (Drucksachen des Reichstags, 1921 Nr. 2865 S. 23) geht hervor, daß die Regelung in erster Linie getroffen wurde, um Steuerumgehungen wirksam vorzubeugen. Die auf Grund des Reichsstempelgesetzes zur Erhebung gelangende Stempelabgabe für die Errichtung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung war damals zum Teil dadurch umgangen worden, daß eine GmbH mit geringem Stammkapital errichtet und der Rest des benötigten Kapitals dadurch aufgebracht wurde, daß es als Kommanditeinlage in eine KG geleistet wurde, der die GmbH als persönlich haftender Gesellschafter angehörte (GmbH & Co. KG). Nach der Begründung bezweckte die Vorschrift des Abs. 2 des § 5, derartigen Bestrebungen entgegenzutreten (vgl. a. a. O. S. 28). Anhaltspunkte dafür, daß rechtliche Bedenken gegen die Rechtsform der GmbH & Co. KG (AG & Co. KG) für die Regelung maßgebend waren, enthalten die Gesetzesmaterialien nicht (vgl. dagegen auch die Ausführungen des Reichsfinanzhofs über die Entstehungsgeschichte der Vorschrift des § 5 Abs. 2 KVStG 1922 im Urteil II A 654/26 vom 3. Mai 1927, a. a. O.).

Zur Zeit des Erlasses des KVStG 1934 war im übrigen die Rechtsform der GmbH & Co. KG durch die Rechtsprechung bereits zivilrechtlich und steuerrechtlich anerkannt. Während der Reichsfinanzhof noch im Urteil II A 132/22 vom 30. Juni 1922 (Slg. Bd. 10 S. 65) die GmbH & Co. KG als "gekünstelte ungesunde Gesellschaftsbildung" bezeichnet hatte, die nur der Steuerersparung diene, hat das Reichsgericht schon durch den Beschluß II B 2/22 vom 4. Juli 1922 (Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen - RGZ - Bd. 105 S. 101 ff.) die Rechtsform der GmbH & Co. KG ausdrücklich zivilrechtlich anerkannt und ausgesprochen, daß durchaus nicht nur steuerliche, sondern auch wichtige rein wirtschaftliche Interessen zur Errichtung einer solchen Gesellschaft führen können. Auch der Reichsfinanzhof hat bereits im Urteil I A 174 - 176/28 vom 13. März 1929 (RStBl 1929 S. 329, 370) zum Ausdruck gebracht, es bestehe keine Vermutung dafür, daß die Rechtsform der GmbH & Co. KG ohne weiteres unter § 5 AO alter Fassung (vgl. jetzt § 6 StAnpG) falle. Im Urteil I A 422/30 vom 18. Februar 1933 (RStBl 1933 S. 375 ff., 377) hat er die GmbH & Co. KG grundsätzlich im Anschluß an den erwähnten Beschluß des Reichsgerichts auch steuerrechtlich für die Ertragsteuern anerkannt und entschieden, daß in der Wahl dieser Gesellschaftsform als solcher kein Mißbrauch im Sinne des § 5 AO alter Fassung zu erblicken sei.

Es kann unbedenklich unterstellt werden, daß den Verfassern des KVStG 1934 diese Entwicklung der zivil- und steuerrechtlichen Rechtsprechung bekannt war, so daß für die materielle Aufrechterhaltung des § 5 Abs. 2 KVStG 1922 (1931) in der Fassung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG 1934 nicht mehr die frühere Ablehnung der Rechtsform maßgebend gewesen sein kann.

Allerdings ist zuzugeben, daß der ursprünglich im Vordergrund stehende gesetzgeberische Zweck, Steuerumgehungen zu vermeiden, nicht mehr der Hauptgrund für die Beibehaltung der Gesellschaftsteuerpflicht des Erwerbs von Kommanditanteilen an einer GmbH & Co. KG gewesen sein dürfte. Denn in der Zwischenzeit hatte der Reichsfinanzhof wiederholt ausgesprochen, daß die Vorschrift des § 5 Abs. 2 KVStG 1922 sich nicht allein auf die Umgehungsfälle beschränke, sondern schlechthin entsprechend ihrem Wortlaut auch anzuwenden sei, wenn eine Steuerumgehung nicht in Frage stehe (vgl. insoweit das Urteil II A 654/26 vom 3. Mai 1927, a. a. O., ferner die Entscheidungen II A 175/27 vom 7. Mai 1927, Mrozek-Kartei, Kapitalverkehrsteuergesetz 1922, § 5, Rechtsspruch 10, und II A 568/27 vom 31. Januar 1928, Slg. Bd. 23 S. 5). Wie aber der IV. Senat des Bundesfinanzhofs in dem angeführten Urteil IV 11/64 S vom 5. November 1964 insoweit zutreffend ausgesprochen hat, werden förmliche Gesetze bei der (teilweisen) änderung ihres ursprünglichen Zweckes nicht - den Fall der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes ausgenommen (vgl. unten Ziff. IV) - ohne Tätigwerden des Gesetzgebers unanwendbar.

Hinzu kommt, daß der Gesetzgeber durch den Erlaß der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG 1934 im Sinne der inhaltlichen Bestätigung der früheren Vorschrift tätig geworden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich auch der Bundesfinanzhof, insbesondere der erkennende II. Senat, angeschlossen hat, ist für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt (vgl. BVerfGE Bd. 1 S. 299 - 312 -; Bd. 10 S. 234 - 244 -, und Bd. 11 S. 126 ff. - 130 -). Es ist daher dem Finanzgericht im Ergebnis darin beizutreten, daß die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 a. a. O. entsprechend ihrem eindeutigen Wortlaut - vorbehaltlich der Frage des Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz (siehe unten Ziff. IV) - anwendbar wäre, ohne daß es auf die Entstehungsgeschichte ankommt, zumal Gesetzesmaterialien nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für die Auslegung nur insoweit Bedeutung zukommt, als sie die Auslegung nach Wortlaut und Sinnzusammenhang bestätigen oder Zweifel beheben, die auf dem angegebenen Wege allein nicht ausgeräumt werden können.

III. - Es kommt daher für die Entscheidung über die Rb. maßgebend darauf an, ob die Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 4 und insoweit des § 6 Abs. 2 KVStG 1934 (1955) mit dem GG vereinbar sind. Der Senat ist zu dem Ergebnis gelangt, daß die Vorschriften verfassungswidrig sind, wie unter Ziff. IV im einzelnen dargelegt wird.

Vorher war jedoch zunächst zu prüfen, ob es sich bei den genannten Vorschriften um sogenannte vorkonstitutionelle oder nachkonstitutionelle Normen handelt. Nur wenn es sich um vorkonstitutionelle Normen handelt, ist die Zuständigkeit des erkennenden obersten Steuergerichts zur Entscheidung über die Nichtvereinbarkeit mit dem GG gegeben (vgl. unter anderem BVerfGE Bd. 2 S. 124 - 129 -). Die Bestimmungen des § 6 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 KVStG 1934 sind unverändert im KVStG 1955 und auch im KVStG 1959 enthalten. Eine Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit unverändert gebliebener Vorschriften besteht nach seiner Rechtsprechung aber nur dann, wenn der Gesetzgeber jene unverändert gebliebenen Normen "in seinen Willen aufgenommen hat" (vgl. unter anderem BVerfGE Bd. 6 S. 55 - 65 -, Bd. 9 S. 39 - 46 -, Bd. 10 S. 129 - 132 -, und den schon zitierten Beschluß vom 17. Mai 1960 - 2 BvL 11/59, 11/60 -, BVerfGE Bd. 11 S. 126 - 131 f. -). In dem zuletzt genannten Beschluß des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts, der auch im Schrifttum als grundlegend angesehen wird (vgl. unter anderem, auch für die Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Lange, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1962 S. 893 ff. - 894 unter 3 b -), ist im Rechtssatz ausgesprochen, daß eine vorkonstitutionelle Norm in den Willen des nachkonstitutionellen Gesetzgebers nur dann aufgenommen ist, wenn sich ein Bestätigungswille aus dem Inhalt des Gesetzes selbst oder - bei Gesetzesänderungen - auch aus dem engen sachlichen Zusammenhang zwischen unveränderten und geänderten Normen objektiv erschließen läßt. Dabei muß, wie die Begründung (vgl. besonders S. 131, 132 a. a. O.) hervorhebt, der Gesetzgeber seinen konkreten Bestätigungswillen im Gesetz (selbst) zu erkennen geben. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn ein begrenztes und überschaubares Rechtsgebiet vom nachkonstitutionellen Gesetzgeber durchgreifend geändert wird und aus dem engen sachlichen Zusammenhang der geänderten mit der alten Vorschrift offensichtlich ist, daß der nachkonstitutionelle Gesetzgeber die alte Vorschrift nicht ungeprüft übernommen haben kann.

Der erkennende Senat des Bundesfinanzhofs ist - in übereinstimmung mit dem Bundesminister der Finanzen - der Auffassung, daß durch die änderungen, die das KVStG hinsichtlich der Gesellschaftsteuer nach dem Inkrafttreten des GG erfahren hat, eine Aufnahme der unverändert gebliebenen Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 4 und des § 6 Abs. 2 KVStG 1934 in den gesetzgeberischen Willen des nachkonstitutionellen Gesetzgebers im Sinne dieser Rechtsprechung nicht stattgefunden hat.

Das gilt einmal von dem Gesetz zur änderung des Kapitalverkehrsteuergesetzes vom 29. Juli 1953 (BGBl I S. 711, BStBl I S. 349) - KVStändG 1953 -, das materiell nur eine Erweiterung der Ausnahmebestimmungen des § 7 KVStG 1934 enthielt. Auch dem Umstand, daß der Bundesminister der Finanzen im § 2 Abs. 2 KVStändG 1953 die Ermächtigung erhielt, das Gesetz im ganzen neu bekanntzumachen, und von dieser Ermächtigung durch die Bekanntmachung des KVStG in der Fassung vom 22. September 1955 (BGBl I S. 590, BStBl I S. 558) - KVStG 1955 - Gebrauch gemacht hat, kann zu keiner abweichenden Beurteilung führen. Denn die Ermächtigung eines Bundesministers oder auch der Bundesregierung, ein Gesetz in der jeweils geltenden Fassung neu bekanntzumachen, stellt nicht die Aufnahme aller nicht geänderten Bestimmungen in den Willen des Gesetzgebers dar. Eine solche Ermächtigung dient vielmehr nur der deklaratorischen Klarstellung des Gesetzestextes durch die ermächtigte oberste Verwaltungsinstanz (vgl. dazu den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 1958 - 1 BvL 45/56 -, BVerfGE Bd. 8 S. 210 - S. 213 f. unter II, 1 -, in dem der Gegensatz zwischen einer solchen Ermächtigung und der konstitutiven Neuverkündung durch den Gesetzgeber selbst hervorgehoben wird; ebenso insoweit Hamann, Das Grundgesetz, 2. Aufl. 1960, Anm. B 2 b) zu Art. 100, S. 410 3. Absatz, und Sievers, Deutsche Richterzeitung 1957 S. 79).

Auch die hinsichtlich der Gesellschaftsteuer auf eine Einschränkung des § 3 Abs. 2 beschränkte änderung des KVStG 1934 durch das Gesetz zur änderung des Kapitalverkehrsteuergesetzes vom 19. August 1955 (BGBl I S. 530, BStBl I S. 407) - KVStändG 1955 - läßt nach Auffassung des erkennenden Senats nicht die Annahme zu, der Gesetzgeber habe das im Teil I des KVStG 1934 enthaltene Rechtsgebiet der Gesellschaftsteuer durchgreifend ändern wollen und dadurch alle nicht geänderten Vorschriften in seinen gesetzgeberischen Willen aufgenommen.

Zweifelhafter ist allerdings, ob der Gesetzgeber bei der änderung des KVStG durch Abschn. I Art. 1 Nrn. 1 bis 3 des Gesetzes zur änderung verkehrsteuerrechtlicher Vorschriften vom 25. Mai 1959 (BGBl I S. 261, BStBl I S. 228) - VerkStändG 1959 - eine durchgreifende änderung des nur neun Paragraphen umfassenden, also begrenzten und überschaubaren Rechtsgebietes der Gesellschaftsteuer vorgenommen hat. Bei näherer Prüfung ist auch diese Frage zu verneinen. Denn die durch die Erweiterung der Ausnahmevorschriften veranlaßte Neufassung des Ersatztatbestandes des § 3; der die Gesellschaftsteuerpflicht von Darlehen der Gesellschafter behandelt (§ 3 KVStG in der Fassung vom 24. Juli 1959, BGBl I S. 530, BStBl I S. 596, - KVStG 1959 -), die änderung der Nebentatbestände des § 2 Nrn. 3 a) und b) des KVStG 1934 (1955) durch die die Steuerpflicht einschränkende Vorschrift des § 2 Nr. 4 KVStG 1959 sowie die ebenfalls auf eine Einschränkung der Steuerpflicht hinauslaufende Ergänzung des Nebentatbestandes des früheren § 2 Nr. 5 KVStG 1934 (1955) durch den zweiten Halbsatz der jetzigen Nr. 6 des § 2 KVStG 1959 können ebensowenig wie die Herabsetzung des Steuersatzes im § 9 Abs. 1 KVStG 1959 von 3 v. H. auf 2,5 v. H., im § 9 Abs. 2 von 1,5 v. H. auf 1 v. H. als durchgreifende änderung des gesamten Rechtsgebietes der Gesellschaftsteuer angesehen werden. Jedenfalls ist der sachliche Zusammenhang der geänderten Vorschriften mit den Sonderbestimmungen des § 6 Abs. 1 Nr. 4 und des § 6 Abs. 2 KVStG, nach denen in Abweichung vom Zivil- (Handels-) recht und dem System des KVStG auch Anteile an einer Kommanditgesellschaft unter den gekennzeichneten Voraussetzungen als Anteile an einer Kapitalgesellschaft behandelt werden, nicht so eng, daß der nachkonstitutionelle Gesetzgeber die in Frage stehenden (alten) Vorschriften offensichtlich nicht ungeprüft übernommen haben kann. Es ist vielmehr anzunehmen, daß der Gesetzgeber sich mit diesen Sondervorschriften überhaupt nicht befaßt hat. Jedenfalls lassen weder der in erster Linie maßgebende Gesetzeswortlaut noch die zur Behebung von Zweifeln ergänzend heranzuziehenden Gesetzesmaterialien den Schluß zu, daß der Gesetzgeber die Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 4 und des § 6 Abs. 2 KVStG bestätigend in seinen Willen aufgenommen hat. Das gilt auch von der Herabsetzung des Steuersatzes, die das Ziel hatte, den Aktienmarkt zu fördern (vgl. die Begründung der Bundesregierung zum ursprünglichen Entwurf eines VerkStändG, Deutscher Bundestag, 3. Wahlperiode, Drucksache 262, S. 6, zu Abschn. I Art. 1 Nr. 4), insbesondere die steuerliche Benachteiligung der Aktie gegenüber der Obligation zu beseitigen (vgl. Bundesrats-Drucksache Nr. 83/59 S. 6), und entsprechend dem Vorschlage des Vermittlungsausschusses dazu führte, daß der (normale) Steuersatz der Gesellschaftsteuer dem Steuersatz der Wertpapiersteuer (von 2,5 v. H.) angepaßt wurde (vgl. Deutscher Bundestag, 3. Wahlperiode, 69. Sitzung, Protokoll vom 22. April 1959 S. 3649 A, C). Diese Zielsetzung zeigt, daß die Nebenwirkungen auf die KG mit einer juristischen Person als Komplementärin, die in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle eine GmbH ist, offensichtlich nicht ins Auge gefaßt wurden. Allerdings wirkt sich die Herabsetzung des Steuersatzes mittelbar auch auf die Höhe der Steuer in den Fällen aus, in denen auf Grund der Fiktionen des § 6 Abs. 1 Nr. 4 und insoweit des § 6 Abs. 2 KVStG bisher Gesellschaftsteuer erhoben wurde. Aber diese Nebenwirkung reicht nicht aus, um einen Bestätigungswillen des Gesetzgebers unterstellen zu können. Soweit das Bundesverfassungsgericht in dem Urteil vom 15. November 1960 - 2 BvR 536/60 - (BVerfGE Bd. 12 S. 10 ff. - 22 f., 24 -), auch eine inhaltliche änderung einer unverändert gebliebenen Norm als änderung durch den nachkonstitutionellen Gesetzgeber angesehen hat, handelte es sich um einen anders gearteten Fall, in dem eine Erweiterung des Anwendungsbereichs einer unverändert gebliebenen Norm durch ein anderes Gesetz erfolgt war, während die 1953, 1955, 1959 und 1960 vorgenommenen änderungen des KVStG 1934 durchweg eine Einschränkung der Besteuerung zum Gegenstand haben. Das Bundesverfassungsgericht hat überdies in dem Beschluß vom 16. Mai 1961 - 2 BvF 1/60 - (BVerfGE Bd. 12 S. 341, BStBl 1961 I S. 432 ff. - 435 -) unter B III Nr. 2 der Begründung angedeutet, daß die mittelbare Einwirkung durch die allgemeine änderung eines Steuersatzes - dort sogar eine Erhöhung - nicht als Veränderung des Inhalts einer speziellen Norm angesehen werden kann.

Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 1961 - 2 BvL 1/59 - (a. a. O.) kann den erkennenden Senat nicht veranlassen, die Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 4 und des § 6 Abs. 2 KVStG als nachkonstitutionelle Normen anzusehen. Denn dieser Beschluß betrifft nur den § 3 Abs. 1 KVStG 1955, den der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts als nachkonstitutionell behandelt und für mit dem GG vereinbar erklärt hat. Durch Art. 1 Nr. 1 KVStändG 1955 hatte der Satz 1 des Absatzes 2 des § 3, der nur durch die sinngemäße Bezugnahme auf die in Abs. 1 festgelegte Steuerpflicht von Gesellschafterdarlehen seine inhaltliche Substanz erhielt, eine neue Fassung bekommen. Der Satz "Als Darlehn eines Gesellschafters gilt auch das Darlehn eines Dritten, wenn ein Gesellschafter dafür Sicherheit leistet" wurde eingeschränkt durch den Zusatz "dies gilt nicht, wenn der Gesellschafter für Kredite aus öffentlichen Kreditprogrammen Sicherheit leistet". Hier war der Zusammenhang zwischen den beiden Bestimmungen des Abs. 1 und des Satzes 1 des Absatzes 2 des § 3 KVStG so eng, daß es offensichtlich war, daß der Gesetzgeber auch den unveränderten Absatz 1 nicht ungeprüft übernommen haben konnte (vgl. insoweit die Begründung des Beschlusses des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Mai 1960, a. a. O.). Allein schon dieser enge Zusammenhang trägt die Entscheidung des Beschlusses vom 10. Oktober 1961, daß § 3 Abs. 1 zu einer nachkonstitutionellen Norm geworden war.

Soweit in dem Beschluß vom 10. Oktober 1961 auch die änderungen des KVStG 1934 durch das KVStändG 1953 und das VerkStändG 1959 sowie die Bekanntmachung der Neufassung des KVStG 1955 durch den Bundesminister der Finanzen auf Grund der erwähnten Ermächtigung des § 2 Abs. 2 KVStändG 1953 zur Begründung der nachkonstitutionellen Natur des § 3 Abs. 1 KVStG 1955 herangezogen werden, ist der erkennende Senat an diese zusätzliche Begründung für seine Entscheidung über den vorkonstitutionellen Charakter des § 6 Abs. 1 Nr. 4 und des § 6 Abs. 2 KVStG 1955 jedenfalls nicht gebunden. Es bedarf daher keiner Erörterung der in der Rechtsprechung und im Schrifttum streitigen Frage, ob und inwieweit über die Bindungswirkung des § 31 BVerfGG hinaus die Gerichte und Behörden an die sogenannten tragenden Gründe der Entscheidungsformel des Bundesverfassungsgerichts gebunden sind.

Auch der im Abschn. I Art. 1 Nr. 9 - § 38 - VerkStändG 1959 (§ 29 KVStG 1959) im Absatz 2 enthaltenen Ermächtigung für den Bundesminister der Finanzen, den Wortlaut des Gesetzes in der jeweils geltenden Fassung mit neuem Datum, unter neuer überschrift und neuer Paragraphenfolge bekanntzumachen, ist aus den zu § 2 Abs. 2 KVStändG 1953 gemachten Darlegungen wegen des nur deklaratorischen Charakters einer solchen Bekanntmachung nicht zu entnehmen, daß der Gesetzgeber damit alle Vorschriften des KVStG, auch soweit sie unverändert geblieben sind, in seinen gesetzgeberischen Willen aufgenommen hat. Das gleiche gilt nach Ansicht des Senats entgegen der Auffassung der Bfin. für die im Abs. 1 des Art. 1 Nr. 9 - § 38 - (§ 29 KVStG 1959) der Bundesregierung eingeräumte Befugnis, im Wege der Rechtsverordnung bestimmte, im einzelnen in den Nummern 1 bis 9 (des § 29) aufgeführte Regelungen zu treffen. Denn die Ermächtigungen sollten der Bundesregierung nur die Möglichkeit geben, das Durchführungsrecht (zum KVStG), soweit erforderlich, den veränderten Verhältnissen anzupassen (vgl. die Begründung der Bundesregierung zum VerkStändG 1959, a. a. O., S. 6 zu Art. 1 Nr. 7).

Auch die im § 2 Nr. 1 des Gesetzes zur änderung des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften und des Kapitalverkehrsteuergesetzes vom 9. August 1960 (BGBl I S. 682, BStBl I S. 614) als Absatz 3 des § 7 KVStG 1959 eingefügte Ausnahmevorschrift, nach der von der Besteuerung Rechtsvorgänge im Sinne des § 2 Nr. 1 KVStG ausgenommen sind, soweit sie den Erwerb von Anteilscheinen an Kapitalanlagegesellschaften betreffen, steht in keinem Zusammenhang mit der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 (in Verbindung mit § 6 Abs. 2) KVStG, so daß sie den vorkonstitutionellen Charakter dieser Bestimmung nicht berühren kann.

Nach allem ist der Senat zu dem Ergebnis gelangt, die vorkonstitutionelle Natur der in Frage stehenden Normen zu bejahen (vgl. dafür auch v. Wallis, Neue Wirtschafts-Briefe, Fach 8 a, S. 73 ff. - 77 Rückseite -) und selbst die Verfassungswidrigkeit aus den in der nachfolgenden Ziffer IV dargelegten Gründen festzustellen (vgl. dazu auch die schon zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts BVerfGE Bd. 2 S. 124 ff. - 131 -, nach der es sich bei der Normenkontrolle nach Art. 100 GG um kein Auslegungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts in seiner Stellung als Hüter der Verfassung handelt). Soweit die Bfin. in der mündlichen Verhandlung die Ansicht geäußert hat, es könne heute kein Unterschied mehr zwischen vor- und nachkonstitutionellen Vorschriften hinsichtlich der Nachprüfbarkeit durch das Bundesverfassungsgericht gemacht werden, kann ihr danach nicht gefolgt werden.

IV. - Dem Bundesminister der Finanzen ist darin beizupflichten, daß das Bundesverfassungsgericht in einer Anzahl von Entscheidungen - auch solchen, die sich mit steuerrechtlichen Fragen befassen - eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes durch eine Sonderregelung nur dann angenommen hat, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache oder sonstwie einleuchtender Grund nicht finden läßt, d. h. wenn die Sonderregelung als willkürlich bezeichnet werden muß (so unter anderem der schon angeführte Beschluß vom 16. Mai 1961 - 2 BvF 1/60 -, BVerfGE Bd. 12 S. 341 - 348 -, BStBl 1961 I S. 432 - 433 f. -, unter B II b) aa). Noch in dem Urteil vom 24. Januar 1962 - 1 BvL 32/57 - (BVerfGE Bd. 13 S. 290 - 298, 317 -, BStBl 1962 I S. 492 - 500 -, unter E) hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts darauf abgestellt, daß sich für eine Steuerverschärfung kein sachlich einleuchtender Grund finden ließ, der vor dem Gebot der Steuergerechtigkeit nach Art. 3 GG hätte bestehen können. Durch Urteil vom gleichen Tage (vom 24. Januar 1962 - 1 BvR 845/58 -, BVerfGE Bd. 13 S. 331, BStBl 1962 I S. 500) hat jedoch derselbe Erste Senat ausgesprochen, daß eine Sonderregelung, welche die benützte zivilrechtliche Ordnung und damit die vom Gesetz selbst statuierte Sachgesetzlichkeit durchbricht, nur dann im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG sachlich hinreichend gerechtfertigt ist, wenn sie von überzeugenden Gründen getragen ist.

Der erkennende Senat des Bundesfinanzhofs ist mit der Bfin. der Auffassung, daß diese letztgenannte Urteil für die Entscheidung maßgebend ist, ob sich § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbaren läßt. Denn die Gesellschaftsteuer knüpft an die zivil- bzw. handelsrechtliche Regelung des Gesellschaftsrechts an. Nach Handelsrecht gehören jedoch Kommanditgesellschaften nicht zu den Kapitalgesellschaften. Sie werden vielmehr unbestritten in der heutigen zivilrechtlichen Rechtsprechung und nach der weit überwiegenden Meinung des handelsrechtlichen Schrifttums als zulässige Personengesellschaften auch dann behandelt, wenn zu ihren persönlich haftenden Gesellschaftern eine juristische Person (AG oder GmbH) gehört (vgl. die Zusammenstellung der Rechtsprechung und des Schrifttums bei Hesselmann, Handbuch der GmbH & Co., 7. Aufl. 1964, S. 10, Fußnoten 27, 28 S. 11, besonders Fußnote 32). Das KVStG besteuert den Kapitalverkehr, durch den Kapitalgesellschaften von ihren Gesellschaftern zugeführt wird. Es bedeutet daher eine Durchbrechung der zivilrechtlichen Ordnung an maßgebender Stelle, wenn auf Grund der Fiktion des § 6 Abs. 1 Nr. 4 (in Verbindung mit § 2 Nr. 1) KVStG der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer KG - also einer Personengesellschaft - als Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer Kapitalgesellschaft angesehen wird und die Kommanditisten insoweit nach der Fiktion des § 6 Abs. 2 KVStG als Gesellschafter der Kapitalgesellschaft gelten.

Kommanditgesellschaften werden als Personengesellschaften danach ungleich behandelt, je nachdem, ob zu ihren Komplementären nur natürliche Personen oder auch eine juristische Person gehören. Außerdem wird auch die juristische Person - im Streitfall die beschwerdeführende GmbH - ungleich behandelt, wenn sie sich bei einer Beteiligung an einer GmbH & Co. KG als Komplementärin das Kapital der Kommanditisten gesellschaftsteuerrechtlich zurechnen lassen muß, zumal sie nach § 10 Abs. 1 KVStG die Gesellschaftsteuer insoweit schuldet, während eine natürliche Person im entsprechenden Falle einer Gesellschaftsteuer nicht unterworfen wird. Es ist im verfassungsrechtlichen Schrifttum anerkannt, daß das Gebot der Gleichbehandlung nach Art. 3 GG grundsätzlich auch zugunsten von juristischen Personen wie auch zugunsten von Kommanditgesellschaften gilt (vgl. unter anderem Maunz-Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Anm. 53 und 57 zu Art. 19 Abs. 3 GG). Schließlich werden die Kommanditisten einer GmbH & Co. KG von der ungleichen Behandlung ebenfalls betroffen, da sie nach § 10 Abs. 2 KVStG für die von der Kapitalgesellschaft geschuldete Steuer haften; denn Gesellschafter, die sich an einer KG beteiligen, bei der nur natürliche Personen zu den Komplementären gehören, werden nicht für eine Gesellschaftsteuer im Haftungswege in Anspruch genommen.

Es bedurfte daher der Prüfung, ob für die unterschiedliche Behandlung der GmbH & Co. KG und einer sonstigen KG überzeugende Gründe vorhanden sind. Der Senat ist aus den nachstehenden Gründen zu der Entscheidung gekommen, diese Frage zu verneinen.

Dem Finanzgericht ist im Ergebnis darin zuzustimmen, daß der einzige rechtlich wesentliche Unterschied im "extremen" Falle des Konkurses eintritt. Wie jede natürliche Person als Komplementärin mit ihrem gesamten Vermögen für die Schulden einer KG haftet, so besteht diese unbeschränkte Haftung für Verbindlichkeiten der KG auch für die GmbH, die persönlich haftende Gesellschafterin einer KG ist. Solange daher die GmbH in der Lage ist, die Gläubiger der KG zu befriedigen, besteht kein Unterschied zu der Haftung einer natürlichen Person als Komplementärin. Ein Unterschied ergibt sich erst dann, wenn unter anderem wegen überschuldung der GmbH über ihr Vermögen das Konkursverfahren eröffnet wird (§ 63 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG -). In diesem Falle sind, wie das Finanzgericht im Ergebnis zutreffend ausführt, wegen der Auflösung der GmbH infolge der Konkurseröffnung (§ 60 Abs. 1 Ziff. 4 Halbsatz 1 GmbHG) etwaige Ausfälle der Gläubiger in der Regel endgültig, während eine natürliche Person auch nach beendigtem Konkursverfahren grundsätzlich zur Deckung von Ausfällen herangezogen werden kann. Der erkennende Senat ist der Auffassung, daß dieser rechtliche Unterschied im extremen Falle des Konkurses die unterschiedliche Behandlung nicht rechtfertigt. Dabei ist zu berücksichtigen, daß vielfach auch die Heranziehung einer natürlichen Person für Ausfälle nach beendigtem Konkursverfahren dadurch rechtlich erschwert wird, daß das Geschäft von der Ehefrau oder auf andere Weise unter Ausschaltung einer Haftung des früheren Gemeinschuldners weitergeführt wird, so daß dem erwähnten Unterschied keine erhebliche Bedeutung beizumessen ist. Hinzu kommt, daß die Möglichkeit der Beschränkbarkeit der Erbenhaftung bei natürlichen Personen eine Inanspruchnahme für Ausfälle rechtlich mindert, während andererseits die Gesellschafter einer infolge Konkurses aufgelösten GmbH die Fortsetzung der GmbH beschließen können (§ 60 Abs. 1 Ziff. 4 Halbsatz 2 GmbHG). Die vom Bundesminister der Finanzen und vom Bg. geltend gemachten wirtschaftlichen Unterschiede zwischen einer GmbH & Co. KG und einer sonstigen Kommanditgesellschaft und die daraus hergeleitete ähnlichkeit der GmbH & Co. KG mit einer Kapitalgesellschaft wirken sich aber praktisch entscheidend nur im Konkursfalle aus. Im übrigen steht bei der Gesellschaftsteuer als einer an bestimmte Rechtsvorgänge anknüpfenden Rechtsverkehrsteuer die rechtliche Betrachtungsweise im Vordergrund (vgl. insoweit Fließbach, StuW 1957, Sp. 203 f. unter 2); der wirtschaftlichen Betrachtungsweise kommt eine Bedeutung nur zu, soweit dies vom Gesetzgeber bestimmt ist oder sich wie bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der durch die Sachlage gebotenen Kapitalzuführung (§ 3 Abs. 1 KVStG) auch aus der Natur der Sache ergibt (vgl. dazu auch den schon angeführten Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 1961 - 2 BvL 1/59 -, a. a. O.).

Allerdings könnte eine Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung darin liegen, daß der Gesetzgeber durch die (beschränkte) Gleichstellung der GmbH & Co. KG als Personengesellschaft mit einer Kapitalgesellschaft das wirtschaftspolitische Ziel verfolgt haben könnte, den Interessenten die Wahl der Rechtsform der GmbH & Co. KG zu verleiden. Selbst wenn man dem Gesetzgeber des Jahres 1934 ein solches Ziel unterstellt (vgl. dazu insoweit die ausdrücklich auf die "nationalsozialistische Wirtschaftsauffassung" abstellende Begründung zum KVStG, RStBl 1934 S. 1460 unter Abschn. I Abs. 2 Satz 6, ist der Bfin. darin zu folgen, daß die gesellschaftsteuerliche Belastung mit früher 3 v. H., jetzt 2,5 v. H., nicht geeignet ist, die Beteiligten von der Wahl der Rechtsform der GmbH & Co. KG abzuhalten, wie auch die Entwicklung der Verhältnisse zeigt. Die Erreichung eines solchen wirtschaftspolitischen Ziels würde auch daran scheitern, daß, vom KVStG abgesehen, im gesamten übrigen Steuerrecht, insbesondere bei den Ertragsteuern - in übereinstimmung mit der Ordnung des Zivilrechts - die GmbH & Co. KG als Personengesellschaft mit den sich daraus häufig ergebenden steuerlichen Vorteilen behandelt wird (vgl. die unter anderem an das erwähnte Urteil des Reichsfinanzhofs I A 422/30 vom 18. Februar 1933, a. a. O., anknüpfende ständige Rechtsprechung des I. Senats des Bundesfinanzhofs, insbesondere die Urteile I 351/56 U vom 16. September 1958, BStBl 1958 III S. 462 f., Slg. Bd. 67 S. 492; I 224/60 U vom 14. März 1961, BStBl 1961 III S. 363, Slg. Bd. 73 S. 263, und neuerdings das zur amtlichen Veröffentlichung im BStBl vorgesehene Urteil I 231, 232/62 U vom 30. September 1964; siehe dazu auch Henze, Rechts- und Wirtschaftspraxis, 14 Steuer-R., D, GmbH & Co. II 1, Lfg. 539 S. 59 ff. - 64 -).

Auch aus dem Sinn und Zweck des KVStG läßt sich die unterschiedliche Behandlung nicht rechtfertigen. In der Begründung des Gesetzes, die zur Beurteilung wegen der erwähnten Zielsetzung nur mit besonderer Zurückhaltung herangezogen werden kann, ist immerhin ausdrücklich hervorgehoben (a. a. O. Abs. 2, besonders Satz 1), daß bei offenen Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften, Gesellschaften des bürgerlichen Rechts usw. ein Kapitalverkehr im Sinne der "Zusammenballung" und Bewegung des unpersönlichen (anonymen) Kapitals nicht stattfindet und deshalb diese Gesellschaften nicht in ein Gesetz hineingehören, das den Kapitalverkehr besteuert (siehe dazu auch Kinnebrock, Kommentar zum Kapitalverkehrsteuergesetz, 3. Aufl. 1960, S. 21 unter I). Gegen diesen Sinn und Zweck des Gesetzes verstößt es aber, wenn Einlagen und Darlehen der Kommanditisten im Wege der Fiktion zur Gesellschaftsteuer herangezogen werden. Auch soweit nach Abschn. II Teil I zu § 2 der Begründung (a. a. O. S. 1462) die Gesellschaftsteuer auf dem Gedanken beruht, daß die Vereinigung von Vermögensbestandteilen verschiedener Personen "zu einer einheitlichen Vermögensmasse" einen Mehrwert hervorruft, ist diese Voraussetzung bei der Zuführung von Einlagen und Darlehen der Kommanditisten an die GmbH & Co. KG nicht als gegeben zu erachten. Im Rechtssinne liegt eine Vereinigung bei der beteiligten Kapitalgesellschaft (GmbH) schon deshalb nicht vor, weil die Einlagen (und Darlehen) der Kommanditisten, worauf die Bfin. zutreffend hingewiesen hat, grundsätzlich gesamthänderisches Eigentum der Gesellschafter der Kommanditgesellschaft, keinesfalls aber Eigentum der Kapitalgesellschaft werden. Auch im wirtschaftlichen Sinne wird man durchaus nicht allgemein davon sprechen können, daß die Einlagen (und Darlehen) der Kommanditisten der Kapitalgesellschaft "zugeführt" werden, zumal heute nicht etwa nur Gründe der Kapitalbeschaffung, sondern auch andere Gesichtspunkte, z. B. das Problem der Nachfolgeregelung, zur Gründung derartiger Gesellschaften führen (vgl. dazu Hesselmann, a. a. O., besonders die Zusammenfassung S. 72, zweiter Absatz). Gegen die Annahme einer wirtschaftlichen Kapitalverstärkung bei der Kapitalgesellschaft spricht überdies entscheidend, daß die Gläubiger der GmbH für Forderungen gegen diese sich nicht an die Kommanditeinlagen halten können. Soweit der Senat in dem vom Bundesminister der Finanzen angeführten, amtlich veröffentlichten zurückliegenden Urteil II 70/52 U vom 29. Mai 1953 (a. a. O.) und in einzelnen, nicht amtlich veröffentlichten Entscheidungen eine andere Auffassung vertreten hat, kann daran nicht mehr festgehalten werden. Die in dem genannten Urteil enthaltene, allein durch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zu rechtfertigende These, "im praktischen Ergebnis" werde das Kapital der persönlich haftenden Kapitalgesellschaft durch die Anteile (Darlehen) der Kommanditisten "vergrößert", wird besonders in den auch von der gesetzlichen Fiktion erfaßten Fällen widerlegt, in denen außer einer juristischen Person auch noch eine natürliche Person zu den Komplementären der GmbH & Co. KG gehört. Wenn in der Begründung des Gesetzes (a. a. O.) außerdem die leichte Veräußerlichkeit der entstehenden Anteile als Grund für die Erhebung der Gesellschaftsteuer erwähnt wird, so ist darauf hinzuweisen, daß die Gesellschafter über ihre Beteiligungen an der GmbH & Co. KG jedenfalls ohne Zustimmung der Mitgesellschafter nicht verfügen können (§ 719 Abs. 1 BGB, § 105 Abs. 2, § 161 Abs. 2 HGB).

Auch der Gesichtspunkt der Bekämpfung von Steuerumgehungen führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Zwar sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. das Urteil vom 24. Januar 1962 - 1 BvR 845/58 -, a. a. O., BStBl 1962 I S. 503) Bestimmungen, die lediglich Umgehungen der Steuerpflicht verhindern sollen, verfassungsrechtlich unbedenklich. Wie aber bereits oben unter Ziffer II dargelegt, ist die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG entsprechend ihrem Wortlaut auf alle Fälle des Anteilserwerbs vom Kommanditisten anwendbar und angewendet worden, ohne Rücksicht darauf, ob im Einzelfall eine etwa beabsichtigte Steuerumgehung überhaupt in Frage stand.

Auch handelt es sich bei der genannten Vorschrift, jedenfalls soweit sie auf Grund der Fiktionen eine Besteuerung des Anteilserwerbs, der Leistungen und der Darlehen der Kommanditisten im Gefolge hat und eine Steuerschuld der GmbH (§ 10 Abs. 1 KVStG) dadurch begründet wird, keineswegs nur um eine bloße "Nebenfolge" einer im übrigen unbedenklichen Regelung im Sinne der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (siehe das vorstehend zitierte Urteil des Bundesverfassungsgerichts, a. a. O. S. 502), sondern um eine gezielte vereinzelte Ausnahmevorschrift gegen die GmbH - AG & Co. KG bzw. die an ihr als Komplementärin beteiligte GmbH - AG - (vgl. insoweit Felix, Rundschau für GmbH 1962 S. 202). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob hinsichtlich der Haftung der Kommanditisten für die Gesellschaftsteuer nach § 10 Abs. 2 KVStG, wie der Bundesminister der Finanzen meint, eine bloße verfassungsrechtlich irrelevante "Nebenfolge" vorliegt.

Wenn der Bundesminister der Finanzen in diesem Zusammenhang auf den Unterschied zu der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Januar 1962 - 1 BvR 845/58 - (a. a. O.) insoweit hinweist, als bei der GmbH & Co. KG den "wirtschaftlich unbedeutenden gesellschaftsteuerrechtlichen Nachteilen" erhebliche steuerrechtliche Vorteile auf anderen Gebieten gegenüberstehen, so vermag dieser Hinweis es nicht zu rechtfertigen, die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG als bloße "Nebenfolge" in dem gekennzeichneten Sinn anzusehen. Denn die steuerrechtliche Behandlung der GmbH & Co. KG auf allen anderen Steuerrechtsgebieten außerhalb der Sonderregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG beruht darauf, daß heute allgemein von der Rechtsordnung die GmbH & Co. KG als Personengesellschaft anerkannt ist; sie kann also nicht als "Vorteilsausgleichung" für die gesellschaftsteuerrechtliche Schlechterstellung gelten.

Während einige Finanzgerichte, auch unter Bezugnahme auf das dieser Rb. zugrunde liegende Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 29. September 1960 (a. a. O.), die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 als mit dem GG vereinbar angesehen haben (so Urteile des Finanzgerichts Düsseldorf, Kammern in Köln, vom 29. Mai 1962, Entscheidungen der Finanzgerichte 1963 Nr. 142 S. 118, und des Finanzgerichts Hamburg vom 31. Januar 1964, Entscheidungen der Finanzgerichte 1964 Nr. 549 S. 450) und die Kommentare zum KVStG, deren Erscheinen zumeist längere Zeit zurückliegt, die verfassungsrechtliche Problematik nicht erörtern, steht das neuere Schrifttum überwiegend auf dem Standpunkt, daß die Vorschrift verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt (vgl. u. a. Felix, a. a. O.; Henze, a. a. O.; Hesselmann, a. a. O., S. 173 Fußnote 525, und unter anderem auch in Rundschau für GmbH 1963 S. 135; Hopfenmüller, Der Betriebs-Berater 1962 S. 529 - 534 -; Lange, Neue Wirtschafts-Briefe Fach 18 S. 358; Seifert, a. a. O.; Weiße, Neue Wirtschafts-Briefe Fach 4 S. 374; zweifelnd v. Wallis, a. a. O.; anderer Ansicht nur - soweit ersichtlich - Wirth, Deutsche Steuer-Zeitung, Ausgabe A 1964 S. 151, Fußnote 9, ohne Begründung).

Nach allem ist der erkennende Senat zu dem Ergebnis gelangt, daß die Schlechterstellung der GmbH & Co. KG durch die Sonderregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt und deshalb die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG und die Vorschrift des § 6 Abs. 2 KVStG, soweit sie sich auf § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG bezieht, nichtig sind. Bei seiner Entscheidung hat der Senat auch dem Gesichtspunkt Rechnung getragen, daß die Gesellschaftsteuer gegenüber anderen Steuern in besonderem Masse an die zivil- (handels-) rechtliche Regelung anknüpft und deshalb durch die Sonderregelung "die benützte zivilrechtliche Ordnung vom Steuerrecht gerade an der Stelle durchbrochen wird, die ihre eigentliche rechtliche Bedeutung ausmacht" (so das zuletzt zitierte Urteil des Bundesverfassungsgerichts unter Bezugnahme auf Bühler-Strickrodt, Steuerrecht, 3. Aufl., Bd. 1, insbesondere S. 173, 311 und 649).

Da die Nichtigkeit der genannten Vorschriften schon wegen des Vorranges der Verfassungsnorm des Art. 3 GG festzustellen ist, bedarf es keiner näheren Untersuchung, ob die Bestimmungen auch gegen Art. 20 GG verstoßen, wofür immerhin auch einige Gesichtspunkte sprechen könnten.

Wenn somit schon die Fiktion des § 6 Abs. 1 Nr. 4 und insoweit die Fiktion des § 6 Abs. 2 KVStG nichtig sind, erübrigt sich eine nähere Erörterung, ob die erweiternde Auslegung der Fiktionen, nach denen z. B. auch Darlehen der Kommanditisten an die GmbH & Co. KG als Darlehen an die GmbH gelten (so das nicht mehr aufrechtzuerhaltende Urteil II 70/52 U vom 29. Mai 1963, a. a. O.; ähnlich das gleichfalls als überholt zu betrachtende Urteil des Bundesfinanzhofs II 34/60 vom 17. Oktober 1962, abgedruckt in Steuerrechtsprechung in Karteiform, Kapitalverkehrsteuergesetz, § 3, Rechtsspruch 30) bei Rechtsgültigkeit der Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 4 und insoweit des § 6 Abs. 2 KVStG zulässig wäre (vgl. dagegen Böttcher-Beinert, Rechts- und Wirtschaftspraxis, 14 Steuer-R. D, GmbH & Co. I übersicht, Lfg. 558 S. 23).

Bemerkt sei, daß durch diese nur § 6 Abs. 1 Nr. 4 und insoweit § 6 Abs. 2 KVStG betreffende Entscheidung die Rechtsgültigkeit der Fiktionen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ebensowenig berührt wird, wie die gesellschaftsteuerrechtliche Erweiterung des Begriffs der Kapitalgesellschaft durch die Fiktionen des § 5 Abs. 2 KVStG.

Da das Finanzgericht die Gesellschaftsteuerpflicht der Darlehnsgewährung durch die OHG Ernst A., deren Inhaber die Kommanditisten der GmbH & Co. KG Ernst und Karl A. sind, an die GmbH & Co. KG auf Grund der vom Senat für verfassungswidrig erklärten Vorschriften bejaht hat, war seine Entscheidung ebenso wie der Steuerbescheid des Finanzamts vom 18. Juli 1959 aufzuheben und die Bfin. von der angeforderten Gesellschaftsteuer freizustellen, ohne daß es eines Eingehens auf ihre sonstigen Einwände bedurfte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411468

BStBl III 1965, 19

BFHE 1965, 55

BFHE 81, 55

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